TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/5 I403 2230642-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.05.2020
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Entscheidungsdatum

05.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §107 Abs1
StGB §125
StGB §83 Abs1
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2230642-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Polen, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2020, Zl. 1134002110/200161155 nach Beschwerdevorentscheidung vom 14.04.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.12.2016 gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen ihn ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchführungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Der Beschwerdeführer kehrte am 28.02.2017 nach Polen zurück (freiwillige Rückkehr nach § 133a StVG). Am 07.03.2019 wurde er aufgrund seines stark alkoholisierten Zustandes in Wien kontrolliert und in weiterer Folge in Haft genommen. Er wurde am 03.05.2019 nach Polen abgeschoben, kehrte wiederum in das Bundesgebiet zurück und wurde am 19.08.2020 neuerlich in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

Aufgrund einer weiteren strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet wurde ihm mit "Verständigung von der Beweisaufnahme" vom 12.02.2020, zugestellt am 18.02.2020, vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Möglichkeit gewährt, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 26.02.2020, zugestellt am 26.02.2020, wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchführungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 23.03.2020 Beschwerde erhoben und kritisiert, dass dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör eingeräumt worden sei. In Österreich würden seine Mutter, sein Bruder und seine Lebensgefährtin leben. Der Beschwerdeführer sei auch gewillt, sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen.

Am 14.04.2020 erging eine Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde, mit der die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen wurde. Der Beschwerde sei dahingehend beizupflichten, dass der Bescheid zu einem Zeitpunkt erlassen worden sei, als die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme noch nicht abgelaufen war, daher werde das Beschwerdevorbringen im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung geprüft. Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens wurde erklärt, dass die Bindungen zu Mutter und Bruder gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Außerlandesbringung zurückstehen würden und dass die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin zu einem Zeitpunkt entstanden sei, als er sich der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes bewusst sein musste. Daher sei die Beschwerde abzuweisen.

Am 27.04.2020 wurde vom Beschwerdeführer die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht beantragt, die am 04.05.2020 erfolgte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Polens.

Der Beschwerdeführer war am 02.04.2015 aufgrund seiner unionsrechtlichen Reisefreiheit legal in das Bundesgebiet eingereist und ging dann im Zeitraum vom 13.07.2015 bis 02.09.2015 und vom 20.10.2015 bis 19.11.2015 einer Beschäftigung nach. Am 29.10.2016, somit 18 Monate nach der erfolgten Einreise, wurde der Beschwerdeführer erstmals straffällig. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 14.12.2016 ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das am 02.01.2020 abgelaufen ist.

Der Beschwerdeführer kehrte am 28.02.2017 nach Polen zurück und hielt sich dann in London auf, wurde im März 2019 aber wieder in Österreich angetroffen und musste daher wieder in Haft, da ihm nach § 133a StVG der Rest seiner Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 06.12.2016 nur unter der Bedingung nachgesehen worden war, dass er bis zum Ablauf des Aufenthaltsverbotes nicht mehr ins Bundesgebiet zurückkehrt. Der Beschwerdeführer wurde unmittelbar nach seiner Haftentlassung am 03.05.2019 nach Polen abgeschoben, kehrte aber innerhalb weniger Wochen - und damit wieder vor Ablauf des Aufenthaltsverbotes - in das Bundesgebiet zurück. Dies wiederholte sich nach seiner Abschiebung am 19.08.2020, da der Beschwerdeführer bereits wieder am 22.11.2019 im Bundesgebiet angetroffen wurde. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass seine Wiedereinreise in das Bundesgebiet unrechtmäßig war.

Der Beschwerdeführer wurde in Polen bereits mehrfach verurteilt; er wurde auch zwei Mal strafrechtlich im Bundesgebiet verurteilt:

Der Beschwerdeführer hatte am 29.10.2016 die Tischplatte eines Wettlokals beschädigt, indem er mit einem Messer in diese einstach; zudem hatte er einen anderen Besucher des Lokals mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er mit zwei Messern mehrere Hieb- und Stichbewegungen direkt vor dessen Körper ausführte, und dabei beschimpfte und zumindest sinngemäß äußerte, dass er sein gesamtes Geld beim Wetten verspielt und daher nichts mehr zu verlieren hätte. Der Beschwerdeführer wurde deswegen mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 06.12.2016, Zl.XXXX wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hatte vorher Alkohol getrunken, befand sich jedoch nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand. Mildernd wurde das teilweise reumütige Geständnis, erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen und die fünf einschlägigen Vorstrafen in Polen gewertet.

