TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/9 W273 2218929-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.10.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
LFG §13
LVR 2014 AnhB PktA. 2. litf
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W273 2218929-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , XXXX , vertreten durch Janezic & Schmidt Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung vom 18.01.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 05.09.2018 stellte die Beschwerdeführerin (im Folgenden "BF") einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß Anhang B, A. 2. Abs 1 lit f der Luftverkehrsregeln 2014 (LVR 2014) für jeweils einen Einflug in und einen Ausflug aus dem Luftraumbeschränkungsgebiet Wien, LO R 15 pro Kalenderjahr an den im Antrag näher bezeichneten Terminen (relevant: zwischen 2019 und 2025) mit jeweils einem von der BF bezeichneten Luftfahrzeug für die Zwecke der Ausstellung der Luftfahrzeuge bei der Modellbaumesse Wien zu den angegebenen Zeitpunkten.

2. Mit Schreiben vom 16.10.2018 teilte die Austro Control GmbH (belangte Behörde) der BF mit, dass aufgrund der Aktenlage beabsichtigt werde, den Antrag auf Durchflug durch das Flugbeschränkungsgebiet abzuweisen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der geplante Durchflug eine Maßnahme zur Steigerung der Attraktivität der Veranstaltung darstelle und daher im alleinigen Interesse des Veranstalters der Messe liege. Die Voraussetzungen des Anhanges B, A. 2. Abs 1 lit f LVR 2014 lägen nicht vor. Die belangte Behörde forderte die BF mit dem Schreiben von 16.10.2018 auf, zu diesem dargelegten Sachverhalt binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen.

3. Mit Schreiben vom 22.10.2018 führte die BF aus, dass die belangte Behörde keine konkreten Beweise aufgenommen habe und eine Stellungnahme zu diesem Punkt nicht möglich sei. In rechtlicher Hinsicht führte die BF aus, dass die Interessen der Besucher der Messe bei der Interessenabwägung nach Anhang B, A. 2. Abs 1 lit f LVR 2014 zu berücksichtigen seien. Sonstige öffentliche Interessen, die dem Flugvorhaben entgegenstehen würden, seien nicht ersichtlich.

4. Am 18.01.2019 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid und wies den Antrag der BF auf Einflug in und einen Ausflug aus dem Luftraumbeschränkungsgebiet LO R 15 gemäß Anhang B, Punkt A. 2. Abs 1 lit f LVR 2014 ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Zweck des Ein- und Ausfluges im bloßen privaten, wirtschaftlichen Interesse der BF bzw. der Betreiberin der Modellbaumesse läge und der Durchflug somit nicht die Voraussetzungen des Anhang B, A. 2. Abs 1 lit f LVR 2014 erfülle. Eine Interessenabwägung sei nach Anhang B, A. 2. Abs 1 lit f LVR 2014 nicht vorgesehen. Eine Bewilligung dürften jedenfalls keine öffentlichen Interessen entgegenstehen, ob ein entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiege, sei unerheblich.

5. Die BF erhob gegen den Bescheid vom 18.01.2019 fristgerecht Beschwerde und brachte vor, die belangte Behörde habe das Beweisverfahren in Folge einer vorgefassten Meinung mangelhaft geführt und die angewendete Gesetzesbestimmung unrichtig angewendet. Anhang B, Punkt A. 2. des Anhangs B LVR 2014 sei zudem verfassungswidrig.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.09.2019 in Anwesenheit des Rechtsvertreters der BF und der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob der BF eine Bewilligung zum Ein- und Ausflug im Flugbeschränkungsgebiet Wien zum Zweck der Ausstellung eines Luftfahrzeuges bei der jährlichen stattfindenden Modellbaumesse in Wien zu erteilen ist.

