Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des (am 6. Mai 1955 geborenen) DR, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in Wien X, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. November 1993, Zl. SD 687/93, betreffend Zurückweisung eines Antrages gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 12. Oktober 1993 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Jugoslawien als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß das von der Behörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sei. Das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei jedenfalls mit Erlassung des diesbezüglichen Bescheides beendet worden. Der nach Zustellung, aber vor Rechtskraft des Aufenthaltsverbotsbescheides gestellte Antrag gemäß § 54 FrG sei demnach nicht während des Verfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes gestellt worden.
Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ist ersichtlich, daß der Beschwerdeführer am 2. Dezember 1993 (auf dem Landweg) nach Jugoslawien abgeschoben worden ist.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten - am 29. Dezember 1993 zur Post gegebenen - Beschwerde wird die Auffassung vertreten, der gegenständliche Antrag nach § 54 FrG hätte einer Sachentscheidung zugeführt werden müssen. Das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zur Zeit der Antragstellung "aufrecht anhängig" gewesen.
Diese Beschwerde wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1995, Zl. 93/18/0631, zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den genannten Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien auch Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der zu B 2267/93 protokollierten Beschwerde mit Beschluß vom 27. September 1994 ab.
Der Beschwerdeführer stellte daraufhin beim Verfassungsgerichtshof einen auf Art. 138 Abs. 1 lit. b B-VG gestützten Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Verwaltungsgerichtshof einerseits und dem Verfassungsgerichtshof andererseits.
Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 27. Februar 1997, K I-3/96, den Zurückweisungsbeschluß des Verwaltungsgerichtshofes auf und sprach aus, daß die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. November 1993, Zl. SD 687/93, in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 54 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Zufolge des § 54 Abs. 2 leg. cit. kann der Antrag nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.
Zwischen der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer ist die Auslegung der im § 54 Abs. 2 FrG gebrauchten Wortfolge "während des Verfahrens zur Erlassung ... eines Aufenthaltsverbotes" strittig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage in seinem Erkenntnis vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0472, dahingehend entschieden, daß der Fremde bis zum rechtskräftigen Abschluß des Aufenthaltsverbotsverfahrens einen Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG stellen kann; gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.
Da die belangte Behörde infolge Verkennens der Rechtslage den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers vom 12. Oktober 1993 im Instanzenzug als unzulässig zurückgewiesen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Stempelgebührenersatzes war abzuweisen, weil lediglich die Einbringung dreier Ausfertigungen der Beschwerde sowie die Vorlage des angefochtenen Bescheides in einfacher Ausfertigung notwendig gewesen wäre.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997180189.X00Im RIS seit
20.11.2000