TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/28 I414 2230204-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2020
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Entscheidungsdatum

28.04.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §70 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2230204-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Kroatien, vertreten durch RA Dr. Wolfgang Weber, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2020, Zl. 249219110-190848354, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsbürger, ist seit seinem 15. Lebensjahr in Österreich aufhältig und hat seit Ende 1977 durchgehend nur durch wenige Monate unterbrochene Wohnsitzmeldungen in der Bundeshauptstadt.

Der Beschwerdeführer trat erstmals im Mai 2011 strafgerichtlich in Erscheinung, als über ihn wegen Verdachtes des Verbrechens des Suchgifthandels Untersuchungshaft verhängt wurde.

Am 26.07.2011 folgte die gerichtliche Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ XXXX, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten. Der Beschwerdeführer hat das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5. Fall, Abs 4 Z 3 SMG begangen, indem er in Wien vorschriftswidrig über einen Kilogramm Kokain um ? 55.000,--, sohin in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter einem verdeckten Ermittler überlassen hat. Mildernd wurde das umfassende Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und die Sicherstellung des Suchtgifts gewertet. Die mehrfache Überschreitung der großen Menge des Suchtgifts musste erschwerend berücksichtigt werden.

Der Beschwerdeführer verbüßte bis 03.01.2013 die Haftstrafe und wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen. Seit September 2015 ist der Beschwerdeführer mit einer serbischen oder bosnisch herzegowinischen Staatsangehörigen verheiratet und wurde der gemeinsame Sohn am 27.11.2015 geboren.

Mit Urteil des Landgerichtes Passau - rechtskräftig seit 17.08.2016 - wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Beschwerdeführer transportierte über 3kg Kokain in einem PKW von Amsterdam kommend und reiste am 11.11.2015 damit in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am Morgen des 12.11.2015 wurde er bei seiner Fahrt in Richtung Österreich einer polizeilichen Kontrolle unterzogen und wurde das Rauschgift sichergestellt und der Beschwerdeführer festgenommen. Für die Tätigkeit als Drogenkurier wurden ihm ? 2.000,-- in Aussicht gestellt, das Suchtgift hätte er nach Wien bringen sollen. Das deutsche Gericht wertete das Geständnis, die Schuldeinsicht und die Reue, den Tatbeitrag als bloßer Kurierfahrer, das Sicherstellen der Gesamtmenge und das Einziehen des zur Tatausführung benutzten Kfz als strafmildernd. Strafschärfend fielen das 467,52-fache Überschreiten der nicht geringen Menge (5g) an einer harten Droge von hoher Qualität, die einschlägige Vorverurteilung durch das österreichische Strafgericht und die Begehung während offener Probezeit ins Gewicht. Festgestellt wurde auch, dass sein kroatischer Strafregisterauszug vom 29.07.2016 eine Eintragung aufwies.

Der Beschwerdeführer beantragte seine Verlegung in eine Justizanstalt in seinem Herkunftsstaat Kroatien nahe seines Wohnsitzes in XXXX, da sich seine Schwester dort von März bis Oktober aufhalte und seine Ehefrau und das Kind dorthin übersiedeln werden. In Österreich wolle er seine restliche Freiheitsstrafe nicht verbüßen. Der Anbietung aus Deutschland (Rückübernahme) wurde seitens Österreichs nicht zugestimmt, der Beschwerdeführer wurde von Deutschland nach Kroatien abgeschoben und hielt sich mit seiner Ehefrau und dem Kind von 20.08.2019 bis 02.09.2019 im Herkunftsstaat auf, ehe er wieder nach Österreich einreiste.

Der Beschwerdeführer verfügte bis 08.04.2018 über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" und stellte bei der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde einen Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Anmeldebescheinigung".

Mit Parteiengehör vom 06.03.2020 wurde ihm die beabsichtige Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Kenntnis gebracht. Er nahm am 17.03.2020 Stellung dazu und zu seinen privaten und familiären Verhältnissen in Österreich.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 5 (fünf) Jahren erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.).

