Entscheidungsdatum
19.03.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W250 2188195-4/2Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.02.2020, Zl. XXXX :
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 25.10.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) mit Bescheid vom 01.02.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; des Weiteren wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.07.2018 als unbegründet abgewiesen.
2. Am 18.06.2019 stellte der BF einen Asylfolgeantrag, den er im Wesentlichen damit begründete homosexuell zu sein. Er legte diesbezüglich auch Beweismittel vor. Mit Bescheid vom 11.08.2019 wies die belangte Behörde diesen Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status als Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG wegen entschiedener Sache zurück und erließ wiederum eine Rückkehrentscheidung gegen den BF. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.09.2019 abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof anhängig.
3. Der BF brachte am 17.10.2019 den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein. Am selben Tag fand die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, am 25.10.2019 erfolgte eine Einvernahme durch das Bundesamt. Der BF brachte zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass er homosexuell sei und er wegen seiner sexuellen Orientierung nicht nach Afghanistan zurückkehren könne.
4. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 25.10.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 Asylgesetz 2005 - AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht behob diesen Bescheid mit Beschluss vom 04.11.2019.
5. Am 13.01.2020 erfolgte die Einvernahme eines vom BF genannten Zeugen durch das Bundesamt, am 14.01.2020 und am 24.01.2020 wurde der BF neuerlich zu seinem Asylfolgeantrag einvernommen.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.02.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom 17.10.2019 auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG abermals wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I und II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt. (Spruchpunkt III). Gleichzeitig erließ das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV) und sprach aus, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI sprach die Behörde aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und erließ ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF (Spruchpunkt VII).
7. Mit Schriftsatz vom 06.03.2020 erhob der BF gegen diesen Bescheid die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde langte am 13.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF begründete seinen Antrag auf internationalen Schutz 17.10.2019 mit seiner behaupteten Homosexualität. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diesen Antrag zurückgewiesen. Sie kam zu dem Ergebnis, der BF sei nicht homosexuell.
1.2. Die gegenständliche Beschwerde wendet sich nicht zuletzt gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid und zielt im Ergebnis darauf ab, dass der BF sehr wohl homosexuell sei.
1.3. Das Bundesverwaltungsgericht stellt aufgrund des im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation für Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, fest, dass Homosexualität im Herkunftsstaat des BF bei Strafe verboten ist und mit langjähriger Haftstrafe sanktioniert wird. Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft haben keinen Zugang zu bestimmten gesundheitlichen Dienstleistungen und können wegen ihrer sexuellen Orientierung ihre Arbeit verlieren. Sie werden diskriminiert, misshandelt, vergewaltigt und verhaftet. Ebenfalls aufgrund dieses Länderinformationsblattes, das allerdings insofern im angefochtenen Bescheid nicht wiedergegeben wird, stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Haftbedingungen in den Gefängnissen im Herkunftsstaat des BF nicht den internationalen Standards entsprechen. Der Zugang zu Nahrung, Trinkwasser, sanitären Anlagen, Heizung, Lüftung, Beleuchtung und medizinischer Versorgung in den Gefängnissen ist landesweit unzureichend. Als Folge der schlechten Haftbedingungen sind psychische Gesundheitsprobleme weit verbreitet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt sowie dem zitierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 17 Abs1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
3.2. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der des BF als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
3.3. Unmenschliche oder erniedrigende Haftbedingungen im Herkunftsstaat können eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen (vgl. VwGH 25.3.2015, Ra 2014/20/0085).
3.4. Im Lichte der getroffenen Feststellungen kann ohne eingehendere Prüfung gegenwärtig nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung - und eine solche wurde mit dem angefochtenen Bescheid für zulässig befunden - eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK mit sich bringen würde. Die für eine abschließende Beurteilung gebotene sorgfältige Prüfung kann im konkreten Fall - gerade angesichts des dem angefochtenen Bescheids vorangegangenen (behördlichen) Verfahrens - nicht in der in § 17 Abs 1 BFA-VG statuierten Zeit erfolgen. Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
3.5. Ungeachtet dessen, ob die Voraussetzungen für den Entfall der mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs 7 BFA-VG vorlagen, konnte das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nach Abs 6a leg cit ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; vgl. die oben zitierte Entscheidung. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W250.2188195.4.00Im RIS seit
30.07.2020Zuletzt aktualisiert am
30.07.2020