TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/16 I405 2228714-1

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Veröffentlicht am 16.04.2020
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Entscheidungsdatum

16.04.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2228714-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein nigerianischer Staatsangehöriger, wurde erstmals am 16.06.2003 einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen und stellte dabei gegenüber einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) entschied am 23.10.2003 über den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid negativ. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde auch in 2. Instanz negativ entschieden und erwuchs am 09.09.2008 in Rechtskraft.

3. Der BF stellte im Jahr 2008 in Griechenland einen weiteren Asylantrag und wurde dieses Verfahren im Jahr 2010 eingestellt, da der BF mit einer ungarischen Staatsangehörigen am 04.05.2010 vor dem Standesamt Athen in Griechenland eine Ehe schloss.

4. Der BF stellte am 06.03.2013 in Österreich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Angehöriger" eines EWR-Bürgers beim Amt der steiermärkischen Landesregierung und wurde dem BF am 17.06.2014 eine gültige Aufenthaltskarte ausgestellt.

5. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX zu XXXX vom 06.07.2016, rechtskräftig seit 07.12.2016, wegen §§ 28a Abs 4 Z 3, 28 Abs 1 2. Fall und Abs 2, 28a Abs 1 5. Fall, 28a Abs 1 2. Fall, 28a Abs 2 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Der BF wurde aus der Freiheitsstrafe am 21.12.2017 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

6. Am 20.05.2019 stellte der BF bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag einen Antrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin.

7. Am 13.06.2019 wurde der BF durch Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX zu XXXX von seiner Ehefrau im Einvernehmen geschieden.

8. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 10.09.2019 vor dem BFA machte er im Wesentlichen folgende Angaben: Er sei von seiner Frau geschieden und lebe nicht mehr mit ihr zusammen, stehe aber nach wie vor in aufrechtem Kontakt zu ihr. Grund für die Scheidung sei der Umstand gewesen, dass der BF Geld nach Afrika zu seiner Mutter geschickt habe. Seine begangenen Suchtmitteldelikte seien ein Fehler gewesen. Da das damalige Ehepaar finanziell schlecht aufgestellt gewesen sei, habe er Drogen von der tschechischen Grenze nach XXXX verbracht. Auch habe er zum damaligen Zeitpunkt selbst Marihuana konsumiert, jedoch seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis jegliche Konsumation eingestellt. Er lebe in einer Wohnung in Bruck an der Mur und beschreite seinen Lebensunterhalt als selbstständiger Zeitungszusteller. Er stehe jeden Tag in Kontakt mit seinem Bruder in Nigeria und lebe, bis auf einen Bruder, seine gesamte Familie in Nigeria. Er habe eine Arbeit und Freunde in Österreich und genüge ihm seine derzeitige Kenntnis der Sprache Deutsch für sein Leben in Österreich. Es stelle für ihn kein Problem dar, Österreich zu verlassen, sofern das Gesetz dies bestimme, da er bereits einen Aufenthaltstitel in Ungarn habe.

9. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 04.02.2020, Zl. XXXX, wurde gegen den BF ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 14.02.2020, mit welcher mangelhafte Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden.

11. Mit Schriftsatz vom 17.02.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 19.02.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige BF ist geschieden, kinderlos und Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität steht fest.

Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.06.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des BFA vom 23.10.2003 negativ entschieden wurde. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung am 09.09.2008 in Rechtskraft. Der BF verwendete in diesem Verfahren eine Alias-Identität.

Am 04.05.2010 ehelichte der BF eine ungarische Staatsangehörige in Athen, Griechenland, weshalb ihm die Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zukommt.

Der im Jahr 2008 in Griechenland gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde aufgrund seiner Eheschließung eingestellt und wurde ihm nach seiner Einreise ins ungarische Bundesgebiet im Jahr 2010 eine ungarische Daueraufenthaltskarte ausgestellt.

Der BF reiste abermals nach Österreich und hält sich seit mindestens 04.03.2013 im Bundesgebiet auf. Er stellte am 06.03.2013 in Österreich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Zweck "Angehöriger" einer EWR-Bürgerin beim Amt der steiermärkischen Landesregierung und wurde dem BF am 17.06.2014 mit Bescheid ein gültiger Aufenthaltstitel mit dem Ablaufdatum 16.06.2019 ausgestellt.