Dagegen richtet sich die durch seinen gewillkürten Rechtsvertreter erhobene Beschwerde vom 03.04.2020. In den knappen Ausführungen wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer von Oktober bis Februar bei einer GmbH gearbeitet habe und nunmehr seit 05.03.2020 geringfügig beschäftigt sei. Er lebe mit seiner aufenthaltsberechtigten Frau und dem Sohn in Österreich. Außerdem habe er eine erwachsene Tochter, drei Schwestern und zwei Brüder im Bundesgebiet, die alle österreichische Staatsangehörige sind. In Kroatien leben keine Verwandten. Aufgrund seines fast 50-jährigen Aufenthalts in Österreich sei er hier vollkommen integriert und erscheine ein Aufenthaltsverbot daher nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Pkt. I. wiedergegebene Verfahrensgang als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden nachstehende Feststellungen getroffen:

Ergänzend zum dargelegten Verfahrensgang wird festgestellt, dass der 2015 geborene Sohn ebenfalls kroatischer Staatsangehöriger ist und mit dem Beschwerdeführer und der Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebt.

Die Ehefrau und das Kind verfügen über gültige Aufenthaltstitel. Die Ehefrau ist in Besitz eines Aufenthaltstitels "Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers", gültig bis 18.10.2021, auf dem ihre serbische Staatsangehörigkeit vermerkt ist. Außerdem verfügt sie über einen bis 07.01.2026 gültigen bosnisch herzegowinischen Reisepass. Der Sohn ist als kroatischer Staatsangehöriger freizügigkeitsberechtigt.

In Österreich leben außerdem die 41-jährige Tochter aus einer früheren Ehe und fünf Geschwister, die alle bis auf eine Schwester, österreichische Staatsangehörige sind.

Der Beschwerdeführer lebt derzeit von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ist seit 05.03.2020 geringfügig beschäftigt. Auch die Ehegattin bezieht Leistungen vom AMS. Zuvor war er immer wieder als Gelegenheitsarbeiter in Österreich erwerbstätig und er hat eine Ausbildung zum Bautechniker noch in Bosnien und Herzegowina absolviert. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Am 26.07.2011 folgte die gerichtliche Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ XXXX, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten. Der Beschwerdeführer hat das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5. Fall, Abs 4 Z 3 SMG begangen, indem er in Wien vorschriftswidrig über einen Kilogramm Kokain um ? 55.000,--, sohin in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter einem verdeckten Ermittler überlassen hat. Mildernd wurde das umfassende Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und die Sicherstellung des Suchtgifts gewertet. Die mehrfache Überschreitung der großen Menge des Suchtgifts musste erschwerend berücksichtigt werden.

Mit Urteil des Landgerichtes Passau - rechtskräftig seit 17.08.2016 - wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Beschwerdeführer transportierte über 3kg Kokain in einem PKW von Amsterdam kommend und reiste am 11.11.2015 damit in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am Morgen des 12.11.2015 wurde er bei seiner Fahrt in Richtung Österreich einer polizeilichen Kontrolle unterzogen und wurde das Rauschgift sichergestellt und der Beschwerdeführer festgenommen. Für die Tätigkeit als Drogenkurier wurden ihm ? 2.000,-- in Aussicht gestellt, das Suchtgift hätte er nach Wien bringen sollen. Das deutsche Gericht wertete das Geständnis, die Schuldeinsicht und die Reue, den Tatbeitrag als bloßer Kurierfahrer, das Sicherstellen der Gesamtmenge und das Einziehen des zur Tatausführung benutzten Kfz als strafmildernd. Strafschärfend fielen das 467,52-fache Überschreiten der nicht geringen Menge (5g) an einer harten Droge von hoher Qualität, die einschlägige Vorverurteilung durch das österreichische Strafgericht und die Begehung während offener Probezeit ins Gewicht. Festgestellt wurde auch, dass sein kroatischer Strafregisterauszug vom 29.07.2016 eine Eintragung aufwies.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahren und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers und zu seinen persönlichen finanziellen Verhältnissen beruhen auf den unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus den entsprechenden Feststellungen in den vorliegenden Strafurteilen des österreichischen und des deutschen Gerichtes sowie aus der vorliegenden Stellungnahme des Beschwerdeführers und aus dem Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend eingeholt wurden Auszüge aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und dem Zentralen Fremdenregister.

Dass sich der Beschwerdeführer bereits seit mindestens 43 Jahren in Österreich aufhält, ergibt sich aus der Meldebestätigung der Bundeshauptstadt, wonach eine Wohnsitznahme seit Ende des Jahres 1977 in Wien belegt ist. Der Aufenthalt ist durch die Haftstrafe in Deutschland unterbrochen worden. Aus einer Einsichtnahme ins ZMR ergibt sich auch der derzeitige gemeinsame Wohnsitz mit der Ehefrau und dem Sohn.

