TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/27 97/14/0158

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Veröffentlicht am 27.01.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §188;
BAO §190 Abs1 idF 1996/201;
BAO §191 Abs1 litc;
BAO §191 Abs3 litb;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/14/0159 E 25. Februar 1998

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des T F in B, vertreten durch Dr. Anton Schiessling und Dr. Othmar Knödl, Rechtsanwälte in Rattenberg, Hassauerstraße 75, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 2. Oktober 1997, Zl. RV/158-07/03/97, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Das Finanzamt Kufstein hatte gegenüber dem Beschwerdeführer einen Einkommensteuerbescheid für 1994 erlassen, mit welchem das Einkommen aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von ca. 1,4 Mio S, geringfügigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und einem - aus einer Beteiligung als Mitunternehmer in der Form eines atypisch stillen Gesellschafters resultierenden - Verlust aus Gewerbebetrieb von ca. 900.000 S errechnet worden ist.

Gestützt auf die Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO erließ das Finanzamt in der Folge einen geänderten Einkommensteuerbescheid, mit welchem das Einkommen ohne Berücksichtigung des Verlustes aus der atypisch stillen Gesellschaft (im folgenden Gesellschaft) errechnet worden ist. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, laut Mitteilung vom 23. Jänner 1997 des Finanzamtes für den ersten Bezirk in Wien seien die Einkünfte der Gesellschaft für 1994 und 1995 "nicht festgestellt" worden, weshalb der geltend gemachte Verlustanteil aus der Beteiligung an der Gesellschaft nicht angesetzt werden könne.

Der Beschwerdeführer berief gegen diesen Bescheid mit der Begründung, der genannte Bescheid des Finanzamtes für den ersten Bezirk in Wien sei ein negativer Feststellungsbescheid, ein solcher könne die Folgewirkungen von Bescheiden der §§ 186 ff BAO nicht herbeiführen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Bescheid des Finanzamtes für den ersten Bezirk in Wien vom 23. Jänner 1997 sei an die Gesellschaft gerichtet und entfalte folgenden Ausspruch:

"Eine Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S.d. § 188 Abs. 1 lit. b BAO für die Jahre 1994 und 1995 unterbleibt. Dieser Bescheid hat gem. § 191 Abs. 3 lit. b i. V.m. § 190 Abs. 1 BAO Wirkungen gegenüber folgenden Beteiligten: ..."

Ein Bescheid, mit welchem die Behörde ausspreche, daß eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften unterbleibe, sei ein Bescheid iSd § 188 BAO, der der Abgabenbemessung zugrundezulegen sei. Die Bindungswirkung des § 252 Abs. 1 BAO komme auch negativen Feststellungsbescheiden zu. Dazu komme, daß § 190 Abs. 1 BAO idF BGBl. 201/1996 ausspreche, daß die für die Festsetzung von Abgaben geltenden Vorschriften auf Feststellungen gemäß § 185 bis 189 BAO und auf Bescheide, mit denen ausgesprochen werden, daß solche Feststellungen unterbleiben, sinngemäß Anwendung fänden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch in Rechten verletzt, daß die belangte Behörde dem negativen Feststellungsbescheid die Bedeutung eines Feststellungsbescheides nach § 188 BAO beigemessen und deshalb einen nach § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuer erlassen habe. Der negative Feststellungsbescheid habe die Gesellschaft zum Adressaten gehabt, sei aber nicht an eine Gesellschaft ergangen, deren Gesellschaftern gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen seien, wie dies § 191 Abs. 1 lit. c BAO vorsehe. Die Wirkungen, die mit an solche Gesellschaften gerichteten Bescheiden verbunden sind, hätten gegenüber den "Beteiligten" nicht eintreten können, weil ihnen ihre mitunternehmerische Beteiligteneigenschaft bescheidmäßig abgesprochen worden sei. Aus diesem Grund hätten die Rechtsfolgen der §§ 191 Abs. 1 und 3 sowie § 101 Abs. 3 BAO nicht eintreten können. Der Bescheid des Finanzamtes für den ersten Bezirk in Wien vom 23. Jänner 1997 sei sohin kein Grundlagenbescheid iSd § 295 Abs. 1 BAO. Daran ändere auch der letzte Satz des § 190 Abs. 1 BAO nichts. Wenn die Behörde trotz des äußeren Bildes der Feststellungsvoraussetzungen verfüge, daß eine Feststellung unterbleibe, weil etwa, wie im Beschwerdefall die Mitunternehmerschaft der Personenmehrheit nicht angenommen werde oder eine Mehrheit von Personen nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehe, könne das in § 190 Abs. 1

