Entscheidungsdatum
10.05.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
I413 2216055-1/13E
Schriftliche Ausfertigung des am 06.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Vorsitzender und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID und die fachkundige Laienrichterin Mag. Heike MORODER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Mag. Anneliese MARKL, Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.05.2019 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer beantragte am 04.07.2018, eingelangt am 04.07.2018, die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Die belangte Behörde zog die amtliche Sachverständige Dr XXXX dem Verfahren bei. Die Amtssachverständige erstattete am 28.07.2018 ein medizinisches Gutachten aufgrund der Aktenlage, in der sie zusammengefasst zu folgenden Schlussfolgerungen kam:
„Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Malignome, Entfernte Malignome mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit innerhalb der Heilungsbewährung je nach Funktionsstörung Rectumcarcinom, Erstdiagnose 11/17, Zustand nach Operation, Lebermetastasen, Zustand nach Resektion und Ablation, laufende Chemotherapie
13.01.03
90
2
Diabetes mellitus, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus orale Therapie
09.02.01
30
Gesamtgrad der Behinderung 90 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch leiden 2 wegen fehlender wechselseitiger Beeinflussung nicht weiter erhöht. […]
Dauerzustand
Nachuntersuchung -
[…]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel – Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es besteht ein metastasierendes Tumorleiden mit allerdings kurativem Therapieansatz, derzeit nicht entsprechend einer palliativen Situation wie bei Tumorenerkrankung im Endstadium. Bei gutem Allgemeinzustand sind aktuell das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich. […]“
3. Mit Schreiben vom 01.08.2018, XXXX , brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter Vorlage des eingeholten Gutachtens vom 28.07.2018 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und teilte zusammengefasst mit, dass aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens keine Gesundheitsschädigung vorliege, welche die Unzumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verursachen würde. Im Besonderen seien kurze Wegstrecken (300 – 400 m) ohne fremde Hilfe möglich und Niveauunterschiede, wie sie beim Aus- und Einsteigen öffentlicher Verkehrsmittel auftreten können, bewältigbar. Es liege auch keine Behinderung vor, welche die Sicherheit der Beförderung gefährden würde.
4. Mit Antrag vom 11.10.2018, eingelangt am 15.10.2018, beantragte der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer, „das Sozialministerium Service BASB Landesstelle Tirol, Herzog-Friedrich-Straße 3, 6020 Innsbruck, wolle hinsichtlich des Antragstellers, XXXX den Grad seiner Behinderung neu festsetzen und darüber hinaus feststellen, dass die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für den Antragsteller unzumutbar ist.“ Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, die gesundheitliche Verfassung des Beschwerdeführers und die mit seinem Leiden verbundenen Schmerzen würden eine Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar machen.
5. Die belangte Behörde zog die amtliche Sachverständige Priv-Doz Dr XXXX dem Verfahren bei. Die Amtssachverständige erstattete nach Untersuchung des Beschwerdeführers am 26.11.2018 am 22.12.2018 ein medizinisches Gutachten, in der sie zu folgenden Schlussfolgerungen kam:
„Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Malignome, Entfernte Malignome mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit innerhalb der Heilungsbewährung je nach Funktionsstörung Rectumcarcinom, Erstdiagnose 11/17, Zustand nach Operation, Lebermetastasen, Zustand nach Resektion und Ablation, laufende Chemotherapie; Polyneuropathie mit stechenden Parästhesien der Finger/Hände und Taubheitsgefühl der Fersen
13.01.03
90
2
Diabetes mellitus, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus orale Therapie
09.02.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 90 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der GdB durch Leiden 1 erhöht sich durch Leiden 2 nicht, da keine negative wechselseitige Beeinflussung vorliegt.
[…]
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
unverändert; Gehen in der Ebene ist anamnest. Für 2-3 km möglich, es besteht keine Gefahr beim Ein-/Aussteigen in ÖFFIS oder beim Transport; auf jeweilige geographische Gegebenheiten können bei der Beurteilung der Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden:
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Dauerzustand
Nachuntersuchung 11/2022 – nach Ablauf der Heilungsbewährung kann der GdB unter 50% fallen
[…]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel – Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine: eine kurze Gehstrecke kann bewältigt werden, das Ein-/Aussteigen in/aus ÖFFIS ist möglich und der Transport in ÖFFIS ist nicht mit Gefahren für den Antragsteller verbunden. […]“
6. Mit angefochtenem Bescheid vom 09.01.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der beantragten Zusatzeintragung ab, weil nach dem eingeholten Gutachten die Voraussetzungen für eine Zusatzeintragung nicht vorlägen.
7. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 18.01.2019 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.
Zusammengefasst wird darin unter Verweis auf den Grad der Behinderung von 90 % des Beschwerdeführers geltend gemacht, dass angesichts seiner gesundheitlichen Lage und der geschilderten Schmerzen, insbesondere beim Gehen über sehr kurze Wegstrecken es glaubhaft sei, dass ihm bereits kurzes Stehen unmöglich sei und ihm die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Er sei aufgrund seiner medizinische belegten Störungen an Armen und Beinen nicht in der Lage sich in einem öffentlichen Verkehrsmittel festzuhalten. Er leide an Panikattacken und Platzangst und habe in öffentlichen Verkehrsmitteln ständig Angst, dass er umfalle. Fahrgäste seien angehalten, sich festzuhalten, was dem Beschwerdeführer schlichtweg unmöglich sei. Er könne zudem nur schwer und unsicher gehen. Das Benützen eines Stocks sei für den Beschwerdeführer vorteilhaft, aber er könne einen Stock kaum so festhalten, dass er ihn als Stütze und Schutz vor einem Sturz in einem öffentlichen Verkehrsmittel, auf dessen Fahrweise er keinen Einfluss habe, verwenden.
Das von der belangten Behörde aufgenommene Sachverständigengutachten sei nicht von einem entsprechenden unabhängigen und für den konkreten Fall ausgewiesen qualifizierten Sachverständigen erstellt worden. Das aufgenommene Gutachten weise erhebliche Mängel auf, die die Unbedenklichkeit oder Schlüssigkeit desselben massiv in Frage stellten. So seien Befundberichte nicht kommentiert oder in der Entscheidung berücksichtigt, sondern übergangen würden. Er werde zwar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann zumutbar sei, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigt werden könne oder in hohem Maß erschwert sei. Es sei aber verabsäumt worden, die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers damit in Korrelation zu bringen sowie die örtlichen Verhältnisse (überaus steile Wegstrecke) zu berücksichtigen. Überdies wird darauf hingewiesen, dass die Wegstrecke vom Haus des Beschwerdeführers bis zur Haltestelle mehr als 1000 m entfernt sei, was angesichts des dokumentierten Gesundheitszustandes zu berücksichtigen sei. Das vorliegende Sachverständigengutachten berücksichtige die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers sowie seine gegebenen Beeinträchtigungen seiner Mobilität (bei 90 % zuerkannter Behinderung) nicht im gebotenen Ausmaß und sei überdies durchaus unbestimmt geblieben.
Weiter wird vorgebracht, dass die Abweisung der Anträge nicht im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung, insbesondere des Art 6 EMRK, erfolgt sei. Für den Beschwerdeführer sei die Entscheidung mit dem Hinweis, dass ein Gutachten eingeholt worden sei, überraschend. Aufgrund des mangelhaften Gutachtens hätte dem Beschwerdeführer eine Frist zur Stellungnahme und Ergänzung durch die Behörde oder auch die Sachverständige eingeräumt werden müssen.
Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Feststellung, dass die Eintragung des Zusatzvermerkes im Behindertenausweis des Beschwerdeführers „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gerechtfertigt ist; in eventu die Entscheidung in der Sache selbst und die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass dem Bewilligungsantrag stattgegeben und die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenausweis des Beschwerdeführers vorzunehmen ist; in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde.
8. Mit Schriftsatz vom 15.03.2019 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt vor und teilte mit, dass dem Beschwerdeführer am 30.01.2019 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 90 % ausgestellt wurde.
9. Mit Schreiben vom 25.03.2019 zog das Bundesverwaltungsgericht die amtliche Sachverständige Priv-Doz Dr XXXX dem Verfahren bei und ersuchte um Abgabe eines medizinischen Gutachtens.