Die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus den unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere wird im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt, dass der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachging und derzeit geringfügig beschäftigt ist. In seiner Stellungnahme gab er auch an, eine Berufsausbildung als Bautechniker absolviert zu haben und liegen keine Gründe vor, weshalb ihm die Annahme einer Erwerbstätigkeit in Kroatien nicht schwerer fallen sollte, als in Österreich.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und die bedingte Nachsicht sowie die Probezeit ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich und in die Urteilsausfertigung des österreichischen sowie auch des deutschen Strafurteils. Die den Verurteilungen zugrundeliegenden Handlungen sowie die Strafzumessungsgründe und die Feststellung zum kroatischen Strafregistereintrag ergeben sich ebenso daraus.

Die Feststellung zu seinen Familienangehörigen gründen auf seinen eigenen Angaben und konnten die Daten durch Einsicht ins ZMR bzw. IZR nachvollzogen werden.

Die Feststellung zur Wiedereinreise im September 2019 und der derzeit nicht gesicherte Aufenthalt ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme und dem Zentralen Fremdenregister sowie dem Schreiben der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde im Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kroatiens und somit als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist [Abs. 3 Z 1]), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots der in Art. 28 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach voraus, dass ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Die zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit werden nach Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie "von den Mitgliedstaaten festgelegt". Den Mitgliedstaaten steht es frei, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV angeführten (also Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität) als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen können, mit denen gemäß Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Das zuständige nationale Gericht hat anhand der spezifischen Werte der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, dem es angehört, festzustellen, ob die vom Fremden verübten Straftaten die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen und damit eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (vgl. EuGH 22.05.2012, C-348/09, P.I. gegen Oberbürgermeisterin der Stadt Remscheid, RN 28 ff).

Der auch in Art. 83 Abs. 1 AEUV angeführte illegale Drogenhandel ist als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und kann damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen, mit denen nach der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Dies ist aufgrund einer individuellen Prüfung des konkreten Falls zu klären. Auch Straftaten, die die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen, führen nicht zwangsläufig zur Ausweisung des Betroffenen. Eine Ausweisungsverfügung setzt voraus, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Allgemeinen muss daher eine Neigung des Betroffenen bestehen, sein Verhalten in Zukunft beizubehalten (EuGH 22.05.2012, Rs C-348/09).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Für den gegenständlichen Fall ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer ist kroatischer Staatsangehöriger. Er ist im September 2019 wieder in das Bundesgebiet eingereist, die Hauptwohnsitzmeldung ist seit 25.03.2003 aufrecht. Seit der Rückkehr lebt er im Bundesgebiet mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn an derselben Wohnadresse. Sein "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" war bis 08.04.2018 gültig und stellte er erst am 12.03.2020, also erst nachdem ihm die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Kenntnis gebracht wurde und nach Ablauf der in § 53 Abs 1 NAG normierten Frist von vier Monaten nach Einreise, einen Antrag auf Anmeldebescheinigung bei der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde.

Gemäß Art 16 der Freizügigkeitsrichtlinien hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust. Dies trifft im Falle des Beschwerdeführers aufgrund der Haftstrafe in Deutschland zu und wurde dem Beschwerdeführer bis dato kein Aufenthaltstitel durch die Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde ausgestellt, sodass sein Aufenthalt (noch) unrechtmäßig ist. Ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG kann gegen den Beschwerdeführer dennoch erlassen werden, wenn ihm das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht (mehr) zukommt (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151). Der Verwaltungsgerichtshof begründet in seiner Entscheidung vom 19.09.2019, Ro 2019/21/0011, dass insoweit auch der Wortlaut des § 67 FrPolG 2005 zu eng ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich der EWR-Bürger oder Schweizer Bürger unter potentieller Inanspruchnahme seines unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechtes in Österreich aufhält oder aufgehalten hat (vgl. VfGH 13.10.2007, B 1462/06, VfSlg. 18.269).

