TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/24 I415 2222312-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.2020
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Entscheidungsdatum

24.02.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs4 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs2
NAG §11
StGB §146
StGB §148
StGB §83
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
WaffG §50 Abs1

Spruch

I415 2222312-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, vertreten durch seine Ehefrau XXXX und durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2019, Zl. XXXX, nach Beschwerdevorentscheidung vom 25.07.2019 und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.02.2020, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., III. und IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des befristeten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf 3 Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, ist aufgrund seiner am XXXX erfolgten Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit dem 08.01.2007 im Besitz eines österreichischen Aufenthaltstitels "Familienangehöriger". Sein Aufenthaltstitel wurde mehrmals verlängert und ist derzeit gültig bis zum 22.01.2021.

2. Er wurde während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet wiederholt straffällig und zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 28.01.2019, Zl. XXXX wegen der Vergehen des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148 erster Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt.

3. Daraufhin informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) den Beschwerdeführer mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 08.03.2019 über die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot und räumte ihm eine zweiwöchige Frist zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme ein. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.04.2019 rechtzeitig nach.

4. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 12.06.2019, rechtswirksam zugestellt am 15.07.2019, Zl. XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG (Spruchpunkt I.) sowie ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde.

6. Daraufhin erging von Seiten des BFA am 25.07.2019 eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen wurde.

7. Am 09.08.2019 stellte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung einen Vorlageantrag gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG.

8. Mit Schriftsatz vom 09.08.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 12.08.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

9. Am 14.02.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung, seiner als Zeugin befragten Ehefrau und in entschuldigter Abwesenheit der belangten Behörde statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er heißt XXXX, wurde am XXXX in Bundung/Gambia geboren, ist gambischer Staatsangehöriger, volljährig und verheiratet.

Er reiste erstmals im Mai 2005 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 02.05.2005 unter einer Alias-Identität als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling einen Antrag auf internationalen Schutz. In weiterer Folge tauchte er unter, sodass sein Asylverfahren am 03.01.2006 eingestellt wurde.

Am XXXX heiratete er in Gambia die österreichische Staatsbürgerin XXXX. Aufgrund dieser Ehe ist er seit dem 08.01.2007 Inhaber eines österreichischen Aufenthaltstitels "Familienangehöriger - freier Zugang zum Arbeitsmarkt", der mehrmals verlängert wurde, zuletzt bis zum 22.01.2021.

Seit dem 30.01.2007 ist er im österreichischen Bundesgebiet gemeldet und legal aufhältig.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Er verfügt über eine fünfjährige Schulbildung und hat anschließend den Beruf eines Fliesenlegers erlernt. Aufgrund seiner Ausbildung hat er eine Chance, auch hinkünftig am gambischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

In Gambia hat er familiären Anschluss in Form seiner Mutter, zu der er in regelmäßigem Kontakt steht.

Es besteht ein (wenn auch durch wiederkehrende Konflikte geprägtes) Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.

Er hat mit seiner Ehefrau zwei Töchter österreichischer Staatsangehörigkeit, geboren am XXXX und am XXXX. Er lebte mit diesen im gemeinsamen Haushalt in XXXX. Das Zusammenleben war in den folgenden Zeiträumen unterbrochen, weil sich der Beschwerdeführer entweder in Therapie oder in Strafhaft befand, bzw. gegen ihn polizeiliche Betretungsverbote gem. § 38a SPG und einstweilige Verfügungen gem. § 382b EO zum Schutz seiner Ehefrau und Kinder vor Gewalt ausgesprochen wurden:

- 28.06.2009 bis 28.08.2009 (Strafhaft)

- 21.03.2010 bis 19.11.2010 (Strafhaft)

- 05.09.2013 bis 05.11.2013 (Strafhaft)

- 17.07.2014 bis 07.10.2014 (Strafhaft)

- 17.12.2014 bis 09.01.2015 (Therapiezentrum XXXX)

- 02.04.2015 bis 02.06.2016 (Wohnverbot aufgrund einstweiliger Verfügung nach Betretungsverbot; Therapiezentrum XXXX; teilweise behördlich nicht gemeldet)

- 20.04.2017 bis 14.09.2017 (Wohnverbot aufgrund einstweiliger Verfügung nach Betretungsverbot; behördlich nicht gemeldet)

- 05.12.2018 bis heute (Strafhaft; geplante Entlassung am 04.03.2020)

Es kam innerhalb der Familie, teilweise auch in Anwesenheit der beiden Kinder, bereits zu mehreren Vorfällen, die die Erlassung von Betretungsverboten, Wegweisungen und einstweiligen Verfügungen erforderlich machen.

