Entscheidungsdatum
15.07.2019Norm
BFA-VG §18 Abs5Spruch
L526 2220429-1/5Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch kurz "BF" genannt) wurde am 1.6.2015 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der nunmehr belangten Behörde (im Weiteren auch kurz "bB" genannt) einvernommen und zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt.
I.2. Im Jahr 2018 wurde Einsicht in verschiedene Register, zum Beispiel der Österreichischen Sozialversicherung, genommen.
I.3. Am 17.8.2018 fand eine neuerliche Einvernahme durch die bB satt, in welcher der BF zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt wurde. Ferner wurde er informiert, dass er im Verdacht stehe, ein Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz begangen zu haben und wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.
I.4. Im Weiteren wurde das Urteil des Landesgerichtes XXXX zum Akt genommen, mit welchem der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandelst nach § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 2 und Abs. 4 Z 3 SMG und anderer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde.
I.5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt.
1.6. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
In dieser Beschwerde wird insbesondere gerügt, dass die belangte Behörde den Sachverhalt in Bezug auf das Privatleben des BF nicht vollständig ermittelt habe. Dies betreffe beispielsweise seine Beschäftigungen im Inland oder sein Familien- und Privatleben. Die zahlreichen Ermittlungsfehler würden sich auch in der unzureichenden Beweiswürdigung niederschlagen. Nicht nachvollziehbar seien etwa die beweiswürdigenden Ausführungen, wonach der BF keine berufliche Verankerung im Inland vorweisen könne. Die bB gehe auch fälschlicherweise davon aus, dass der BF keine sozialen Bindungen im Inland habe, was insbesondere vor dem Hintergrund, dass er seit etwa neunzehn Jahren im Inland lebe, nicht nachvollziehbar sei. Der bB sei auch bekannt, dass der BF eine Familie bzw. Verwandtschaft in Österreich habe und sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, dass sich die bB an irgendeiner Stelle damit auseinandergesetzt hätte. Auch im Hinblick auf die von der bB getätigte Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK seien Fehler unterlaufen, als auch hier davon ausgegangen werde, dass der BF über kein Privatleben im Inland verfüge. Ferner gehe die bB rechtsirrig davon aus, dass sich der BF nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte. Sofern die bB ausführt, dass der BF über enge soziale Kontakte in der Türkei verfüge, obwohl er Gegenteiliges angegeben habe, ließe die Bescheidbegründung nicht erkennen, weshalb die bB dem nicht folgt. Zur Integration des BF führe die bB lediglich aus, dass diese aufgrund einer Verurteilung nicht erfolgen könne. Auch bei der Interessensabwägung im Rahmen der Prüfung des über den BF zu verhängenden Einreiseverbotes sei die bB von einem unzureichend ermittelten Sachverhalt bzw. nicht nachvollziehbaren Feststellungen ausgegangen.
I.4. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.
1. Feststellungen:
Es kann derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
3.3. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Ohne weitergehende Ermittlungen zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich und ohne weitergehende Ermittlungen zur Situation im Falle seiner Rückkehr in die Türkei kann eine Verletzung der für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Artikel der EMRK im Fall einer Abschiebung des BF in die Türkei derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.
Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zudem wird angemerkt, dass weder dem Bescheid noch der übrigen Aktenlage zu entnehmen ist, weshalb die bB davon ausgeht, dass sich der BF "nunmehr illegal" in Österreich aufhält und wird die Frage des Aufenthaltsstatus des BF im Verfahren ebenfalls noch genauer zu beleuchten sein.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L526.2220429.1.00Im RIS seit
30.07.2020Zuletzt aktualisiert am
30.07.2020