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.11.2011, XXXX, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5. Fall und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde unter Setzung einer Probezeit entlassen und beging noch vor Ablauf der Bewährungszeit eine weitere einschlägige Suchtgiftdelinquenz, indem er über 3kg Kokain von Amsterdam über Deutschland nach Wien transportieren wollte. Dafür wurde er vom Landgericht Passau wegen Suchtgifthandel zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei Suchtgiftdelinquenz um ein besonders verpöntes Fehlverhalten, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), zumal es sich bei Delikten iSd § 28a SMG, auf denen die Verurteilungen des Beschwerdeführers beruht, um qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz handelt.

Aufgrund der Steigerung des strafrechtlichen Verhaltens des Beschwerdeführers, des raschen Rückfalls nach einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden und empfindlichen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe während offener Probezeit und der Wirkungslosigkeit der bisherigen strafrechtlichen Sanktionen und der gewährten Nachsicht, ist davon auszugehen, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet ist und ein Aufenthaltsverbot aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit notwendig ist.

Auch wenn der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme nach Parteiengehör seine Fehler einräumt und sich einsichtig zeigt, muss doch erwähnt werden, dass er in der von seinem Rechtsvertreter eingebrachten eineinhalbseitigen Beschwerdeschrift nicht ansatzweise auf seine schwerwiegenden Suchtgiftdelinquenzen eingeht. Vielmehr wurde angegeben, dass er in Zusammenhang mit der in Deutschland ergangenen Verurteilung zu sechs Jahren Freiheitsstrafe nur als Kurier beigetragen habe und er selbst "mit dem Erwerb, dem Verkauf und den ganzen damit zusammenhängenden Abläufen nichts zu tun" gehabt habe. Aufgrund der bereits in Österreich verhängten Haftstrafe wegen Suchtgifthandels wusste der Beschwerdeführer um den Unrechtsgehalt seiner Tat, auch wenn es sich dabei nur um den Transport handelte und wurde gerades dieses Täterwissen auch vom Landgericht Passau bei der Verurteilung zu einer empfindlichen Haftstrafe in der Dauer von sechs Jahren berücksichtigt. Im Allgemeinen kann durch das Herunterspielen und Verharmlosen seiner Tat nicht von der nötigen Einsicht ausgegangen werden und ist mit einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit nicht zu rechnen, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe z.B. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Er wird den Wegfall der durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen, zumal er dafür bereits eine Chance verwirkt hat. Nicht einmal die kurz bevorstehende Geburt seines Kindes hat ihn davon abgehalten, als Drogenkurier während offener Probezeit straffällig zu werden und hat er dadurch auch die Möglichkeit verwirkt, ab der Geburt des Sohnes ein gemeinsames und intensives Familienleben mitzugestalten.

Der Beschwerdeführer wurde nur knapp zwei Monate nach der Heirat in Deutschland festgenommen und das Kind wurde zwei Wochen später geboren. Er verbüßte bis August 2019 seine Haftstrafe in Deutschland und wurde nach Kroatien abgeschoben. Außer durch Besuche in der Justizanstalt konnte er kein Familienleben mit seinem Kind aufbauen und er lebt erst seit knapp acht Monaten mit seiner Kernfamilie zusammen, wobei der Sohn mittlerweile fast viereinhalb Jahre alt ist.

Es ist angesichts der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen und des raschen Rückfalles konkret zu befürchten, dass der Beschwerdeführer sein sozialschädliches Verhalten in Zukunft trotz Bestehen eines Familienlebens beibehalten wird. Dabei ist auch die bei Suchtmitteldelinquenz generell hohe Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen.

Die Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, ist angesichts der massiven negativen Konsequenzen des Konsums illegaler Drogen ein Grundinteresse der Gesellschaft, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot ist daher zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer dringend geboten. Aufgrund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers, das die Verhängung von unbedingten Freiheitstrafen notwendig machte, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots unerlässlich, zumal dem Beschwerdeführer die Gefährlichkeit von Suchtgift aufgrund seiner bereits in Österreich erlittenen massiven einschlägigen Vorstrafen bekannt sein musste. Dennoch hat der Beschwerdeführer weiter gegen die Suchtmittelgesetze verstoßen und war das Ziel seiner letzten Tat, eine große Menge an Drogen ins österreichischen Bundesgebiet zu bringen. Dem Beschwerdeführer kam es gerade darauf an, diese Tathandlungen zu setzen und er wusste hiebei auch, dass dies vorschriftswidrig geschieht. Der Beschwerdeführer wusste überdies aufgrund seiner ersten Verurteilung in Österreich auch, dass die Suchtgiftmengen geeignet waren, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Er hielt es zumindest ernstlich für möglich und fand sich auch damit ab, Suchtgift in Umlauf zu bringen bzw. grenzüberschreitend zu handeln. Der Beschwerdeführer wurde in Deutschland während offener Probezeit verurteilt, weshalb diese Maßnahme angesichts der Schwere seiner Verstöße und seiner Gefährlichkeit zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend notwendig ist.