Der BF stellte am 20.05.2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag einen Verlängerungsantrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin und wurde das diesbezügliche Verfahren gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des BFA über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ausgesetzt.

Am 13.06.2019 wurde der BF mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX zu XXXX von seiner Ehefrau im Einvernehmen geschieden.

Der BF leidet an keinen derartigen psychischen und physischen Beeinträchtigungen, er ist arbeitsfähig.

Der BF verfügt in Österreich über keine Verwandten, pflegt jedoch noch Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau und deren Sohn. Ansonsten verfügt er über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Er geht in Österreich seit 17.05.2019 einer Beschäftigung als selbstständiger Zeitungsausträger nach und bezieht keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Der BF besuchte einen Deutschkurs auf dem Niveau A1, ohne jedoch eine entsprechende Prüfung abzulegen. Es konnten keine Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sozialer, sprachlicher und kultureller Hinsicht festgestellt werden.

Der BF ist in Österreich vorbestraft.

Er wurde mit erstinstanzlichem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX zu XXXX vom 06.07.2016 wegen §§ 28a Abs 4 Z 3, 28 Abs 1 2. Fall und Abs 2, 28a Abs 1 5. Fall, 28a Abs 1 2. Fall, 28a Abs 2 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Erschwerend wurde das Zusammentreffen von drei Verbrechen sowie einem Vergehen gewertet, als mildernd jedoch das umfassende Geständnis und die Unbescholtenheit des BF.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 07.12.2016 zu XXXX wurde der Berufung der Staatsanwaltschaft XXXX Folge gegeben und die Freiheitsstrafe des BF auf drei Jahre angehoben. Die teilbedingte Strafnachsicht nach § 43a StGB wurde aus dem Urteil ausgeschaltet. Als mildernd waren sein ordentlicher Lebenswandel, das reumütige und für die Wahrheitsfindung bedeutsame Geständnis und die Sicherstellung eines Großteils des importierten Suchtgifts zu werten. Als erschwerend wirkte sich das Zusammentreffen von drei Verbrechen und mehreren Vergehen aus. In Anbetracht der schwerwiegenden grenzüberschreitenden Suchtgiftkriminalität war die Freiheitsstrafe anzuheben, wodurch auch eine angemessene Relation zu den über die Mitangeklagten verhängten Strafen hergestellt wurde.

Der BF wurde am 21.12.2017 aus der Strafhaft unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz und in die eingeholten strafgerichtlichen Urteile. Zusätzlich wurden noch Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister, dem Grundversorgungssystem, dem Zentralen Fremdenregister sowie vom Sozialversicherungsträger eingeholt.

Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Staatsangehörigkeit, seinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfähigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom 10.09.2019, AS 11ff). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen. Soweit der BF angab (AS 21), er leide an Diabetes und nehme daher das Medikament "Velmetia", steht dies der Feststellung der ausreichenden Gesundheit des BF nicht entgegen. Im Beschwerdeschriftsatz wurde weder ein entgegenstehendes Vorbringen erstattet noch wurden entsprechende medizinische Unterlagen vorgelegt, sodass das erkennende Gericht - wie schon die belangte Behörde - von keiner derartigen psychischen und physischen Beeinträchtigung ausgeht, welche einer Überstellung entgegensteht.

Die Identität des BF ist durch eine sich im Verwaltungsakt befindliche Kopie seines nigerianischen Reisepasses belegt.

Die Feststellungen zu seiner Einreise, seinem Aufenthalt in Österreich sowie seiner Verwendung einer Alias-Identität lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister entnehmen. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen bezüglich der Anträge des BF auf Asyl und Erteilung eines Aufenthaltstitels sowohl aus den Angaben des BF vor dem BFA in Zusammenschau mit einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister sowie dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag an das BFA vom 06.06.2019 zwecks Überprüfung aufenthaltsbeendender Maßnahmen (AS 3).

