TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/14 I405 2225732-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2128290-1/24E

I405 2225732-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1.) XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2016, Zl. XXXX,

2.) XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.12.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) ist Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2).

2. Die BF1 reiste nicht rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 03.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Die BF1 wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und brachte als Fluchtgrund vor, dass sie niemanden habe, der sich um sie kümmere.

4. Am 17.03.2016 wurde die BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Zu den Gründen ihrer Ausreise aus Nigeria führte sie aus, dass ihr Vater früh verstorben sei. Ihre Mutter habe dann einen anderen Mann geheiratet, der sie und ihre Geschwister misshandelt habe. Eines Tages seien sie aus dem Haus geworfen worden, woraufhin sie zu ihren Großeltern gezogen seien. Sie habe danach nicht mehr in die Schule gehen können und habe angefangen als Frisörin zu arbeiten. Ihr ganzes Geld habe sie für ihre Geschwister ausgegeben. Eines Tages habe sie einen Mann getroffen, dem sie von ihrem Leid erzählt habe. Dieser habe ihr dann zur Ausreise verholfen. Des Weiteren habe sie ihrem Vater, der ein Kultist gewesen sei, als ältestes Kind nachfolgen müssen. Sie habe das jedoch nicht gewollt, da sie Christin sei. Daraufhin sei sie von den Ogboni-Mitgliedern bedroht worden, weshalb sie geflüchtet sei.

5. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 016.03.2016 wurde der Antrag der BF1 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG wurde ihr nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

6. Der Bescheid des BFA wurde der BF1 samt einem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise sowie einer Verfahrensanordnung vom 05.04.2016, mit welcher der BF eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 31.05.2016 zugestellt.

7. Mit dem am 06.06.2016 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob die BF1 fristgerecht Beschwerde und beantragte darin die Evaluierung ihres Falles.

8. Am XXXX wurde der minderjährige BF2 als Sohn der BF1 in Österreich nachgeboren.

9. Für ihn wurde von seiner gesetzlichen Vertretung, der BF1 am 09.09.2019 im Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

10. Am 17.10.2019 wurde die BF1 als gesetzliche Vertreterin des BF2 durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Ergänzend zu ihren bisherigen Angaben gab sie an, dass im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeira die Ogboni-Mitglieder ihren Sohn ihr wegnehmen würden, damit er die Stelle ihres Vaters einnehmen könne. Das könne sie nicht erlauben.

11. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 30.10.2019 wurde der Antrag des BF2 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF2 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

12. Der Bescheid des BFA wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des BF2 samt einem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise sowie einer Verfahrensanordnung vom 30.10.2019, mit welcher dem BF2 eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 04.11.2019 zugestellt.

13. Mit dem am 21.11.2019 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF2 durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde.

14. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 25.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

15. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.12.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch, der BF1, des BF2 sowie der rechtsfreundlichen Vertretung der BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde die BF1 über die Gründe für ihren gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und ihre privaten und persönlichen Verhältnisse einvernommen. Es wurden auch die im Akt zur jederzeitigen Einsicht befindlichen Länderfeststellungen zu Nigeria samt den Erkenntnisquellen, welche mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt worden waren, erörtert und der BF1 bzw. ihrer rechtsfreundlichen Vertretung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Festgestellt wird:

1.1. Zur Person der BF:

Die BF1 ist Mutter des BF2. Sie sind Staatsangehörige von Nigeria, Angehörige der Volksgruppe Ibo und christlichen Glaubens. Sie leben im gemeinsamen Haushalt. Der Vater des BF2 ist auch nigerianischer Staatsbürger, weitere Feststellungen können zu diesem jedoch nicht getroffen werden, weder über seinen Aufenthaltsstaus noch über seinen Aufenthaltsort. In Österreich verfügen die BF über keine familiären Bezugspunkte. Die Familie der BF1, bestehend aus ihrer Mutter und ihren Geschwistern sowie Cousine, lebt nach wie vor in Nigeria.