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist Halterin im Sinne des § 13 Luftfahrtgesetz (LFG) der folgenden Luftfahrzeuge:

XXXX

XXXX

XXXX

1.2. Die BF vereinbarte im Jahr 2017 mit der XXXX , eines der Luftfahrzeuge einmal jährlich im Rahmen der in der Messe Wien abgehaltenen Modellbaumesse zur Verfügung zu stellen. Die BF steht zu 100 % im Eigentum der XXXX und gehört damit zur XXXX -Unternehmensgruppe. Zweck der Ausstellung eines der Luftfahrzeuge im Rahmen der jährlich abgehaltenen Modellbau Messe ist das Marketing für den Veranstalter der Modellbaumesse. Die Modellbaumesse Wien zieht jährlichen ca. 80.000 bis 100.000 Besucher an. Viele Besucher haben ein großes (technisches) Interesse an der Besichtigung von manntragenden Luftfahrzeugen und am Beruf des Piloten. Die Ausstellung eines von der BF bereitgestellten Luftfahrzeuges erhöht die Attraktivität der Modellbaumesse für die Besucher.

1.3. Die Modellbaumesse findet jeweils an Wochenende im Oktober zwischen 2019 und 2025 statt (24. bis 27.10.2019, 22. bis 25.10.2020, 28. bis 31.10.2021, 27. bis 30.10.2022, 26. bis 29.10.2023, 24. bis 27.10.2024, 23. bis 26.10.2025).

Die BF beabsichtigte bei vergangenen Modellbaumessen und beabsichtigt für die Zukunft, die Luftfahrzeuge im Luftweg zu der für die Ausstellung beabsichtigten Außenfläche der Modellbaumesse zu transportieren. Für die Modellbaumesse 2019 ist die Ausstellung des Helikopters XXXX geplant. Die Bereitstellung des Helikopters ist für die Veranstalterin der Messe kostenfrei. Die BF würde im Falle des Vorliegens einer Genehmigung zum Ein- und Abflug die Kosten des Lufttransportes des Helikopters übernehmen.

Die Außenlandung zu Beginn der Modellbaumesse und der Außenabflug zum Ende der Modellbaumesse ist für die Zukunft auf einer von der Veranstalterin der Modellbaumesse zur Verfügung gestellten Fläche auf der XXXX , Grundstück XXXX KG Leopoldstadt geplant. Die KG Leopoldstadt ist Teil der Gemeinde Wien.

1.4. Die BF beantragte mit Schreiben vom 05.09.2018 die Bewilligung der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH (Austro Control) für die Durchführung je eines Einfluges in das Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15 sowie eines Ausfluges aus demselben pro Kalenderjahr an den angegebenen Terminen der Modellbaumesse mit jeweils einem der angegebenen Luftfahrzeuge zu der Fläche der Modellbaumesse.

1.5. Es ist technisch möglich, den Helikopter XXXX in große Einzelteile zu zerlegen (Abbau von Kufen und Rotorblättern) und diese auf einem Sattelschlepper am Bodenweg vom Hangar der BF in XXXX zu dem Veranstaltungsort der Modellbaumesse Wien zu transportieren. Der Transport ist technisch aufwändig und erfordert nach Rücktransport und Zusammenbau eine technische Abnahme sowie einen Werkstattflug durch die BF, bevor der Helikopter wieder regulär eingesetzt werden kann.

Die Gesamtkosten des Bodentransportes betragen nach Schätzung der BF ca. EUR XXXX ,-- (ohne USt). Die Kosten des Lufttransportes betragen nach Schätzung der BF ca. EUR XXXX ,-- (ohne USt).

Die Gesamtflugstrecke innerhalb des Flugbeschränkungsgebietes Wien würde beim Lufttransport in etwa 600m betragen.

Die BF stellte bei den Modellbaumessen Wien 2017 und 2018 kein Luftfahrzeug aus, zumal keine Genehmigung der Austro Control zum Ein- und Ausflug im Flugbeschränkungsgebiet Wien vorlag und die BF die Zerlegung des zur Teilnahme geplanten Luftfahrzeuges aus Sicherheits-, Verhältnismäßigkeits- und Kostengründen nicht vornehmen wollte.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Akt, durch die Einvernahme des Zeugen XXXX in der mündlichen Verhandlung und die von der BF in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, die als Beilagen ./I bis ./II zum Protokoll genommen wurden.

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. bis 1.4. konnten aufgrund des Inhaltes des Aktes der Austro Control, insbesondere aufgrund des Antrages der BF samt Beilagen und den Angaben in der Beschwerde getroffen werden. Der vom Amts wegen eingeholte Firmenbuchauszug vom 25.06.2019 diente der Darlegung der Zugehörigkeit der BF zur XXXX Unternehmensgruppe.

