TE Vwgh Erkenntnis 2020/6/18 Ra 2019/15/0078

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Veröffentlicht am 18.06.2020
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §201 Abs1

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2019/15/0079 E 29.06.2020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der C GmbH in G, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. Juni 2018, Zl. RV/7400092/2018, betreffend Rückzahlung von Abgaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit mehreren „Anträgen auf Rückerstattung“ teilte die revisionswerbende GmbH dem Magistrat der Stadt Wien mit, dass sie als Eigentümerin näher beschriebener Geräte Wettterminalabgaben nach dem Wiener Wettterminalabgabegesetz für die Monate Jänner bis Dezember 2017 entrichtet habe. Den (jeweils in den einzelnen Monaten) entrichteten Betrag fordere die Revisionswerberin nunmehr zurück, weil mangels Anwendbarkeit des Wiener Wettterminalabgabegesetzes keine Pflicht bestünde, für die bezeichneten Geräte eine Wettterminalabgabe zu entrichten. Die Revisionswerberin habe die Selbstbemessungsabgabe somit unrichtig berechnet, sodass die Wettterminalabgabe für die jeweiligen Monate hinsichtlich der angeführten Geräte mit Null festzusetzen und der entrichtete Betrag der Revisionswerberin zurückzuerstatten seien.

2        Mit Bescheid vom 19. Jänner 2018 schrieb der Magistrat der Stadt Wien Wettterminalabgabe für den Zeitraum Jänner 2017 bis Dezember 2017 in Höhe der von der Revisionswerberin jeweils monatlich entrichteten Beträge vor; weiters wurden die Anträge auf Rückzahlung der bereits entrichteten Wettterminalabgaben für die genannten Zeiträume mangels Guthabens abgewiesen.

3        Die Revisionswerberin erhob Beschwerde gegen die Festsetzung der Wettterminalabgabe und die Abweisung des Antrags auf Rückzahlung der bereits entrichteten Wettterminalabgabe, weil - wie näher dargelegt - keine Abgabepflicht bestünde.

4        Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde betreffend „Rückzahlung von Abgaben“ ab. Es könne nur wiederholt darauf hingewiesen werden, dass es für die Beurteilung, ob ein Guthaben am Abgabenkonto bestehe, auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankomme. Weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Erledigung der Rückzahlungsanträge habe ein Guthaben am Abgabenkonto bestanden, welches hätte zurückgezahlt werden können. Eine materiell-rechtliche Prüfung der verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben sei im Rückzahlungsverfahren nicht vorgesehen. Eine Entscheidung über die Beschwerde gegen die Wettterminalabgabenbescheide werde zu einem späteren Zeitpunkt von einer anderen Geschäftsabteilung des Bundesfinanzgerichts ergehen.

5        Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rückzahlungsanträgen für nicht zulässig.

6        In der gegen dieses Erkenntnis gerichteten außerordentlichen Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, das Bundesfinanzgericht weiche von näher dargestellter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach im Falle eines auf die Unrichtigkeit der Selbstbemessung einer Abgabe gestützten Rückzahlungsantrages zuerst über die Frage der Abgabenfestsetzung und danach über das Rückerstattungsbegehren zu entscheiden sei. Das Bundesfinanzgericht habe den Anträgen der Revisionswerberin auf Rückzahlung der entrichteten Wettterminalabgaben den zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung sinnlosen Inhalt unterstellt, dass sie unabhängig von der Entscheidung über ihre Festsetzungsanträge eine Rückzahlung der Wettterminalabgaben begehre.

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, zu dem der Magistrat der Stadt Wien eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:

8        Die Revision ist aus den geltend gemachten Gründen zulässig und begründet.

9        Nach § 3 Wiener Wettterminalabgabegesetz (WWAG), LGBl. Nr. 32/2016, beträgt die Abgabe für das Halten von Wettterminals je Wettterminal und begonnenem Kalendermonat 350 Euro. Das Halten von Wettterminals ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzuzeigen. Die Anmeldung hat gemäß § 5 Abs. 1 WWAG sämtliche für die Bemessung der Abgabe in Betracht kommenden Angaben und den Ort des Haltens zu enthalten. Die Anmeldung von Wettterminals gilt als Abgabenerklärung für die Dauer der Abgabepflicht. Die Abgabe ist gemäß § 6 WWAG erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Wettterminals erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, dass der Apparat nicht mehr gehalten wird.

10       Ordnen - wie im Fall der Wettterminalabgabe - die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

11       Für den Fall, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig erweist, darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen. Der Antrag auf Festsetzung ist abzuweisen (vgl. VwGH 18.9.2013, 2010/13/0133).

12       Begründet ein Abgabepflichtiger einen Antrag auf Rückerstattung einer durch Selbstbemessung entrichteten Abgabe ausschließlich mit der Unrichtigkeit der Selbstbemessung, ist dieses Begehren dahingehend zu deuten, die Behörde möge zuerst über die Abgabenfestsetzung und sodann erst über das Rückerstattungsbegehren absprechen. In einem solchen Fall setzt die Erledigung des Rückerstattungsbegehrens voraus, dass die Behörde - zunächst - die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet (vgl. VwGH 24.6.2010, 2010/16/0039; 17.10.2012, 2009/16/0044, mwN).

13       Nichts anderes kann gelten, wenn wie im Revisionsfall in einer Bescheidbeschwerde die Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe und die Rückerstattung der sich daraus ergebenden Differenz zum entrichteten Betrag beantragt werden.

14       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

15       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Juni 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019150078.L00

Im RIS seit

10.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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