TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/1 405-11/155/1/7-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Index

19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

NAG §28
MRK Art8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Dr. Christine Scharfetter über die Beschwerde von AB AA, AF-Straße, AE, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. AG, AJ-Straße, AH, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 24.6.2019, Zahl XXX-2015,

zu Recht:

1.     Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.6.2019, Zahl XXX-2015, hat die belangte Behörde (kurz: belB) über den Antrag vom 3.7.2015 abgesprochen, indem sie unter gleichzeitigem Ausspruch das Ende des unbefristeten Niederlassungsrechtes gemäß § 28 Abs 1 NAG festgestellte. Die Rückstufung wurde von der belB damit begründet, dass aufgrund der vorliegenden und aufgezeigten Verurteilung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung anhängig gewesen sei und wegen des Umstandes der festgestellten Unzulässigkeit im Hinblick auf § 9 BFA-VG dieses eingestellt wurde (ON 14, ON 22, ON 44).

Dagegen erhob der ausgewiesene Rechtsvertreter des Bf (kurz: Bfv) Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass im Hinblick auf den Antrag vom 3.7.2015 bis dato noch keine rechtskonforme Erledigung vorliege und das Rückstufungsverfahren ein selbstständiges, amtswegig einzuleitendes, Verfahren sei; im Übrigen dürfe eine Rückstufung gemäß Art 9 Abs 3 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (kurz: RL 2003/109/EG) iVm Art 21 Abs 1 GRC und der UN-Behindertenrechtskonvention nicht erfolgen, weil dies eine unzulässige Diskriminierung auf Grund einer Behinderung darstelle und auch ein allenfalls legitimes Ziel - nämlich die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung - dadurch nicht gewährleistet bzw die Maßnahme unverhältnismäßig sei.

Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Landesverwaltungsgericht (kurz: Verwaltungsgericht) von der belB am 11.7.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

Am 12.9.2019 fand am Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bfv und Vertretern der belB statt.

Auf Grund der Aktenlage steht folgender

S a c h v e r h a l t

fest:

Der über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügende Bf stellte am 3.7.2015 bei der belB einen Antrag auf Ausstellung eines Dokumentes zum Nachweis seines Aufenthaltsrechts gemäß § 45 Abs 1 NAG, weil die Gültigkeit am 11.7.2015 endete. Zuvor wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8.8.2014, Zahl xyxyx, festgestellt:

"AB AA hat am 04. März 2014 in Salzburg, unter dem Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer paranoiden Schizophrenie mit einer (höchstwahrscheinlich) kontinuierlichen Verlaufsform, FF GG durch einen gezielten Stich mit einem Messer in den Hals zu töten versucht. Er hat hierdurch eine Tat begangen, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB zuzurechnen gewesen wäre. Da zu befürchten ist, dass der Betroffene AB AA sonst unter dem Einfluss einer geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde, wird gemäß §429 Abs 1 StPO iVm § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des AB AA in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet".

Im Zeitraum vom 4.3.2014 bis 23.6.2015 war der Bf in der Justizanstalt Salzburg aufhältig; im Zeitraum 23.6.2015 bis 11.10.2016 in der Justizanstalt Puch Urstein. Seit 11.10.2016 befindet sich der Bf in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (Justizanstalt AE), weil er an paranoider Schizophrenie leidet.

Am 6.3.2014 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionalstelle Salzburg, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme eingeleitet (ON 6 im verwaltungsbehördlichen Akt); am 21.3.2017 wurde unter Verweis auf § 9 BFA-VG festgestellt, dass keine fremdenpolizeilichen Maßnahmen möglich sind (ON 14).

