Entscheidungsdatum
06.02.2020Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
W259 2209032-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 06.02.2023 erteilt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist iranische Staatsangehörige der Volksgruppe der türkischen Perser, reiste ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass sie ihre Religion vom Islam zum Christentum gewechselt habe. Ihr Leben sei in Gefahr (AS 9).
3. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge kurz "BFA") am 10.10.2017 gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass sie im Iran an christlichen Treffen teilgenommen habe und diese auch in ihrer Wohnung abgehalten worden seien. Während ihrer Abwesenheit seien Polizeibeamte bei ihr zu Hause gewesen und hätten Personen mit Handschellen abgeführt. Ihr Bruder habe ihr dann geholfen den Iran zu verlassen (AS 354 ff).
4. Mit Bescheid vom XXXX wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status einer Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen diesen Bescheid richtete sich eine fristgerecht erhobene Beschwerde. In der Beschwerdebegründung wurde insbesondere ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Konversion geflüchtet sei und keine wirtschaftlichen Gründe für die Flucht gehabt habe (AS 609 ff).
6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX wurde die Beschwerde abgewiesen und die Spruchpunkte des bekämpften Bescheides wiederholt.
7. Mit Schreiben vom 04.11.2018 wurde fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.09.2019 und 16.09.2019 in Anwesenheit eines beeideten Dolmetschers für die Sprache Farsi und im Beisein des rechtskundigen Vertreters der Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der erhobenen Anträge auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme der Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der Beschwerdevorentscheidung und dem Vorlageantrag, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakte, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zu der Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin besitzt die iranische Staatsangehörigkeit und gehört der türkischen Volksgruppe an. Die Muttersprache der Beschwerdeführerin ist Farsi.
Die Beschwerdeführerin leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit.
Die Beschwerdeführerin ist am XXXX im Iran geboren. Zu ihrer Familie zählen ihre Eltern und ein Bruder. Ihre Familienangehörigen leben in XXXX . Die Beschwerdeführerin pflegt mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Kontakt.
Die Beschwerdeführerin hat im Iran 11 Jahre die Schule und anschließend die Universität besucht. Zuletzt hat sie im Iran als Nageldesignerin in einem Friseurladen gearbeitet.
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Die Beschwerdeführerin ist in ihrem Herkunftsstaat nicht vorbestraft. Sie war kein Mitglied von politischen Parteien und bisher auch sonst politisch nicht aktiv.
1.2. Zum Fluchtgrund und zur Verfolgung im Falle einer Rückkehr:
Die Beschwerdeführerin ist als Muslima aufgewachsen. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich getauft und christlich orientiert, was sich dadurch manifestiert, dass die Beschwerdeführerin religiös gebildet ist und seit Anfang 2017 regelmäßig am Gottesdienst und an religiösen Veranstaltungen teilnimmt. Zwar ist sie im Herkunftsland in einer islamisch geprägten Familie aufgewachsen, jedoch war ihre innere Einstellung zum islamischen Glauben bereits im Herkunftsland nicht gefestigt. In Österreich hat sie ihren Glauben zum Christentum gefunden und gefestigt. Sie wurde am 17.12.2017 röm.-kath. getauft. Sie ist bestrebt, nach der christlichen Glaubenslehre und den christlichen Geboten ihr Leben zu führen und besucht weiterhin mehrmals in der Woche die Kirche. Sie lebt den christlichen Glauben öffentlich aus und nimmt aktiv am Kirchenleben teil, indem sie weiterhin den Gottesdienst und kirchliche Veranstaltungen besucht. Sie kann sich nicht vorstellen, den christlichen Glauben wieder abzulegen.
Der christliche Glaube ist ein wesentlicher Bestandteil der Identität der Beschwerdeführerin geworden und die Beschwerdeführerin ist aus innerer Überzeugung vom islamischen Glauben zum Christentum konvertiert. Die Beschwerdeführerin ist nicht bereit, ihren christlichen Glauben - vor allem auch nicht in islamischer Umgebung - zu verleugnen. Das Praktizieren des christlichen Glaubens in der Öffentlichkeit ist ihr wichtig. Die Beschwerdeführerin will auch im Falle einer Rückkehr in den Iran den christlichen Glauben sowohl innerlich als auch nach außen offen leben.