Am 20.03.2015 wurde gegen den Beschwerdeführer nach einer heftigen verbalen Auseinandersetzung und Bedrohung seiner Ehefrau mit den Worten "Ich schlage dir den Kopf ein" ein polizeiliches Betretungsverbot gemäß § 38a SPG ausgesprochen. Das BG XXXX erließ daraufhin mit Beschluss vom 02.04.2015, Zl. XXXXk, gegen den Beschwerdeführer eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO. Ihm wurde damit eine Rückkehr in die gemeinsame Wohnung, sowie das Zusammentreffen und eine Kontaktaufnahme mit seiner Frau für die Dauer von sechs Monaten untersagt.

Am 19.02.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer neuerlich ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG wegen gefährlicher Drohung gegenüber seiner Ehefrau ausgesprochen und in weiterer Folge mit Beschluss des BG XXXX vom 28.02.2017, Zl. XXXX eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO für die Dauer von sechs Monaten erlassen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers machte damals geltend, ein Scheidungsverfahren anzustreben, eingeschüchtert zu sein und Angst zu haben, dass Beschimpfungen auch vor den Kindern erfolgen würden und der Beschwerdeführer ihr gegenüber gewalttätig werde.

Am 15.11.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer neuerlich ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG ausgesprochen. Seine Ehefrau erklärte vor der Polizei: "Ich wollte nicht, dass mein Mann das Haus betritt, da er aggressiv war und ich mich vor ihm fürchtete. Ich wollte ihn nicht mehr ins Haus lassen, da ich mich von ihm trennen möchte. Da ich ihn nicht ins Haus gelassen habe, hat er draußen herumgeschrien, dass er mich schlagen werde. Dabei schlug er gegen die Tür und die Fenster. Ich hatte um mich und meine Kinder Angst und verständigte die Polizei."

Bis zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung am 05.12.2018 unterstützte der Beschwerdeführer seine Ehefrau - mit Ausnahme der oben angeführten Zeiten seiner Abwesenheit - bei der Kinderbetreuung. Er kümmerte sich um seine Kinder, spielte mit ihnen, unternahm mit ihnen gemeinsame Ausflüge und stellte eine wichtige Bezugsperson für sie dar. Durch die Inhaftierung des Beschwerdeführers erfuhr die Eltern-Kind-Beziehung einen wesentlichen Einschnitt. Derzeit steht der Beschwerdeführer mit seinen Kindern alle zwei bis vier Tage in telefonischem Kontakt, persönliche Besuche erfolgten seit seiner Verlegung in die JA XXXX am 05.09.2019 nicht.

Weder der Beschwerdeführer, noch seine Ehefrau gingen (mit Ausnahme weniger Wochen) nach der Geburt der beiden Kinder einer Erwerbstätigkeit nach. Der Familienunterhalt wurde nach Ende der Bezugszeit von pauschalem Kinderbetreuungsgeld bzw. kurzzeitiger Gewährung von Arbeitslosengeld fast ausschließlich durch Sozialleistungen der Republik Österreich bestritten. Aktuell sorgt die Frau des Beschwerdeführers mit den ihr gewährten Sozialleistungen alleine für den Unterhalt der Familie, sowie für die Betreuung ihrer Kinder. Sie wird bei der Kinderbetreuung teilweise von ihrer bei XXXX lebenden Mutter unterstützt.

Der Beschwerdeführer beabsichtigt, nach seiner Entlassung aus der Haft im März 2020 wieder zu seiner Familie zurückzukehren. Auch seine Ehefrau möchte das gemeinsame Familienleben fortführen.

Der Beschwerdeführer hat gewisse Schritte zur Integration gesetzt. Er spricht gut Deutsch, hat die für die Verlängerung seines Aufenthaltstitels erforderlichen Deutschprüfungen absolviert und hat Kontakt zur Familie seiner Frau. Es konnten jedoch keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, jedenfalls keine die über das hinausgehen, was man allein aufgrund der Dauer seines Aufenthaltes von über dreizehn Jahren im Bundesgebiet erwarten kann. Er hat keine weiteren sozialen Kontakte im Bundesgebiet und ist nicht Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Institution. Er ging bis auf wenige Wochen und abgesehen von der im Zuge der Strafhaft zu leistenden Arbeit keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach.