Die Details zum Transport und zur Ausstellung der Luftfahrzeuge bei der jährlichen Modellbaumesse (Feststellungen Punkt 1.5.) ergeben sich aus den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen XXXX in der mündlichen Verhandlung (Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht = OZ 3, S. 6-9.). Die Kosten der verschiedenen Transportwege konnten aufgrund der vom Zeugen in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Kostenaufstellung, Beilage ./II getroffen werden. Es traten diesbezüglich keine Widersprüche auf.

2.2. Die Tatsache, dass die Besucher der Modellbaumesse an der Ausstellung der Luftfahrzeuge ein Interesse haben und dass die Ausstellung auch die Attraktivität der Messe erhöht, wurde von der belangten Behörde nicht bestritten (OZ 3, S. 10). Der Antrag auf Vernehmung des Zeugen XXXX wurde von der BF in der mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

2.3. Die BF brachte in der Beschwerde vor, die belangte Behörde habe bei der Durchführung des Verfahrens eine vorgefasste Meinung gehabt und legte dazu ein E-Mail von Frau XXXX (Austro Control) vom XXXX an die MA 64 vor (Beilage ./I zu OZ 3). Inhalt dieses E-Mails war, dass aus Sicht der belangten Behörde kein öffentliches Interesse an dem gegenständlichen Vorhaben bestehe und keine Bewilligung für den Durchflug durch das Flugbeschränkungsgebiet erteilt werden könne.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts stellt dies keinen Hinweis auf eine antizipierende Beweiswürdigung dar, zumal die Behördenvertreterin mit E-Mail vom XXXX die gleiche Rechtsmeinung äußerte, wie in dem an die BF mit der Aufforderung zur Stellungnahme gerichteten Schreiben vom 16.10.2018. Die belangte Behörde gab der BF im behördlichen Verfahren die Möglichkeit, zu dem bis zum Zeitpunkt der Verständigung von der Beweisaufnahme ermittelten Sachverhalt, der im Wesentlichen auf den Angaben der BF beruhte, Stellung zu nehmen, wovon die BF auch Gebrauch machte. Die BF machte auch nicht geltend, in welcher Weise sie durch das E-Mail vom XXXX in ihrem Recht auf Wahrung des rechtlichen Gehörs oder in anderen Verfahrensrechten beeinträchtigt wurde.

Bezüglich des von der BF beantragen umwelttechnischen und betriebswirtschaftlichen Gutachtens zur Gegenüberstellung des bodengebundenen Transports vs. des Lufttransportes sowie eines Gutachtens zur Lärmbelastung durch den geplanten An- und Abflug wird auf die rechtliche Beurteilung verweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im gegenständlichen Fall ist die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie sowie des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport über die Regelung des Luftverkehrs 2014 (Luftverkehrsregeln 2014 - LVR 2014), StF: BGBl. II Nr. 297/2014, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 357/2018, anzuwenden. Zuständige Behörde im Sinne der LVR 2014 ist die Austro Control GmbH (§ 48 LVR 2014).

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Die LVR 2014 wurden aufgrund der § 3, § 4, § 5, § 7, § 21, § 120a, § 121, § 124, § 131 und § 145a des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2013 (LFG) erlassen. Die Vollziehung des LFG ist Bundessache (§ 175 LFG). Dies erfasst auch die aufgrund des LFG erlassenen LVR 2014. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit für Beschwerden gegen Bescheide der Austro Control GmbH (Austro Control) zuständig. Da weder das LFG noch die LVR 2014 die Entscheidung durch Senate vorsehen, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Anhang B, Punkt A.2. des Anhangs B LVR 2014 lautet (Hervorhebung lit f nicht im Original):

"2. Flugbeschränkungsgebiet Wien (LO R 15)

