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10/10 Datenschutz;Norm
AVG §69 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des R G in S, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer und Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. September 1996, Zl. Gem(Stb)-37571/3-1996-Gs/Ha, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. September 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. September 1995 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 11a iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe seit 6. Juli 1990 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und sei seit 17. Juli 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er sei im Jahre 1993 vom Bezirkgericht Linz-Land wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 88 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je S 300,--, bedingt auf zwei Jahre, rechtskräftig verurteilt worden. Im Jahre 1994 sei der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Wels wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer (unbedingten) Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je S 140,-- rechtskräftig verurteilt worden. Gleichzeitig sei die Probezeit für die erstgenannte Verurteilung auf insgesamt fünf Jahre verlängert worden. Im Jahre 1995 sei der Beschwerdeführer wegen zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung jeweils rechtskräftig bestraft worden. Diese Verurteilungen und Bestrafungen ließen unter Berücksichtigung des nahen zeitlichen Zusammenhanges den Schluß zu, daß der Beschwerdeführer weder derzeit noch in absehbarer Zukunft gewillt sei, sich den zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bestehenden gesetzlichen Bestimmungen unterzuordnen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 11a StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 leg. cit. die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1.
sein Ehegatte Staatsbürger ist,
2.
die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
3.
er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und
4. a)
die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder
b)
die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.
Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Z. 1 bis 4 des § 11a StbG erfülle, vertrat jedoch die Ansicht, daß das Einbürgerungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gegeben sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der nach der letztgenannten Bestimmung vorzunehmenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten. Dies ist auch bei Verstößen gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen, der Fall (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/0694).
Die belangte Behörde hat zu Recht die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen vorsätzlicher Körperverletzung im Jahre 1995 in ihre Prognose einbezogen. Der Beschwerdeführer bringt dazu vor, daß er diese Straftat "in unmittelbarem Zusammenhang mit der seinerzeit von meiner Gattin vorgenommenen Vermietung und den Problemen mit ausländischen Mietern, aufgrund der diese Vermietung zwischenzeitig bereits längst beendet worden ist", begangen habe. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers zeigt, daß er versucht ist, Probleme durch Anwendung von körperlicher Gewalt gegen Personen lösen zu wollen. Der Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, der Beschwerdeführer wäre bei Zahlung eines geringen Schmerzengeldes an die Geschädigten vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 42 StGB freigesprochen worden, steht die Rechtskraft der gerichtlichen Verurteilung entgegen.
Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen fahrlässiger Körperverletzung - welcher nach Ausweis des Verwaltungsaktes eine am 19. August 1993 begangene Vorrangverletzung zugrundeliegt - sowie die beiden Bestrafungen wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung - nach Ausweis des Verwaltungsaktes handelt es sich um eine Geschwindigkeitsüberschreitung und eine Mißachtung eines Fahrverbotes - zeigen, daß der Beschwerdeführer, der sich erst seit etwa sechs Jahren im Bundesgebiet aufhält, noch nicht ausreichend Gewähr dafür bietet, keine Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr zu bilden. Soweit er sich darauf beruft, daß er als Berufskraftfahrer etwa 110.000 bis 120.000 km pro Jahr zurücklegt, ist ihm zu entgegnen, daß von einem Berufskraftfahrer zu verlangen ist, bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßenverkehr erlassenen Vorschriften eine besondere Sorgfalt an den Tag zu legen (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 96/01/0694).
Es bestehen daher keine Bedenken gegen die Annahme der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr bietet, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu bilden.
Der Umstand, daß die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, der Gendarmerieposten Thalheim bei Wels sowie die Gemeinde Schleißheim keine Einwände gegen die Einbürgerung erhoben, ändert nichts an der Richtigkeit der ausschließlich von der Staatsbürgerschaftsbehörde vorzunehmenden Beurteilung, daß das Einbürgerungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gegeben ist.
Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß die gerichtlichen Verurteilungen von der beschränkten Auskunft umfaßt sind, ist er darauf zu verweisen, daß der Staatsbürgerschaftswerber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwar nicht verpflichtet ist, von der beschränkten Auskunft umfaßte Verurteilungen der Staatsbürgerschaftsbehörde bekanntzugeben, von der Behörde jedoch auch solche Verurteilungen - wenn sie ihr auf andere Weise bekannt werden - zu berücksichtigen sind (vgl. das Erkenntnis vom 11. November 1997, Zl. 96/01/0967).
Da die behördliche Beurteilung, daß das Einbürgerungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorliegt, auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde vorgebrachten näheren Umstände der Straftaten (jährliche Kilometerleistung als Berufskraftfahrer, Begehung der Körperverletzung an ausländischen Mietern) einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof standhält, zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe diese Umstände nicht ausreichend erhoben, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.
Das weitere Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer spreche gut deutsch, habe gute Kenntnisse über Österreich und sei in den österreichischen Freundes- und Bekanntenkreis seiner Gattin integriert, kann am Vorliegen des erwähnten Einbürgerungshindernisses nichts ändern.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996010985.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
13.02.2012