Die BF1 verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Friseurin, Verkäuferin sowie in der Landwirtschaft. Vor Ihrer Ausreise lebte die BF1 in Benin City und arbeitete als Friseurin.

Die BF1 und der BF2 leiden weder an einer schweren Krankheit noch sind sie längerfristig pflege- oder rehabilationsbedürftig. Die BF1 ist arbeitsfähig und arbeitswillig.

Es sind keine schützenswerten Aspekte des Privatlebens, wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, Z. 1802,1803/06-11) hervorgekommen. Derartige Umstände sind von der BF1 auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden.

Die BF1 befindet sich seit September 2015 durchgehend im Bundesgebiet. Der BF2 befindet sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet.

Die BF1 ist arbeitsfähig. Sie geht aktuell keiner Beschäftigung nach. Die BF1 verkaufte jedoch eine Zeitung, verrichtete Reinigungsarbeiten für private Haushalte und war in der Landwirtschaft tätig, eine Selbsterhaltungsfähigkeit lag jedoch nicht vor. Die BF beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

Die BF1 hat Deutschkurse (A1, A2 und zuletzt B1/1) besucht und verfügt über ein A2-Sprachzertifikat. Die BF1 ist aktives Mitglied einer Freikirche und verrichtete ehrenamtliche Tätigkeiten in ihrer Wohngemeinde. Sie ist strafrechtlich unbescholten.

Der Reiseweg der BF1 (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

1.2. Zur Lage in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80 % aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF1 tatsächlich in Nigeria verfolgt wurde. Die von der BF1 vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria von Ogboni-Mitgliedern bedroht wären. Somit kann nicht festgestellt werden, dass die BF1 ihr Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat, bzw. sie und der BF2 eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hätten.

Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann auch nicht festgestellt werden, dass die BF in eine ausweglose Situation geraten würden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und der vorliegenden Gerichtsakte des BVwG, der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 18.12.2019, sowie aus den Akten zu den vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung(GVS) wurden ergänzend zu den vorliegenden Akten eingeholt.

2.2. Zu den Personen der BF:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit der BF1 und der Minderjährigkeit des BF2 ergeben sich aus den Akten und ist augenscheinlich. Dass die BF1 Mutter des BF2 ist, ergibt sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde. Die Feststellungen zum Familienstand, der Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben der BF1 vor der belangten Behörde.

Es wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnten; dies ergibt sich aus den Angaben der BF1. Dass der BF2 wie von der BF1 behauptet an Nierenbeschwerden leidet, konnte nicht festgestellt werden, da die BF1 hierzu weder angab, dass derzeit eine medizinische Behandlung notwendig wäre, noch diesbezüglich medizinische Unterlagen vorlegte.

Der bisherige Aufenthalt der BF leitet sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu den Personen der BF aufkommen lässt.

Die Feststellungen zur Identität der BF1 ergeben sich aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Geburtsurkunde.

Glaubhaft sind die gleichbleibenden Aussagen der BF1, wonach sie in Benin City gelebt hat.

Die Feststellungen, dass die BF1 einer Tätigkeit als Friseurin, als Reinigungskraft sowie Zeitungsverkäuferin nachgegangen ist sowie sie eine afrikanische Kirche besucht, ergibt sich aus den Angaben der BF1.

Die Feststellung, dass der Vater des BF2 ebenfalls nigerianischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus den Angaben der BF1. Da die BF1 keine weiteren Angaben zum Kindesvater machten konnte, konnten keine weiteren Feststellungen zu diesem getroffen werden.

Dass die BF in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügen und sie hier keine maßgeblichen sprachlichen, sozialen und integrativen Verfestigungen aufweisen, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben der BF1 anlässlich ihrer Befragung im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.12.2019. Die Feststellung, dass die BF ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten, ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems belegt.

Die Unbescholtenheit der BF1 leitet sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich ab.