Die Feststellungen zu seiner Ehe mit einer ungarischen Staatsangehörigen ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde sowie der im Verwaltungsakt befindlichen Kopien der Heiratsurkunde, des Gerichtsbeschlusses über die einvernehmliche Scheidung und der Identitätskarte seiner Ehefrau.

Dass der BF noch in aufrechtem Kontakt mit seiner geschiedenen Ehefrau und deren Sohn steht, ansonsten jedoch in Österreich über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des BF anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde. Der BF erwähnte weder in seiner Einvernahme vor dem BFA noch im Beschwerdeschriftsatz ein derartiges wesentliches Privatleben, welches man nicht schon allein aufgrund der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erwarten kann.

Die Feststellung zu seiner Erwerbstätigkeit als Zeitungsausträger ergibt sich neben seinen glaubhaften Angaben vor dem BFA aus den vorgelegten Zustellhonoraren sowie einem Auszug aus dem Register der Sozialversicherungsträger. Aus dem abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem ergibt sich der fehlende Leistungsbezug aus der staatlichen Grundversorgung. Der Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A1 lässt sich aufgrund der vorgelegten Bestätigung der Innovative Sozialprojekte GmbH vom 22.12.2016 feststellen. Der BF legte jedoch keinerlei Nachweise über weitere Deutschkurse oder -prüfungen vor und behauptete solche Umstände nicht. Dementsprechend gab der BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA an, seine Deutschkenntnisse würden ihm für sein Leben in Österreich genügen. Der BF bedurfte allerdings bei seiner Einvernahme vor dem BFA eines Dolmetschers für die Sprache Englisch. Aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keine weiteren Anhaltspunkte dafür, dass der BF im Bundesgebiet berücksichtigungswürdige sprachliche, soziale und kulturelle Anbindungen erfahren hat und wurde dies in der Beschwerde auch nicht substantiiert behauptet. Etwaige Bescheinigungsmittel wurden darüber hinaus nicht vorgelegt.

Die erkennende Richterin verkennt nicht, dass der BF sich bereits seit 2013 dauerhaft in Österreich aufhält und dementsprechend eine gewisse Integration aufweist. Ein besonderes Integrationsmerkmal kann daher nicht allein in dem Umstand gesehen werden, dass der BF einige wenige triviale Fragen der belangten Behörde zu Österreich fast vollständig beantworten konnte.

Die rechtskräftige Verurteilung des BF durch ein österreichisches Strafgericht gründet sich einerseits auf die Einsichtnahme in das Strafregister der BF sowie auf das eingeholte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 06.07.2016 zu XXXX. Die Berufungsentscheidung ergibt sich aus dem eingeholten Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom 07.12.2016 zu XXXX. Die Feststellung bezüglich seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft des BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zur Rechtslage:

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Vorauszuschicken ist, dass dem BF durch seine Eheschließung mit einer EWR-Bürgerin, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zukommt; gemäß § 52 Abs. 2 NAG gilt dies auch dann, wenn die Ehe bereits geschieden wurde. Gegenständlich ist daher der persönliche Anwendungsbereich von § 67 FPG eröffnet.

Der zum erhöhten Gefährdungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 5.Satz FPG (der Art 28 Abs 3 der Freizügigkeitsrichtlinie [RL 2004/38/EG; vgl § 2 Abs 4 Z 18 FPG] umsetzt) führende zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet muss grundsätzlich ununterbrochen sein. Überdies ist der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe geeignet, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309, 24.03.2015, Ro 2014/21/0079). Der BF hat sich insofern nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum dauerhaft im Bundesgebiet aufgehalten, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des BF die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der in Bezug auf den BF zu erstellenden Gefährdungsprognose ist demnach auf das Gesamtverhalten des Fremden im Bundesgebiet abzustellen, wobei im vorliegenden Fall die strafgerichtliche Verurteilung des BF im Mittelpunkt steht:

Mit erstinstanzlichem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 06.07.2016 zu XXXX wurde der BF wegen §§ 28a Abs 4 Z 3, 28 Abs 1 2. Fall und Abs 2, 28a Abs 1 5. Fall, 28a Abs 1 2. Fall, 28a Abs 2 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 07.12.2016 zu XXXX wurde der Berufung der Staatsanwaltschaft XXXX Folge gegeben und die Freiheitsstrafe des BF auf drei Jahre angehoben. Die teilbedingte Strafnachsicht nach § 43a StGB wurde aus dem Urteil ausgeschaltet.

