TE Vwgh Beschluss 2020/7/15 Ra 2020/09/0023

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Veröffentlicht am 15.07.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG §2 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VStG §44a
VStG §44a Z1
VStG §9 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §50

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch die Summereder Pichler Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 4060 Leonding, Dr. Herbert-Sperl-Ring 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Jänner 2020, LVwG-302537/17/Kl/CG, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmann Eferding), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz richtet (Spruchpunkte I.1 und I.2), zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Jänner 2020 wurde der Revisionswerber als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer eines näher bezeichneten Unternehmens als Arbeitgeber u.a. schuldig erkannt, seiner Verpflichtung, den Landesgeschäftsstellen und den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben, nicht nachgekommen zu sein, weil er nicht dafür gesorgt habe, dass bei seiner Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern die erforderlichen Auskünfte erteile, indem am 26. Februar 2019 keine Daten eines angetroffenen namentlich genannten Arbeitnehmers bekanntgegeben worden seien (Spruchpunkt I.1). Ferner wurde er in dieser Funktion schuldig erkannt, dass der namentlich genannte ausländische Arbeitnehmer, ein afghanischer Staatsangehöriger, beschäftigt worden sei, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien (Spruchpunkt I.2). Über den Revisionswerber wurden hierfür (zu I.1) gemäß § 26 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z 2 lit. c Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) und (zu I.2) gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG Geldstrafen (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt und die Haftung der juristischen Person nach § 9 Abs. 7 VStG ausgesprochen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Der Revisionswerber sieht unter diesem Gesichtspunkt die Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst zunächst deshalb für gegeben an, weil das Landesverwaltungsgericht gegen die Bestimmung des § 44a Z 1 VStG, jene zur Berichtigung nach (§ 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG und) § 62 Abs. 4 AVG sowie zum Prüfungsumfang nach § 27 VwGVG verstoßen habe, indem es den ersten Spruchpunkt des behördlichen Straferkenntnisses dahin modifiziert habe, dass er „nicht dafür gesorgt habe, dass bei seiner Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern die erforderlichen Auskünfte erteilt, indem keine Daten des angetroffenen Arbeitnehmers [...] bekanntgegeben wurden.“, sowie „als Verantwortlicher“, „als zur Vertretung nach außen Berufener“ und „handelsrechtlicher Geschäftsführer“ eingefügt habe. Das Landesverwaltungsgericht hätte keine Spruchberichtigung vornehmen dürfen und hätte das Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 1. wegen Verstoßes gegen § 44a Z 1 VStG ersatzlos aufzuheben gehabt, weil die bloße Anführung der in Rede stehenden Rechtsnorm im Spruch nicht ausreiche.

5        Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Bekanntgabe der Identität eines anlässlich einer Kontrolle angetroffenen Ausländers nach § 26 Abs. 1 AuslBG, weil dies dem Zwang zur Selbstbezichtigung gleich käme. Auch liege mangels Entgeltvereinbarung kein relevantes Beschäftigungsverhältnis vor. Es habe sich nur um eine kurze unentgeltliche Vorführung notwendiger Kenntnisse und Fähigkeiten für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses gehandelt, die nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliege.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt:

7        § 26 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 72/2013 lautet:

„Überwachung, Auskunfts- und Meldepflicht

§ 26. (1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben. Die Arbeitgeber und Ausländer sind verpflichtet, den vorerwähnten Behörden und Trägern der Krankenversicherung sowie dem Bundesverwaltungsgericht die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen und in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren. Die Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, daß bei ihrer Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern die erforderlichen Auskünfte erteilt und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewährt.“

8        Nach § 28 Abs. 2 Z 2 lit. c AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis 8 000 Euro zu bestrafen, wer seinen Verpflichtungen nach § 26 Abs. 1 AuslBG nicht nachkommt.

9        Anders als der Revisionswerber meint, berechtigt eine nicht ausreichende Umschreibung der Tat im Sinn des § 44a Z 1 VStG das Verwaltungsgericht nicht, das behördliche Straferkenntnis zu beheben. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr nach § 50 VwGVG verpflichtet, in der Sache selbst zu entscheiden und dabei die Tat in einer dem § 44a Z 1 VStG entsprechenden Weise zu präzisieren. Es darf dabei die Tat aber nicht auswechseln (VwGH 13.12.2009, Ra 2019/02/0184, mwN; siehe auch VwGH 3.2.2020, Ra 2019/04/0116). Die Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur Ergänzung des Spruchs des Straferkenntnisses betrifft auch die Präzisierung der Funktion im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG und führt in Bezug auf den Tatvorwurf zu keinem aliud (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/11/0105).

10       Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber bereits im behördlichen Straferkenntnis vorgeworfen, dass „im Kontrollzeitpunkt keine Ansprechperson für die Kontrollorgane entsprechend den Vorgaben des § 26 Abs. 1 letzter Satz [AuslBG] verantwortlich gemacht war“. In diesem Umfang des vom bekämpften Straferkenntnis erfassten und erledigten Sachverhalts war eine Präzisierung durch eine nähere Umschreibung des Tatvorwurfs, um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG zu genügen, durch das Verwaltungsgericht zulässig und geboten (vgl. VwGH 24.7.2019, Ra 2018/02/0163; 20.5.2015, Ra 2014/09/0033). Die vom Landesverwaltungsgericht vorgenommene Konkretisierung des Spruchs in seinem ersten Punkt überschreitet daher nicht dessen Prüfungsumfang. Im vorliegenden Fall erfolgten Vorhalt des maßgeblichen Sachverhalts und Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zudem innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG.

11       Soweit sich der Revisionswerber zum Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2001, 98/09/0363, (ebenso VwGH 29.11.2000, 98/09/0242; siehe in diesem Zusammenhang auch VfGH 6.10.1999, G 249/98 u.a., VfSlg. 15.600) beruft, übersieht er, dass dieses zu § 26 Abs. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 895/1995 ergangen und somit nicht einschlägig ist, enthielt diese Gesetzesbestimmung damals die hier gegenständliche Verpflichtung, dass der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass bei seiner Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern erforderliche Auskünfte erteilt und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewährt, noch nicht. Dass der Revisionswerber dieser Verpflichtung, für die Anwesenheit einer Auskunftsperson zu sorgen, nachgekommen wäre, behauptet er im Zulässigkeitsvorbringen nicht.

12       Dem gegen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses gerichteten Zulässigkeitsvorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen ist (vgl. etwa VwGH 20.3.2019, Ro 2018/09/0007), soweit nicht eine unentgeltliche Gefälligkeit vorliegt (VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0005, mwN). Insoweit sich der Revisionswerber auf das Vorliegen einer „Probearbeit“ oder eines „Schnuppertags“ beruft, behauptet er nicht eine ausdrücklich vereinbarte Unentgeltlichkeit (vgl. etwa VwGH 16.10.2008, 2007/09/0257; 24.1.2008, 2004/09/0062; 30.1.2006, 2004/09/0217, mwN). Eine solche ist auch nicht zu erkennen, sollte die Arbeitsleistung doch zu einer künftigen ordnungsgemäßen Beschäftigung zu einem in Geld zu zahlenden Lohn führen (vgl. VwGH 15.2.2013, 2013/09/0004). Darüber hinaus kommt im Falle von keine besondere Qualifikation verlangenden Hilfstätigkeiten eine „Vorführung von notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten“ nicht in Betracht (VwGH 26.2.2009, 2009/09/0031).

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG unter Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung zurückzuweisen.

Wien, am 15. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090023.L00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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