Die Beschwerdeführerin ist im Falle der Rückkehr in den Iran aufgrund ihrer öffentlichen Zuwendung zum Christentum psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt.
1.3. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 14.06.2019:
Religionsfreiheit
In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).
Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten) . Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).
Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).
Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).
Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).
Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).
Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).
Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).
Christen
Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).
Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung anerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 2018), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 12.1.2019). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot (ÖB Teheran 12.2018).
Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 29.5.2018).
Im Weltverfolgungsindex 2019 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem neunten Platz. Im Beobachtungszeitraum wurden 67 Christen verhaftet (Open Doors 2019).
Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen
Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "mohareb" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen "mohareb" (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).
Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen "Missionsarbeit" verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).
Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).
Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit "Konversion" vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese "Konversion" ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich "konvertierte" Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).
Die Schließungen der "Assembly of God"-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).
In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).
Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).
Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt - oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).
Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).
Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).
Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft der Beschwerdeführerin, insbesondere zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Farsi. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde, dem Vorlageantrag und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Personen der Beschwerdeführerin im Asylverfahren (AS 331 f; Seite 4 und 14 f des Verhandlungsprotokolls vom 09.09. 2019).
Die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem Geburts- und Aufenthaltsort, ihrem Gesundheitszustand, ihren weiteren Familienangehörigen und deren Aufenthaltsort sowie zu ihrem beruflichen und schulischen Werdegang sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen im Iran plausibel. Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei (AS 3, 331 f und 337; Seite 15 des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019; Seite 8 des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019).
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin unbescholten ist, ergibt sich durch Einsichtnahme in den jeweiligen aktuellen Strafregisterauszug.
Die Beschwerdeführerin gab auch nachvollziehbar an, dass sie nicht Mitglied einer Partei oder politisch aktiv gewesen und im Herkunftsstaat nicht strafrechtlich verurteilt worden sei (AS 353; Seite 15 des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019).
2.2. Zum Fluchtgrund und zur Verfolgung im Falle einer Rückkehr:
Die Feststellungen hinsichtlich der Hinwendung zum Christentum stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin und auf die in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Taufurkunde der römisch- katholischen Kirche vom 17.12.2017 (AS 339 ff und 385; Seite 14 ff des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019 und Seite 3 ff des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019). Die Beschwerdeführerin legte in diesem Zusammenhang zudem zwei Schreiben der Kirche XXXX vor, aus dem hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin seit Beginn des Jahres 2017 an der Taufvorbereitung teilnehme und am 01.09.2017 mit der Pilgergruppe der Pfarre zu Fuß nach XXXX mitgegangen sei (AS 383 und 661). Auch die Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung stützen die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem Leben in der Kirchengemeinde (Seite 6 ff des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019).
Die Beschwerdeführerin konnte durch ihre Angaben und die vorgelegten Dokumente glaubhaft machen, dass sie sich aus freier persönlicher Überzeugung vom schiitischen Islam dem Christentum zugewandt hat. Es sind im Verfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass die Konversion der Beschwerdeführerin zum christlichen Glauben bloß zum Schein erfolgt wäre. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin durch ihre Aussagen in der Beschwerdeverhandlung und die vorgelegten Unterlagen glaubhaft dargelegt, dass sie sich auf Grund einer persönlichen Entscheidung vom Islam abgewendet und aus innerer religiöser Überzeugung dem Christentum in Österreich endgültig zugewendet hat (vgl. Seite 14, 19 bis 25 des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019 und Seite 3 ff des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019). So führte die Beschwerdeführerin an, dass sie sich als Frau in ihrem früheren Glauben wertlos vorgekommen sei. Sie fühle sich mit ihren Ansichten als Frau im christlichen Glauben besser aufgehoben. Die Beschwerdeführerin war in diesem Zusammenhang in der Lage ihre Aussagen individuell und nachvollziehbar zu begründen. Zudem konnte die Beschwerdeführerin die erste Kontaktaufnahme mit der christlichen Gemeinde in Österreich und deren Pfarrer schlüssig darstellen und stehen diese Angaben auch im Einklang mit der Aussage des Zeugen (Seite 6 f und 20 des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019). Der einvernommene Zeuge gab nachvollziehbar an, dass die Beschwerdeführerin auch nach ihrer Taufe regelmäßig die Kirche besucht und sich darüber hinaus auch am Kirchenleben aktiv beteiligt. So habe die Beschwerdeführerin auch an der Fußwahlfahrt nach XXXX , die drei Tage gedauert habe, am dritten Tag teilgenommen. Sie habe auch am Krankentag teilgenommen. Nach der Taufe gab es weitere Treffen mit dem Pfarrer im Rahmen der Vorbereitung auf die Firmung. Seit März 2018 würde sich die Beschwerdeführerin meistens nach dem Gottesdienst mit dem Pfarrer treffen (Seite 7 ff des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019). In diesem Zusammenhang gab der Zeuge an, dass die Beschwerdeführerin den Sonntaggottesdienst nicht missen wolle und suche sie auch die Gemeinschaft mit der Gemeinde. Sie suche Gemeinschaft und Freunde im Glauben. Diese Angaben spiegeln sich auch in den Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung wieder. So gab sie an, dass sie im Falle einer Rückkehr im Iran versuchen werde an Treffen von Hauskirchen teilzunehmen. Sie wolle sich an einer kirchlichen Gemeinschaft weiterhin beteiligen (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019). An der Ernsthaftigkeit der Religionsausübung der Beschwerdeführerin war somit nicht zu zweifeln.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich ihrer Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Iran auf Grund ihrer erfolgten Konversion vom Islam zum Christentum waren in ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur Situation von konvertierten Christen im Iran, insgesamt als glaubhaft zu beurteilen. So war das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur möglichen Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Iran aufgrund ihres Glaubenswechsels ausreichend substantiiert, umfassend, in sich schlüssig und im Hinblick auf die besonderen Umstände der Beschwerdeführerin und die allgemeine Situation im Iran plausibel. Aus den Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung geht in Zusammenschau mit der Darstellung der Zeugen glaubhaft hervor, dass sie sich in Österreich intensiv mit dem Christentum auseinandergesetzt und sich taufen sowie firmen hat lassen. Die Beschwerdeführerin besucht auch nach ihrer Taufe weiterhin Veranstaltungen in der Kirche. Sie konnte auch nachvollziehbar darstellen, dass sie nicht bereit sei, den christlichen Glauben wieder abzulegen und schlüssig angeben, dass sie sich auch außerhalb der Kirche mit dem christlichen Glauben beschäftige und nach den christlichen Glaubensgrundsätzen insbesondere nach den 10 Geboten lebe. In diesem Zusammenhang führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie genauso wie jetzt ihren Glauben ausleben wolle. Sie habe das Recht, in die Kirche zu gehen und ihren Gott zu ehren. Sie wolle diese Freiheit nicht verlieren. Sie wolle auf keinen Fall Gott und Jesus verleugnen (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019). Die Beschwerdeführerin gab in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar an, dass in ihrer ehemaligen Unterkunft auch strenggläubige Muslime gelebt hätten. Sie sei aufgrund des Umstandes, dass sie als Iranerin, die als Muslime auf die Welt gekommen sei und dann ihren Glauben gewechselt habe, nicht respektiert worden. Sie habe dennoch versucht diesen Leuten zu helfen und habe für sie gedolmetscht. Dabei führte die Beschwerdeführerin weiters aus, dass sie jene Liebe, die sie von Jesus erhalten habe, diesen Leuten weitergeben habe wollen. Sie habe den Bewohnern in der Unterkunft auch offen gesagt, dass sie Christin sei (Seite 24 des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019).
Die Beschwerdeführerin kennt wesentliche Inhalte betreffend das Leben von Jesus Christus, religiöse Feste und deren Bedeutung und sie konnte auch nachvollziehbar einzelne Passagen aus der Bibel nennen und deren persönliche Bedeutung glaubhaft vermitteln (Seite 22 ff des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019, Seite 3 ff des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019). In diesem Zusammenhang war die Beschwerdeführerin auch in der Lage, schlüssig darzustellen, warum sie sich dem Christentum zugewandt hat (Seite 20 und 21 des Verhandlungsprotokolls vom 09.09.2019). Befragt, welche Auswirkungen die Konversion auf ihr alltägliches Leben habe und ob sich an ihrer Lebensweise etwas geändert habe, gab die Beschwerdeführerin an, dass sich ihr Leben stark verändert habe. Dies begründete sie damit, dass sie spüre, dass sie sehr glücklich sei. Sie wisse, dass sie als Kind Gottes gerettet worden sei. Auch ihr Verhalten gegenüber anderen Menschen habe sich geändert. Sie helfe anderen Leuten, wo sie nur könne. Jesus habe ihr Liebe gegeben und sie wolle diese Liebe weitergeben. Sie würde zuerst für andere Leute bitten und dann für sich. Sie halte sich auch an die 10 Gebote. Sie wolle ihren Glauben auch nicht im Stillen oder Geheimen leben, sondern ihre Freiheit, ihren Glauben so auszuüben wie jetzt, nicht verlieren. Sie habe das Recht, in die Kirche zu gehen und ihren Gotte zu ehren. Sie wolle sich auch weiterhin an einer kirchlichen Gemeinschaft beteiligen (Seite 6 und 7 des Verhandlungsprotokolls vom 16.09.2019).
