Entscheidungsdatum
31.01.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
I406 2187900-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Libyen, vertreten durch RA Dr. Farah ABU-JURJI, Währinger Straße 5-7/15, 1090 Wien und RA Dr. Andreas WALDHOF, Reichsratsstraße 13, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
"Gemäß § 50 iVm § 52 Abs 9 FPG wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von XXXX in den Herkunftsstaat Libyen nicht zulässig ist."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Libyens. Sie reiste gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern legal mit einem Visum C, gültig von 23.01.2015 bis 22.01.2016, in das österreichische Bundesgebiet ein und ist seit dem 02.07.2015 durchgehend in Österreich gemeldet.
2. Am 05.12.2017 brachte sie den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ein. Auch für ihre Kinder stellte sie jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens.
3. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie am 31.08.2015 in das Bundesgebiet eingereist sei, um - wie auch in den Jahren davor - einen Urlaub in Österreich bzw. anderen Schengenstaaten zu verbringen. Wenige Tage nach ihrer Ankunft in Österreich seien im Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in ihrem Heimatstaat das Haus der Familie sowie die Schule der Kinder durch einen Luftangriff völlig zerstört worden. Daraufhin habe ihre Familie den Entschluss gefasst, die Verbesserung der Situation in Libyen abzuwarten und die Kinder der Beschwerdeführerin vorübergehend für das Schuljahr 2015/2016 in Wien einzuschulen. Die Beschwerdeführerin sei in der Folge mehrfach erkrankt und habe in regelmäßigen Abständen aufgrund von chronischen Schmerzen, chronischen Kopfschmerzen, regelmäßigem Schwindelgefühl, multiplen Abszessen und Infektionen ärztlich behandelt werden müssen. Mit dem Fortschreiten der Zeit sei es für die Familie, insbesondere für die Kinder der Beschwerdeführerin, unmöglich geworden, wieder nach Libyen zurückzukehren. Da eine Verbesserung der Situation in Libyen nicht in Sicht sei, haben sie sich entschlossen, ihre Aufenthaltssituation in Österreich zu klären und aufgrund der erfolgten umfassenden Integration den Schutz des Art. 8 EMRK in Anspruch zu nehmen. Der Ehemann der Beschwerdeführerin verfüge aufgrund seiner geschäftlichen Tätigkeit über einen Daueraufenthaltstitel in Malta. Nachdem er geschäftlich auch viel in Österreich zu tun habe, habe er ein Reihenhaus erworben, das nun dauerhaft von der Beschwerdeführerin und ihren Kindern bewohnt werde. Ihr Ehemann leiste laufend Unterhalt in Höhe von durchschnittlich netto EUR 3.000,-- und komme für die Schulbesuchskosten der Kinder auf. Die Beschwerdeführerin habe ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK im Bundesgebiet. Dem Antrag wurde ein Konvolut an Unterlagen beigelegt.
4. Am 18.01.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) statt. Dabei war auch ihr Rechtsvertreter anwesend. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme wurde ihnen das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Libyen übergeben und eine einwöchige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme eingeräumt. Eine solche wurde mit Schriftsatz des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 26.01.2018 übermittelt.
Die Beschwerdeführerin stellte trotz der behaupteten Bedrohung ihrer Familie sowie der geltend gemachten Sicherheitslage in Libyen auch auf entsprechende Nachfrage der belangten Behörde in Anwesenheit ihres Rechtsanwaltes (AS 73) bislang keinen Antrag auf internationalen Schutz für sich und ihre Kinder.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.01.2018, Zl. XXXX wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 05.12.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 9 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Libyen zulässig sei (Spruchpunkt III.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
6. In Bezug auf die ebenfalls am 05.12.2017 gestellten Anträge ihrer Kinder auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK traf das BFA am selben Tag drei weitere, gleichlautende Entscheidungen.
7. Mit Verfahrensanordnung vom 30.01.2018 wurde der Beschwerdeführerin die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung RA Dr. Farah ABU-JURJI fristgerecht am 27.02.2018 Beschwerde in vollem Umfang und begründete dies mit Verfahrensmängeln, Aktenwidrigkeit und inhaltlicher, rechtlicher Unrichtigkeit.
9. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2018 vorgelegt.
10. Die Beschwerdeführerin brachte am 05.12.2019, nunmehr vertreten durch RA Dr. Andreas WALDHOF, einen Fristsetzungsantrag gemäß Art. 133 Abs. 7 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung der Entscheidungspflicht beim Bundesverwaltungsgericht ein.
11. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 20.12.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 02.01.2020, trug der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht auf, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie derselben sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung an die antragstellende Parte dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1 Zur Person der Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Libyen und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Ihre Identität steht fest.
Die Beschwerdeführerin ist seit dem 02.07.2015 durchgehend in Österreich gemeldet.
Sie reiste gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern in das Bundesgebiet ein. Zum Zeitpunkt ihrer Einreise waren sie in Besitz eines Visums C, gültig von 23.01.2015 bis 22.01.2016, und dadurch zu einem Aufenthalt im Schengenraum bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen berechtigt. Sie überschritten die erlaubte Aufenthaltsdauer. Der derzeitige Aufenthalt der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder im Bundesgebiet ist nicht rechtmäßig.
Ihr Ehemann verfügt über einen gültigen Aufenthaltstitel von Malta. Er ist berechtigt, sich an bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen in Österreich aufzuhalten und besucht seine Familie regelmäßig in Österreich.
Am 05.12.2017 stellte sie den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens" gemäß § 55 Abs. 2 AsylG.
Die Beschwerdeführerin lebt im gemeinsamen Haushalt mit ihren drei Kindern, über deren am selben Tag gestellten Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG ebenfalls negativ entschieden wurde. In Österreich verfügt die Beschwerdeführerin über keine über ihre Kernfamilie hinausgehenden familiären Anknüpfungspunkte. In Libyen leben noch weitere Verwandte der Beschwerdeführerin, zu denen regelmäßig Kontakt besteht, darunter ihre Schwester.
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerin in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Die Beschwerdeführerin leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ihres Gesundheitszustandes und ist arbeitsfähig.
Der Unterhalt der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder ist durch Unterhaltszahlungen ihres Ehemanns gedeckt.
Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur Lage in Libyen:
Politische Lage
In Libyen herrschen seit dem Sturz und dem Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos und Gewalt. Neben zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten gibt es auch konkurrierende Milizen, die um die Kontrolle der Ölvorkommen kämpfen (DS 17.9.2017).
Seit Mitte 2014 gab es zwei konkurrierende Lager:
* Das im Juni 2014 gewählte Parlament (Rat der Volksvertreter) mit der Regierung Abdallah al-Thani zog sich im August 2014 unter dem Eindruck der Offensive westlibyscher Milizen in die ostlibyschen Städte Tobruk (Parlament, HoR) bzw. Beida (Regierung) zurück und integrierte die militärischen Kräfte, die sich ab Mai 2014 unter Führung von General Khalifa Haftar unter dem Namen ?Würde' (Karama) formiert hatten. Im Südwesten von Tripolis unterstellten sich Karama nominell auch Verbände der Stadt Zintan und des Warshefana-Stammes. Etwa 40 hauptsächlich westlibysche Abgeordnete haben von Beginn an nicht an den Sitzungen des 182 Mitglieder zählenden Parlaments teilgenommen (AA 6.2017a).
* Im Westen ließ die ?Morgenröte' (Fajr) genannte militärische Allianz aus islamistischen Milizen und Revolutionären aus der wichtigen Hafenstadt Misrata den im Juni 2014 abgewählten Allgemeinen Volkskongress (GNC) wieder auferstehen und bildete eine Gegenregierung "der Nationalen Rettung". Ihren Legitimitätsanspruch stützte Fajr seit dem 6.11.2014 auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, der die Gesetze, die zur Wahl des Parlaments führten, für verfassungswidrig erklärt hatte (AA 6.2017a).
Die mit der libyschen Einheitsregierung rivalisierende Regierung im Osten des Landes hat im September 2017 die internationale Gemeinschaft aufgerufen, sie als legitime Autorität anzuerkennen. Seine Regierung sei gewählt und kontrolliere den Großteil des nordafrikanischen Landes, sagte der Chef der international nicht anerkannten Regierung, Abdullah al-Thani. Seine provisorische Regierung ziehe ihre Legitimation aus den Wahlurnen. Ihre Armee wird von Khalifa Haftar geführt. Al-Thani war Libyens international anerkannter Regierungschef, bis 2015 im Zuge von Verhandlungen unter Vermittlung der UNO eine Einheitsregierung unter der Führung von Fayez al-Sarraj eingesetzt wurde. Die in der Hauptstadt Tripolis ansässige Einheitsregierung hat jedoch Probleme, ihre Autorität durchzusetzen. Außerdem wird sie von internen Streitigkeiten geplagt (DS 17.9.2017).
