Entscheidungsdatum
18.10.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §13 Abs6Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richter Dr. Oppel als Vorsitzenden, die Richterin Mag.a Mandl und die Richterin Dr.in Lettner über den Antrag der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin, auf Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend das Vergabeverfahren "B.“, Los 6, Los 9, Los 14, Los 15, Los 16, Los 17, Los 18, Los 22/1 und Los 22/2, der Wiener Wohnen Haus- & Außenbetreuung GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 WVRG 2014 stattgegeben. Das mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6.9.2019 zur Zahl VGW-123/074/10977/2019 abgeschlossene Verfahren wird wieder aufgenommen.
II. Der am 23.8.2019 eingelangte und zur Zahl VGW-123/074/10977/2019 protokollierte Antrag wird nicht in Behandlung genommen.
III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Begründung
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6.9.2019 zur Zahl VGW-123/074/10977/2019 wurde der am 23.8.2019 eingelangte Antrag mangels fristgerechter Verbesserung gemäß § 2 Abs. 3 WVRG 2014 iVm § 13 Abs. 3 AVG sowie mangels Entrichtung der Pauschalgebühr gemäß § 23 Abs. 2 Z 3 WVRG 2014 zurückgewiesen. Die Antragstellerin wurde zur Entrichtung der Pauschalgebühren in Höhe von € 2081 verpflichtet und die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.
Nach Zustellung dieses Beschlusses erfolgte durch den Vertreter der Antragstellerin am 2.10.2019 sowie seine Rechtsvertretung am 4.10.2019 Akteneinsicht in den Gerichtsakt. Am 9.10.2019 wurde gegenständlicher Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht.
In diesem Antrag auf Wiederaufnahme wird vorgebracht, dass die Wiederaufnahmewerberin keinen diesbezüglichen Antrag beim Verwaltungsgericht Wien eingebracht habe. Der Geschäftsführer der Antragstellerin habe am 2.10.2019 und die Rechtsvertreterin habe am 4.10.2019 Akteneinsicht in den verfahrensgegenständlichen Akt des Verwaltungsgerichtes Wien genommen. Dabei sei festgestellt worden, dass die im Akt erliegende Eingabe am 22.8.2019 von einem vermeintlichen Handyshop um 21:33 Uhr in den Empfangsbereich des Verwaltungsgerichtes Wien übermittelt und die Wiederaufnahmewerberin als vermeintliche Verfahrenspartei bezeichnet worden sei. Die Eingabe trage die angebliche Unterschrift des Geschäftsführers. Bei jenem Unternehmen, von welchem der Antrag an das Gericht übermittelt worden sei, handle es sich laut Internet um einen Elektrofachmarkt mit einer Vertriebsstelle für C. in Wien, D.-straße. Dieses Unternehmen sei der Wiederaufnahmewerberin unbekannt und habe sie von diesem Faxgerät aus keinen Antrag eingebracht. Des Weiteren laute der Firmenwortlaut in der Eingabe fälschlich „A. Hausbetreuung GmbH“, wohingegen der wahre/authentische Firmenwortlaut „A. GmbH“ laute. Auch stamme die Unterschrift, eine Paraphe, auf der Eingabe nachweislich nicht vom Geschäftsführer der Wiederaufnahmewerberin. Die Unterschrift des Geschäftsführers stelle einen Namenszug (Vor- und Familienname) dar und werde immer auf diese Weise gefertigt. Von einem Verbesserungsauftrag vom 23.8.2019 habe die Wiederaufnahmewerberin – trotz Faxprotokolls des Verwaltungsgerichtes – keine Kenntnis erlangt; sollte die Faxnachricht in Verstoß geraten sein, liege aufgrund der Urlaubszeit und der Auftragsdichte bei der Wiederaufnahmewerberin ein lediglich geringes Versehen bzw. eine entschuldbare Fehlleistung vor. Die Wiederaufnahmewerberin sei erstmals mit Beschluss vom 6.9.2019 über den Vorgang in Kenntnis gesetzt worden und sei nach Akteneinsicht durch den Geschäftsführer am 2.10.2019 eine Malversation eines unbekannten Dritten anzunehmen. Der Beschluss sei demnach durch Fälschung einer Urkunde herbeigeführt worden und sei eine dahingehende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien am 9.10.2019 erfolgt. Der Antrag sei rechtzeitig, weil der Geschäftsführer erstmals am 2.10.2019 anlässlich der Akteneinsicht von der Fälschung seiner Unterschrift Kenntnis erlangt habe.
Es werde daher beantragt, das abgeschlossene Verfahren wieder aufzunehmen und das Verfahren für nichtig zu erklären; jedenfalls möge die exekutive Eintreibung der Eingabegebühr in Höhe von € 30 und der Pauschalgebühr in Höhe von € 2081 gehemmt werden und nach erfolgter Wiederaufnahme und Nichtigerklärung als uneinbringlich erklärt werden.
Dieser Antrag wurde der Antragsgegnerin zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme ist binnen Frist und bis dato nicht erfolgt.
Maßgebliche Rechtsvorschrift:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 WVRG 2014 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen 2 Wochen beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Antragstellerin von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von 3 Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind von der Antragstellerin glaubhaft zu machen.
Gemäß Abs. 4 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht Wien die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
Gemäß Abs. 5 leg.cit. sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragrafen auch auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt und erwogen:
I. Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 6.9.2019 abgeschlossenen Verfahrens ist gemäß § 17 Abs. 2 WVRG 2014 rechtzeitig, weil er binnen zwei Wochen nach Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes, das ist der Zeitpunkt der Akteneinsicht durch den Geschäftsführer am 2.10.2019, gestellt wurde.
Der Antrag auf Wiederaufnahme ist auch berechtigt, weil er sich gegen ein mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien abgeschlossenes Verfahren richtet, das durch eine Eingabe von einem für jedermann zugänglichen Faxgerät in Wien um 21:33 Uhr gesendet wurde, lediglich eine Paraphe als Unterschrift trägt und die Firma der Wiederaufnahmewerberin unrichtig bezeichnet ist.
Das Gericht konnte anhand einer anlässlich der Akteneinsicht erfolgten Unterschriftenprobe des Geschäftsführers feststellen, dass die Unterschrift in der per Fax am 22.8.2019 übermittelten Eingabe in keinster Weise mit der des Geschäftsführers übereinstimmt. Mit dem gegenständlichen Antrag wurde auch eine Kopie des Personalausweises des Geschäftsführers übermittelt. Die Unterschrift am Personalausweis deckt sich mit jener der Unterschriftenprobe. Die Paraphe ist keiner Person zuordenbar. Von der Wiederaufnahmewerberin ist wegen dieser gerichtlich strafbaren Handlung eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien gegen Unbekannt erfolgt.
Zum im § 17 Abs. 1 WVRG 2014 normierten Erfordernis „...wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht mehr zulässig ist…“ wird auf zu § 32 VwGVG ergangene Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (VfGH 13.12.2016, G 337/2016 u.a.: Wortfolge als verfassungswidrig aufgehoben; VwGH Ra 2016/22/0024 vom 18.1.2017).
Der dem Antrag auf Wiederaufnahme zugrunde liegende Beschluss wurde daher durch Fälschung einer Urkunde herbeigeführt. Der Wiederaufnahmegrund des
§ 17 Abs. 1 Z 1 WVRG 2014 liegt demnach vor. Das Verfahren war wiederaufzunehmen.
II. Nach § 13 Abs. 6 AVG, der laut § 2 Abs. 3 WVRG 2014 anzuwenden ist, ist die Behörde nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.
Gegenständlich ist unklar, von wem die Eingabe vom 22.8.2019, eingelangt am 23.8.2019, stammt.
Fest steht, dass von einem allgemein zugänglich Faxgerät in einem Elektrofachmarkt mit einer Vertriebsstelle für C. in Wien um 21:33 Uhr eine Eingabe gefaxt wurde, die jedoch, weder was den Wortlaut der Firma noch was die Unterschrift des Geschäftsführer betrifft, diesem Unternehmen eindeutig zuordenbar ist.
Ein Antragsteller konnte demnach nicht festgestellt werden.
Das Anbringen wird daher nicht in Behandlung genommen.
Mit gegenständlicher Wiederaufnahme des Verfahrens ist der zur Zahl VGW-123/074/10977/2019 ergangene Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6.9.2019 gegenstandslos.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Nachprüfungsantrag; Wiederaufnahme des VerfahrensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.123.V.074.13064.2019Zuletzt aktualisiert am
30.07.2020