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82/04 Apotheken, ArzneimittelNorm
B-VG Art7 Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Versagung der Parteistellung für Inhaber umliegender bestehender öffentlicher Apotheken im vereinfachten Verfahren zur Verlegung einer öffentlichen Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes; verfassungskonforme Interpretation gebotenRechtssatz
Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke steht unter Genehmigungsvorbehalt, wobei §14 Apothekengesetz wie folgt unterscheidet: Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des nach §9 Apothekengesetz festgesetzten Standortes bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer (§14 Abs1 leg. cit.). Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort ist hingegen von der Bezirksverwaltungsbehörde (nur) zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des §10 Apothekengesetz zutreffen und überdies von dem neuen Standort aus der Bedarf des Gebietes besser befriedigt werden kann (§14 Abs2 und §54 leg cit). Dieser Unterscheidung liegt die Annahme zugrunde, dass Verlegungen der Betriebsstätte innerhalb eines - gesetzmäßig festgesetzten - Standortes im Allgemeinen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Bedarfssituation haben.
Der VfGH hat bereits in anderem Zusammenhang zu Recht erkannt, dass der Ausschluss einer Parteistellung dann unsachlich wäre, wenn Betroffenen damit auch die Möglichkeit genommen wäre, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens, in dem sie im Unterschied zum regulären Verfahren keine Parteistellung genießen, überprüfen zu lassen. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung wäre es verfassungsrechtlich bedenklich, den Inhabern umliegender bestehender öffentlicher Apotheken die Parteistellung im Standortverlegungsverfahren nach §14 Abs1 Apothekengesetz schlechthin, also auch hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens überhaupt vorliegen, zu versagen und diese Beurteilung allein der Behörde zu überlassen. Ein derartiger Ausschluss der Parteistellung liefe letztlich auf eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Inhaber umliegender bestehender öffentlicher Apotheken, denen im Rahmen eines Standortverlegungsverfahren nach §14 Abs2 Apothekengesetz Parteistellung zukommt, einerseits, und jener umliegenden Konzessionsinhaber, die deshalb keine solche Parteistellung haben, weil die Behörde zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen des §14 Abs1 Apothekengesetz angenommen hat, andererseits hinaus.
In verfassungskonformer Interpretation ist die Bestimmung des §14 Abs1 Apothekengesetz iVm §8 AVG daher dahingehend auszulegen, dass der Beschwerdeführerin ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen der Anwendung des §14 Abs1 Apothekengesetz und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukommt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Apotheken, Parteistellung, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E4610.2019Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021