2.3. Zum Vorbringen der BF1:

Die Feststellungen zu den Vorverfahren, den gegenständlichen Asylverfahren und zu den darin von der BF1 geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf ihre Angaben im verwaltungsbehördlichen Asylverfahren und die vorliegenden Verwaltungsakte sowie auf den diesbezüglichen Angaben der BF1 vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Gericht.

Das Vorbringen der BF1 zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates und ihrer Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht auf deren Angaben vor der belangten Behörde sowie auf den Ausführungen vor dem erkennenden Gericht.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen der BF1 zu den Fluchtgründen nicht glaubwürdig ist. Sie machte im Zuge ihrer Befragung vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht unplausible und widersprüchliche Angaben, sodass - wie darzulegen sein wird - von der Konstruiertheit ihres gesamten Fluchtvorbringens auszugehen war.

Die Unglaubwürdigkeit der BF1 setzt schon bei ihren Angaben zu ihren familiären Verhältnissen und Aufenthalten während ihrer Kindheit an. In diesem Zusammenhang gab sie zunächst vor der belangten Behörde an, dass ihr Vater sehr früh verstorben sei, und zwar als sie noch ein kleines Kind gewesen sei. Aus diesem Grund habe sie auch nicht gewusst, dass der zweite Ehemann ihrer Mutter ihr Stiefvater gewesen sei. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, da sie einerseits angab, dass sie etwa sieben Jahre alt gewesen sei, als ihr Vater verstorben sei, andererseits erklärte, dass sie bei der Schwester ihres Vaters ausgewachsen sei und erst später zu ihrer Mutter gegangen sei. Wenn sie tatsächlich bei ihrer Tante väterlicherseits aufgewachsen sein soll, wäre es daher umso unverständlicher, dass sie ihren Stiefvater für ihren leiblichen Vater hielt. Auch ist der belangten Behörde beizupflichten, dass sie zudem sieben Jahre alt gewesen sein soll, als ihr Vater gestorben sei, weshalb erwartet werden kann, dass sie um ihren leiblichen Vater Bescheid wusste.

Die Angaben der BF1 zu ihrem Vater werden auch durch die widersprüchlichen Angaben der BF1 zum Ableben dessen weiter in Zweifel gezogen. Denn hierzu gab sie vor der belangten Behörde am 17.03.2016 an, dass dieser bei einem Motorradunfall gestorben sei. Im Widerspruch dazu gab sie jedoch vor der erkennenden Richterin am 18.12.2019 ausdrücklich an, dass dieser gestorben sei, weil er krank gewesen sei. Es wäre jedoch von der BF1 zu erwarten gewesen, dass sie kongruente Angaben zum Ableben ihres Vaters macht, zumal es sich beim Ableben eines Elternteiles um ein einschneidendes Ereignis handelt.

Zu ihren Aufenthalten während ihrer Kindheit konnte die BF1 auch keine übereinstimmenden Angaben machen. In diesem Zusammenhang gab sie nämlich vor der belangten Behörde an, dass sie mit sieben Jahren zu ihrer Mutter zurückgegangen sei, als diese genug Geld gehabt habe. In der mündlichen Verhandlung gab sie abweichend dazu an, dass sie mit 12 bzw. 13 Jahren zurück zu ihrer Mutter gegangen sei, als ihre Tante krank geworden sei.

