TE Bvwg Beschluss 2019/6/21 L524 2140692-3

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Veröffentlicht am 21.06.2019
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Entscheidungsdatum

21.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §33 Abs1

Spruch

L524 2140692-3/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, Mozartstr. 11, 4020 Linz, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung eines Antrags auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2018, Zl. L524 2140692-1/15E, abgeschlossenen Asylverfahrens beschlossen:

A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller stellte am 02.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 09.11.2016, Zl. 1066932300-150448357/BMI-BFA_KNT_RD, wurde dieser Antrag abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2018, L524 2140692-1/15E, als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11.06.2018, E 1542/2018-5, wurde die Behandlung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts abgelehnt.

2. Am 09.04.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2018, Zl. L524 2140692-1/15E, abgeschlossenen Verfahrens ein. Dieser wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.2019, L524 2140692-2/3E, gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

3. In seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 29.05.2019 wegen Versäumung der Frist zur Einbringung des Wiederaufnahmeantrags, brachte der Antragsteller über seinen Vertreter im Wesentlichen vor, dass der Antrag auf Wiederaufnahme beim Bundesverwaltungsgericht hätte eingebracht werden müssen, sei aber versehentlich beim BFA eingebracht worden. Dieses Versehen sei darauf zurückzuführen, dass die langjährige Leiterin der Kanzlei des rechtsfreundlichen Vertreters seit Mitte Februar 2019 im Krankenstand sei und seither in der Kanzleiorganisation des Vertreters besondere Verhältnisse herrschen würden, die mit einem erhöhten Arbeitsstress des Vertreters verbunden seien. Durch personelle Umstellungen sei versucht worden, Abhilfe zu schaffen. Es läge aber dennoch eine außergewöhnliche Situation vor. Wegen des erhöhten Arbeitsdrucks sei dem Vertreter daher der Fehler unterlaufen. Auf die fehlerhafte Einbringung sei der Vertreter mit Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts am 16.05.2019 aufmerksam geworden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei daher rechtzeitig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 09.04.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2018, Zl. L524 2140692-1/15E, abgeschlossenen Verfahrens ein.

Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.2019, L524 2140692-2/3E, gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

Am 29.05.2019 stellte der Antragsteller den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung des Wiederaufnahmeantrags. Dieser wurde damit begründet, dass der Antrag auf Wiederaufnahme versehentlich beim BFA eingebracht worden sei. Dieses Versehen sei darauf zurückzuführen, dass die langjährige Leiterin der Kanzlei des rechtsfreundlichen Vertreters seit Mitte Februar 2019 im Krankenstand sei und seither in der Kanzleiorganisation des Vertreters besondere Verhältnisse herrschen würden, die mit einem erhöhten Arbeitsstress des Vertreters verbunden seien. Durch personelle Umstellungen sei versucht worden, Abhilfe zu schaffen. Es läge aber dennoch eine außergewöhnliche Situation vor. Wegen des erhöhten Arbeitsdrucks sei dem Vertreter daher der Fehler unterlaufen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

§ 33 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird, sodass den Antragsteller die Obliegenheit trifft, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat (vgl. VwGH 27.05.2014, 2013/11/0243; VwGH 25.02.2003, 2002/10/0223; VwGH 21.05.1997, 96/21/0574). Auf nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist geltend gemachte Wiedereinsetzungsgründe und neue, den Wiedereinsetzungsgrund untermauernde Argumente ist daher nicht einzugehen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/12/0026 unter Hinweis auf VwGH 23.04.2015, 2012/07/0222).

Es ist daher ausschließlich das Vorbringen des Antragstellers in seinem Antrag vom 29.05.2019 auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen.

Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa VwGH 18.12.2014, Ra 2014/01/0015, mwN).

Im vorliegenden Fall bringt der Antragsteller vor, dass der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens versehentlich beim BFA eingebracht worden sei. Dieses Versehen sei darauf zurückzuführen, dass die langjährige Leiterin der Kanzlei des rechtsfreundlichen Vertreters seit Mitte Februar 2019 im Krankenstand sei und seither in der Kanzleiorganisation des Vertreters besondere Verhältnisse herrschen würden, die mit einem erhöhten Arbeitsstress des Vertreters verbunden seien. Durch personelle Umstellungen sei versucht worden, Abhilfe zu schaffen. Es läge aber dennoch eine außergewöhnliche Situation vor. Wegen des erhöhten Arbeitsdrucks sei dem Vertreter daher der Fehler unterlaufen.

Bei fristgebundenen Eingaben kommt der richtigen Adressierung des Schriftstückes eine zentrale Bedeutung zu. Bei der Kontrolle eines solchen Schriftsatzes und seiner Unterfertigung durch den Rechtsvertreter ist daher eine besondere Sorgfalt geboten (vgl. VwGH 06.09.2012, 2012/18/0056 unter Hinweis auf VwGH 31.01.2008, 2007/06/0330).

Berufliche Überlastungen reichen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hin, um die Bewilligung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen (VwGH 17.02.1993, 93/01/0047; 27.02.1998, 97/19/0417; 28.06.2001, 2001/11/0175). Ganz allgemein liegt bei der Versäumung einer Frist oder mündlichen Verhandlung, die von der Partei damit begründet wird, dass sie unter erhöhtem Stress - hervorgerufen zB durch Studium, Wohnungssuche, Arbeitssuche, familiäre Probleme etc - litt, kein bloß minderer Grad des Versehens iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG vor (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71, Rz 82; VwGH 25.09.1991, 91/16/0046; 25.01.1995, 94/12/0354).

Der behauptete erhöhte Arbeitsdruck stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Ein Rechtsanwalt hat die Organisation seiner Kanzlei so einzurichten hat, dass die fristgerechte Erhebung von Rechtsmitteln gesichert erscheint (vgl. VwGH 17.02.1993, 93/01/0047). Der Antragsteller hat im Wiedereinsetzungsantrag auch nicht dargelegt, in welcher Weise in der Kanzlei dafür Sorge getragen. Es liegt daher nicht ein bloß minderer Grad des Versehens vor.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erschien. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stützt sich auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes.

Schlagworte

Fristversäumung Tauglichkeit Verschulden Verschulden des Vertreters Wiederaufnahmeantrag Wiedereinsetzung Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L524.2140692.3.00

Im RIS seit

31.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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