letzter Satz BAO normierte Gebot der sinngemäßen Anwendung nicht darüber hinweghelfen, daß dem Spruch des negativen Feststellungsbescheides zufolge die konkreten Feststellungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Es könnten daher die Rechtswirkungen von Feststellungsbescheiden nicht eintreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Besteht Streit darüber, ob die Voraussetzungen für eine Feststellung im Sinne des § 188 BAO - im Hinblick auf die in von dieser Bestimmung geforderten gemeinschaftlichen Einkünfte - gegeben sind, so hat die Abgabenbehörde, wenn sie dies verneint, bescheidmäßig auszusprechen, daß eine einheitliche und gesonderte Feststellung unterbleibt. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Mai 1989, 85/13/0176, ausgesprochen hat, ist auch ein solcher negativer Feststellungsbescheid ein Bescheid iSd § 188 BAO, der der Abgabenbemessung zugrundezulegen ist. Auch in den Erkenntnissen vom 28. Februar 1995, 95/14/0021, und vom 9. Juli 1997, 95/13/0044, 0045, ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, daß der Bescheid über das Unterbleiben einer Feststellung von Einkünften einem Feststellungsbescheid iSd § 188 BAO entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die vorliegende Beschwerde nicht zu einem Abgehen von dieser Rechtsansicht veranlaßt. Zu den Bescheiden nach § 188 BAO betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gehört auch der Bescheid mit dem festgestellt wird, daß eine Personenvereinigung keine Einkünfte erzielt.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO hat der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu ergehen, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Gemäß § 191 Abs. 3 lit. b BAO wirken einheitliche Feststellungsbescheide gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen. Es trifft zu, daß den Gesellschaftern (Mitgliedern) keine Einkünfte zufließen, wenn gemeinschaftlich erzielte Einkünfte nicht vorliegen. Ob allerdings solche gemeinschaftlich erzielten Einkünfte gegeben sind oder nicht, wird mit dem Feststellungsbescheid iSd § 188 BAO entschieden. Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, daß Einkünfte erzielt worden sind, ist gemäß § 188 BAO im Feststellungsbescheid auch über die Verteilung der Einkünfte auf die Teilhaber abzusprechen. Das sind die in § 191 Abs. 1 BAO erwähnten und auch von § 191 Abs. 3 BAO gemeinten Gesellschafter (Mitglieder). Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, daß Einkünfte nicht erzielt worden sind, sind diejenigen Personen die Gesellschafter (Mitglieder) iSd § 191 Abs. 1 und 3 BAO, denen, falls die Gemeinschaft Einkünfte erzielt hätte, Einkünfteanteile zuzurechnen gewesen wären.

Die Wirkung von Bescheiden, mit denen Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt werden, kommt sohin auch negativen Feststellungsbescheiden zu. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers entspricht dies auch dem Inhalt des durch die Novelle BGBl. 201/1996 eingeführten letzten Satzes des § 190 Abs. 1 BAO.

Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf den nachträglich erlassenen negativen Feststellungsbescheid iSd § 188 BAO aufgrund der Bestimmung des § 295 Abs. 1 BAO einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen hat, so kann dies der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997140158.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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