Die weiteren Ausführungen der BF1 zu ihren Aufenthalten waren ebenfalls nicht miteinander in Einklang zu bringen. So gab sie in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2019 auch an, dass sie etwa sechs Jahre bei ihren Großeltern gelebt habe und sechs bis sieben Jahre mit ihrem Stiefvater zusammengelebt habe. Diese Angaben sind jedoch miteinander nicht kompatibel, zumal sie auch angab, 2011 zu ihren Großeltern gezogen zu sein, nachdem ihr Stiefvater sie des Hauses verwiesen habe. Wäre sie 2011 zu ihren Großeltern gezogen, wäre sie dann nur ein Jahr dort aufhältig gewesen, zumal sie 2012 ausgereist ist. Aufgrund dieser Ungereimtheiten in den Einlassungen der BF1 waren daher ihren Angaben zu ihren familiären Verhältnissen bzw. Lebensumständen die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Hinsichtlich ihres Fluchtgrundes vermochte die BF1 ebenfalls keine plausiblen und somit glaubwürdigen Angaben zu machen. So ist der belangten Behörde zunächst beizupflichten, dass der BF1 die Glaubwürdigkeit zur behaupteten Verfolgung durch die Ogboni deshalb abzusprechen ist, da sie diesen Verfolgungsgrund weder bei ihrer Erstbefragung erwähnte, noch zu Beginn ihrer Einvernahme am 17.03.2016 anführte, sondern erst zum Ende ihrer Befragung, nachdem sie die Probleme mit ihrem Stiefvater anführte und abschließend erklärte, keine weiteren Fluchtgründe zu haben, geltend machte. Darüber hinaus ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Ogboni auf die Nachfolge der BF1 bestehen sollten, wenn die Nachfolge durch männliche Nachkommen besetzt werden sollte und die BF1 zudem einen Bruder hat, der dafür in Frage käme. Insoweit die BF1 hierzu ausführt, dass ihr Bruder zu jung für die Nachfolge gewesen sei, vermag dies nicht zu überzeugen, da ihr Bruder entsprechend ihren Angaben mittlerweile erwachsen ist und die BF1 zu keinem Zeitpunkt geltend machte, dass ihr Bruder in dieser Hinsicht belangt worden wäre. Wären die Ogbonis tatsächlich an der Nachfolge ihres Vaters interessiert, wäre daher zu erwarten, dass sie dafür ihren Bruder, und nicht wie von ihr behauptet ihren Sohn aussuchen.

Was den Kontakt der BF1 zu ihren Familienangehörigen anbelangt, vermochte sie auch hierzu keine plausiblen Angaben zu machen. So erklärte dazu, dass der Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen sei, da diese erkrankt sei. Insofern sie auf Vorhalt der erkennenden Richterin, dass dies nicht nachvollziehbar sei, da ja ihre Geschwister das Telefon bedienen bzw. benutzen könnten, entgegnet, dass nachdem die Krankheit ihrer Mutter schlimmer geworden sei, diese das Telefon verkauft habe, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr ist weiterhin von einem Kontakt zu ihren Familienangehörigen auszugehen.

Die BF1 konnte auch keine deckungsgleichen Angaben zur Finanzierung ihrer Ausreise machen. Während sie bei ihrer Erstbefragung hierzu angab, dass ihre Reise 750,- gekostet habe und sie diese von ihren Ersparnissen finanziert habe, gab sie abweichend dazu vor der belangten Behörde zunächst an, dass es sich beim Geld für die Ausreise um ihre Ersparnisse gehandelt habe; ? 750,- seien ihre Ersparnisse gewesen und ? 750,- hätte sie sich ausgeborgt. In der mündlichen Verhandlung führte sie wiederum dazu aus, dass sie ihre Reise 150.000,- Naira gekostet habe, was etwa ? 375,- ausmachen, und das Geld von ihren Ersparnissen stamme. Erst auf Vorhalt ihrer Angaben bei der belangten Behörde, führte sie in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2019 aus, dass sie sich für die Reise Geld geliehen habe, ihre Mutter ihre Schulden jedoch durch den Verkauf eines Stückes Landes ihres Vaters beglichen habe.

Wie dargestellt waren somit die gesamten Angaben der BF1 mit Widersprüchen und Ungereimtheiten behaftet, weshalb die erkennende Richterin zusammenfassend zu dem Schluss gelangt, dass die BF1 die von ihr geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und ihrem Vorbringen somit insgesamt die Glaubhaftigkeit zu versagen war.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

- AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

- AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

- AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

- BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

- EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

- FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants: Assessing Conflict in Nigeria, http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

- FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

- FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die BF1 trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z. 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. §66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit den oa. Familienangehörigen (BF1 und BF2) vor.