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Libyen bezeichnete UN Gesandter Ghassan Salamé im September 2017 als "fragil, sich aber nicht verschlimmernd", weil es in vielen Regionen, vor allem im Westen, eine "ausgehandelte Sicherheit" gebe - das heißt, Politiker und Geschäftsleute, die sich mit lokalen bewaffneten Gruppen arrangieren. Zudem gebe es auch im Westen Ansätze zu einer Republikanischen Garde, einer Armee und einer Küstenwache, und im Osten könne man weitgehend von einer einheitlichen bewaffneten Kraft unter General Khalifa al-Haftar sprechen, wogegen es im Süden keine Sicherheit gebe (DS 22.9.2017).
Sowohl das französische, als auch das deutsche, österreichische und schweizerische Außenministerium warnen ihre Staatsbürger weiterhin eindringlich vor Reisen nach Libyen. Eventuell aufhältige Staatsbürger der jeweiligen Länder werden zur Ausreise aufgefordert (FD 16.10.2017; vgl. AA 16.10.2017, BMEIA 16.10.2017, ED 16.10.2017).
Die Lage im ganzen Land ist extrem unübersichtlich und unsicher. Es kommt immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen (AA 16.10.2017; vgl. EDA 16.10.2017). Davon können auch die Städte Tripolis und Bengasi betroffen sein (EDA 16.10.2017). Die staatlichen Sicherheitsorgane können keinen ausreichenden Schutz garantieren (AA 16.10.2017; vgl. FD 16.10.2017, HRW 12.1.2017). Bewaffnete Gruppen mit zum Teil unklarer Zugehörigkeit treten häufig als Vertreter der öffentlichen Ordnung auf, sind jedoch nicht ausgebildet und wenig berechenbar (AA 16.10.2017) bzw. agieren straffrei im de-facto rechtsfreien Raum (HRW 12.1.2017). In großen Teilen des Landes herrschen bewaffnete Milizen oder sonstige bewaffnete Kräfte (EDA 16.10.2017; vgl. FD 16.10.2017). Im ganzen Land besteht ein hohes Risiko von Anschlägen und Entführungen. Die Kriminalität ist hoch. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass Waffen aus dem Bürgerkrieg von 2011 in die Hände von Kriminellen geraten sind (EDA 16.10.2017).
Terroristische Elemente [Anm. SB Std.: Kämpfer des IS und anderer islamistischer Gruppen] sind v.a. in Benghazi und Derna im Osten Libyens, sowie in Oubari in Südlibyen, als auch in Sabratha, Zawiyya sowie Sirte in Westlibyen aktiv (FD 16.10.2017).
Knapp acht Monate nach Beginn der Offensive gegen den IS in Sirte hat Libyens Ministerpräsident Fayez al-Sarraj Ende Dezember 2016 die Rückeroberung der IS-Hochburg Sirte verkündet. Sirte war das letzte größere vom IS kontrollierte Gebiet in Libyen (DS 23.12.2016). Im zweiten Halbjahr 2017 erstarkt der IS wieder in der Gegend um Sirte. Schätzungsweise etwa 1.000 IS Kämpfer sind noch in Libyen aktiv, die Mehrheit in der Gegend um Sirte (TT 18.8.2017). US-amerikanische Militäreinheiten flogen im September 2017 Luftangriffe auf IS-Ziele in Libyen (WT 11.10.2017).
Ende August 2017 überrannten die Dschihadisten des IS Al-Fuqaha, einen abgelegenen Außenposten der Armee in der libyschen Wüste und enthaupteten elf Menschen. Die libysche Regierung schätzt, dass der IS derzeit über rund tausend Kämpfer im Land verfügt. Weil sie damit zahlenmäßig den Milizen der Regierung und der verschiedener Warlords unterlegen sind, versuchen sie gar nicht erst, Gebiete zurückzuerobern und dauerhaft zu kontrollieren. Stattdessen setzt der IS auf eine Guerillataktik. Die weitläufige Wüste, in der sich zahllose Höhlen befinden, bietet dafür einen idealen Rückzugsraum (SO 7.9.2017).