Am 24.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer neuerlich Untersuchungshaft verhängt. Er wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 15.01.2019, Zl. XXXX wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, am 15.08.2019 jemandem mehrfach ins Gesicht geschlagen und am folgenden Tag Polizeibeamte mit Gewalt an der Vornahme einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme, zu hindern versucht zu haben, indem er heftig um sich schlug und gezielte Fußtritte in Richtung der Beamten setzte. Mildernd berücksichtigt wurden das reumütige Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, erschwerend kamen hinzu das Zusammentreffen von zwei Vergehen und die zumindest drei einschlägigen Vorstrafen.

Der Beschwerdeführer war vom 02.04.2015 bis 28.02.2017 mit einem Nebenwohnsitz bei seiner Mutter und vom 17.07.2019 bis 13.01.2020 mit einem Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Seit 22.11.2019 befindet er sich in Haft.

Die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers leben in Österreich. Besondere Abhängigkeiten sind nicht gegeben. Eine Tochter des Beschwerdeführers hält sich in Polen auf, der Beschwerdeführer hat aber wenig Kontakt zu ihr.

Der Beschwerdeführer führt seit etwa eineinhalb Jahren in Österreich eine Beziehung mit einer aufenthaltsberechtigten polnischen Staatsbürgerin. Die Beziehung ist zu einem Zeitpunkt entstanden, als das gegen den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot in Geltung war.

Der Beschwerdeführer hat Alkoholprobleme und wurde ihm für den Fall einer Weisung nach § 39 SMG bzw. § 50 StGB eine ambulante Betreuung in einer Therapieeinrichtung für Alkoholkranke nach seiner Haftentlassung (voraussichtlich im Oktober 2020) zugesichert. Sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen wurden nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Insbesondere wurden auch Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Sozialversicherungsdatenbankauszug und dem Strafregister eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines in Kopie im Akt enthaltenen polnischen Personalausweises fest. Seine erstmalige Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich aus der unbestritten gebliebenen Feststellung im angefochtenen Bescheid und seiner erstmaligen Meldung im ZMR.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich nur für wenige Monate einer geregelten Arbeit nachging, ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenbankauszug.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, bis 2010 in London gelebt und gearbeitet zu haben, ergibt sich daraus keine Relevanz für das gegenständliche Verfahren, ebenso wenig aus dem Umstand, dass einer seiner Brüder in London lebt oder dem in der Beschwerde behaupteten Umstand, dass er selbst von März 2017 bis März 2019 in London gelebt hat. Dass seine Mutter und ein anderer Bruder in Österreich leben sowie dass der Beschwerdeführer in Polen eine Tochter hat, ergibt sich aus der Beschwerde, ebenso seine Beziehung zu einer polnischen Staatsbürgerin. Soweit der Beschwerdeführer allerdings in seiner Beschwerde vom Februar 2020 angibt, dass die Beziehung bereits eineinhalb Jahre andauern würde, steht dem entgegen, dass er zugleich angibt, nach seiner Rückkehr nach Polen Ende Februar 2017 etwa zwei Jahre in London gelebt zu haben und erst dann in das österreichische Bundesgebiet zurückgekehrt zu sein. Ob die Beziehung nun aber ein Jahr oder eineinhalb Jahre andauert, spielt gegenständlich keine entscheidungswesentliche Rolle, so dass dem Beschwerdevorbringen insofern gefolgt wird, dass von einer eineinhalbjährigen Beziehung ausgegangen wird.

