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L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;Norm
LSchV Einstweilige Sicherstellung Lauteracher Ried 1993;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des S in Lauterach, vertreten durch Dr. Arnulf Summer und Dr. Nikolaus Schertler, Rechtsanwälte in Bregenz, Kornmarktplatz 5, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. Mai 1996, Zl. IVe-146/224-1996, betreffend naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) vom 25. März 1996 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, näher beschriebene Zäune, einen Zugangssteg sowie einen fahrbaren Schafunterstand bis längstens 30. April 1996 zu entfernen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei festgestellt worden, daß vom Beschwerdeführer im Lauteracher Ried auf Grundstück Nr. 1362, KG Lauterach, eine Fläche von ca. 700 m2 mit einem auf verzinkten Eisenstehern befestigten Maschengitterzaun mit einer Höhe von ca. 1,5 m eingezäunt worden sei. Zur Streubüschenstraße bzw. zum davorliegenden Sackgraben sei ein ca. 1,2 m breites Tor installiert worden. Auf der nordwestlich anschließenden Parzelle Nr. 1361, KG Lauterach, sei vom Beschwerdeführer eine Fläche von ebenfalls ca. 700 m2 mit einem ca. 1 m hohen, an Holzpfählen befestigten Schafzaun eingezäunt worden; dieser Zaun sei auf einer Länge von ca. 70 m mit einer grünen Kunststoffolie umgeben. Beide Einzäunungen habe der Beschwerdeführer laut seinen Angaben im Jahre 1994 vorgenommen. Weiters habe er zur Überquerung des Sackgrabens eine ca. 3 m bis 4 m lange und 70 cm bis 80 cm breite Holzbrücke angebracht. Diese Brücke liege an der Uferböschung auf, sie sei nicht verankert worden. In den Sommermonaten würden in den eingezäunten Flächen Schafe gehalten und hiefür ein fahrbarer Unterstand mit einem Flächenausmaß von ca. 6 m2 aufgestellt. Die Schafe würden vom Beschwerdeführer laut seinen Angaben ausschließlich hobbymäßig zur Freizeitgestaltung gehalten. Die Ausgaben für die Tierhaltung seien fast genauso hoch wie die daraus zu erzielenden Einnahmen; ein Gewinn könne damit nicht erzielt werden. Da somit keine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorliege, seien die vom Beschwerdeführer errichteten Anlagen gemäß § 3 Abs. 2 lit. a der Verordnung über die einstweilige Sicherstellung des Lauteracher Riedes, LGBl. Nr. 15/1993 i.d.F. LGBl. Nr. 67/1995, verboten. Eine Ausnahmebewilligung gemäß § 4 Abs. 1 der zitierten Verordnung liege nicht vor. Es sei daher gemäß § 21 Abs. 1 Naturschutzgesetz die Enfernung binnen angemessener Frist aufzutragen gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte im wesentlichen aus, weder die Zäune, noch der Zugangssteg über den Sackgraben, noch der fahrbare Schafunterstand könnten als "errichtet" im Sinne der zitierten Verordnung gelten. Die Zäune seien nämlich nicht fest mit dem Boden in Verbindung gebracht worden, sondern könnten jederzeit leicht und ohne wirtschaftlichen Aufwand entfernt werden, zumal eine Fundamentierung mit Beton nicht erfolgt sei. Gleiches gelte für den Zugangssteg. Bei einem fahrbaren Schafunterstand scheide eine Errichtung von vorneherein aus. Im übrigen sei es für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ohne Belang, ob diese hobbymäßig oder in der Absicht betrieben werde, einen Gewinn zu erzielen.
Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. Mai 1996 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die durchgeführten Veränderungen bis längstens 30. Juni 1996 rückgängig zu machen seien. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der angewendeten Bestimmungen - im wesentlichen ausgeführt, unter einer Anlage sei alles zu verstehen, was angelegt, d.h. von der Hand des Menschen errichtet worden sei. Dies bedeute für die dem Beschwerdeführer zur Entfernung aufgetragenen Einrichtungen, daß nicht wesentlich sei, ob diese mit dem Grund und Boden in eine feste Verbindung gebracht worden seien. Es sei nämlich unbestreitbar, daß diese von der Hand des Menschen errichtet worden seien und daher Anlagen darstellten. Eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung umfasse jede planvolle, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, auf Grundstücken, die eigenen Betriebseinheiten zugeordnet seien. Ordnungsgemäß sei die land- und forstwirtschaftliche Nutzung dann, wenn sie rechtmäßig erfolge, auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sei und den jeweils zeitgemäßen Anschauungen der Betriebswirtschaft und Biologie entspreche. Davon könne bei der vom Beschwerdeführer betriebenen Freizeitnutzung nicht die Rede sein. Es handle sich daher nicht um eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Grundsätzlich sei der Berufung noch entgegenzuhalten, daß der Teil des Lauteracher Riedes, in dem die gegenständlichen Grundstücke gelegen seien, traditionell großräumig verwendet worden sei, was ihm den Charakter einer Parklandschaft erhalten habe. Die genannte Verordnung verfolge u.a. das Ziel, diesen Charakter zu erhalten und daher vor Kleinnutzungen, wie sie der Beschwerdeführer betreibe, zu schützen. Die vorgenommenen Veränderungen würden daher die im Naturschutzgesetz und in der zitierten Verordnung geschützten Interessen verletzen, sodaß der Beschwerdeführer zu verpflichten gewesen sei, diese Veränderungen rückgängig zu machen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 2 lit. a der - aufgrund des § 13 Abs. 3 Naturschutzgesetz - ergangenen Verordnung über die einstweilige Sicherstellung des Lauteracher Riedes ist es im sichergestellten Gebiet verboten, Anlagen wie Gebäude, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Straßen und Wege, Ankündigungen und Werbeanlagen sowie Leitungen zu errichten oder zu ändern, ausgenommen Anlagen für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Grundflächen.
