TE Vwgh Erkenntnis 2020/7/8 Ra 2018/17/0002

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Veröffentlicht am 08.07.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
34 Monopole

Norm

BAO §184
BAO §280 Abs1 lite
BAO §93 Abs3 lita
GSpG 1989 §57 Abs1
GSpG 1989 §59 Abs2 Z1
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der J in M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Juni 2017, RV/3100267/2015, betreffend Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 1 Glücksspielgesetz für den Zeitraum Dezember 2012 bis Februar 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheiden je vom 15. April 2013 setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (Finanzamt) gegenüber der revisionswerbenden Partei die Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 1 Glücksspielgesetz - GSpG für den Zeitraum Dezember 2012 bis Februar 2013 fest.

2        Die revisionswerbende Partei erhob dagegen Berufung. Nach Ergehen von abweisenden Berufungsvorentscheidungen jeweils vom 8. Juli 2014 stellte die revisionswerbende Partei einen Vorlageantrag.

3        Das Bundesfinanzgericht (BFG) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die als Beschwerde zu behandelnde Berufung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

4        Die revisionswerbende Partei habe im Abgabenzeitraum in zwei näher genannten Tiroler Hotels in von ihr gemieteten Räumlichkeiten einem unbestimmten Personenkreis im Rahmen eines Pokercasions die Möglichkeit der Teilnahme an Pokerspielen eröffnet, indem sie (zumindest) diese Räumlichkeiten, die Pokertische und das Personal bereitgestellt habe. Sie habe dafür die Tischeinnahmen (Drop) in Höhe von 5 % des Pots lukriert. Die Höhe der Tischeinnahmen (Drop) sei von der revisionswerbenden Partei wie folgt bekanntgegeben worden:

ISCHGL

 

 

 

 

 

Datum

 

 

Cashgame

Tischmiete

Mwst.

01.12.12

 

448

160

240

48

02.12.12

kein Spiel

 

 

 

 

03.12.12

kein Spiel

 

 

 

 

04.12.12

 

132

132

 

 

...

...

...

...

...

...

28.02.13

 

334

142

160

32

 

 

3628

2668

800

160

5        Vom Finanzamt sei anhand dieser vorgelegten Aufzeichnungen, konkret unter Zugrundelegung der gesamt verzeichneten Einnahmen je Monat in beiden Hotels (= jeweils Summen der ersten Zahlenreihe), die folgende Berechnung angestellt worden:

6        Monat

Tischeinnahmen
(5 % des Einsatzes)

Bemessungsgrundlage
(rückgerechneter Einsatz/Pot)

Glücksspielabgabe
(§ 57 Abs. 1 Z 1 GSpG, 16 %)

Dez. 12

9.636

192.720

30.835,20

Jän. 13

16.876

337.520

54.003,20

Feb. 13

12.674

253.480

40.556,80

Das Finanzamt habe auf dieser Grundlage der revisionswerbenden Partei für die „Poker Cashgames“ Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 GSpG folgende Beträge mit den genannten Bescheiden vom 15. April 2013 vorgeschrieben:

1.) für Dezember 2012: ausgehend vom Einsatz von € 192.720 in Höhe von € 30.835,20;

2.) für Jänner 2013: ausgehend vom Einsatz von € 337.520 in Höhe von € 54.003,20 und

3.) für Februar 2013: ausgehend vom Einsatz von € 253.480 in Höhe von € 40.556,80.

7        Das Finanzamt habe (in den Beschwerdevorentscheidungen vom 8. Juli 2014) ausgeführt, die gemäß § 184 BAO durchgeführte Schätzung der Bemessungsgrundlage stütze sich auf die vorgelegten Aufzeichnungen zu den Tischeinnahmen sowie die Auskunft der revisionswerbenden Partei vom 26.3.2013, wonach im Durchschnitt pro Pot ca. 5 % auf die Drop-Box (= Einnahme des Veranstalters) entfielen. Die bekannt gegebenen Einnahmen seien jeweils auf „100 % (: 5 x 100)“ rückgerechnet worden. Von diesem (Gesamt)Einsatz/Pot sei gemäß § 57 Abs. 1 GSpG die Glücksspielabgabe mit 16 % vorgeschrieben worden.

8        In rechtlicher Hinsicht vertrat das BFG die Auffassung, das Fehlen von Aufzeichnungen der von den Spielern erbrachten Einsätze habe das Finanzamt gemäß § 184 BAO zur Schätzung der Bemessungsgrundlagen für die Erhebung der Glücksspielabgabe berechtigt.