(1) (1) Ein-, Aus-, Durchflug und Betrieb sind im Flugbeschränkungsgebiet Wien nur zulässig

a) bei Einsatzflügen (§ 145 des Luftfahrtgesetzes), bei Ambulanz- oder Rettungsflügen oder bei Katastropheneinsätzen oder

b) mit Luftfahrzeugen im Einsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. c des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001, in der geltenden Fassung, oder

c) mit Luftfahrzeugen, die den Flughafen Wien-Schwechat nach den Instrumentenflugregeln in Richtung Osten oder Süden anfliegen, oder

d) wenn die Flugverkehrskontrollstelle aus Gründen der Sicherheit der Luftfahrt im Einzelfall den Flug gestattet, und zwar insbesondere auch bei Flügen zur Flugfunkvermessung oder zur Überprüfung von Flugsicherungsanlagen oder

e) mit Freigabe der in Betracht kommenden Flugverkehrskontrollstelle in der Zeit von 06.00 Uhr bis 21.00 Uhr Ortszeit mit Luftfahrzeugen,

ea) die zu militärischen Zwecken eingesetzt sind, oder

eb) mit denen auf einem im Flugbeschränkungsgebiet Wien gelegenen Flugplatz abgeflogen oder gelandet werden soll, soweit dies zum Zwecke des Abfluges oder der Landung erforderlich ist, oder

ec) die zwischen dem rechten Donauufer und dem äußeren Damm am linken Donauufer fliegen, oder

(Anm.: sublit. ed aufgehoben durch Z 46, BGBl. II Nr. 68/2017)

f) mit Bewilligung der zuständigen Behörde in der Zeit von 06.00 Uhr bis 21.00 Uhr Ortszeit mit Luftfahrzeugen, die zu Zwecken eingesetzt sind, welche nicht dem bloßen Privatinteresse einzelner Personen dienen und die ansonsten nicht erreicht werden könnten (besonders Luftbild- und Vermessungsflüge). Die Bewilligung darf nur erteilt werden, soweit keine erheblichen Lärmschutzinteressen oder andere öffentliche Interessen - insbesondere das Interesse der Sicherheit der Luftfahrt - entgegenstehen, wobei das Flugbeschränkungsgebiet Wien - außer in unter lit. d zu subsumierenden Fällen auf dem Flugzweck entsprechend kürzesten Weg zu durchfliegen ist, wenn die Flughöhe weniger als 6000 ft über Grund beträgt. Die Bewilligung ist insoweit befristet, bedingt oder mit Auflagen zu erteilen, als dies mit Rücksicht auf die öffentlichen Interessen erforderlich ist. Zusätzlich ist vor Durchführung der Flüge vom verantwortlichen Piloten eine Zustimmung von der in Betracht kommenden Flugverkehrskontrollstelle einzuholen.

..."

Die Bewilligung der Austro Control zum Ein-, Aus-, Durchflug und Betrieb eines Luftfahrzeuges im Flugbeschränkungsgebiet Wien gemäß Anhang B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 für ein Luftfahrzeug setzt die Erfüllung folgender Tatbestandsvoraussetzungen voraus:

1. Das Luftfahrzeug muss zu Zwecken eingesetzt sein, welche nicht dem bloßen Privatinteresse einzelner Personen dienen und

2. die ansonsten nicht erreicht werden könnten (besonders Luftbild-und Vermessungsflüge).

Entgegen den Ausführungen der BF in der Beschwerde ist die Zwecksetzung eines Fluges im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens zu prüfen. Der Einsatz eines Luftfahrzeuges ist mit der Durchführung eines Fluges gleichzusetzen, weil ein Luftfahrzeug beim Ein,- oder Ausflug keinen anderen Einsatzbereich als die Bewegung in der Luft hat.

Der Begriff des "Privatinteresses" umfasst zunächst jedenfalls Interessen, die keine öffentlichen Interessen und/oder Interessen der Allgemeinheit darstellen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Begriff selbst, zum anderen daraus, dass die Höchstgerichte in ihrer Judikatur Privatinteressen öffentlichen Interessen bzw. Interessen der Allgemeinheit gegenüberstellen (vgl z.B. VwGH 09.10.2014, Ra 2013/05/0078, VwGH 23.10.2013, Ra 2013/03/0109, VwGH 18.10.2012, Ra 2012/06/0171, VfSlg 16.029/2000, 8532/1979, 6766/1972).