Die Verhängung des ersten Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer und seine wiederholten Einreisen während der Gültigkeit dieses Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet ergeben sich aus dem Akt und blieben auch in der Beschwerde unbestritten.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, wie lange das Aufenthaltsverbot dauere, wurde ihm von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung bereits zu Recht entgegengehalten, dass ihm der Bescheid vom 14.12.2016 hinsichtlich des Spruches in polnischer Sprache übersetzt worden war. Zudem ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer insgesamt dreimal unrechtmäßig ins Bundesgebiet zurückkehrte und dass er sogar das Haftübel in Kauf nahm, als er während des gültigen Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet zurückkehrte, obwohl ihm ein Teil seiner Haftstrafe gemäß §133a StGB erlassen worden war. Selbst wenn dem Beschwerdeführer, aus welchen Gründen auch immer, bei seiner ersten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet (spätestens im März 2019) nicht bewusst gewesen sein sollte, dass das Aufenthaltsverbot noch in Kraft ist, kann dies seine zwei weiteren unrechtmäßigen Einreisen nicht erklären.

Dass der Beschwerdeführer einen ambulanten Platz in einer Therapieeinrichtung für Alkoholkranke nach seiner Haftentlassung zugesichert bekam, ergibt sich aus einem mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben der Therapieeinrichtung.

Die näheren Umstände seiner Verurteilungen ergeben sich aus den Urteilen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Soweit in der Beschwerde - zu Recht - darauf verwiesen wurde, dass der gegenständlich angefochtene Bescheid während der noch offenen Frist zur Einbringung einer Stellungnahme erlassen wurde, wurde die Verletzung des Parteiengehörs dadurch geheilt, dass auf das Beschwerdevorbringen, mit dem laut Beschwerde die Stellungnahme nachgeholt wurde, in der Beschwerdevorentscheidung umfassend eingegangen wurde.

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

§ 67 FPG lautet:

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder jener, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist. Der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger Polens ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.2.2. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA war aus den folgenden Gründen abzuweisen:

Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt und da die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Gegen den Beschwerdeführer als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG daher zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Dem angefochtenen Aufenthaltsverbot liegen im Wesentlichen die rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und seine wiederholte Missachtung von fremdenpolizeilichen Vorschriften zugrunde.

Der Beschwerdeführer war am 02.04.2015 aufgrund seiner unionsrechtlichen Reisefreiheit legal in das Bundesgebiet eingereist und ging dann für etwa drei Monate einer Beschäftigung nach, ehe er am 29.10.2016, somit 18 Monate nach der erfolgten Einreise, erstmals straffällig wurde. Der Beschwerdeführer hatte in einem Wettlokal einen anderen Besucher mit einem Messer bedroht und wurde deswegen zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Ein Teil der Strafe wurde ihm (vorläufig) erlassen, da er sich bereit erklärt hatte, freiwillig am 28.02.2017 nach Polen zurückzukehren. Allerdings kehrte er spätestens im März 2019 wieder ins Bundesgebiet zurück, obwohl das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot bis 02.01.2020 in Kraft war. Er wurde in weiterer Folge am 03.05.2019 nach Polen abgeschoben, kehrte aber trotz des weiterhin aufrechten Aufenthaltsverbotes nach Österreich zurück, wo er im August 2019 einem anderen Mann mehrfach ins Gesicht schlug und am folgenden Tag Polizeibeamte mit Gewalt an seiner Festnahme zu hindern versuchte und Fußtritte in Richtung der Beamten setzte. Der Beschwerdeführer wurde am 19.08.2020 wiederum nach Polen abgeschoben, kehrte aber - auch diesmal unrechtmäßig - ins Bundesgebiet zurück, wo er am 22.11.2019 festgenommen wurde. Seither befindet er sich in Untersuchungs- bzw. Strafhaft und wurde er am 15.01.2019 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt.

Die belangte Behörde stellte zu Recht fest, dass dieses Verhalten des Beschwerdeführers zeigt, dass er nicht bereit ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, dass er keinen Respekt vor den österreichischen Sicherheitsbehörden zeigte und dass, auch aufgrund der fehlenden beruflichen Verankerung im Bundesgebiet, von einer hohen Rückfallwahrscheinlichkeit auszugehen ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer in Polen bereits fünfmal strafrechtlich verurteilt worden war, so dass sich insgesamt beim Beschwerdeführer eine große kriminelle Energie zeigt. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