9        Die teilnehmenden Spieler hätten Einsätze geleistet. Nach jeder Spielrunde sei jeweils der Pot (abzüglich des Drops an die revisionswerbende Partei) an den Spielgewinner ausbezahlt worden. Durch die Bereitsstellung von Spielort, Spieltischen und Spielpersonal habe die revisionswerbende Partei an der Durchführung des Glücksspieles veranstaltend bzw. organisierend und anbietend mitgewirkt und sei daher als Veranstalterin von Glücksspielen (von Ausspielungen) iSd GSpG zu betrachten.

10       Nach den allgemein gültigen Spielregeln laufe ein Spiel im Wesentlichen folgendermaßen ab:

Jeder Spielteilnehmer müsse am Spielbeginn einen Mindesteinsatz (Blinds und/oder Antes) erbringen. Nach dem Setzen der Mindesteinsätze erhielten alle Spieler vom Dealer die ersten Karten. Danach folgten eine oder mehrere Setzrunden, in denen die Spieler ihre Karten einschätzten und ihre Einsätze machten. In einer Setzrunde wetteten die Spieler auf den Wert ihrer (oft noch unvollständigen) Hand. Dazu platzierten sie ihre Einsätze üblicherweise vor sich auf dem Spieltisch. Das Spielrecht wandere reihum mindestens genau einmal um den Tisch. Im Falle von Erhöhungen wandere das Spielrecht gerade so weiter, dass jeder Spieler auf die letzte Erhöhung reagieren könne. Dafür werde der erste Einsatz der Runde als Erhöhung (von Null aus) angesehen. Am Ende einer Setzrunde hätten entweder alle verbliebenen Spieler nichts gesetzt, hätten Einsätze in derselben Höhe gemacht oder seien alle bis auf einen Spieler ausgestiegen. Die vor den Spielern liegenden Einsätze würden am Ende der Setzrunde in den Pot gegeben. Zwischen den einzelnen Setzrunden werde die Verteilung der Karten verändert, indem der Dealer weitere Karten verteile oder den Spielern Gelegenheit zum Tausch der Karten gebe. Innerhalb der Setzrunden schieden in der Regel einige Spieler freiwillig aus (folden). Deren Einsatz verbleibe im Pot. Wenn in einer Setzrunde ein Spieler einen Einsatz mache, der von keinem der Mitspieler durch einen Einsatz in gleicher Höhe aufgewogen werde (call), ende das Spiel. Der Spieler gewinne den Pot, die verdeckten Karten müssten normalerweise nicht aufgedeckt werden. Die letzte Setzrunde sei erreicht, wenn alle im Spielschema vorgesehenen Kartenausgaben oder Kartentausche ausgeführt worden seien oder wenn die Einsätze den vereinbarten Höchstwert (Limit) erreicht hätten. Hätten zwei oder mehrere Spieler den gleichen Betrag gesetzt, komme es zum Showdown: Die im Spiel verbliebenen Mitspieler deckten ihre Karten auf, und der Wert der jeweiligen Hände bestimme, wer den Pot erhalte.

11       Dieser aus den allgemein gültigen Spielregeln sich ergebende Ablauf lasse erkennen, dass von jedem Spieler pro Setzrunde eines Spiels eine vermögenswerte Leistung (= Einsatz) in Zusammenhang mit der Teilnahme am Pokerspiel zu erbringen sei, der am Ende der Setzrunde in den Pot gegeben werde. Den Pot bilde daher die Summe der von den Spielern in einem Spiel insgesamt gesetzten Einsätze.

12       Das Beschwerdevorbringen, es dürfe keine Aufsummierung der Einzeleinsätze vorgenommen werden, lasse somit sachverhaltsmäßig vollkommen außer Acht, dass der Pokerspieler für die Teilnahme am jeweiligen Pokerspiel pro Spielrunde einen „Einsatz“ zu erbringen habe, um am Ende der jeweiligen Setzrunde überhaupt noch im Spiel zu sein/zu bleiben und damit seine Hoffnung auf den Spielgewinn (Erhalt des Pot) zu wahren. In der vom einzelnen Spieler pro Setzrunde zu erbringenden finanziellen Leistung liege der Einsatz für die Teilnahme am ausgespielten Pokerspiel.

13       Unter der Wortfolge im § 57 Abs. 1 GSpG „vom Einsatz“ seien daher die von den Spielern pro Spiel für jede Setzrunde zu erbringenden Einsätze zu verstehen, die in Summe den Pot bildeten und den der jeweilige Spielgewinner nach Abzug des sogenannten Drop erhalte. Entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen stelle somit der Pot einen tauglichen und sachgerechten Ausgangspunkt für die im Wege der Schätzung erfolgte Ermittlung der in § 57 Abs. 1 GSpG normierten Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ dar.

