Entscheidungsdatum
07.02.2020Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22Spruch
W233 2181270-1/24E
Schriftliche Ausfertigung des am 22.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger des Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2018, Zl. 1101397406 - 160035378 zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt,
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 18.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Antrag mit Bescheid vom 18.11.2017, auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen ihm jedoch den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.11.2018 erteilt.
Mit Erkenntnis vom XXXX hat das BVwG seiner Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten Folge gegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 den Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Der VwGH hat der dagegen eingebrachten Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl stattgegeben und das Erkenntnis des BVwG vom XXXX wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, da das BVwG von der Auffassung des Bundesamtes, dass der Beschwerdeführer nicht der Ehemann jener Person sei, von dem das BVwG seinen Asylstatus abgeleitet hat, ohne Begründung abgewichen sei.
Im fortgesetzten Verfahren hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14.01.2020 dem BVwG eine Heiratsurkunde des Standesamtes XXXX vorgelegt, wonach er und seine Ehefrau am XXXX die Ehe in XXXX geschlossen haben.
In der Folge fand am 22.01.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und einer anwaltlichen Vertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher die Beschwerdeführer nochmals zu seinen Gründen seines Antrags auf internationalen Schutz und zu ihren Lebensumständen in Österreich befragt wurde. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde auch die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin gehört.
Nach Schluss der Verhandlung verkündete der erkennende Richter den Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses samt den tragenden Entscheidungsgründen.
Das Bundesamt beantragte mit Schreiben vom 27.01.2020 die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX im XXXX geboren. Er ist Staatsangehörige der islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zum schiitisch-muslimischen Glauben.
Der Beschwerdeführer ist der Ehemann der Asylberechtigten XXXX , geboren am XXXX , welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zahl: XXXX der Status einer Asylberechtigten zuerkannt worden ist.
Die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau XXXX wurde am XXXX in XXXX geschlossen und ist zum Entscheidungszeitpunkt aufrecht.
Diese Ehe des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau hat bereits vor der Einreise in das österreichische Bundesgebiet bestanden.
Der Beschwerdeführer hat außer den bereits in seinem Verfahren vor dem Bundesamt und im Zuge seiner Befragung im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 09.01.2019, welche als nicht glaubhaft gewertet wurden, auch anlässlich seiner neuerlichen Befragung im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 22.01.2020 keine konkrete, ihn aktuell drohende asylrelevante Verfolgung vorgebracht.
Auch auf Basis der aktuellen Länderinformationen vom 13.11.2019, den UNHCR Richtlinien und dem EASO Bericht, welche das Bundesverwaltunsgericht mit Schreiben vom 12.12.2019 in das Verfahren eingebracht hat, ist eine konkret gegen den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gegebene asylrechtliche Bedrohung oder Verfolgung nicht ableitbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen werden aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt des Beschwerdeführers, seinen Einvernahmen und besonders seiner Befragung anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 22.01.2020 im Zuge dessen auch seine Ehefrau als Zeugin befragt wurde sowie der Vorlage einer vom Standesamt XXXX am XXXX , zur Zahl XXXX ausgestellten Heiratsurkunde, getroffen.
Die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegte Heiratsurkunde, ausgestellt vom Standesamt XXXX am XXXX , stellt eine inländische öffentliche Urkunde dar, welche vollen Beweis über jene Tatsachen und Rechtsverhältnisse liefert, die die Voraussetzungen für ihre Ausstellung bildeten und in der Urkunde ausdrücklich genannt sind. Diese in § 47 AVG normierte Bestimmung soll der Praxis dienen. Wenn eine Behörde bei Ausstellung einer öffentlichen Urkunde über eine bestimmte Tatsache oder ein Rechtsverhältnis vorerst notwendigerweise andere Tatsachen (Rechtsverhältnisse) zu überprüfen hatte, so sollen auch diese als bewiesen gelten. (vgl. dazu näher Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), RZ 344ff).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag eines Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Aus der Wendung in § 34 Abs. 4 zweiter Satz AsylG, Familienverfahren seien "unter einem" zu führen, ist abzuleiten, dass diese - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - von derselben Behörde zu führen sind. Demgemäß gehen die Materialien zum AsylG 2005 davon aus, dass Ziel der Bestimmungen des § 34 AsylG sei, Familienangehörigen den gleichen Schutz zu gewähren, ohne ihnen ein Verfahren im Einzelfall zu verwehren. Wenn einem Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, solle "dieser allen anderen Familienmitgliedern - im Falle von offenen Verfahren zur gleichen Zeit von der gleichen Behörde - zuerkannt werden" (Erläuterungen zur RV, 952 BlgNR XXII. GP; vgl. zu § 10 Abs. 5 AsylG 1997 - bezogen auf die Frage der Zulassung - auch VwGH 18.10.2005, 2005/01/0402).
Der Beschwerdeführer ist der Ehemann von XXXX , welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zahl: XXXX der Status einer Asylberechtigten zuerkannt worden ist. Der Beschwerdeführer ist daher Familienangehöriger einer Fremden, der der Status einer Asylberechtigten zuerkannt worden ist, im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 AsylG. Hinweise darauf, dass diese Ehe nicht bereits vor der Einreise bestanden hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner als asylberechtigten Ehefrau besteht somit ein aufrechtes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK, sodass dem Beschwerdeführer im Familienverfahren der Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 AsylG zuzuerkennen war. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Asylgewährung Asylverfahren Ersatzentscheidung Familienangehöriger Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft mündliche Verhandlung mündliche Verkündung schriftliche AusfertigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W233.2181270.1.00Im RIS seit
29.07.2020Zuletzt aktualisiert am
29.07.2020