In den Verurteilungen bzw. bei der Bemessung des Strafausmaßes wurde mildernd das Geständnis des Beschwerdeführers berücksichtigt; wie sich gezeigt hat, ließ sich der Beschwerdeführer aber trotz der nach der ersten Verurteilung in der Justizanstalt verbrachten Zeit und des Wissens um den Umstand, dass die Begehung von Straftaten ihm einen Aufenthalt in Österreich erschwert bzw. verunmöglicht (so hatte er ja bereits einmal ein dreijähriges Aufenthaltsverbot bekommen), nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten. Erschwerend wurde in den Verurteilungen bzw. bei der Bemessung des Strafausmaßes das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen (in Polen bzw. bei der zweiten Verurteilung auch in Österreich) berücksichtigt. Auch daraus ergibt sich eine Persönlichkeit, die, gerade unter dem Einfluss von Alkohol, jegliche Selbstkontrolle verliert und dabei andere Personen und das Eigentum Fremder gefährdet. So hatte er am 29.10.2016 nicht nur mit dem Messer auf einen Tisch im Wettlokal eingestochen, sondern einem anderen Besucher mit zwei Messern gedroht und erklärt, dass er nichts mehr zu verlieren habe, da er sein gesamtes Geld verspielt habe. Auch dass er im Sommer 2019 nicht nur einem anderen ins Gesicht schlug, sondern insbesondere, dass er sich gegen seine Festnahme wehrte, indem er um sich schlug und den Polizeibeamten Fußtritte versetzen wollte, zeigt, dass er leicht die Kontrolle verliert und dann zu Gewalt neigt. Auch aus der Beschwerde ergibt sich nicht, dass sich die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich inzwischen derart geändert hätten, dass er jetzt "viel zu verlieren" hätte und sich nicht mehr zu derartigen Gewalttaten hinreißen lassen würde.

Wenn in der Beschwerde behauptet wird, dass der Beschwerdeführer seine Taten bereue, ist dem entgegenzuhalten, dass ein Gesinnungswandel nach höchstgerichtlicher Judikatur primär daran zu prüfen ist, ob und wie lange sich ein Straftäter in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH, 20.8.2013, 2013/22/0108). Solange sich jemand in Strafhaft befindet, kann noch nicht von einem Wegfall oder einer relevanten Minderung der von ihm ausgehenden Gefährdung ausgegangen werden.

Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen, dass die dreimalige Einreise in das Bundesgebiet während eines aufrechten Aufenthaltsverbotes klar die Ignoranz des Beschwerdeführers gegenüber der österreichischen Rechtsordnung zeigt.

Der Beschwerde ist es daher nicht gelungen aufzuzeigen, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann aber ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss anhand der Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff in das und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.

Im vorliegenden Fall führt der Beschwerdeführer in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben. Dabei wird nicht verkannt, dass die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers in Österreich leben. Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des EGMR jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind (vgl. VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 MRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152, mit Verweis auf VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093). Den Feststellungen der belangten Behörde und dem ZMR ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Rückkehr nach Polen im Februar 2017 etwas weniger als zwei Jahre bei seiner Mutter wohnte. Zugleich wurde von der belangten Behörde auch festgestellt, dass der Beschwerdeführer (etwa im Vorverfahren über die erste Verhängung eines Aufenthaltsverbotes) vor Beschwerdeerhebung nie auf in Österreich lebende Verwandte hingewiesen hatte und dass keine besonderen Abhängigkeiten des Beschwerdeführers von seiner Mutter und seinem Bruder (bzw. von diesen ihm gegenüber) behauptet wurden. Schon vor dem Hintergrund dieser Feststellungen ist nicht erkennbar, worin das von der Judikatur des EGMR geforderte besondere Maß der Abhängigkeit zwischen dem Beschwerdeführer und dem Teil der Familie, die in Österreich lebt, gegeben sein soll, um von einem Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK auszugehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. VwGH, 23.02.2011, 2011/23/0097, und 8.9.2010, 2008/01/0551, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH 24.6.2019, Ra 2019/20/0101 mit Verweis auf das Urteil des EGMR 2.11.2010, Serife Yigit gegen die Türkei, Große Kammer, Beschwerde Nr. 3976/05, Rn. 93 und 96). Der Beschwerdeführer behauptete die zwei Jahre nach seiner freiwilligen Rückkehr nach Polen im Februar 2017 in London verbracht zu haben; erstmals wurde er Anfang März 2019 in Österreich wieder von den Behörden registriert und festgenommen. Er wurde unmittelbar nach seiner Haftentlassung am 03.05.2019 nach Polen abgeschoben, kehrte aber dennoch in das Bundesgebiet zurück und meldete am 17.07.2019 einen Hauptwohnsitz an, ehe er am 22.11.2019 wiederum verhaftet wurde. Ein gemeinsamer Wohnsitz mit seiner Lebensgefährtin kann daher höchstens für einige Monate bestanden haben - und dies mit dem Wissen, dass gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in Kraft ist. Die Beziehung des Beschwerdeführers vermag daher gegenständlich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK zu begründen. Der Kontakt zu seiner Lebensgefährtin kann zudem über moderne Kommunikationsmittel oder durch Besuche in Polen aufrechterhalten werden; als polnische Staatsbürgerin steht es ihr, wie von der belangten Behörde aufgezeigt wurde, auch frei, sich wieder in ihrem Herkunftsland niederzulassen und dort die Beziehung mit dem Beschwerdeführer fortzusetzen. Zudem besteht die Beziehung erst seit etwa eineinhalb Jahren und wurde im Wissen um den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eingegangen.