Zwecke, die nicht dem bloßen Privatinteresse einzelner Personen dienen, sind vor dem Hintergrund dieser Abgrenzung jedenfalls reine Privatinteressen, ohne Bezug zu Interessen der Allgemeinheit. Welche Zwecke eines Fluges nicht "dem bloßen Privatinteresse einzelner Personen dienen" und damit als Bewilligungstatbestände gemäß Anhang B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 in Frage kommen, ist aus dem Schutzzweck der Einrichtung des Flugbeschränkungsgebietes und aus der beispielhaften Nennung von Luftbild- und Vermessungsflügen im Klammerausdruck des ersten Satzes abzuleiten. Grund für die Flugbeschränkung im Gebiet Wien ist der Lärmschutz für die Stadt Wien (Anhang B. A. 2. Tabelle nach Absatz 5 LVR 2014). Aus einer Zusammenschau der Bewilligungstatbestände des Anhangs B, A. 2. Abs 1 lit a) bis f) LVR 2014 ergibt sich, dass es eine Reihe von (bewilligungsfähigen) Möglichkeiten zum Ein-, Aus-, Durchflug und Betrieb von Luftfahrzeugen im Flugbeschränkungsgebiet Wien gibt. Abgesehen von Einsatz-, Wehrflügen oder Flügen zu Zwecken der Sicherheit der Luftfahrt sind Flüge mit Luftfahrzeugen, die den Flughafen Wien-Schwechat anfliegen (Anhang B, A. 2. Abs 1 lit c LVR 2014) oder Flüge von Luftfahrzeugen, die zwischen dem rechten Donauufer und dem äußersten Damm am linken Donauufer fliegen (Anhang B, A. 2. Abs 1 lit e sublit ec) LVR 2014) ohne weitere Prüfung der Zwecke des Fluges zulässig. Die Einschränkung auf Flüge, die keine reinen Privatinteressen zum Zweck haben, ist somit vor dem Hintergrund des Zieles des Verordnungsgebers zu verstehen, sonstige Flüge über die ohnedies bestehenden Bewilligungstatbestände hinaus so weit wie möglich hintanzuhalten.

Das bloße Privatinteresse einzelner Personen kann vor diesem Hintergrund als ein besonderes Privatinteresse verstanden werden, an dessen Wahrung auch ein öffentliches Interesse besteht, das im Einzelfall als gegenüber den generell als hoch eingestuften Interesse am Lärmschutz für die Stadt Wien überwiegt - sofern diese Interessen nicht anders als durch die Durchführung des Fluges gewahrt werden können.

Der Hinweis auf Luftbild- und Vermessungsflüge ist dabei nicht nur auf die Frage der Substituierbarkeit eines Fluges bezogen zu verstehen, sondern legt auch den Rahmen jener Privatinteressen fest, die im Sinne des Anhanges B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 als "nicht im bloßem Privatinteresse einzelner Personen" gelegen zu verstehen sind. Insbesondere bei Vermessungsflügen ist es denkbar, dass ein Flug zwar im Privatinteresse eines Grundstückseigentümers liegt, an der korrekten Vermessung jedoch auch ein öffentliches Interesse (z. B. im Sinne des Vermessungsgesetzes) besteht, sodass an der Wahrung der Privatinteressen zur Durchführung des Fluges ein Interesse der Allgemeinheit bestehen kann.

Die Zwecke eines Fluges im Sinne des Anhanges B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 sind an Privatinteressen gebunden, deren Wahrung - zB aus gesetzlich festgelegten oder anderen übergeordneten Gründe - auch im öffentlichen Interesse liegt.

Das Interesse der BF an der Durchführung des Fluges besteht in der Unterstützung der Veranstalterin der Modellbaumesse bei der Gewinnung von Besuchern. Somit hat die BF Marketinginteressen für die Veranstalterin der Messe an der Durchführung des Fluges. Dass an der Wahrung der Marketinginteressen eines Halters seines Luftfahrzeuges (für sich oder einen Dritten) ein durch das LFG bzw. die LVR 2014 zu wahrendes öffentliches Interesse besteht, ergibt sich aus den anzuwendenden Bestimmungen nicht. Es handelt sich dabei um reine Privatinteressen der BF. Dass es sich dabei um wirtschaftliche Interessen einer juristischen Person handelt, ändert daran nichts: Es kommt für die Einordnung als reines Privatinteresse lediglich darauf an, dass weder ein öffentliches Interesse vorliegt, noch ein öffentliches Interesse an der Wahrung eines Privatinteresses.