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Aktionsmöglichkeiten für die zwischen 2011 und 2014 entstandene Zivilgesellschaft sind wegen des Konflikts sehr eingeschränkt. Die Zivilgesellschaft hat sich polarisiert, lagerübergreifender Einsatz für nationale Anliegen ist die Ausnahme. Repressionen gegen abweichende Meinungen gibt es insbesondere im Raum Tripolis. Bemerkenswert sind zahlreiche lokale Initiativen für Waffenstillstand und Gefangenenaustausch sowie zur Marginalisierung radikaler Akteure. Während sie in Westlibyen zum Teil zu konkreten Ergebnissen führten, waren sie im Süden (Gegend von Sebha und Kufra, Konflikt Tuareg/Tebu) bisher weniger erfolgreich (AA 6.2017a).
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme resultieren aus der Abwesenheit effektiver Regierungsführung und Kontrolle, sowie aus mangelnden Justiz- und Sicherheitsinstitutionen. Dies führt zu Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Gruppen, sowohl durch regierungstreue als auch durch oppositionelle, sowie durch Terroristen und Kriminelle (USDOS 3.3.2017).
Hauptleidtragende der Auseinandersetzungen sind die libysche Zivilbevölkerung sowie die ausländischen Flüchtlinge und Migranten, nicht nur infolge zahlreicher Angriffe auf zivile Ziele, sondern auch in Gestalt von irregulärer Haft, extralegalen Hinrichtungen, endemischer Folter (AA 6.2017a; vgl. HRW 12.1.2017, USDOS 3.3.2017), Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die verschiedenen Akteure (AA 6.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017), willkürliche Angriffe und Gewaltanwendung (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017), sowie Entführungen und Verschwindenlassen (HRW 12.1.2017).
In der gegenwärtig aktuellen UNHCR-Position zur Rückkehr nach Libyen (von September 2018) mahnt der UNHCR bzw. bittet dringend ("urges"), zwangsweise Rückführungen nach Libyen auszusetzen, bis sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage deutlich verbessert habe.
Den integrierten Kurzinformationen des LIB zu Libyen sind folgende aktuelle Entwicklung zu entnehmen:
Die politische Situation in Libyen ist nach wie vor instabil, und die Sicherheitslage ist nach wie vor gefährlich und unvorhersehbar (FCO 16.10.2019; vgl. AA 29.7.2019). Die staatlichen Sicherheitsorgane können grundsätzlich keinen ausreichenden Schutz garantieren (AA 29.7.2019). Die international anerkannte Einheitsregierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle (Standard 18.11.2019; vgl. BBC 27.10.2019). Kräfte, die gegen die anerkannte Regierung aktiv sind, haben Berichten zufolge die Kontrolle über eine Reihe von Städten erlangt (FCO 16.10.2019; vgl. Standard 18.11.2019). ICG beschreibt den Konflikt in Libyen im Oktober 2019 als verschlechtert ("deteriorated situation") im Vergleich zum Vormonat (ICG 10.2019).
Seit dem 3.4.2019 hat es im Westen Libyens einen erheblichen Aufbau militarisierter Streitkräfte gegeben (FCO 16.10.2019). Luftschläge der USA richten sich im Süden des Landes gegen den Islamischen Staat. Der Rest des Landes wird von den Kämpfen zwischen der Libyschen Nationalarmee (LNA) von Khalifa Haftar und der Regierung der Nationalen Übereinkunft (GNA, Government of National Accord) (ACLED 2.10.2019), die von der UN unterstützt wird, dominiert (ICG 10.2019). Allen Konfliktparteien wird vorgeworfen, an einem Verhalten beteiligt zu sein, das zu schweren Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts während der Kämpfe führen könnte (UNSC 26.8.2019).
Die anhaltenden Feindseligkeiten betreffen hauptsächlich die Vororte von Tripolis (MAE 8.10.2019; vgl. FCO 16.10.2019, AA 29.7.2019, ICG 10.2019) und viele Zivilisten wurden bei Konflikten in Wohngebieten getötet (FCO 16.10.2019; vgl. AI 22.10.2019, Standard 18.11.2019, ICG 10.2019). Seit Beginn der Schlacht um Tripolis am 4.4.2019 wurden etwa 1.000 Menschen getötet (BBC 27.10.2019); darunter waren Stand 29.7.2019 111 getötete und 289 verletzte Zivilisten; ca. 120.000 Menschen wurden zu IDPs (UNSC 26.8.2019; vgl. BBC 27.10.2019).
