Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des Dr. Oliver Jungnickel, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. August 1997, Zl. UVS-06/07/00413/96, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Einspruchsfrist, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Dem Beschwerdeführer wurde am 12. Juni 1996 eine Mahnung des Magistrates der Stadt Wien zugestellt, worin er erinnert wurde, daß er mit Bescheid vom 4. April 1996 wegen Übertretung der "Grünanlagenverordnung" am 23. Jänner 1996 zu einer Geldstrafe "verpflichtet" worden sei. Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, daß ihm ein solcher Bescheid niemals zugestellt worden sei, sodaß er erstmals mit dieser Mahnung Kenntnis von seiner angeblichen Verwaltungsübertretung erhalten habe. Er habe mit Einschreibesendung vom 17. Juli 1996 dem Magistrat der Stadt Wien die bislang unterbliebene Zustellung der Strafverfügung mitgeteilt und unter einem sowohl einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als auch Einspruch gegen die Strafverfügung vom 4. April 1996 erhoben. Die Behörde erster Instanz habe mit Bescheid vom 21. Juni 1996 dem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge gegeben und den Einspruch überhaupt nicht behandelt. In der dagegen erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß die dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Zustellung rechtsunwirksam erfolgt sei, nachdem sie nicht an der korrekten Abgabestelle erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 10, ordnungsgemäß polizeilich gemeldet, jedoch bestehe an dieser Meldeadresse seit 1. November 1995 ein aufrechter Postnachsendeauftrag an die Kanzleiadresse in 1010 Wien, Mahlerstraße 13. Auch das sowohl im angefochtenen Bescheid wiedergegebene als auch in der Beschwerde selbst erstattete Sachverhaltsvorbringen geht ausschließlich davon aus, daß der Beschwerdeführer die Zustellung der Strafverfügung als rechtsunwirksam ansieht.
Mit dem Bescheid vom 20. August 1997 wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie begründete im wesentlichen, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers die Ungültigkeit des Zustellvorganges darzulegen suche und bei Richtigkeit dieses Vorbringens die Einspruchsfrist nicht versäumt worden wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Den Wiedereinsetzungswerber trifft trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen. Gerade zufolge der Befristung eines Wiedereinsetzungsantrages ist es nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsantrag bilden können. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist daher nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1985, Zl. 84/11/0011, und vom 26. März 1996, Zl. 95/19/1792).
Der Beschwerdeführer hat im Wiedereinsetzungsantrag ausschließlich damit argumentiert, daß die Zustellung der Strafverfügung rechtsunwirksam erfolgt sei. Er wiederholt diese Ansicht sowohl in der Berufung als auch in der Beschwerde mehrfach.
Für den Fall, daß dieses Vorbringen den Tatsachen entspräche, wäre die Einspruchsfrist gar nicht versäumt worden. Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt aber voraus, daß eine Frist versäumt wurde. Wurde keine Frist versäumt, ist einem Wiedereinsetzungsantrag schon aus diesem Grunde nicht stattzugeben (vgl. u.a. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 672, zitierten hg. Erkenntnisse).
Die belangte Behörde hat daher zu Recht dem Antrag auf Wiedereinsetzung - in eine der Behauptung des Beschwerdeführers nach noch gar nicht versäumte Frist, weil sie wegen rechtsunwirksamer Zustellung noch nicht zu laufen begonnen hätte - nicht Folge gegeben.
Da der Beschwerdeführer - wie bereits erwähnt - selbst in der Beschwerde ausschließlich die Rechtsunwirksamkeit der Zustellung der Strafverfügung als Wiedereinsetzungsgrund geltend macht und dieses Vorbringen nicht geeignet ist, ihm zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verhelfen, können die Beschwerdeausführungen hinsichtlich des Unterbleibens einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat schon aus diesem Grund die Beschwerde nicht zum Erfolg führen.
Ebenso verkennt der Beschwerdeführer, daß bei Zutreffen seiner Behauptungen eine rechtskräftige Strafverfügung gar nicht existieren könnte. Eine solche existierte nur bei rechtswirksamem Zustellvorgang.
Daß die belangte Behörde über den Einspruch des Beschwerdeführers nicht entschieden hat, hat im Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand außer Betracht zu bleiben. Zuständig zur Entscheidung über den Einspruch ist darüber hinaus nicht die Berufungsbehörde, sondern die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz.
Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997010983.X00Im RIS seit
20.11.2000