Neben der BF hat jedenfalls auch die Veranstalterin der Modellbaumesse selbst ein Interesse an der Durchführung des Fluges, weil dies Aufmerksamkeit für die Modellbaumesse generiert. Auch dabei handelt es sich aber um ein Marketing- und somit um ein reines Privatinteresse, an deren Wahrung kein öffentliches Interesse im Sinne der LVR 2014 besteht.

Dass die von der BF geplanten Ein- und Ausflüge der Erstellung von Luftbildern oder der Vornahme von Vermessungen dienen würden, wurde im Bewilligungsverfahren und im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht. Andere Interessen der BF, deren Wahrung durch LFG oder die LVR 2014 bei der Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen gemäß Anhang B, A. 2. Abs 1 lit f LVR 2014 vorgesehen wäre, wurden von der BF weder im Verfahren bei der Austro Control noch im Beschwerdeverfahren vorgebracht.

Soweit die BF in der Beschwerde vorbringt, dass ein Interesse mehrerer 10 000 Personen am Besuch der Modellbaumesse und damit auch der Durchführung der beantragten Flüge besteht, ist dem entgegenzuhalten, dass es weder auf die Menge der Besucher der Veranstaltung ankommt, bei dem das Luftfahrzeug ausgestellt werden soll, noch auf das Interesse der Besucher an der Besichtigung des Luftfahrzeuges. Zum einen sind die Interessen der Messebesucher nicht auf die Durchführung des Fluges gerichtet, sondern allenfalls auf die Besichtigung der Luftfahrzeuge, zum anderen handelt es sich bei dem Interesse an der Besichtigung des Luftfahrzeuges jedenfalls um reine Privatinteressen.

Da die beantragten Luftfahrzeuge somit zu Zwecken eingesetzt würden, die dem bloßen Privatinteresse der BF und der Veranstalterin der Messe bzw. ihrer Besucher dienen, sind die beantragten Flugbewegungen schon aufgrund der Nichterfüllung der ersten Tatbestandsvoraussetzung des Anhang B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 nicht zu bewilligen. Das Beweisverfahren hat zudem ergeben, dass die Luftfahrzeuge auch auf dem Bodenweg zu der Modellbaumesse transportiert werden könnten, dies aber für die BF mit höheren Kosten verbunden wäre. Somit wäre selbst bei Vorliegen von schützenswerten Interessen an den Zwecken am Einsatz der Luftfahrzeuge die zweite Tatbestandsvoraussetzung des Anhang B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 nicht erfüllt, zumal der Zweck des Fluges (der für sich genommen schon nicht genehmigungsfähig ist) erwiesenermaßen auch anders erreicht werden kann. Da der Zweck des Fluges aber ohnedies im reinen Privatinteresse einzelner Personen liegt, ist auf die Substituierbarkeit des Fluges nicht weiter einzugehen.

3.3. Entgegen den Ausführungen der BF in der Beschwerde war mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Bewilligung der zuständigen Behörde gemäß Anhang B, A. 2. Abs. 1 lit. f LVR 2014 von der Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht nicht weiter zu prüfen, ob erhebliche Lärmschutzinteressen oder andere öffentlichen Interessen - insbesondere das Interesse der Sicherheit der Luftfahrt - dem geplanten Flug entgegenstehen. Aus diesem Grund waren auch keine weiteren Ermittlungen im Hinblick auf das Vorliegen von erheblichen Lärmschutzinteressen oder anderen öffentlichen Interessen erforderlich. Die von der BF beantragte Einholung eines umwelttechnischen betriebswirtschaftlichen Gutachtens zur Gegenüberstellung des Bodentransports und des Lufttransportes sowie eines Gutachtens zur Lärmbelastung des Ein- und Ausfluges konnte aus diesem Grund unterbleiben, weil die Voraussetzungen für die belangte Behörde zur Prüfung des Entgegenstehens von erheblichen Lärmschutzinteressen oder anderen öffentlichen Interessen nicht vorlagen bzw. nicht vorliegen. Der diesbezügliche Beweisantrag der BF in der Beschwerde war zur Erhebung des maßgeblichen Sachverhaltes unerheblich.