Mit Schreiben der belB vom 10.3.2017, Zahl XXX-2015, trat diese den Antrag vom 3.7.2015 zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft Linz ab. Am 18.8.2017 leitete die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ein Verfahren gemäß § 28 Abs 1 NAG ein und gewährte dem Bf mit Schreiben vom 20.11.2017, Zahl ÖÖÖ, Parteiengehör, nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionalstelle Salzburg, (kurz: BFA) am 13.9.2017 mitteilte, dass gegenüber dem Bf keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen infolge Aufenthaltsverfestigung gesetzt werden können. Der Sachwalter des Bf gab am 30.11.2017 (do eingelangt: 1.12.2017) eine Stellungnahme ab. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.12.2017, Zahl ÖÖÖ, wurde über den Antrag vom 3.7.2015 abgesprochen, indem unter gleichzeitigem Ausspruch das Ende des unbefristeten Niederlassungsrechtes gemäß § 28 Abs 1 NAG festgestellt wurde. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 24.4.2018, Zahl ÜÜÜ, aufgehoben (Unzuständigkeit der belangten Behörde). Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land retournierte infolge der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich den Fremdenakt an den Magistrat der Stadt Salzburg (do eingelangt: 14.6.2018). Die belB leitete daraufhin ein Verfahren nach § 28 Abs 1 NAG ein und gewährte dem Bf mit Schreiben vom 15.2.2019, Zahl XXX-2015, insbesondere unter Hinweis auf die Mitteilung des BFA vom 13.9.2017, Parteiengehör. Der Bfv gab dazu am 1.3.2019 eine Stellungnahme ab. Eine telefonische Rückfrage der belB beim BFA am 19.6.2019 bestätigte wiederholt die Mitteilung des BFA vom 13.9.2017. Daraufhin erließ die belB den verfahrensgegenständlichen Bescheid, der in weiterer Folge in Beschwerde gezogen wurde. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.9.2019 legte der Bfv vier Originallichtbilder des Bf (./1) vor; vom vorgelegten Originalreisepass des Bf veranlasste die Verhandlungsrichterin die Anfertigung einer Kopie (./2).

Zur

B e w e i s w ü r d i g u n g

ist auszuführen, dass die obigen Feststellungen aufgrund der insoweit unbedenklichen Aktenlage (ua Verwaltungsakt der belangten Behörde/Akt des Verwaltungsgerichtes) sowie dem durchgeführten Beweisverfahren (Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 12.9.2019) zu treffen waren.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ergibt sich nachstehende

r e c h t l i c h e B e u r t e i l u n g:

Gegenstand des Verfahrens ist nicht nur der Antrag gemäß § 20 Abs 3 NAG (auf Ausstellung eines neuen Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" zur Dokumentation einer bestehenden unbefristeten Niederlassung im Bundesgebiet gemäß § 45 NAG) vom 3.7.2015, sondern auch das amtswegige Verfahren gemäß § 28 Abs 1 NAG.

Dazu im Einzelnen:

1.    Gemäß § 20 Abs 3 NAG sind Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" unbefristet niedergelassen. Gemäß § 20 Abs 3 NAG ist der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 NAG auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern. § 20 Abs 3 NAG entspricht Art 8 der RL 2003/109/EG. Mit der Formulierung dieser Bestimmung wird klargestellt, dass zwar das den unbefristeten Aufenthaltstitel bestätigende Dokument befristet ist, aber nicht der Aufenthaltstitel selbst. Das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen muss daher bei der Ausstellung eines neuen Dokumentes bei unbefristeten Titeln nicht geprüft werden, da dies dem Zweck eines unbefristeten Titels entgegenstünde (vgl RV 952 XXII. GP, BGBl I 100/2005 zu §20 Abs 3 NAG, Seite 129). Zudem kommt, dass gemäß § 7 Abs 4 NAG-DV im Fall eines Verlängerungsantrages auf Ausstellung eines weiteren Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" das Erfordernis der Vorlage der Urkunden und Nachweise gemäß Abs 1 Z 4 bis 7 entfällt; der Bf hat daher nur ein gültiges Reisedokument (§ 7 Abs 4 NAG-DV iVm § 2 Abs 1 Z 2 und 3 NAG) und ein Lichtbild (§ 7 Abs 4 NAG-DV iVm § 2a NAG-DV) vorzulegen. Entgegen dem Vorbringen des Bfv (Beschwerde, Punkt II.1.) hat die belB über den Antrag gemäß § 20 Abs 3 NAG abgesprochen (Aufenthaltstitel ist zu verlängern, weil keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind), indem sie unter gleichzeitigem Ausspruch das Ende "des unbefristeten Niederlassungsrechtes" gemäß § 28 Abs 1 NAG feststellte.