Luftangriffe und Raketenangriffe betreffen viele andere Gebiete, darunter die Städte Gharian, Tarhuna, Zintan, Zawia, Janzur, Sirte, Sebha und Murzuq (MAE 8.10.2019; vgl. AA 29.7.2019, MEAE 10.4.2019). Derna befindet sich in einem Belagerungszustand durch die libysche Nationalarmee; Zivilisten wurden bei Luftangriffen auf die Stadt getötet (FCO 16.10.2019).
Kämpfe können überall ohne Vorwarnung ausbrechen, auch zwischen lokalen Milizgruppen (FCO 16.10.2019; vgl. AA 29.7.2019, MEAE 10.4.2019). Sporadische Zusammenstöße zwischen bewaffneten Gruppen können auch in städtischen Gebieten zu schweren Kämpfen führen (MEAE 10.4.2019). Es besteht ein hohes Risiko, dass Zivilisten willkürlich in allen Gebieten, in denen gekämpft wird, in Schusswechsel oder Granatenbeschuss, einschließlich Luftangriffe, geraten (FCO 16.10.2019; vgl. AI 22.10.2019, ICG 10.2019).
Es gibt weiterhin Berichte über Gewalt, Rachemorde, Plünderungen und Menschenrechtsverletzungen im ganzen Land (FCO 16.10.2019; vgl. MEAE 10.4.2019). Die öffentliche Infrastruktur und die öffentlichen Dienstleistungen sind ernsthaft beeinträchtigt, was zu Stromausfällen, Wasser-, Kraftstoff-, Nahrungsmittel- und Geldmangel, Mangel an Medikamenten und hoher Inflation geführt hat (FCO 16.10.2019). Es besteht landesweit ein sehr hohes Risiko für Entführungen (MAE 8.10.2019; vgl. FCO 16.10.2019, MEAE 10.4.2019, UNSC 28.8.2019) und willkürlicher Inhaftierung durch lokale Milizen. Der anhaltende Konflikt und die Verbreitung bewaffneter Milizen hat in den meisten Gebieten zu einem Anstieg der Kriminalität geführt (FCO 16.10.2019; vgl. MEAE 10.4.2019, UNSC 26.8.2019). Die geringe Präsenz von Sicherheitskräften in ländlichen Gebieten, insbesondere im Süden des Landes, hat die Bildung krimineller und terroristischer Gruppen gefördert (MEAE 10.4.2019).
Die terroristische Bedrohung bleibt sowohl innerhalb der Hauptstadt als auch im Rest des Landes real (MEAE 10.4.2019; vgl. MAE 8.10.2019). Dschihadistische Zellen sind in verschiedenen Teilen des Landes, einschließlich der Hauptstadt, vertreten. Auch in den großen Hotels der Hauptstadt sind keine angemessenen Sicherheitsstandards gewährleistet (MAE 8.10.2019).
Der Betrieb des einzigen operativen Flughafens der Hauptstadt, Mitiga, wurde nach wiederholten Bombardements eingestellt (MAE 8.11.2019; vgl. ICG 10.2019, AI 22.10.2019), aber auch die alternativen Flughäfen Misurata und Zuara sind gelegentlich von Luftangriffen betroffen (MAE 8.11.2019; vgl. ICG 10.2019). Die südliche Region und die Hauptstraßen des Landes, einschließlich des Küstenstraßenabschnitts von Tunesien nach Ägypten, weisen hohe Kriminalitätsraten und Kontrollpunkte auf, die teilweise von irregulären bewaffneten Gruppen kontrolliert werden. Jede Reisebewegung auf dem Landweg stellt ein sehr hohes Risiko dar (MAE 8.10.2019).
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Lage in Libyen nicht ihrer Einschätzung durch den UNHCR entspricht.
2. Beweiswürdigung
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in dem Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Einsicht wurde auch genommen in die Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zlen. I406 2187898-1, I406 2187995-1, und I406 2187882-1 und damit zu den Beschwerdeverfahren zu den Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK der drei minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und Identität der Beschwerdeführerin sind durch die Vorlage ihres libyschen Reisepasses belegt (AS 14ff).
Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin seit dem 02.07.2015 durchgehend in Österreich gemeldet ist, ergibt sich aus dem eingeholten ZMR-Auszug.
Die Feststellungen zu ihrer Einreise gemeinsam mit ihren Kindern auf Grundlage eines Visums C, sowie zum maltesischen Aufenthaltstitel ihres Ehemannes ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.