14       Dieser Auslegung stehe im Ergebnis auch nicht der Einwand entgegen, dass laut der revisionswerbenden Partei die Gelder aus dem Pot zurückflössen und sozusagen unter den Spielern hin- und hergingen, weil nicht die konkreten, in Umlauf befindlichen Geldscheine zu betrachten seien, sondern der betragsmäßige „Einsatz“ pro Spielrunde. Eine - von der revisionswerbenden Partei vertretene - bloß einmalige Veranschlagung des pro Spielabend geleisteten Höchsteinsatzes finde im Gesetz keine Deckung.

15       Im Übrigen sei beim Poker zwischen Cashgames, bei denen laufend einzelne Spielrunden gespielt würden (Dauer durchschnittlich ca. 2 bis 4 Minuten) und der Pot am Ende jeder Spielrunde zur Auszahlung gelange, und einem Pokerturnier, das über einen längeren Zeitraum (zB mehrere Tage) gespielt werden könne und bei dem am Ende ein Gesamtgewinn in Waren oder Geld in Aussicht gestellt werde, als sohin zwei getrennten Spielformen strikt zu unterscheiden. Im Beschwerdefall seien mittels vorgelegter Aufstellungen allein die Einnahmen aus (ausdrücklich als solchen bezeichneten) Cashgames bekannt gegeben und ausschließlich diese Cashgames der Glücksspielabgabe unterworfen worden.

16       Der der Höhe nach von der revisionswerbenden Partei bekannt gegebene, erwirtschaftete Drop betrage ca. 5 % des Pots. Von diesem sei im Rahmen der Schätzung auf den Pot (von 5 % auf 100 %) hochzurechnen. Dies sei eine sachlich geeignete und zielführende Methode, um die Schätzung der Besteuerungsgrundlage „vom Einsatz“ auf eine gesicherte Ausgangsposition zu stützen.

17       Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

18       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit u.a. vor, es sei zu einer krass fehlerhaften Berechnung der Glücksspielabgabe gekommen, weil nicht bloß der Drop, sondern die Summe aus Drop, Tischmieten und die auf Letztere entfallende Umsatzsteuer als Basis für die Hochrechnung auf den Pot herangezogen worden seien.

19       Mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig und auch als berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20       Das Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der (zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes anzuwendenden) Fassung des Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungs-Gesetzes - SNG, BGBl. I Nr. 50/2012, und des Abgabenänderungsgesetzes 2012 - AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, lautet auszugsweise:

„...

GLÜCKSSPIELABGABEN

Glücksspielabgaben

§ 57. (1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.

...

Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld

§ 59. (1) Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§ 57 und 58:

1.   in Fällen des § 58 ...

2.   bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien ....

(2) Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind

1.   bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:

-    der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);

-    bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

2.   bei einer Abgabenpflicht gemäß § 58 ....

(3) Die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. ....

....“

21       Die revisionswerbende Partei wendet sich gegen die Behandlung als Schuldnerin der gegenständlichen Glücksspielabgabe mit dem Vorbringen, sie sei nicht Veranstalterin der durchgeführten Pokerspiele, weil sie weder Spieleinsätze kassiert noch Gewinne in Aussicht gestellt habe. Sie habe auch nicht das Risiko von Gewinn und Verlust in ihrer Vermögenssphäre getragen.

22       Schuldner der Abgabe nach § 57 Abs. 1 GSpG ist bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses (Konzession, Bewilligung) u.a. der Veranstalter der Ausspielung (§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG).

23       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt als Veranstalter derjenige in Betracht, der das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl. etwa VwGH 13.2.2020, Ra 2019/17/0116, mwN).

24       Das bedeutet nicht notwendigerweise eine Teilnahme des Veranstalters am Glücksspiel in der Form, dass von ihm Einsätze vereinnahmt oder Gewinne ausbezahlt werden. Wenn etwa Kartenspieler gegeneinander spielen, kann sich das Veranstalten beispielsweise durch Mischen und Teilen der Karten, Festlegung von Spielregeln, Entscheidung von Zweifelsfällen, Bewerbung der Möglichkeit zum Spiel, Bereitstellen von Spielort, Spieltischen oder Spielpersonal äußern (vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der GSpG-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, RV 658 BlgNR 24. GP 5, sowie zur Änderung des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 747/1996, RV 368 BlgNR 20. GP 5).