Dass der Beschwerdeführer keine engen Bindungen zu seiner sonstigen Familie und seiner Tochter in Polen hat, kann am Ergebnis ebenfalls nichts ändern. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt auch, dass der Beschwerdeführer kaum mehr Bezug zu Polen haben mag, doch reicht dies nicht aus, um aufzuzeigen, dass eine Rückkehr dorthin eine Menschenrechtsverletzung darstellen würde.

Auch das Interesse des Beschwerdeführers an dem ihm zugesicherten ambulanten Therapieplatz in einer Einrichtung für Alkoholkranke vermag, wie von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung aufgezeigt wurde, am Ergebnis nichts zu ändern, v.a. da aktuell keine Weisung nach § 39 SMG bzw. § 50 StGB vorliegt.

Das familiäre und private Interesse des Beschwerdeführers am Aufenthalt im Bundesgebiet konnte somit im Lichte einer durch Art. 8 EMRK gebotenen Interessensabwägung das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nicht überwiegen.

Im Hinblick auf die Art seines Verhaltens und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist eine Aufenthaltsverbotsdauer in der Höhe von sechs Jahren, bei einer grundsätzlich möglichen Höchstdauer von zehn Jahren, auch angemessen, da der Beschwerdeführer immer wieder mit Straftaten in Erscheinung trat und daher von keiner baldigen Veränderung seiner Persönlichkeitsstruktur auszugehen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung diesbezüglich zu bestätigen war.

3.3. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand seines Gesamtfehlverhalten zeigte der Beschwerdeführer unzweifelhaft, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung diesbezüglich zu bestätigen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der maßgebende Sachverhalt wurde von der belangten Behörde in einer Zusammenschau von Bescheid und Beschwerdevorentscheidung abschließend ermittelt. Wenn in der Beschwerde die vorzeitige Erlassung des Bescheides durch das BFA bemängelt wird, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers durch das BFA jedenfalls in der Beschwerdevorentscheidung umfassend berücksichtigt wurde.

In der Beschwerde wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gefordert, allerdings werden die in der Beschwerde genannten Punkte zum Privatleben des Beschwerdeführers (insbesondere der Aufenthalt der Mutter, des Bruders und der Lebensgefährtin in Österreich) ohnehin der Beschwerdevorentscheidung und auch gegenständlichem Erkenntnis zugrunde gelegt und ist daher der Sachverhalt als geklärt anzusehen.

Die wesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen Straftaten, blieben unbestritten. Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).

Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Beschwerdevorentscheidung Durchsetzungsaufschub Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose gefährliche Drohung Haft Haftstrafe Interessenabwägung Körperverletzung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Sachbeschädigung Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Unionsbürger Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2230642.1.00

Im RIS seit

31.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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