Nachdem die Beschwerdeführerin und ihre Kinder die zulässige Höchstaufenthaltsdauer der ihnen ausgestellten Visa C überschritten haben, war die Feststellung zu treffen, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht rechtmäßig ist.
Die Feststellung zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt (AS 1 ff.) Die Feststellung zu den entsprechenden Anträgen ihrer drei Kinder ergibt sich aus den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zlen. I406 2187898-1, I406 2187995-1, und I406 2187882-1.
Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin abgesehen von ihrer Kernfamilie keine weiteren Verwandte in Österreich hat und weitere Familienangehörige noch in Libyen leben, ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie ihren eigenen Angaben vor dem BFA. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen aufkommen lässt.
Die Beschwerdeführerin brachte weder vor der belangten Behörde, noch in der gegenständlichen Beschwerde, konkrete Angaben vor, die die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Sie hat keine qualifizierten Deutschkenntnisse und legte bis dato keine Kursbesuchsbestätigung vor. Sie ist nicht Mitglied eines Vereins oder einer sonstigen integrationsbegründenden Institution und geht auch keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Auch hat sie keine nennenswerten sozialen Bindungen zu Österreichern. Die von ihr vorgebrachten privaten Kontakte zu einer ehemaligen Nachbarin und zu anderen Eltern der Schulkameraden ihrer Kinder entsprechen nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK, dies sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen, sowie ihren eigenen Angaben vor der belangten Behörde. In ihrem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hatte sie geltend gemacht, zwischen Jänner 2016 und Oktober 2016 an chronischen Schmerzen, chronischen Kopfschmerzen, regelmäßigem Schwindelgefühl, multiplen Abszessen und Infektionen gelitten zu haben und aus diesem Grund regelmäßig Ärzte aufgesucht zu haben, sie sei auch stationär im Krankenhaus aufgenommen worden. Sie legte Rechnungen eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 18.01.2016, 28.02.2016, 08.06.2016 und 20.10.2016 vor. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 18.01.2018 erklärte sie, dass es ihr körperlich wieder besser gehe, seelisch habe sie noch immer Sorgen. In Zusammenschau wurde von Seiten der Beschwerdeführerin keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte. Die Beschwerdeführerin ist laut ihren eigenen Angaben arbeitsfähig.
Die Feststellung, dass der Unterhalt der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder durch die Unterhaltszahlungen ihres Ehemannes gedeckt ist, ergibt sich aus ihren glaubhaften Angaben.
Die Feststellung zu ihrer strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug.
2.3. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem jüngsten Länderinformationsbericht der Staatendokumentation (Stand: 20.10.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 21.11.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie z. B. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Dieses "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Libyen wurde der Beschwerdeführerin im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA zur Stellungnahme vorgelegt. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erstattete dazu fristgerecht eine Stellungnahme, wobei er den Länderfeststellungen zu Libyen im Wesentlichen zustimmte.
Das BFA bezog sich im angefochtenen Bescheid auf ebendieses Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, ohne es jedoch wiederzugeben.
Ergänzend war die gegenwärtig aktuelle UNHCR-Position zur Rückkehr nach Libyen heranzuziehen, wonach dringend gewarnt wird, zwangsweise Rückführungen nach Libyen auszusetzen, bis sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage deutlich verbessert habe.
Den in das aktuelle LIB zu Libyen integrierten Kurzinformationen ist eine derartige deutliche Verbesserung der Sicherheits- und Menschenrechtslage in Libyen nicht zu entnehmen. Auch die Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid lassen eine andere Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin nicht zu. Daher war die entsprechende Negativfeststellung zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Prüfungsumfang:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung der für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Im vorliegenden Verfahren wurde zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, doch musste sich das Bundesverwaltungsgericht keinen persönlichen Eindruck von der Beschwerdeführerin verschaffen, weil selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Fakten kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist. (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424). In der Beschwerde findet sich kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Gründe, welche die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gerechtfertigt erscheinen ließe.