Die von der BF vorgebrachte Mangelhaftigkeit des Beweisverfahrens bezüglich der Feststellung des Grundlärmpegels an der überflogenen Örtlichkeit und des Lärmpegels, der von den antragsgegenständlichen Luftfahrzeugen ausgeht, liegt somit nicht vor.

3.4. Soweit die BF vorbringt, dass die Bestimmungen der LVR 2014 über die Einrichtung des LO R 15 und die Voraussetzung zur Erlangung einer Bewilligung zum Ein-, Aus-, und Durchflug mit Verfassungswidrigkeit belastet seien, ist dazu festzuhalten, dass das Bundeverwaltungsgericht die diesbezüglich vorgebrachten Bedenken der BF nicht teilt. Die BF bringt vor, dass die Flugbeschränkung für den LO R 15 insofern einzigartig sei, als der Luftraum über keinem anderen österreichischen Ballungsraum so eingeschränkt sei. Nach Auffassung der BF verstößt der Verordnungsgeber dadurch gegen den Gleichheitssatz (Art. 7 B-VG), weil er die diesbezügliche Schutzbedürftigkeit der Wiener Bevölkerung in einem höheren Ausmaß als in anderen Ballungsräumen mit gleicher Lärmbelastung annimmt.

Eine Unsachlichkeit der Bewilligungstatbestände für Ein-, Aus-, Durchflüge und Betriebe von Luftfahrzeugen im Flugbeschränkungsgebiet Wien ist für das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf den Gleichheitssatz aber nicht erkennbar: Der Einrichtung der Flugbeschränkungsgebiete an unterschiedlichen Orten in Österreich liegen jeweils verschiedene geographische oder wissenschaftliche Gesichtspunkte oder Naturschutzinteressen zugrunde. So ist der Grund für die Beschränkung im Flugbeschränkungsgebiet Seibersdorf das Vorliegen eines Forschungsgebietes (Anhang B, A. 1. Abs 2 LVR 2014), im Flugbeschränkungsgebiet Neusiedlersee der Natur- und Vogelschutz (Anhang B, A. 3. Abs 2 LVR 2014). Ein Vergleich mit den Bewilligungstatbeständen anderer Flugbeschränkungsgebiete ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Gründe für die Beschränkungen nicht zielführend.

Betrachtet man die Bewilligungstatbestände für Ein-, Aus-, und Durchflüge und den Betrieb im Flugbeschränkungsgebiet Wien, zeigt sich, dass verschiedene Flugbewegungen im Flugbeschränkungsgebiet bewilligungsfähig sind; insbesondere ist der Anflug an den Flughafen Wien Schwechat ohne weitere Interessenabwägung zulässig (Anhang B, A. 2. Abs. 1 lit. c LVR 2014). Zweck der restriktiven Festlegung der Bewilligungstatbestände für Flüge im Flugbeschränkungsgebiet Wien ist es, die aufgrund der Bewilligungstatbestände für Durchflüge ohnedies entstehende Lärmbelastung durch zusätzliche Privatflüge nicht zu erhöhen. Dies erscheint angesichts der Tatsache, dass Wien der größte Ballungsraum Österreichs mit einem angrenzenden internationalen Flughafen ist, im Hinblick auf den Lärmschutz nicht unsachlich.

3.5. Die belangte Behörde hat somit den Antrag der BF auf Bewilligung der beantragten Flüge zu Recht abgewiesen. Die von der BF geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

Die Beschwerde war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, sondern wesentlicher Verfahrensinhalt die Feststellung und Würdigung der Interessen der BF und anderer Personen an der Durchführung des Fluges im Flugbeschränkungsgebiet Wien ist. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zur Abgrenzung von Privatinteressen und öffentlichen Interessen siehe die unter A) zitierte Judikatur). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Austro Control Bewilligungsantrag Flugzeugbenutzung Interessenabwägung Lärmbelastung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen private Interessen Sicherheit wirtschaftliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W273.2218929.1.00

Im RIS seit

29.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten