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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag SteiermarkNorm
AVG §8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionsache 1. der M S und 2. der K T, beide in N und beide vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 120/2/28, gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 11. Februar 2020, 80.32-16/2020-19 und 50.32-250/2020-2, betreffend Parteistellung in einem Verfahren nach dem Steiermärkischen Baugesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde Nestelbach bei Graz; mitbeteiligte Partei: H GmbH in W; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit der angefochtenen Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (in der Folge: LVwG) wurde der von den Revisionswerberinnen erhobenen Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde Folge gegeben und deren Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N. vom 23. Jänner 2019, mit welchem der mitbeteiligten Partei gemäß § 33 Abs. 5a des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung LGBl. Nr. 117/2016, (Stmk. BauG) die Baubewilligung zur Errichtung einer Telekommunikationsanlage auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG M. erteilt worden war, mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen (I.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Dagegen richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision.
3 Die Revision ist unzulässig:
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Hat das Verwaltungsgericht, wie im vorliegenden Fall, im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
8 In den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision wenden sich die Revisionswerberinnen, soweit dem Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar, zusammengefasst gegen die Anwendung des § 33 Abs. 5a Stmk. BauG auf den vorliegenden Sachverhalt zu vermeinen, „aufgrund des festgestellten Sachverhaltes wäre eine andere Rechtsvorschrift in gegenständlichem Fall anzuwenden, bei welcher die RW Parteistellung hätten“ (Verweis auf § 19 Z 8 iVm § 22 Abs. 6 leg. cit.).
9 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt:
Die Auslegung von Bescheiden stellt nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt worden wäre (vgl. dazu etwa VwGH 6.4.2020, Ra 2020/06/0078, oder auch 25.9.2018, Ro 2017/05/0005). Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich: Das LVwG hat in der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf das vor der Baubehörde nach § 33 Abs. 5a Stmk. BauG in der anzuwendenden Fassung durchgeführte Bauverfahren in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass mit dem bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N. vom 23. Jänner 2019 die Baubewilligung auf der Rechtsgrundlage des § 20 Z 3 lit. e (Anmerkung: iVm § 33 Abs. 5a) leg. cit. (nur) für den projektierten Funkanlagentragmast erteilt wurde, nicht jedoch für die Errichtung und den Betrieb der Funkanlage selbst einschließlich der hierfür erforderlichen Sektor- und Richtfunkantennen. Eine darüber hinausgehende Bindungswirkung ergibt sich aus dem angefochtenen Erkenntnis somit nicht.
10 Die Frage der Erforderlichkeit eines darüber hinausgehenden baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nach dem Stmk. BauG im Hinblick auf - allfällige - weitere im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorhaben stehende bauliche Anlagen, in welchem den Revisionswerberinnen Parteistellung zukommen könnte, ist daher nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung, sodass das diesbezügliche Zulässigkeitsvorbringen ins Leere geht. Darauf hinzuweisen ist zur Klarstellung in diesem Zusammenhang aber jedenfalls, dass, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, im baurechtlichen Verfahren zur Errichtung einer Fernmeldeanlage der Aspekt des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Nachbarn nicht herangezogen werden darf, weil dieser Aspekt im Falle einer Fernmeldeanlage von der Bundeskompetenz „Fernmeldewesen“ umfasst ist (vgl. etwa VwGH 28.3.2006, 2002/06/0165 mit Verweis auf VwGH 16.9.1997, 97/05/0194, dieser mit Verweis auf VfGH 5.10.1954, Slg. Nr. 2720, VwGH 21.1.1992, Slg. Nr. 13.563/A, 15.9.1992, 92/05/0055, 20.6.1995, 93/05/0244, und 7.11.1995, 94/05/0352).
11 Zur präjudiziellen Bestimmung des § 33 Abs. 5a Stmk. BauG, eingeführt durch LGBl. Nr. 33/2002, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Grundeigentümer im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung keine Parteistellung und dadurch auch nicht die an eine Parteistellung geknüpften Rechte besitzen (vgl. VwGH jeweils 24.3.2010, 2006/06/0275 und 2007/06/0025).
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. Juni 2020
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060101.L00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020