In einem vergleichbaren Fall einer chinesischen Staatsangehörigen, die sich fast vier Jahre weitgehend rechtmäßig in Österreich aufgehalten hatte, das Niveau A2 der deutschen Sprache beherrschte und darüber hinaus seit 2015 als Kellnerin in verschiedenen Chinarestaurants gearbeitet hatte, befand der Verwaltungsgerichtshof das Absehen des Bundesverwaltungsgerichtes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung für zulässig und begründete dies folgendermaßen: "Es ist nämlich evident, dass die Revisionswerberin bei einem durchgehenden Aufenthalt in Österreich von zuletzt nicht ganz vier Jahren, mag er auch weitgehend rechtmäßig und sie in diesem Zeitraum (als Kellnerin in China-Restaurants) erlaubt beschäftigt gewesen sein, in Verbindung mit dem Umstand, dass sich die Angehörigen der Kernfamilie aktuell im Heimatland befinden, die (strengen) Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht erfüllt." (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0350, Rn. 9)
Darüberhinaus hatte die chinesische Staatsangehörige in Österreich über familiäre Anknüpfungspunkte in Form von drei Schwestern, einer Nichte und eines Onkels verfügt, dennoch erachtete der Verwaltungsgerichtshof die strengen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG als nicht erfüllt. (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0350).
Dies muss umso mehr für die Beschwerdeführerin gelten, deren Aufenthalt zum überwiegenden Großteil nicht rechtmäßig war und die abgesehen von ihrer, ebenfalls von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffenen Kernfamilie über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, keine maßgeblichen Deutschkenntnisse aufweist und im Bundesgebiet bislang keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, sodass sich die beiden Fälle in grundlegenden Voraussetzungen unterscheiden.
Das gegenständliche Vorbringen zum Sachverhalt ist hinreichend konkret, um die rechtliche Prüfung vornehmen zu können (und somit auch nicht ergänzungsbedürftig); es ist - wie zu zeigen sein wird - aber von vornherein nicht geeignet, einen Rechtsanspruch auf Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zu begründen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu Spruchpunkt A)
3.3. Zum Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, zur Erlassung der Rückkehrentscheidung sowie zur Unzulässigkeit der Abschiebung:
§ 55 AsylG lautet auszugsweise:
"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
§ 9 BFA-VG lautet auszugsweise:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 50 FPG lautet auszugsweise:
"§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
(4) ..."
§ 52 FPG lautet auszugsweise:
"§ 52 (3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei."
Zum gegenständlichen Fall:
Die Beschwerdeführerin hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 aus Gründen des Art. 8 EMRK beantragt. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechtes auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR, des VfGH und des VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Gefordert ist eine Prüfung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs, letztere beinhaltet eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Im gegenständlichen Fall verfügt die Beschwerdeführerin über ein Familienleben in Österreich. Sie lebt gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern in Wien. Soweit das Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Kindern betroffen ist, greift die Entscheidung jedoch nicht in das Familienleben ein (EGMR, 9.10.2003, 48321/99, Slivenko gg Lettland, EGMR, 16.6.2005, 60654/00 Sisojeva gg Lettland), da alle vier von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind (VwGH 22.11.2012, 2011/23/067; 26.02.2013, 2012/22/0239; 19.02.2014, 2013/22/0037) und das gemeinsame Familienleben auch außerhalb Österreichs fortgesetzt werden kann. Ihr Ehemann verfügt lediglich über einen Aufenthaltstitel von Malta und hält sich nur gelegentlich in Österreich auf, sodass ein schützenswertes Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann im Bundesgebiet nicht vorliegt.
Zu prüfen ist auch ein etwaiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Sofern die Beschwerdeführerin vermeint, dass ihr insbesondere aufgrund ihres bereits rund viereinhalb Jahre andauernden Aufenthalts ein Aufenthaltsrecht zukäme ist zunächst herauszustreichen, dass es in diesem Zusammenhang keinen Rechtserwerb allein durch Zeitablauf (im Sinne einer "Ersitzung") geben kann, zumal dafür keine gesetzliche Grundlage existiert. Vielmehr enthält § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz eine bloß demonstrative Aufzählung jener Umstände, die bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind (arg: "insbesondere"). Die "Dauer des bisherigen Aufenthaltes" ist dabei nur einer von mehreren Aspekten, die zugunsten oder zuungunsten des Fremden ins Kalkül zu ziehen sind. Darüber hinaus wäre eine Aufenthaltsdauer von viereinhalb Jahren für sich genommen auch nicht als ausreichend lang anzusehen, um den Interessen an einem Verbleib in Österreich ein besonderes Gewicht zukommen zu lassen. Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich genommen noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zu (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 mwN).