25       Im Revisionsfall konnte das BFG aus seinen unbestrittenen Feststellungen, wonach die revisionswerbende Partei zum Zwecke des Anbietens von Pokerspielen Räume angemietet und Pokertische sowie entsprechendes Personal bereitgestellt hat und ihr der Drop, also der Anteil des Veranstalters am Pot zugeflossen ist, schließen, dass diese auch Veranstalterin der gegenständlichen Pokerspiele gewesen ist. Wäre das Spielangebot der revisionswerbenden Partei von Spielern nicht angenommen worden, hätte sich dieser Umstand in ihrer Vermögenssphäre ausgewirkt. Daraus folgt für den Revisionsfall, dass die revisionswerbende Partei zu Recht als Veranstalterin und damit als Schuldnerin der Glücksspielabgabe behandelt wurde.

26       Die Revision bringt weiter vor, das BFG habe zu Unrecht die Summe der in den einzelnen Spielrunden gesetzten Geldbeträge als Bemessungsgrundlage herangezogen, weil diese Geldbeträge im Laufe der Spielrunden wieder aus dem jeweiligen Pot zu den einzelnen Spielern zurückflössen und somit dauernd zwischen den Spielern hin- und hergingen.

27       Das BFG hat im angefochtenen Erkenntnis zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der revisionswerbenden Partei vertretene Auffassung im Gesetzeswortlaut keine Deckung findet. Abgesehen davon, dass Gegenstand der Besteuerung die einzelne Ausspielung, also jede einzelne Pokerrunde, ist, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Pokerspielen in der vorliegenden Form die eingesetzten Geldbeträge lediglich im Kreis laufen würden, lässt doch eine solche Annahme die Möglichkeit einer ungleichmäßigen Verteilung des Spielerglücks und gelegentlicher Spielerwechsel völlig außer Ansatz. Im Übrigen ist es für die Abgabenbemessung nicht von Bedeutung, ob der Gewinner einer Pokerrunde sich mit einer einzigen Spielteilnahme begnügt oder seinen Gewinn als Einsatz für die Teilnahme an weiteren Pokerrunden verwendet.

28       Es ist daher nicht ersichtlich, dass es bei der Besteuerung der Summe der Pots aller Spielrunden zu einer verfassungswidrigen „Zigfachbesteuerung der im Pokerspiel gesetzten Geldbeträge der Spieler“ kommen würde (vgl. dazu VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024, [mwH auf VfGH 19.2.2015, E 293/2015], wonach bei Pokerspielen in der von der revisionswerbenden Partei angebotenen Form eine exzessive Steuerbelastung nicht erkannt wurde).

29       Die Revision rügt ferner, das BFG habe rechtswidrigerweise auch die Einnahmen für die Tischmiete (einschließlich Umsatzsteuer) in die Grundlage der Schätzung einbezogen.

Dieses Vorbringen führt die Revision zum Erfolg:

30       Das Finanzamt hat im Revisionsfall gemäß § 184 BAO eine Schätzung der Bemessungsgrundlage (Einsätze) durchgeführt und sich dabei auf die Aufzeichnungen der revisionswerbenden Partei gestützt.

31       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegen auch Schätzungsergebnisse der Begründungspflicht. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Die Begründung muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (VwGH 3.9.2019, Ra 2019/15/0003, mwN).

32       Im Revisionsfall hat das Finanzamt die täglichen Beträge der Pots aller Tische beider Standorte als Einsätze der Spieler der Abgabenbemessung zugrunde gelegt. Der Vorgehensweise, aus Aufzeichnungen des mit 5 % des Pots angenommenen Drops, also jenes Teils des Pots, der der revisionswerbenden Partei zur Abgeltung ihres Aufwandes zugeflossen ist, auf den Pot zu schließen, begegnen keine Bedenken.

33       Aus der im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Tabelle und der sich daran anschließenden Berechnung ergibt sich allerdings, dass bei einzelnen Spieltagen nicht nur der Betrag aus der Spalte „Cashgame“ der Berechnung zugrunde gelegt wurde, sondern die Summe von „Cashgame“, „Tischmiete“ und der auf die „Tischmiete“ entfallenden Umsatzsteuer. Das angefochtene Erkenntnis enthält aber - ebenso wie die Abgabenbescheide und die Berufungsvorentscheidungen - keine Ausführungen, aus denen sich ergäbe, was unter dem Begriff „Tischmiete“ zu verstehen sei und warum die darauf entfallenden Beträge zuzüglich Umsatzsteuer als Teil des Drops und somit des Pots anzusehen und daher der Berechnung der Pots (Summen der Einsätze) zugrunde zu legen wären. Damit entspricht das angefochtene Erkenntnis aber nicht den oben genannten Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung.

34       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

35       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 8. Juli 2020

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018170002.L00

Im RIS seit

19.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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