10. Mit Gutachten vom 04.04.2019 kam die Amtssachverständige zusammengefasst zur Schlussfolgerung, dass der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke (ca 200-300 m) auch unter Berücksichtigung seiner Funktionsbeeinträchtigungen zurücklegen kann. Diese Schlussfolgerung begründete die Amtssachverständige wie folgt: „Im Rahmen der Anamneseerhebung zum Sachverständigengutachten am 26.11.2018 berichtete Herr XXXX , dass er in der Ebene schon gehen kann, nach 2-3 km muss er sich hinsetzen, weil die Fersen schmerzen. Her O. sagte auch aus: ‘… Am Bewegungsapparat fehlt nichts.’ Die Schmerzen – bedingt durch die Polineuropathie, welche durch die Chemotherapie bedingt ist – beschrieb er als temperaturabhängiges Kribbeln an den Fingern wie feine Nadelstiche, wenn er 2.3 Taschen trägt, meint er, es schneidet ihm die Finger ab. Auch in beiden Fersen habe er ein Taubheitsgefühl. Als regelmäßig eingenommene Medikamente gab er Panatoprazol, Januvia und Actos an. Keines davon ist ein Schmerzmittel oder Medikament für Polyneuropathie. Im klinischen Befund zeigte sich beim Gehen eine geringe Vorfußschwäche beidseits, jedoch ohne Steppergang, eine Schiene wird nicht verwendet. Sämtliche peropheren Gelenke waren frei beweglich. (Zudem muss hier nochmals festgestellt werden, dass auf die jeweiligen geographischen Gegebenheiten des Wohnortes des Antragstellers bei der Feststellung, ob die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist oder nicht, nicht berücksichtigt werden – was ja in der Beschwerdeschrift der Rechtsanwältin bemängelt wurde).“
Unter Berücksichtigung seiner Funktionsbeeinträchtigungen und der vorgelegten Befunde und des Beschwerdevorbringens kann der Beschwerdeführer sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und aussteigen und in einem solchen transportiert werden. „Niveauunterschiede, welche zum Be- und Entsteigen von öffentlichen Verkehrsmitteln überwunden werden müssen, können bewältigt werden. Es liegt keine höhergradige Lähmung, Schwäche oder Funktionsbeeinträchtigung der Gelenke der unteren Extremitäten vor, welche dies verhindern würden, Gehhilfen werden nicht verwendet. Die Kraft der Hände und Arme ist nicht derart vermindert, dass ein Festhalten nicht möglich ist.“
11. Mit Schreiben vom 08.04.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien das Gutachten und räumte diesen die Möglichkeit ein, binnen einer Frist von drei Wochen dazu Stellung zu nehmen.
12. Mit Schreiben vom 11.04.2019 teilte die belangte Behörde mit, dass der erstellte Sachverständigenbeweis vollständig und schlüssig sei. Die belangte Behörde schließe sich vollinhaltlich dem Gutachten an.
13. Mit Schriftsatz vom 03.05.2019 erstattete der Beschwerdeführer zum aufgenommenen Gutachten eine Stellungnahme, in dem das Gutachten hinsichtlich der Aussage, im Rahmen der Anamnese-Erhebung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er sich nach 2-3 km setzen müsse, als unrichtig bezeichnet wird, weil der Beschwerdeführer schon seit längerem in seiner Fortbewegung stark eingeschränkt sei und es ihm bereits länger nicht möglich sei, längere Strecken zurückzulegen. Dies sei auf die Chemo-Therapie rückführbar, die zu unter anderem Sehnenschmerzen im Bereich der Achillesferse und des Kniebereichs führe. Dies gehe aus dem Kurzarztbericht der Universitätsklinik für Innere Medizin V der Medizinischen Universität hervor. Diese Divergenz sei aber für die zu treffende Entscheidung in hohem Maße wesentlich, do dass eine ergänzende Beweisaufnahme in Form eines ergänzenden Fachgutachtens der Universitätsklinik für Innere Medizin zur Frage, ob der Beschwerdeführer in der Lage sei, Wegstrecken von 2-3 km problemlos zurückzulegen, zu Beurteilung der Sachlage notwendig sei. Möglicherweise komme die Gutachterin deshalb zur Erkenntnis, dass 2-3 km für den Beschwerdeführer möglich sei, da die Wegstrecke vom Haus zur nächsten Bushaltestelle ca 2-3 km betrage. Unter einem legte der Beschwerdeführer einen Kurzarztbericht vom 30.04.2019 vor.