Der Beschwerdeführer hielt sich zuvor unbestritten länger als zehn Jahre in Österreich auf und es darf ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG gegen ihn erlassen werden, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich, wie soeben dargelegt, gefährdet würde.

Ein unbefristetes Aufenthaltsverbot kann erlassen werden, wenn insbesondere der EWR-Bürger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt wurde. Der Gesetzgeber unterscheidet an dieser Stelle nicht zwischen in- und ausländischen Gerichten und hielt auch der Verwaltungsgerichtshof fest, dass maßgebend für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes insofern das Gesamtverhalten des Fremden (Hinweis B 2.4.1990, 90/19/0136) ist. Ein ausländisches Strafurteil darf als Beweismittel (§ 46 AVG) für die dem Urteil zugrunde liegenden Taten herangezogen werden (vgl. E 08.10.1990, 90/19/0170).

Das Aufenthaltsverbot greift in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein. Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Interessenabwägung sind neben seinem langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, auch die Beziehung zu seiner in Österreich aufenthaltsberechtigten Ehefrau und dem Sohn zu berücksichtigen.

Aufgrund der inländischen Verurteilung aus dem Jahr 2011 wusste der Beschwerdeführer um den Unrechtsgehalt seiner Taten, er ließ sich trotz der kurz zuvor geschlossenen Ehe und der bevorstehenden Geburt seines Kindes nicht davon abbringen, neuerlich und auf gleicher schädlicher Neigung straffällig zu werden. Der Kontakt zu seiner Familie war durch den Strafvollzug in Deutschland stark eingeschränkt und es besteht ein Familienleben de facto erst seit etwa acht Monaten. Der Beschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch, beherrscht aber auch noch seine Muttersprache und verfügt über eine Schul- und Berufsausbildung. Darüber hinaus beziehen er und seine Frau Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und wurde keine weitere tiefgreifende familiäre Beziehung zu seinen Geschwistern und der erwachsenen Tochter in Österreich vorgebracht. Das bloße Aufzählen seiner Verwandten in Österreich lässt nicht automatisch auf eine Bindung schließen und bestehen auch sonst keine Sorgepflichten oder Abhängigkeitsverhältnisse. Dem Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich steht das Fehlen der strafgerichtlichen Unbescholtenheit und das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten wie den vom Beschwerdeführer begangenen, gegenüber.

Es bestehen auch noch Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat. So spricht er Kroatisch und er nannte eine Wohnsitzadresse in Istrien, wo sich in den Sommermonaten auch eine seiner Schwestern aufhält.

Es besteht auch unbestritten ein, wenn auch erst ein sehr kurzes, Familienleben und ist das Interesse des Beschwerdeführers am Weiterbestehen zu berücksichtigen. Dazu muss aber festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer bereits vor den deutschen Behörden vehement verlangte, seine restliche Haftstrafe in Kroatien verbüßen zu können und nicht nach Österreich überstellt werden zu wollen. Dies begründete er damit, dass seine Ehefrau und das Kind nach Kroatien übersiedeln und hielt er diesen Wunsch über drei Jahre aufrecht (erstmalige Äußerung am 04.10.2016, neuerlich am 10.02.2017 [AS 84f]) und traf er nach seiner Abschiebung nach Kroatien im August 2019 auch seine Ehefrau und das Kind dort an. Die Familie hielt sich dort an einer näher bezeichneten Adresse in XXXX auf und kehrte einen Monat später gemeinsam nach Österreich zurück. Von einer Fortsetzung des Familienlebens in Kroatien kann auch deshalb ausgegangen werden, weil der Sohn ebenso kroatischer Staatsangehöriger ist und sich die Ehefrau, deren Staatsbürgerschaft durch unterschiedliche Angaben (Serbien laut Aufenthaltskarte, Bosnien und Herzegowina laut Reisepass) nicht feststellen ließ, als Angehörige genauso wie in Österreich um eine kroatische Aufenthaltsberechtigung bemühen kann. Keiner der beiden ist in einem Beruf oder einem Unternehmen verfestigt und spricht nichts dagegen, dass sich die Familie durch Annahme einer Erwerbstätigkeit in Kroatien ihre Existenz sichern kann. Das Kind ist mit viereinhalb Jahren im anpassungsfähigen Alter und wurden in der knappen Beschwerde auch keine Gründe vorgebracht, die gegen das Fortsetzten des Familienlebens in Kroatien sprechen. Es wird daher ohne unüberwindliche Probleme möglich sein, sich wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren.