So erachtete der Verwaltungsgerichtshof - wie oben bereits ausgeführt - etwa im Falle einer strafrechtlich unbescholtenen chinesischen Staatsangehörigen, die sich über einen Zeitraum von beinahe vier Jahren weitgehend rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hatte, Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 aufwies, einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen war und die in Österreich Freunde sowie familiäre Anknüpfungspunkte in Form von drei Schwestern, einer Nichte und eines Onkels hatte, die strengen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG als nicht erfüllt. (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0350).
Dies muss umso mehr für die Beschwerdeführerin gelten, deren Aufenthalt zum überwiegenden Großteil nicht rechtmäßig war, die über keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse verfügt, keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht und die abgesehen von ihrer, ebenfalls von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffenen Kernfamilie über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, sodass sich die beiden Fälle in grundlegenden Voraussetzungen unterscheiden.
Zudem liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Beschwerdeführerin in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, welcher ihren persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde oder der Dauer ihres Aufenthaltes entsprechen würde. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden nicht vorgelegt. So verfügt sie über keine nennenswerten Deutschkenntnisse, ist nicht Mitglied in einem Verein und hat keine besonderen sozialen Kontakte. Besondere Integrationsbemühungen wurden von Seiten der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, vielmehr bezieht sich der Beschwerdeschriftsatz ausschließlich auf die Integration ihrer Kinder.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. VwGH vom 06.11.2009, Zl. 2008/18/0720 sowie vom 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).
Von einer "Aufenthaltsverfestigung" allein aufgrund des bisherigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet kann überdies schon deshalb keine Rede sein, weil sie sich spätestens nach Überschreitung der Höchstaufenthaltsdauer des ihr ausgestellten Visums C unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.
Ein allfälliges Privatleben, das nach diesem Zeitpunkt entstanden ist, verliert dadurch deutlich an Gewicht. Außerdem fußt der überwiegende Großteil ihres bisherigen Aufenthaltes auf ihrem unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet. Der prekäre Aufenthalt der Beschwerdeführerin musste ihr jedenfalls bewusst sein.
Hingegen kann nach wie vor vom Bestehen von Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Heimatstaat Libyen, wo sie den überwiegenden Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht und als Pharmazeutin in einem Krankenhaus gearbeitet hat, ausgegangen werden. Sie hat dort sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Von einer vollkommenen Entwurzelung kann nicht ausgegangen werden.
Demgegenüber steht, dass weder Verwandte noch sonstige nahe Angehörige - abgesehen von den im gegenständlichem Familienverfahren geführten Personen - in Österreich aufhältig sind.
Den privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber, wobei nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).
Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).
Hinsichtlich ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welche sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass sie die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Daher ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung - vor allem angesichts der Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet - nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG unzulässig, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Wenn sich die Beschwerdeführerin auf die prekäre Sicherheitslage in Libyen und eine angebliche Bedrohung ihrer Familie bezieht, sei darauf hingewiesen, dass dieser Umstand keinen Aspekt darstellt, der bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist.
Weshalb die Beschwerdeführerin trotz der behaupteten Bedrohung ihrer Familie sowie der geltend gemachten Sicherheitslage in Libyen auch auf entsprechende Nachfrage der belangten Behörde in Anwesenheit ihres Rechtsanwaltes (AS 73) bislang keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist nicht nachvollziehbar, doch steht es ihr jederzeit frei, dies nachzuholen.
Zur Unzulässigkeit der Abschiebung:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmten Staaten zulässig ist.
Aufgrund der in Libyen bestehenden allgemein volatilen Sicherheitslage, liegt bezogen auf die Beschwerdeführerin ein Abschiebehindernis vor. Das vom BFA herangezogene "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Libyen weist den Stand vom 20.10.2017 auf. In der gegenwärtig aktuellen, ergänzend herangezogenen UNHCR-Position zur Rückkehr nach Libyen (vom September 2018) mahnt der UNHCR bzw. bittet dringend ("urges"), zwangsweise Rückführungen nach Libyen auszusetzen, bis sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage deutlich verbessert habe. Aufgrund der in Libyen bestehenden allgemein volatilen Sicherheitslage war daher amtswegig festzustellen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 50 iVm § 52 Abs. 9 FPG unzulässig ist.
B) Zur Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK freiwillige Ausreise Frist Interessenabwägung Kindeswohl öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung unzulässige Abschiebung UnzumutbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2187900.1.00Im RIS seit
29.07.2020Zuletzt aktualisiert am
29.07.2020