Entscheidungsdatum
23.03.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
ZustG §5Text
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Lehofer-Pfiffner über die Beschwerde des Herrn A B, geb. am xx, pA J G, C-Straße, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 12.08.2019, GZ: BHDL/603190017571/2019, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs 4 iVm § 31 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) als verspätet
z u r ü c k g e w i e s e n.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12.08.2019, GZ: BHDL/603190017571/2019, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, am 18.07.2019 um 18:11 Uhr in D, Bweg, ein Fahrrad gelenkt zu haben, obwohl ihm mit Bescheid vom 12.02.2019 das Lenken eines Fahrrades verboten wurde. Wegen Verletzung von § 99 Abs 2 lit. f i.V.m. § 59 Abs 1 StVO wurde gemäß § 99 Abs 2 StVO eine Geldstrafe von € 400,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen verhängt.
Das Straferkenntnis wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 14.08.2019 mit Beginn der Abholfrist am 16.08.2019 hinterlegt und eine Verständigung in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Der Beschwerdeführer hat das Straferkenntnis nicht behoben. Am 09.11.2019 erging eine Mahnung an den Beschwerdeführer.
Mit Schreiben vom 22.11.2019 erhob er „Einspruch gegen die Zahlungen BHDL/603190012805/2019 und BHDL/603190017571/2019, da ich diese nicht zur Kenntnis wegen dem Geburtsdatum nicht zur Kenntnis genommen habe und daher gar nicht weiss, um was es hierbei geht!“ Er verlange die Übermittlung des vollständigen Aktes per E-Mail, um Strafanzeige wegen Grundrechtsverletzung durch die Bezirkshauptmannschaft und den Staat Österreich zu erheben.
Mit einem weiteren Straferkenntnis vom 25.10.2019, GZ: BHDL/603190021029/2019, wurde dem Beschwerdeführer eine weitere Verletzung des Fahrradlenkverbotes vorgeworfen. Auch gegen dieses wurde Beschwerde erhoben.
Mit Schreiben vom 19.12.2019 teilte das Landesverwaltungsgericht Steiermark dem Beschwerdeführer mit, dass – sollte es sich bei diesem „Einspruch gegen die Zahlung … BHDL/603190017571/2019“ um eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 12.08.2019 handeln – diese verspätet sei. Er wurde über die Hinterlegung des Straferkenntnisses informiert und ihm wurde die Möglichkeit gegeben, binnen zwei Wochen eine allfällige Ortsabwesenheit bekanntzugeben. Gleichzeitig wurde eine Aktenkopie übermittelt.
Mit undatiertem Schreiben – beim Landesverwaltungsgericht Steiermark eingelangt am 09.03.2020 – führte der Beschwerdeführer aus, dass er am 20.02.2020 den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeschrieben habe, da ständig gegen die DSGVO verstoßen werde, weil regelmäßig sein Geburtsdatum öffentlich sichtbar auf den Briefen angeführt sei, ohne dass er dazu eine Genehmigung gegeben habe. Bis zu einer klärenden Antwort durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei das weitere Strafverfahren zurückzustellen
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:
Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen ist, konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG eine öffentlich mündliche Verhandlung entfallen.
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Die Frist beginnt, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer jedoch nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz in der gegenständlich anzuwendenden Fassung ist das Dokument, das an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann, zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs 2 Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten gemäß § 17 Abs 3 dritter Satz Zustellgesetz mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 Zustellgesetz wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Gemäß § 17 Abs 4 Zustellgesetz ist die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die in Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung, ein Gegenbeweis nach § 292 Abs 2 ZPO ist jedoch möglich. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. VwGH 26.05.1997, 96/17/0063).
Der Einwand des Beschwerdeführers bezieht sich offensichtlich darauf, dass er davon ausgeht, dass durch die Beifügung des Geburtsdatums neben seinem Namen keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgt sei.
§ 5 ZustG sieht die eindeutige Bezeichnung des Empfängers vor und schließt für diesen Zweck die Verwendung des Geburtsdatums zur Identifizierung des Empfängers jedenfalls nicht aus. Dies wird auch durch die einschlägigen Erläuterungen zu § 5 ZustG untermauert. Die Bestimmung, dass die Identität des Empfängers möglichst eindeutig zu bezeichnen ist, hat in dieser Form erstmals durch BGBl. I Nr. 10/2004 in das ZustG Eingang gefunden.
In den erläuternden Bemerkungen (GP XXII, RV 252) zu § 5 ZustG idF BGBl. I Nr. 10/2004 wird u.a. ausgeführt: „… Das Erfordernis einer möglichst eindeutigen Bezeichnung des Empfängers soll eine ausdrücklichere Rechtsgrundlage als bisher dafür schaffen, dass in manchen Fällen das Geburtsdatum als Identifikationsdatum des Empfängers in der Adressierung angeführt wird. Die Datenschutzkommission hat mehrfach entschieden, dass dies dann zulässig ist, wenn nach dem Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks (z.B. ein Strafbescheid) die eindeutige Bezeichnung des Empfängers besonders wichtig ist.“
Weiters ist auszuführen, dass entsprechend der Judikatur der Datenschutzbehörde die Verwendung des Geburtsdatums auf amtlichen Schriftstücken zur eindeutigen Identifikation des Adressaten dann gerechtfertigt ist, wenn aus der fehlerhaften Identifikation des Empfängers besondere Nachteile entstehen könnten, wie etwa dadurch, dass bei Zustellung des amtlichen Schriftstücks an die falsche Person sensible Daten des eigentlichen Adressaten einem Dritten rechtswidrigerweise zur Kenntnis gelangen könnten. Dies wird jedenfalls bei einer Zustellung zu eigenen Handen (RSa-Briefe) von Straferkenntnissen oder Mahnungen angenommen (vgl. DSK GZ: K121.337/0007-DSK/2007 vom 24.10.2007, K121.836/0009-DSK/2012 vom 14.09.2012, DSB-D123.839/0002-DSB/2019 vom 27.08.2019 u.a.). Die Entscheidungspraxis ist auch seit Inkrafttreten der DSGVO unverändert.
Im Übrigen hindert ein allfälliges Datenschutzvergehen nichts an der Rechtmäßigkeit der Zustellung.
Das angefochtene Straferkenntnis vom 12.08.2019 wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch postamtlich hinterlegt und ab 16.08.2019 zur Abholung bereitgehalten. Da keine Abholung erfolgte, wurde es an die belangte Behörde retourniert.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 19.12.2019 die Gelegenheit gegeben, eine allfällige Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung geltend zu machen. In seiner Stellungnahme hat er sich dazu nicht geäußert.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Hinterlegung des Straferkenntnisses vom 12.08.2019 am 16.08.2019 ordnungsgemäß erfolgt ist. Die vierwöchige Rechtsmittelfrist ist somit am 13.09.2019 abgelaufen. Da es sich bei der vierwöchigen Beschwerdefrist um eine gesetzliche Frist handelt, die nicht erstreckt werden kann, ist es dem Verwaltungsgericht gemäß § 33 Abs 4 AVG iVm § 17 VwGVG verwehrt, diese Frist abzuändern oder eine Verlängerung dieser Frist zu gewähren.
Die am 25.11.2019 der Bezirkshauptmannschaft übermittelte Beschwerde erweist sich somit als verspätet, weshalb sie zurückzuweisen ist.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht auch nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
Schlagworte
Zustellung, Datenschutzverletzung, DSGVO, Anführung Geburtsdatum, rechtskonforme Zustellung, eindeutige Bezeichnung EmpfängerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.30.13.2928.2019Zuletzt aktualisiert am
29.07.2020