2.    Gemäß § 28 Abs 1 NAG hat die Behörde das Ende des unbefristeten Niederlassungsrechts mit Bescheid festzustellen und von Amts wegen einen befristeten Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" auszustellen (Rückstufung), wenn gegen einen Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45) die Voraussetzungen des § 52 Abs 5 FPG für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, diese Maßnahme aber im Hinblick auf § 9 BFA-VG nicht verhängt werden kann.

Eine Rückstufung nach § 28 Abs 1 NAG setzt daher voraus, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht verhängt werden kann (vgl VwGH 14.2.2018, Ra 2017/22/0173). Diese Voraussetzung ist durch ON 14, ON 22 und ON 44 belegt und wird vom Bf nicht bestritten.

Weiters ist in einem Verfahren betreffend Rückstufung gemäß § 28 Abs 1 NAG eine nachvollziehbare Darstellung einer Gefährdungsannahme erforderlich. Nachdem der unter paranoider Schizophrenie leidende Bf infolge des Urteils des Landesgerichtes Salzburg vom 8.8.2014 nach wie vor in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht ist, geht das Verwaltungsgericht zum Entscheidungszeitpunkt davon aus, dass die vom Bf ausgehende Gefährdung noch nicht weggefallen ist. Davon kann erst dann ausgegangen werden, wenn sich infolge einer amtswegigen Prüfung durch das zuständige Gericht (hier: Landesgericht Steyr) gemäß § 25 Abs 3 StGB bzw eines Antrages auf bedingte Entlassung herausstellt, dass die Unterbringung nicht mehr notwendig ist. Da die Entscheidung, ob die Unterbringung notwendig bzw nicht mehr notwendig ist, in die Zuständigkeit des Landesgerichtes Steyr fällt, hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag des Bf auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens abgewiesen.

Wenn der Bf vorbringt, dass die Rückstufung nicht erfolgen dürfe, weil dies eine unzulässige Diskriminierung aufgrund einer Behinderung darstelle und auch ein allenfalls legitimes Ziel - nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung - dadurch nicht gewährleistet bzw die Maßnahme unverhältnismäßig sei, wird festgehalten:

Nach Art 12 Abs 1 RL 2003/109/EG ist die Ausweisung eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen nur unter den von der EuGH-Rechtsprechung beginnend mit dem Boucherau-Urteil aufgestellten Gesichtspunkten zulässig, woran anknüpfend Art 9 Abs 3 RL 2003/109/EG den Verlust der Rechtsstellung als langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger, mithin also eine "Rückstufung" im Sinne des § 28 Abs 1 NAG, ausschließlich bei Vorliegen einer Ausweisung erlaubt. Mit der Regelung des § 28 Abs 1 NAG wird nach den Erläuterungen (RV 952 BlgNr XXII.GP, BGBl I 100/2005, zu § 28 Abs 1 NAG, Seite 131) ua Art 9 der RL 2003/109/EG (betreffend den Entzug der Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter) umgesetzt (VwGH 18.1.2007, Ra 2016/22/0021). Entsprechend der obigen Ausführungen liegen die Voraussetzungen für eine Rückstufung - auch im Hinblick auf die RL 2003/109/EG - im vorliegenden Fall vor.

