TE Bvwg Beschluss 2019/7/18 L519 2211526-2

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Veröffentlicht am 18.07.2019
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Entscheidungsdatum

18.07.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

L519 2211526-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.05.2019, FZ. 426363903-180719225, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein türkischer Staatsangehöriger, wurde in Österreich geboren und verfügt bis dato durchgehend über Aufenthaltstitel.

Zwischen 1994 und 2001 liegen 5 Verurteilungen wegen Einbruchsdiebstahls ua. sowie Verstoßes gegen das SMG vor.

Der BF hat in Österreich nach dem Schulbesuch eine Lehre abgeschlossen und gearbeitet.

2007 hat er geheiratet, der Ehe entstammen 4 Kinder.

In Deutschland wurde der BF zusammengefasst wegen seiner im Oktober 2013 durchgeführten Reise nach Syrien zur Unterstützung einer als terroristischen Vereinigung einzustufenden Organisation sowie des Versuches, Mitglieder für diese zu rekrutieren, vom OLG XXXX zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft in Österreich stellte ein gegen ihn eröffnetes Verfahren am 20.04.2019 mit der Begründung ein, dass der gewöhnliche Aufenthalt des BF nicht in Österreich, sondern in Deutschland gelegen wäre.

2. Mit Parteigehör vom 12.09.2018 forderte das BFA den BF zur Abgabe einer Stellungnahme zur beabsichtigten Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes auf.

Nach persönlicher Übernahme dieses Schreibens durch den BF ging keine Stellungnahme beim BFA ein. Erst am 28.09.2018 wurde von einem deutschen Notar eine Stellungnahme übermittelt.

Am 19.10.2018 wurde von den nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretern des BF eine Stellungnahme eingebracht. In dieser wurde unter anderem ausgeführt, dass die Familie (Ehefrau und 4 Kinder) bis 2012 in Österreich gemeinsam gelebt hätten.

3. Mit Parteigehör vom 19.10.2018 forderte das BFA den BF zur Abgabe einer Stellungnahme insbesondere zu einem Auszug aus dem Länderinformationsblatt auf und wurde auf § 51 FPG hingewiesen.

4. Mit Bescheid vom 12.11.2018 wurde vom BFA gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde aberkannt.

Begründend verwies die Behörde im Wesentlichen darauf, dass der BF bereits mehrmals in Österreich und Deutschland, insbesondere in Deutschland wegen Unterstützung einer ausländischen, terroristischen Vereinigung strafgerichtlich verurteilt worden und im Rahmen einer Interessensabwägung iSd Art. 8 EMRK durch Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein unzulässiger Eingriff in das Privat- und Familienleben feststellbar gewesen sei. Der BF habe durch sein strafbares Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, weshalb er eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Es wurde davon ausgegangen, dass dem BF Rechte aus dem Assoziationsabkommen zustehen.

5. Mit Verfahrensanordnung wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

6. Gegen den ordnungsgemäß zugestellten Bescheid des BFA wurde mit 12.12.2018 innerhalb offener Frist durch die Rechtsvertreter des BF Beschwerde erhoben. Nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde der Bescheid mit Beschluss des BVwG vom 10.04.2019 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gem. § 28 Abs. 3 VwGVG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

7. Dem BF wurde mit Schreiben des BFA vom 26.04.2019 Parteiengehör zu den Länderfeststellungen sowie zum Verfahren gewährt. Die entsprechende Stellungnahme langte am 09.05.2019 per Mail und am 14.05.2019 im Original ein.

8. Mit dem nunmehr im Spruch genannten, angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gem. § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt. Gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde dem BF eine Frist für eine freiwillige Ausreise nicht gewährt. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z.6 FPG wurde über den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

8. Gegen den angefochtenen Bescheid wurden innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und unter anderem beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Ausgeführt wurde, dass der BF begünstigter Drittstaatsangehöriger sei, keine Einvernahme des BF sowie seiner Familienmitglieder durchgeführt worden sei, die Subsumtion der in Deutschland erfolgten Verurteilung unter die österreichischen Straftatbestände verfehlt sei und die Interessensabwägung iSd Art. 8 EMRK mangelhaft durchgeführt worden sei.

9. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

Es kann derzeit ohne ausführliche Prüfung des komplexen Sachverhalts nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Aufschiebende Wirkung

Im ggst. Verfahren kann eine Verletzung der maßgeblichen Artikel der EMRK derzeit ohne weitere Prüfung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L519.2211526.2.00

Im RIS seit

30.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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