TE OGH 2020/6/23 5Ob90/20a

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Veröffentlicht am 23.06.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Edgar Veith, Rechtsanwalt in Götzis, gegen die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle, Dr. Rupert Manhart, Dr. Susanne Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Feststellung und Unterlassung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 15. April 2020, GZ 3 R 22/20i-20, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 10. März 2020, GZ 8 Cg 113/19y-15, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die – mittlerweile volljährige – Klägerin begehrte die Feststellung ihres Wohnungsgebrauchsrechts an Eigentumswohnungen des Beklagten sowie die Unterlassung sämtlicher Störungen insbesondere durch deren Betreten. Ihr Feststellungsbegehren bewertete sie mit 35.000 EUR, ihr Unterlassungsbegehren mit 10.000 EUR. Unter Berücksichtigung dieser Bewertung und der Lage der Wohnungen sei das Erstgericht zuständig.

Der Beklagte wendete in seiner Klagebeantwortung unter anderem die sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichts mit der Begründung ein, § 49 Abs 2 Z 3 JN sehe für Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts vor.

Das Erstgericht erklärte sich für sachlich unzuständig und überwies die Rechtssache – aufgrund Überweisungsantrags der Klägerin nach § 261 Abs 6 ZPO – an das nach § 49 Abs 2 Z 3 JN eigenzuständige Bezirksgericht.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin gab das Rekursgericht Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verwarf. Punkt 1 des Klagebegehrens entpreche dem Begehren auf Feststellung des Inhalts eines Vertrags über ein Wohnungsrecht, was die Zuständigkeit des Erstgerichts begründe, Punkt 2 setze die Berechtigung dieses Begehrens voraus und könne daher auch in Verbindung mit dem gesamten Begehren nicht die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts begründen. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige insgesamt 30.000 EUR. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zu.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei, in dem sie die Wiederherstellung der Unzuständigkeitsentscheidung des Erstgerichts anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.

1. Gemäß § 45 JN sind seit der ZVN 1983 nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, nicht anfechtbar; solche, mit denen es seine sachliche Unzuständigkeit ausspricht, nur dann, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde hat. Die ZVN 1983 wollte die Anfechtung von Entscheidungen über die sachliche Zuständigkeit weiter einengen und klar ausdrücken, dass die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts nie angefochten werden kann, gleichviel, ob die die sachliche Zuständigkeit bejahende Entscheidung von einem Gericht erster oder zweiter Instanz gefällt wurde (RIS-Justiz RS0046318; 8 Ob 17/09x; Schneider in Fasching/Konecny3 I § 45 JN Rz 2f). Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Frage, welche Art von Gericht zu entscheiden hat, für eine Partei meist von geringerer Bedeutung ist, hat also das Interesse der Partei, welches von mehreren staatlichen Gerichten zu entscheiden hat, gering eingeschätzt (8 Ob 128/08v; 8 Ob 17/09x mwH auf die Materialien). Nach ständiger Rechtsprechung macht es für die Anwendung des § 45 JN auch keinen Unterschied, mit welcher Begründung die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit erfolgt (RS0103687). Ein Rechtsmittel ist daher selbst dann ausgeschlossen, wenn eine Nichtigkeit oder die Verletzung zwingenden Rechts ins Treffen geführt werden sollte (RS0103687 [T2]). Selbst wenn das Gericht zweiter Instanz die Unanfechtbarkeit des erstinstanzlichen Beschlusses missachtet haben sollte, führt das nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses des Rekursgerichts über die Bejahung der Zuständigkeit des Erstgerichts (1 Ob 504/96; Schneider aaO Rz 12).

2. Hier hat das Rekursgericht nach Streitanhängigkeit die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts bejaht und demgemäß die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verworfen. Diese Entscheidung ist – wie dargestellt – gemäß § 45 JN unanfechtbar, woran auch der auf § 528 Abs 1 ZPO Bezug nehmende Zulassungsausspruch des Rekursgerichts nichts ändert. Aufgrund der unanfechtbaren Bejahung der sachlichen Zuständigkeit des Erstgerichts ist auch nicht mehr zu prüfen, ob nicht der Rekurs der Klägerin im Hinblick auf den von ihr nach § 261 Abs 6 ZPO gestellten Überweisungsantrag, dem das Erstgericht stattgegeben hatte, allenfalls unzulässig gewesen wäre (vgl RS0039925).

3. Der Revisionsrekurs war daher als absolut unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E128697

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00090.20A.0623.000

Im RIS seit

30.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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