Am 26.10.2008 trat das Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung und das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung für Österreich in Kraft (BGBl III 155/2008; für die EU trat das Übereinkommen mit 22.1.2011 in Kraft; bzgl des Fakultativprotokolls ist die EU weder Signatar noch Vertragspartei). Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung sowie das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung wurde vom Nationalrat als Staatsvertrag gemäß Art 50 Abs 1 Z 1 B-VG genehmigt; anlässlich der Genehmigung wurde beschlossen, dass der Staatsvertrag gemäß Art 50 Abs 2 Z 3 (jetzt: Z 4) B-VG "durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen" (Erfüllungsvorbehalt) sei. Der Staatsvertrag ist daher ohne Hinzutreten eines Gesetzes nicht unmittelbare Grundlage für einen Verwaltungsakt oder ein Urteil (VfSlg 12.558/1990; VwGH vom 13.12.2010, 2010/10/0225; VwGH 29.2.2012, 2011/10/0035); das Verwaltungsgericht darf sich daher gemäß Art 18 Abs 1 B-VG nicht unmittelbar auf einen Staatsvertrag mit Erfüllungsvorbehalt stützen. Das Verwaltungsgericht hat daher - ausgehend davon, dass beim Bf aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie eine Behinderung nach Art 1 Abs 2 des Übereinkommens zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung vorliegt -ausschließlich die verfassungsrechtliche Pflicht zur völkerrechtskonformen Interpretation des § 28 Abs 1 NAG (§ 28 NAG muss so ausgelegt werden, dass er mit der zwischenstaatlichen Verpflichtung Österreichs im Hinblick auf das Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung nicht in Widerspruch steht). Nach Art 31ff Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, BGBl Nr 40/1980, idgF, ist das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Zweck des Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderung zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Das Verwaltungsgericht sieht in der Anwendung des § 28 NAG keine unzulässige Diskriminierung des Bf im Sinne des Übereinkommens zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung, weil § 28 Abs 1 NAG in der Frage des Gefährdungspotentials keine Differenzierung zwischen behinderten und nichtbehinderten Personen macht. Wenn der Bfv in diesem Zusammenhang ausführt, dass die Rückstufung nicht geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höherem Maße zu gewährleisten, als die Nichtvornahme der Rückstufung (Protokoll vom 12.9.2019, Seite 3, 1. Absatz), so wird dadurch kein Argument für eine unzulässige Diskriminierung vorgebracht. Der Bfv verkennt dabei zudem, dass der Zweck des § 28 Abs 1 NAG nicht darin liegt, dem Bf das Aufenthaltsrecht gänzlich zu nehmen, sondern ihm - richtlinienkonform (RL 2003/109/EG) - lediglich seines privilegierten gemeinschaftsrechtlichen Status als unbefristet Niederlassungsberechtigter mit Daueraufenthalt zu entkleiden, wodurch es in kürzeren Abständen zu einer fundierten Einschätzung des Gefährdungspotentials kommt. Da der Bf weiterhin niedergelassen bleiben darf, kann es auch zu keinem Eingriff in Art 8 EMRK kommen (vgl RV 952 BlgNr XXII.GP, BGBl I 100/2005, zu § 28 Abs 1 NAG, Seite 131). Wenn der Bfv abschließend vermeint, dass das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung unmittelbar anwendbares Unionsrecht darstelle und diesbezüglich auf C-406/15, Milkova, verweist, so wird ausgeführt, dass der Europäische Gerichtshof nur betont hat, dass das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung zur Auslegung der Richtlinie 2000/78 herangezogen werden kann; eine unmittelbare Anwendbarkeit ergibt sich daraus nicht.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Rückstufung gemäß § 28 Abs 1 NAG zulässig ist und eine derartige Vorgehensweise nicht gegen Art 9 Abs 3 RL 2003/109/EG, Art 21 Abs 1 GRC und das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung, BGBl III 155/2008, verstößt. Da die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall aus rechtlichen Gründen unzulässig ist, kann die Erteilung eines weiteren Aufenthaltsrechts nicht von der Erfüllung der Voraussetzungen des 1. Teiles abhängen; insofern muss § 41a Abs 5 NAG teleologisch reduziert werden und sind daher Voraussetzungen des 1. Teiles zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu prüfen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der bisherigen im Erkenntnis beispielhaft angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Gerichtshofes. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, soweit relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, UN-Behindertenkonvention, Rückstufung, Gefährdungspotential

Anmerkung

VfGH-Beschwerde erhoben; VfGH vom 27.11.2019, E 4015/2019-5, Ablehnung
ao Revision erhoben; VwGH vom 16.1.2020, Ra 2020/22/0009-3, Abweisung Antrag aW

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.11.155.1.7.2019

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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