Wesentlich bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin zu den Gründen für die Konversion zum christlichen Glauben waren auch die Umstände, dass das diesbezügliche Vorbringen in sich stimmig war, keine beachtlichen Widersprüche aufwies und zudem durch die vorgelegten Dokumente und die Zeugenaussagen gestützt wurde.
In einer Gesamtschau der Angaben der Beschwerdeführerin im gesamten Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen erscheint das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrer Furcht vor Verfolgung im Iran aufgrund ihres Glaubenswechsels in Österreich insgesamt als glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aufgrund ihrer Konversion drohen würde. Es waren somit die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
Die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer öffentlichen Religionsausübung für Dritte wahrnehmbar zum christlichen Glauben konvertiert. Eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung wurde von der Beschwerdeführerin nachvollziehbar vermittelt.
Insoweit die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gründen ihrer Flucht aus dem Iran Unstimmigkeiten und Widersprüche aufweisen, ist dahingehend festzuhalten, dass sich in den Fluchtvorbringen keine derart krassen Widersprüche finden, die zu einer gänzlichen Unglaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin in Bezug auf ihre erfolgte Konversion in Österreich führen. Maßgeblich waren im gegenständlichen Fall jedenfalls die Aussagen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Konversion zum Christentum im gesamten Verfahren.
Angesichts dieses Ergebnisses kann die Würdigung der weiteren vorgebrachten Fluchtgründe im Verfahren unterbleiben.
2.3. Zu den Länderfeststellungen:
Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Iran ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht maßgeblich geändert haben.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurden aktuelle Länderberichte eingebracht. Inhaltich wurden die festgestellten Länderberichte nicht substantiiert bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A) Stattgabe der Beschwerde:
3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) verweist.). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0080, mwN).
§ 3 Abs. 2 AsylG 2005 lautet:
"(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
§ 3 Abs. 2 AsylG 2005 ist Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 337/9 vom 20.12.2011, (Statusrichtlinie) nachgebildet.
Art. 5 Abs. 2 Statusrichtlinie lautet:
"Die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, kann auf Aktivitäten des Antragstellers nach Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind."
Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist im Übrigen, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in der konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 23.09.2009, 2007/01/0284 bis 0285, mwN). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350, mwN). Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dem Staat zurechnende Verfolgungshandlung nicht nur dann vor, wenn diese unmittelbar von staatlichen Organen aus Gründen der Konvention gesetzt wird. Auch kommt von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (vgl. VwGH 18.11.2015, Ra 2014/18/0162, mwN). Eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat hingegen nur dann asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH 20.05.2015, Ra 2015/20/0030). Ob in diesem Zusammenhang eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 08.09.2009, 2008/23/0027, mwN). Eine mangelnde staatliche Schutzgewährung setzt nicht voraus, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036). Eine inländische Fluchtalternative ist nur dann gegeben, wenn sie vom Asylwerber in zumutbarer Weise in Anspruch genommen werden kann. Herrschen am Ort ins Auge gefassten Fluchtalternative - nicht notwendigerweise auf Konventionsgründen beruhende - Bedingungen, die eine Verbringung des Betroffenen dorthin als Verstoß gegen Art. 3 EMRK erscheinen lassen würden, so ist die Zumutbarkeit jedenfalls zu verneinen (vgl. VwGH 16.12.2010, 2007/20/0913). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt voraus, dass nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Betroffenen in dem in Frage kommenden Gebiet getroffen werden (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).
Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr. 12877/87, Kalema/Frankreich).
3.1.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht der Beschwerdeführerin, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, begründet ist.
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin wegen ihrer Konversion zum christlichen Glauben in Österreich im Fall ihrer Rückkehr in den Iran aus religiösen Gründen verfolgt zu werden, macht die Beschwerdeführerin einen (subjektiven) Nachfluchtgrund geltend (vgl. § 3 Abs. 2 AsylG 2005).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, können diese neuen - in Österreich eingetretenen - Umstände, mit denen ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung (nunmehr) begründet, grundsätzlich zur Asylgewährung führen. Sie sind daher zu überprüfen, wenn sie geeignet sind, die Annahme "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" zu rechtfertigen (VwGH 18.09.1997, Zl. 96/20/0923).
Allein aus der Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit kann das Vorliegen von Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aber nicht abgeleitet werden (VwGH 09.11.1995, Zl. 94/19/1414). Es sind darüber hinausgehende konkret gegen den Asylwerber gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende bzw. von diesen geduldete Verfolgungshandlungen gegen seine Person erforderlich, um die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers zu erweisen (VwGH 08.07.2000, Zl. 99/20/0203; 21.09.2000, Zl. 98/20/0557).
Nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 05.09.2012 in den verbundenen Rechtssachen C 71/11 und C 99/11, Bundesrepublik Deutschland gegen Y und Z, ist Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie 2004/83 dahin auszulegen, dass eine begründete Furcht des Antragstellers vor Verfolgung vorliegt, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Antragstellers vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling können die Behörden dem Antragsteller nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten (VfGH 12.6.2013, U 2087/2012-17).
Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB VwGH 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (VwGH 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).
Aus dem oben zu der Person der Beschwerdeführerin festgestellten Sachverhalt und den Feststellungen zur Situation von Personen im Iran, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin als konvertierte Personen mit innerer und öffentlicher christlicher Überzeugung im Falle ihrer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem erheblichen Verfolgungsrisiko für ihre persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater Seite - ohne dass in dieser Hinsicht staatlicher Schutz zukäme - als auch von staatlicher Seite ausgesetzt wäre. Dass die Konversion der Beschwerdeführerin zum Christentum den iranischen Behörden oder anderen Personen in ihrem familiären und sozialen Umfeld verborgen bleiben würde, kann nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Konversion der Beschwerdeführerin zum Christentum nur zum Schein erfolgt wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Im gegenständlichen Fall liegt daher das oben dargestellte Verfolgungsrisiko in der religiösen Überzeugung der Beschwerdeführerin vor.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der religiösen Überzeugung einer vom Islam zum Christentum konvertierten Person verfolgt zu werden, außerhalb Irans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren.
Aus den Feststellungen geht hervor, dass sich die Beschwerdeführerin aus freier innerer religiöser Überzeugung vom schiitischen Islam dem Christentum zugewandt hat.
Auf Grund des in ganz Iran gültigen islamischen Rechts nach der Scharia und der in der Praxis angewendeten islamischen Rechtsprechung sowie auf Grund der in der iranischen Gesellschaft bestehenden Traditionen und Moralvorstellungen ist in ganz Iran davon auszugehen, dass sich die oben dargestellte Situation für die Beschwerdeführerin im gesamten Staatsgebiet Irans ergibt. Es ist daher hinsichtlich dieses dargestellten Verfolgungsrisikos davon auszugehen, dass keine inländische Fluchtalternative besteht.
Da weder eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht noch ein in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannter Endigungs- und Asylausschlussgrund hervorgekommen ist, war der Beschwerde der Beschwerdeführerin stattzugeben und ihr gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Gemäß § 3 Abs. 4 iVm § 75 Abs. 24 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu, wenn er einen Antrag auf internationalen Schutz nicht vor dem 15.11.2015 gestellt hat. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.
Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde am 29.06.2016 und damit nach dem 15.11.2015 gestellt; die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 finden daher gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im vorliegenden Fall Anwendung.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A wiedergegeben. Die unter Spruchpunkt A angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asyl auf Zeit Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung Christentum Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Konversion mündliche Verhandlung Nachfluchtgründe religiöse Gründe Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W259.2209032.1.00Im RIS seit
29.07.2020Zuletzt aktualisiert am
29.07.2020