Von den Verboten des § 3 sind gemäß § 4 Abs. 1 der zitierten Verordnung Ausnahmen zu bewilligen, wenn das Vorhaben dem Zweck der einstweiligen Sicherstellung, bleibende Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu verhindern, nicht widerspricht.
Gemäß § 21 Abs. 1 Naturschutzgesetz hat die Bezirksverwaltungsbehörde durch Bescheid Personen, die entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der zu dessen Durchführung erlassenen Verordnungen und Bescheide Veränderungen der Natur vorgenommen oder veranlaßt haben, zu verpflichten, solche Veränderungen, soweit es die in diesem Gesetz geschützten Interessen erfordern, rückgängig zu machen.
Der Beschwerdeführer bestreitet, daß es sich bei den ihm zur Entfernung vorgeschriebenen Einrichtungen um im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a der zitierten Verordnung verbotswidrig errichtete Anlagen handle. Weder die Zäune, noch der Zugangssteg über den Sackgraben seien mit dem Boden fest verbunden. Sie könnten vielmehr ohne erheblichen wirtschaftlichen Aufwand wieder entfernt werden. Der fahrbare Schafunterstand stelle schließlich weder eine Anlage dar, noch sei seine Aufstellung als Errichtung anzusehen.
Was zunächst den Begriff der "Anlage" im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a der zitierten Verordnung anbelangt, ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß darunter alles zu verstehen ist, was durch die Hand des Menschen "angelegt", also errichtet wird, wie dies auch an der beispielsweisen Aufzählung solcher Anlagen (Gebäude, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Ställen, Wege, Ankündigungen, Werbeanlagen, Leitungen) deutlich wird (vgl. hiezu auch die grundsätzlichen Ausführungen zum Anlagenbegriff im
hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1959, Slg. Nr. 5070/A). Mit Errichtung von Anlagen in diesem Sinne ist daher auch nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - nur die Errichtung von Hochbauten und anderen, mit dem Grund und Boden in ähnlicher Weise fest verbundenen Anlagen gemeint. Vielmehr ist damit jede auf relative Dauer angelegte Herstellung von Einrichtungen auf einer Grundfläche erfaßt. Die belangte Behörde ist also mit ihrer Auffassung, der Beschwerdeführer habe durch die näher beschriebene Einzäunung, die Herstellung einer Holzbrücke sowie die Aufstellung eines fahrbaren Schafunterstandes eine Anlage (zur Haltung von Schafen) im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung errichtet, im Recht.
Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, die belangte Behörde habe ihm die Entfernung des Schafunterstandes aufgetragen, obwohl dieser im Zeitpunkt des Ortsaugenscheins (am 5. Februar 1996) nicht mehr vor Ort gewesen sei. Er übersieht jedoch, daß laut der über die am 5. Februar 1996 an Ort und Stelle abgeführte Verhandlung aufgenommenen Niederschrift der Schafunterstand (jeweils) in den Sommermonaten auf dem besagten Grundstück aufgestellt wird. Selbst wenn der Schafunterstand daher im Zeitpunkt dieser Verhandlung - entsprechend der Beschwerdebehauptung - nicht vor Ort war, so besagt das für sich nichts über seine Aufstellung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, es liege eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung des Grundstückes vor, weil es dafür nicht entscheidend sei, ob diese hobbymäßig oder in der Absicht, einen Gewinn zu erzielen, betrieben werde, ist er auf die hg. Judikatur zu verweisen, wonach es zum Begriff der Landwirtschaft gehört, daß sie eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit darstellt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1997, Zl. 96/10/0077). Daß diese betrieblichen Merkmale auf die vom Beschwerdeführer ausgeübte Schafhaltung zuträfen, hat er jedoch weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde dargelegt.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996100121.X00Im RIS seit
11.07.2001