Es ist dem Beschwerdeführer auch zumutbar, während der Dauer des Aufenthaltsverbots die Kontakte zu seiner Ehefrau und dem Kind sowie zu in Österreich lebenden weiteren Verwandten durch Besuche in Kroatien, Telefonate und andere Kommunikationsmittel (Internet, E-Mail) zu pflegen.

Unter Bedachtnahme auf Art und Schwere der Straftaten des Beschwerdeführers und auf das Persönlichkeitsbild, das sich darauf ergibt, insbesondere der Steigerung seiner kriminellen Energie und der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen, überwiegt trotz der Verankerung des Beschwerdeführers in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung sein persönliches Interesse an einem Verbleib. Allfällige damit verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse sind im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Verhinderung des Suchtgifthandels hinzunehmen.

Es bedarf in Hinblick auf die schwerwiegende Delinquenz des Beschwerdeführers eines angemessenen Zeitraumes der Beobachtung seines Wohlverhaltens, um sicherzustellen, dass er im Bundesgebiet keine Straftaten mehr begehen wird. Aufgrund seiner Suchtmitteldelinquenz, der zuletzt über ihn von einem deutschen Gericht verhängten mehrjährigen Haftstrafe, der großen Wiederholungsgefahr und Rückfalls innerhalb offener Probezeit kommt unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen in einer Gesamtbetrachtung unter Bedachtnahme auf die in § 67 Abs. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG und Art. 28 Abs. 1 RL 2004/38/EG festgelegten Kriterien weder eine Aufhebung des Aufenthaltsverbots noch eine Reduktion der Dauer in Betracht. Der Beschwerdeführer stimmte der Tätigkeit als Drogenkurier trotz bedingter Strafnachsicht zu und ließ er sich auch von der bevorstehenden Geburt nicht beirren, mit dem Wissen, dass er eine wiederum hohe Haftstrafe riskiert und somit auch verwirkte, mit sein Kind von klein auf eine intensive Bindung einzugehen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots von weniger als fünf Jahren ist vor allem angesichts der Gefahren von gemeinschaftlich organisiertem und grenzüberschreitendem Suchtgifthandel trotz der privaten und familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers nicht möglich. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Im Falle des Beschwerdeführers besteht zwar die Notwendigkeit der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme, jedoch ist dem Bundesamt darin beizupflichten, dass davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer während des ihm gewährten einmonatigen Durchsetzungsaufschubes kein Verhalten setzten wird, das die sofortige Umsetzung der Maßnahme im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erfordern würde. Die Gewährung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes wird zu keiner weiteren darüberhinausgehenden nachhaltigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung führen.

Hinsichtlich der aktuellen Reisebeschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer über einen gültigen kroatischen Reisepass verfügt und dass kroatischen Staatsbürgern zudem eine Ausreise aus Österreich, Weiterreise durch Slowenien ohne Zwischenstopp und Einreise nach Kroatien möglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, und zwar selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Eine Beschwerdeverhandlung muss daher nur dann durchgeführt werden, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt zwar der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen wie hier, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da hier der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom Beschwerdeführer bei einer mündlichen Verhandlung keine Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal von der Richtigkeit der ergänzenden Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers ausgegangen wird bzw. auch bei deren Zutreffen keine andere, für ihn günstigere Entscheidung möglich wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Verhängung von Aufenthaltsverboten trotz langjährigem Inlandsaufenthalt, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Durchsetzungsaufschub Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Unionsbürger Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2230204.1.00

Im RIS seit

31.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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