Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 22. Juni 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Fetz und Dr. Jilek sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Walter in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Verletzung von Berufspflichten über die Berufung des Beschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 4. April 2019, AZ D 15/18, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Kammeranwalts Dr. Lindner und des Beschuldigten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** des Disziplinarvergehens der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt schuldig erkannt.
Danach hat er (in *****) unter Verstoß gegen § 8a Abs 3 RAO anlässlich der Treuhandprüfung am 23. Oktober 2017 sowie trotz mehrfacher Aufforderung durch die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer bis zur Fällung des Disziplinarerkenntnisses keine Risikoanalyse vorgelegt.
Über ihn wurde hiefür eine Geldbuße von 5.000 Euro verhängt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die – als Beschwerde bezeichnete – Berufung des Beschuldigten wegen Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen vgl RIS-Justiz RS0128656 [T1]) und Strafe; sie schlägt fehl.
Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider gilt der die Verpflichtung zur Erstellung einer Risikoanalyse betreffende § 8a Abs 3 RAO ausnahmslos für jede Anwaltskanzlei. Dass ein Anwalt davon entbunden sei, wenn er der Ansicht ist, dass in seiner Kanzlei keine Risikofaktoren iSd § 8a Abs 3 zweiter Satz RAO vorlägen, findet im Gesetz keine Grundlage.
Dazu kommt, dass der Berufungswerber nach den Feststellungen Immobilientransaktionen betreut hat (ES 3) und § 8a RAO eine besondere Prüf- und Sorgfaltspflicht gerade im Zusammenhang mit der Durchführung von Finanz- und Immobilientransaktionen enthält (Engelhart/Hoffmann/ Lehner/Rohregger/Vitek RAO10 § 8a Rz 5).
Dem Einwand, § 8a Abs 3 RAO sehe kein Schrifterfordernis vor, steht der vorletzte Satz der Bestimmung entgegen, wonach die Risikobewertungen aufzuzeichnen sind.
Mit der Behauptung, anstelle einer Geldbuße hätte bloß die Strafe des schriftlichen Verweises verhängt werden dürfen, macht die Berufung weder einen – nominell behaupteten – Subsumtionsfehler (Z 10) noch Nichtigkeit des Sanktionsausspruchs (Z 11) geltend (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 728), sondern kritisiert die Ermessensentscheidung der Sanktionsfindung.
Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe schlägt fehl.
Erschwerend fallen dem Beschuldigten fünf einschlägige disziplinarrechtliche Vorstrafen und die Fortsetzung der Tat über einen längeren Zeitraum zur Last, mildernd wirkt kein Umstand. Die vom Disziplinarrat ausgemessene Geldbuße von 5.000 Euro ist tat- und tätergerecht und trägt sowohl Präventionserfordernissen als auch den – mangels Angaben des Beschuldigten zu seinen Einkommensverhältnissen heranzuziehenden – durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen eines Rechtsanwalts Rechnung. Demgemäß kam weder die Verhängung eines schriftlichen Verweises noch eine Herabsetzung der Geldbuße in Betracht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
Textnummer
E128668European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0240DS00010.19H.0622.000Im RIS seit
29.07.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020