Zu A)

Zu den Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass die BF1, die von ihr behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnten.

Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt.

Zu den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

3.3. Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptionellen Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Den BF droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass den BF im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059). Die BF1 als gesetzliche Vertreterin des BF2 ist volljährig, gesund und erwerbsfähig. Sie weist eine mehrjährige Schul- bzw. Berufsausbildung auf und war die BF1 bislang im Stande, ihren Lebensunterhalt in Nigeria zu bestreiten.

Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sie ihren Lebensunterhalt nach ihrer Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer adäquaten Hilfstätigkeit oder Gelegenheitsarbeiten bestreiten können sollten bzw. weshalb sie im Falle der Rückkehr nicht eine staatliche oder private Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könnten. Hinzukommt, dass sie nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria verfügt (wie dies eundetig auch aus der zuletzt vorgelegten Geburtsurkunde aus Nigeria hervorgeht, welche von der Cousine der BF1 erwirkt wurde) und steht es ihr frei, sich mit den Familienangehörigen in Kontakt zu setzten. Die BF können zudem mit ihrem Lebensgefährten bzw. Vater als eine Familie zurückkehren, zusammen leben und gemeinsam für ihren Lebensunterhalt sorgen.

Zudem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Damit sind die BF nicht durch die Außerlandesschaffung nach Nigeria in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation in Nigeria besser gestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf die Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich der Spruchpunktes II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen waren.

3.4. Zu den Beschwerden gegen Spruchpunkte III. bis VI. der angefochtenen Bescheide:

3.4.1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.4.2. Indizien dafür, dass die BF einen Sachverhalt verwirklicht haben, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die BF Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

3.4.3. Die gegenständlichen Anträge auf Gewährung von internationalem Schutz wurden vom BFA zu Recht gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen. Die Einreise der BF1 in das Gebiet der europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Bisher stützte sich ihr Aufenthalt im Bundesgebiet alleine auf die Bestimmungen des AsylG für die Dauer des nunmehr abgeschlossenen Verfahrens. Ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht behauptet. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt der BF im Bundesgebiet mehr vor und fallen sie damit nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG betreffend Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung.

Die BF1 hält sich seit ihrer nicht rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet im September 2015 und der BF2 seit seiner Geburt in Österreich faktisch im Bundesgebiet auf. Sie haben keine relevanten familiären bzw. verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte hierorts ins Treffen geführt. Der Aufenthalt des Lebensgefährten der BF1 bzw. Vaters des BF2 ist nicht bekannt bzw. konnte nicht festgestellt werden. Es war damit nicht vom Bestehen einer familiären Nahebeziehung iSd Judikatur des EGMR zu Art. 8 EMRK in Österreich auszugehen.

Eine Rückkehrentscheidung stellt somit (lediglich) einen Eingriff in das Recht auf ein Privatleben in Österreich dar.

3.4.4. Die BF waren seit ihrer Antragstellung im Gefolge der Einreise als Asylwerberin (ad BF1) in Österreich bloß vorübergehend aufenthaltsberechtigt. Das Gewicht ihres bisherigen Aufenthalts in Österreich war auch dadurch abgeschwächt, dass sie ihren Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchten, sie konnten alleine durch die Stellung dieser Anträge jedoch nicht begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung des Aufenthalts ausgehen.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die Integrationsbemühungen der BF1. So hat die BF1 mehrere Deutschkurse (A1 bis B1) besucht und Sprachprüfungen (A2) abgelegt, wie dies aus den vorgelegten Urkunden hervorgeht. Auch verrichtete die BF1 verschiedene Tätigkeiten und besucht sie eine afrikanische Kirche, jedoch kann darin keine maßgebliche bzw

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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