Am 06.05.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der die amtliche Sachverständige Priv-Doz Dr XXXX ihr Gutachten erläuterte und zum zuletzt vorgelegten Befundbericht eine fachliche Stellungnahme erstattete und der Beschwerdeführer als Partei befragt wurde. Nach Schluss der Verhandlung verkündete das Bundesverwaltungsgericht sofort mündlich das Erkenntnis. Der Beschwerdeführer beantragte unverzüglich die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der in Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird festgestellt. Ergänzend werden folgende Feststellungen als entscheidungswesentlicher Sachverhalt getroffen:
1.1 Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz in XXXX in Österreich. Sein Wohnhaus befindet sich in Hanglage.
1.2 Der Beschwerdeführer leidet an einem Rectumcarcinom, Erstdiagnose 11/2017, Zustand nach Operation, Lebermetastasen, Zustand nach Resektion und Ablation, laufende Chemotherapie; Polyneuropathie mit stechenden Parästhesien der Finger/Hände und Taubheitsgefühl der Fersen sowie an nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus in oraler Therapie.
1.3 Aufgrund dieser Beschwerden hat der Beschwerdeführer körperliche und sinnesbedingte Funktionseinschränkungen mit dem Grad der Behinderung von 90 %. Es handelt sich hierbei um keinen Dauerzustand.
1.5. Der Beschwerdeführer hat beim Gehen beidseits eine geringe Vorfußschwäche, jedoch keinen Steppergang. Er verwendet auch keine Schiene zur Stabilisierung seines Fußes, Sämtliche peropheren Gelenke sind frei beweglich. Der Beschwerdeführer kann eine kurze Wegstrecke (ca 200-300 m) auch unter Berücksichtigung seiner Funktionsbeeinträchtigungen zurücklegen.
1.6. Der Beschwerdeführer leidet an keiner höhergradige Lähmung, an einer Schwäche oder an einer Funktionsbeeinträchtigung der Gelenke der unteren Extremitäten. Er verwendet keine Gehhilfe. Seine Hände und Arme sind kräftig, sodass ein Festhalten in einem öffentlichen Verkehrsmittel und damit eine sicherere Beförderung möglich sind. Er kann Niveauunterschiede, welche zum Be- und Entsteigen von öffentlichen Verkehrsmitteln überwunden werden müssen, bewältigen. sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und aussteigen und in einem solchen transportiert werden.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die Beschwerde und in den Verwaltungsakt, insbesondere in die dort einliegenden Befunde, Gutachten Dris XXXX und Dris XXXX sowie in den angefochtenen Bescheid, ferner durch Aufnahme eines Sachverständigengutachtens sowie durch Ergänzung und Erörterung dieses Gutachtens sowie durch Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.05.2019.
Der in Pkt. I. dargestellte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Die Schlussfolgerungen der Amtssachverständigen sind wörtliche Zitate aus dem Gutachten vom 28.07.2018 (Gutachten Dr XXXX ) und vom 26.11.2018 (Dr XXXX ) sowie vom 04.04.2019 (Gutachten Dr XXXX ).
Die Feststellungen zur Person und zum Wohnsitz des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen seines Antrages vom 04.07.2018. Dass sein Wohnhaus sich in Hanglage in XXXX befindet ist durch eine im Verwaltungsakt vorgelegte Photographie sowie aufgrund der Ortskunde des Bundesverwaltungsgerichts notorisch.
Die Feststellungen zu den Leiden und Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers ergeben sich auf dem schlüssigen und vollständigen Gutachten der medizinischen Amtssachverständigen Dr. XXXX vom 26.11.2019. Diese festgestellten Leiden und Funktionseinschränkungen sind unstrittig.
Der durch die Funktionseinschränkungen bewirkte Grad der Behinderung von 90 % ergibt sich aus dem schlüssigen und vollständigen Gutachten der medizinischen Amtssachverständigen Dr. XXXX vom 26.11.2019 und ist ebenfalls unstrittig. Dass diese Funktionseinschränkungen nicht einen Dauerzustand darstellen, ergibt sich aus dem schlüssigen und vollständigen Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX vom 26.11.2019. Sie begründet ihre fachliche Schlussfolgerung damit, dass durch eine Heilungsbewährung der Grad der Behinderung noch unter 50 % fallen könnte. Dem wird auch vom Beschwerdeführer nichts entgegengesetzt.
Dass der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke von ca 200-300 m zurückzulegen vermag, basiert auf dem schlüssigen, vollständigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX vom 04.04.2019 sowie auf dem in der mündlichen Verhandlung am 06.05.2019 gewonnenen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer. Das Bundesverwaltungsgericht konnte im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung beobachten, dass der Beschwerdeführer ohne jegliche Gehhilfe und ohne ein unsicheres Gangbild den Gerichtssaal betrat, keine speziellen Stützschuhe oder Stützhilfen trug und auch selbst bei Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht mitteilte, dass er keine Gehhilfe benötigt oder benützt (Protokoll vom 06.05.2019, S 4). Ebenso teilte er dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass er keine Stützschuhe hat (Protokoll vom 06.05.2019, S 4). In ihrem Gutachten vom 04.04.2019 erläuterte die Amtssachverständige zusammengefasst, dass sich eine beim Gehen eine geringe Vorfußschwäche beidseits, jedoch ohne Steppergang, zeige; eine Schiene werde nicht verwendet. Sämtliche peropheren Gelenke seien frei beweglich gewesen. Zudem begründet sie ihre Ansicht, dass keines der vom Beschwerdeführer angegebenen Medikamente ein Schmerzmittel oder ein Mittel gegen die Polyneuropathie sei. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer als Schmerzmittel lediglich Proxen an, ein schmerzlinderndes, fiebersenkendes und entzündungshemmendes Mittel. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung kommt die Amtssachverständige zum Schluss, dass es zu einer Polyneuropathie, einer Schädigung der Nerven gekommen sei, durch die es zu ziehenden und stechenden Schmerzen in den Füßen und Händen, was besonders auch durch niedrige Temperaturen noch erschwert werde. Zusätzlich liege ein Diabetes Mellitus vor, der mit Tabletten behandelt werde. Im Herbst sei die Gehstrecke noch mit zwei bis drei Kilometern angegeben worden, im aktuellen Arztbrief der Chirurgie werde die maximale Gehstrecke mit 400 Metern angegeben. Bei der klinischen Untersuchung im Rahmen der Begutachtung habe sich beidseits eine leichte Vorfußheberschwäche gezeigt, sodass der Vorfuß beidseits beim Gehen etwas ungebremst auf den Boden klappe, ansonsten keine Lähmungen. Es würden auch keine Gehhilfen oder Schienen verwendet (Protokoll vom 06.05.2019, S 3). Diese, im Übrigen in der mündlichen vom rechtsfreundlich vertretenden Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen Aussagen decken sich mit dem vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erhaltenen persönlichen Eindruck und auch mit seinen Aussagen im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung. Soweit die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 02.05.2019 die Ausführung der Amtssachverständigen bekämpft, dass sich der Beschwerdeführer nach 2-3 km setzen müsse, sei darauf verwiesen, dass die Amtssachverständige in ihrem Gutachten angibt, im Rahmen der Anamnese diese Aussage vom Beschwerdeführer erfahren zu haben, weshalb von einem Fehler keine Rede sein kann. Ebensowenig steht diese Feststellung der Aussage des Beschwerdeführers gegenüber der Amtssachverständigen im Rahmen der Befundaufnahme am 26.11.2018 (betreffend das Gutachten vom 22.12.2018) im Widerspruch zum Kurzarztbericht vom 30.04.2019, weil eine Änderung eingetreten sein kann. Dass der Beschwerdeführer aber eine kurze Strecke bewältigen kann, ergibt sich auch zweifelsfrei aus diesem Kurzarztbericht vom 30.04.2019. Soweit die Beschwerde gegen die fachliche Seite des Gutachtens vom 22.12.2018 bzw gegen die fachliche Qualifikation der Amtssachverständigen Einwendungen erhebt, sei darauf hingewiesen, dass diese nicht auf demselben fachlichen Niveau wie die Amtssachverständige erhoben wurde und daher unbeachtlich sind, sodass diese Einwendungen im Rahmen der Beweiswürdigung nicht zu berücksichtigen sind.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und aussteigen und in einem solchen transportiert werden kann, basieren auf den nachvollziehbaren und schlüssigen Aussagen der Amtssachverständigen Dr. XXXX , wonach Niveauunterschiede, welche zum Be- und Entsteigen von öffentlichen Verkehrsmitteln überwunden werden müssen, bewältigt werden können. Aus den schlüssigen Ausführungen der Amtssachverständigen in ihrem Gutachten vom 04.04.2019 geht hervor, dass keine höhergradige Lähmung, Schwäche oder Funktionsbeeinträchtigung der Gelenke der unteren Extremitäten vorliegt, welche dies verhindern würden. Gehhilfen werden nicht verwendet. Die Kraft der Hände und Arme ist nicht derart vermindert, dass ein Festhalten nicht möglich ist. Dies findet auch seine Bestätigung in der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 06.05.2019, dass er Stiegen bewältigen kann und sich hochzieht. Auch der persönliche Eindruck vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 06.05.2019, der den Eindruck eines kräftigen Mannes machte, bestätigt diese Schlussfolgerungen der Amtssachverständigen, weshalb die Feststellungen zu treffen waren.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate bestehen gemäß § 7 Abs 1 BVwGG aus einem Mitglied als Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzenden.
Gemäß § 45 Abs 3 und 4 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch Senat zu erfolgen. Bei solchen Senatsentscheidungen hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder fachkundigen Laienrichter haben für die jeweiligen Agenten die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechtes) aufzuweisen.
Es lag daher im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit vor.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Rechtslage
3.2. Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn (1) ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder (2) sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder (3) sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder (4) für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder (5) sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl Nr 22/1970, angehören.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs 2 BBG).
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 Abs 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl III Nr 495/2013, ist auf Antrag eines Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nach dieser Vorschrift insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs 2 Z 1 lit b oder d vorliegen.
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021, jeweils mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:
3.3. Die Beschwerde bemängelt zunächst – zutreffend – dass der Beschwerdeführer mit dem zweiten von der belangten Behörde aufgenommenen Gutachten (vom 22.12.2018) überrascht habe. Die belangte Behörde hätte im Sinne des § 37 AVG dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen geben müssen, indem sie das zweite Gutachten (von Dr XXXX ) vom 22.12.2018 ebenfalls dem Beschwerdeführer zur Kenntnis bringen und ihm eine angemessene Frist zur Erstattung einer allfälligen Stellungnahme einräumen hätte müssen. Indem die belangte Behörde dies unterließ, beging sie einen schweren Verfahrensfehler. Dieser Verfahrensmangel ist jedoch durch das vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführte Verfahren, insbesondere aufgrund der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit hatte, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen, Vorbringen zu erstatten, Beweisanträge zu stellen und seine Sichtweise darzulegen, saniert worden (vgl VwGH 29.01.2015, Ra 2014/07/0102; 26.02.2019, Ra 2019/06/0011).
3.4. Ferner bemängelt die Beschwerde die mangelnde Unabhängigkeit der beigezogenen Sachverständigen. Hierzu ist Folgendes zu erwägen: Die §§ 90 und 91 KOVG 1957 sind leges speciales zu den Bestimmungen der §§ 52 und 53 AVG über die Sachverständigen (Hinweis Schöberle, Kriegsopferversorgungsgesetz (1950), 136 und 152). Die gemäß § 90 Abs 1 KOVG 1957 bestellten Sachverständigen gelten als amtliche Sachverständige (Amtssachverständige) im Sinne des § 52 Abs 1 AVG (vgl VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093; VwGH 18.11.1974, 0506/74; Baier, Kriegsopferversorgungsgesetz (1964), 73; Schöberle, aaO, 136 und 152; vgl VwGH 18.12.2018, Ra 2018/16/0167). Bei der beigezogenen medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX handelt es sich somit um eine der belangten Behörde beigegebenen amtlichen Sachverständigen iSd § 52 Abs 1 AVG. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass aAus der bloßen Zugehörigkeit eines Amtssachverständigen zu einer bestimmten Behörde kann eine Befangenheit im Sinne des § 7 AVG iVm § 53 AVG nicht abgeleitet werden kann (VwGH 27.09.2011, 2009/12/0112), da § 52 Abs 1 AVG ausdrücklich vorsieht, dass die Behörde die ihr beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen für die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige beizuziehen hat (VwGH 03.05.2012, 2010/06/0171), weshalb bloß aus diesem Grunde eine mangelnden Unabhängigkeit der Amtssachverständigen nicht gegeben ist. Ebensowenig vermag die bloße Behauptung einer mangelnden Unabhängigkeit der Amtssachverständigen einen solchen Verfahrensmangel darzutun. Soweit die fachliche Kompetenz der Amtssachverständigen in Zweifel gezogen wird, ist darauf hinzuweisen, dass das diesbezügliche Vorbringen auf dem gleichen fachlichen Niveau (vgl VwSlg 14.731 A/1997 ua) oder durch ein fachlich fundiertes Gegengutachten (vgl VwGH 19.06.1996, 95/01/0233) erschüttern hätte müssen. Dies ist nicht geschehen. Zweifel an der Unabhängigkeit der beigezogenen Amtssachverständigen Dr. XXXX sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.
Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 19.902/2014 die Heranziehung von Amtssachverständigen im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als grundsätzlich zulässig erkannt. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR bestehen keine Bedenken im Hinblick auf Art 6 EMRK, wenn einem Gutachten eines Amtssachverständigen im Rahmen der freien Beweiswürdigung kein erhöhter Beweiswert zukommt und diesem unter anderem durch ein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden kann (vgl EGMR 06.05.1985, Bönisch/Österreich, 8658/79, Z 32, 33; weiters VwGH 19.12.1996, 93/06/0229, und VwGH 31.05.1999, 98/10/0008). Auch der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht die schon von der erstinstanzlichen Behörde tätig gewordene Amtssachverständige herangezogen hat, kann das in Art 6 EMRK verankerte Recht auf Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiliches Tribunal nicht verletzen. Es kann daraus keine Parteilichkeit des in der Angelegenheit entscheidenden Bundesverwaltungsgericht abgeleitet werden (VwGH 20.03.2018, Ra 2016/05/0102).
Ein Beweis durch eine weitere medizinische Sachverständige zur Feststellung, ob eine Funktionsbeeinträchtigung vorliegt, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel verunmöglichen würde, war im vorliegenden Fall mangels erkennbarer Anhaltspunkte für eine mangelhafte Beurteilung der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen ärztlichen Sachverständigen nicht notwendig. Der in der Beschwerde relevierte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
3.5. Materiell ist der Fall wie folgt zu beurteilen: Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung angeführt, ist aufgrund des medizinischen Gutachtens ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in der Lage ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Es liegen daher die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vor. Aufgrund seiner von Dr. XXXX festgestellten Funktionseinschränkung können sowohl eine kurze Wegstrecke als auch Niveauunterschiede, die zum Be- und Entsteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels überwunden werden müssen, bewältigt werden. Nachdem die Kraft der Hände und Arme nicht derart vermindert ist, keine höhergradige Lähmung, Schwäche oder Funktionsbeeinträchtigung der Gelenke der unteren Extremitäten vorliegt und auch keine Gehilfen verwendet werden, kann der Beschwerdeführer auch sicher in einem öffentlichen Verkehrsmittel transportiert werden. Es ist ihm daher die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Dass der Beschwerdeführer in Hanglage lebt, oder die Bushaltestelle 2-3 km von seinem Haus entfernt liegt, ist für die Beurteilung der Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht von Belang. Daher liegt auch – entgegen dem Beschwerdevorbringen – kein Versäumnis vor, die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers damit in Korrelation zu bringen sowie die örtlichen Verhältnisse (überaus steile Wegstrecke) zu berücksichtigen.
Zusammenfassend vermag die Beschwerde daher im Ergebnis keine zur Behebung oder Änderung des angefochtenen Bescheides führenden Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Daher war die Beschwerde abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich. Es liegen sohin keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgeblich sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Hierbei handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorzunehmen war.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2216055.1.01Im RIS seit
30.07.2020Zuletzt aktualisiert am
30.07.2020