Als mildernd gewertet wurden der ordentliche Lebenswandel, sein reumütiges und für die Wahrheitsfindung bedeutsames Geständnis und die Sicherstellung eines Großteils des importierten Suchtgiftes, wohin gehend erschwerend hauptsächlich das Zusammentreffen von drei Verbrechen und mehreren Vergehen gewertet wurde. Der knapp viermonatige Tatzeitraum stellte keinen besonderen Erschwerungsgrund dar. Trotz der gewichtigen Milderungsgründe erhöhte das Berufungsgericht in Anbetracht der schwerwiegenden grenzüberschreitenden Suchtgiftkriminalität die erstinstanzlich verhängte Strafe. Die massive Delinquenz als Mitglied einer grenzüberschreitend agierenden Tätergruppe lässt zweifellos auf eine hohe kriminelle Energie schließen, sodass eine teilbedingte Strafnachsicht nicht in Betracht kam. Insofern war die hohe Wahrscheinlichkeit iSd § 43a Abs 4 StGB, dass der BF keine strafbaren Handlungen mehr begehen werde, zu verneinen. Durch sein strafbares Verhalten hat der BF die Missachtung der österreichischen Rechtsordnung demonstriert.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 21.02.2013, Zl. 2011/23/0192). Angesichts dessen, dass der BF sich erst seit 21.12.2017 nicht mehr in Haft befindet und folglich erst ein kurzer Zeitraum des Wohlverhaltens vorliegt, kann dem BF aus folgenden Gründen keine positive Gefährdungsprognose attestiert werden: Es ist dem BF grundsätzlich zugute zu halten, dass er seit der Entlassung aus der Strafhaft keine neuerlichen Straftaten begangen hat und seit 17.05.2019 einer Beschäftigung als selbstständiger Zeitungszusteller nachgeht. Trotz dieser Umstände weist das gezeigte strafrechtlich relevante Verhalten des BF auf eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hin. Als Begründung für seine Straffälligkeit gab der BF vor dem BFA lediglich seine Arbeitslosigkeit und einhergehende schlechte finanzielle Situation sowie seine eigene Suchtmittelkonsumation zu Protokoll. Da der BF jederzeit wieder in eine Arbeitslosigkeit oder Abhängigkeit schlittern kann, droht eine neuerliche Straffälligkeit im Bundesgebiet.

Darüber hinaus besteht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität, das sowohl unter dem Blickwinkel des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als auch unter dem Gesichtspunkt anderer in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter öffentlicher Interessen - insbesondere des Schutzes der Gesundheit - gegeben ist (VwGH vom 27.03.2007, 2007/18/0127). Bei den gesetzten Delikten des BF handelt es sich somit ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten des BF und weist das vom BF gezeigte Verhalten auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichischer Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der BF vor den österreichischen Behörden mit einer falschen Identität auftrat und seine wahre Herkunft verschleierte. Diese falsche Identität hielt er über Jahre hinweg aufrecht und kam seine wahre Identität erst nach seiner Eheschließung bei seiner neuerlichen Einreise nach Österreich hervor. Gerade die Verschleierung der wahren Identität einer Person stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar (VwGH vom 19.12.2006, 2005/21/0278).

Das aufgezeigte strafbare Verhalten des BF stellt daher nach Auffassung der erkennenden Richterin - wie auch von der belangten Behörde angenommen - unter Berücksichtigung aller dargelegten Umstände seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (VwGH 23.03.1992, 92/18/0044; 10.12.2008, 2008/22/0568).

Den persönlichen und familiären Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365; 03.05.2005, 2005/18/0076; 17.01.2006, 2006/18/0001; 09.09.2014, 2013/22/0246).

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden BF im Bundesgebiet seit seiner letzten Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 2013 zwar bereits sieben Jahre gedauert hat, wobei sich der BF während dieser Zeit einen wesentlichen Teil dieser Zeit in Haft befand (vgl. dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iSv Art. 8 EMRK entstanden ist).

Der BF führt kein iSd Art 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich. Er pflegt zwar noch Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau, jedoch deutet nichts darauf hin, dass der BF durch das Aufenthaltsverbot gezwungen wird, den Kontakt zu ihr und ihrem Sohn gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, den Kontakt anderweitig (telefonisch, elektronisch, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte in Ungarn) aufrecht zu erhalten. Es sind auch keine Umstände einer besonderen Vulnerabilität des BF hervorgekommen, die ihm eine Integration in die nigerianische Gesellschaft kurzfristig so erschweren würden, dass es ihm nicht mehr möglich wäre, einen Kontakt nach Österreich aufrecht zu erhalten.

Der BF verfügt über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Der BF verfügt zwar über unwesentliche Kenntnisse der deutschen Sprache (A2) und geht einer Erwerbstätigkeit nach, eine sozial oder gesellschaftlich tiefergehende Verwurzelung des BF im Bundesgebiet liegt allerdings nicht vor. Bei der Abwägung seiner persönlichen und familiären Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass er durch sein Verhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Der BF gab zusätzlich vor dem BFA an, er hätte kein Problem mit dem Verlassen des Bundesgebietes, sofern das Gesetz dies bestimmt. Insbesondere da er bereits über einen Aufenthaltstitel in Ungarn verfügt. Ein gewichtiges persönliches Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich lässt sich nicht erahnen.

Ein Eingriff in das Privatleben- und Familienleben des BF durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kann daher als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden. Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zu Lasten des BF und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus. Vielmehr ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, um ihn von der Begehung von Straftaten in Österreich abzuhalten.

Zur Befristung des Aufenthaltsverbotes ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall ein Aufenthaltsverbot nach Maßgabe von § 67 Abs. 2 FPG höchstens für die Dauer von zehn Jahren verhängt werden kann.

Wie die belangte Behörde geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass unter den Umständen des vorliegenden Falls die Befristungsdauer von fünf Jahren zulässig ist. Es besteht daher keine Veranlassung, die von der belangten Behörde festgesetzte Befristungsdauer des Aufenthaltsverbotes zu reduzieren:

Hinsichtlich der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist zu beachten, dass der BF eine massive Delinquenz als Mitglied einer grenzüberschreitend agierenden Tätergruppe verwirklichte. In Hinblick auf die Art und Schwere dieser Straftat und das sich daraus ergebende, zuvor bereits näher dargelegte Persönlichkeitsbild des BF, sowie die fehlende maßgebliche soziale Anbindung in Österreich ist eine Aufenthaltsverbotsdauer in der Höhe von fünf Jahren jedenfalls angemessen.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass der von Ungarn ausgestellte Daueraufenthaltstitel seine Wirksamkeit behält, auch wenn gegen den BF ein befristetes Aufenthaltsverbot in Österreich erlassen wurde. Der BF ist mit den dortigen Gegebenheiten aufgrund eines längeren Aufenthaltes in Ungarn vertraut. Er kann jederzeit nach Ungarn zurückkehren, sich dort rechtmäßig aufhalten und den Kontakt zu seiner Familie und geschiedenen Ehefrau weiterhin pflegen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 67 FPG abzuweisen war.

3.2. Zur Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Vor dem Hintergrund des langjährigen Aufenthaltes des BF in Österreich erschien die Einräumung einer einmonatigen Frist zur Regelung seiner persönlichen Verhältnisse rechtmäßig und war diese nicht zu beanstanden und wurde auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 70 Abs. 3 FPG abzuweisen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist (VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066; 17.10.2019, Ra 2016/08/0010; ua.). Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe zwei Monate liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen erwies sich, wie unter der "Beweiswürdigung" ausgeführt, als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot begünstigte Drittstaatsangehörige Durchsetzungsaufschub Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen Vorstrafe Wiederholungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2228714.1.00

Im RIS seit

31.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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