Der Beschwerdeführer weist nachstehende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 03.06.2005 RK 03.06.2005

PAR 27 ABS 1 U 2/2 SMG

PAR 15 StGB

Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 03.06.2005

zu XXXX 03.06.2005

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 03.06.2005

LG XXXX vom 15.01.2009

02) LG XXXX vom 28.08.2009 RK 28.08.2009

PAR 27 ABS 1/1 (8. FALL) SMG

PAR 15 StGB

PAR 27/3 SMG

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 28.08.2009

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 22.12.2009

zu LG XXXX RK 28.08.2009

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG XXXX vom 23.04.2010

zu LG XXXX RK 28.08.2009

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 07.10.2016

03) BG XXXX vom 22.12.2009 RK 29.12.2009

PAR 50 ABS 1/3 WaffG

Datum der (letzten) Tat 21.09.2008

Geldstrafe von 80 Tags zu je 4,00 EUR (320,00 EUR) im NEF 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 01.12.2011

04) BG XXXX vom 21.05.2010 RK 26.05.2010

PAR 27 ABS 1/1 SMG

Datum der (letzten) Tat 30.11.2009

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu BG XXXX RK 26.05.2010

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 29.07.2013

zu BG XXXX RK 26.05.2010

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG XXXX vom 26.08.2014

zu BG XXXX RK 26.05.2010

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 07.10.2016

05) LG XXXX vom 23.04.2010 RK 25.08.2010

PAR 27 ABS 1/1 (8. FALL) U ABS 3 27 ABS 1/1 (1.2. FALL) U ABS 2 SMG

PAR 15 269/1 PAR 83/1 84 ABS 2/4 StGB

Freiheitsstrafe 8 Monate

zu LG XXXX RK 25.08.2010

zu LG XXXX RK 28.08.2009

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 20.11.2010, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 28.10.2010

zu LG XXXX RK 25.08.2010

zu LG XXXX RK 28.08.2009

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 29.07.2013

zu LG XXXX RK 25.08.2010

zu LG XXXX RK 28.08.2009

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 26.08.2014

zu LG XXXX RK 25.08.2010

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 07.10.2016

06) LG XXXX vom 29.07.2013 RK 02.08.2013

§§ 83 (2), 84 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 23.03.2013

Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 10 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 05.11.2013

zu LG XXXX RK 02.08.2013

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 05.11.2013

LG XXXX vom 08.11.2013

zu LG XXXX RK 02.08.2013

Probezeit der bedingten Nachsicht verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 26.08.2014

zu LG XXXX RK 02.08.2013

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 05.11.2013

LG XXXX vom 18.06.2019

07) LG XXXX vom 26.08.2014 RK 01.09.2014

§ 146 StGB

Datum der (letzten) Tat 16.07.2014

Freiheitsstrafe 3 Monate

zu LG XXXX RK 01.09.2014

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 07.10.2016

08) LG XXXX vom 28.01.2019 RK 01.02.2019

§§ 146, 148 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 04.12.2018

Freiheitsstrafe 15 Monate

Gegen den Beschwerdeführer wurde am 01.02.2008 ein nach wie vor gültiges behördliches Waffenverbot gem. § 12 WaffG 1969 erlassen.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Strafhaft in der JA XXXX.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 12.06.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Gambia zitiert. Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia übermittelt. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Politische Lage

Gambia ist eine Präsidialrepublik. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 16.10.2018). Barrow gewann im Dezember 2016 die Wahl gegen den Amtsinhaver Jammeh, der nach einer knapp zweimonatigen innenpolitischen Krise schließlich zur Aufgabe seines Amtes bereit war (AA 5.8.2019).

Seit den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet werden (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018; FH 4.2.2019), befindet sich das Land in einem tief greifenden und anhaltenden demokratischen Transformations- und Demokratisierungsprozess. Der seit 22 Jahren autoritär regierende Präsident, Yaya Jammeh, wurde abgewählt und durch Adama Barrow ersetzt (KAS 16.5.2018).

Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia (KAS 16.5.2018; vgl. FH 4.2.2019; HRW 18.1.2018), um die Sicherheit des Transformationsprozesses und der aktuellen Regierung zu gewährleisten (KAS 16.5.2018). Die internationale Gemeinschaft hat der Barrow - Regierung erhebliche finanzielle Unterstützung gewährt, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung vergangener Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018).

Barrow spricht von einem "neuen Gambia" - öffnet seither das Land nach außen und reformiert es nach innen (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Direkt nach seiner Amtsübernahme erklärte Barrow sein Land zur Republik und ließ den Zusatz "Islamische Republik" streichen. Er stärkt die Freiheit der Bürger, indem Militär- und Polizei-Checkpoints im Land reduziert werden und der Stellenwert von Meinungs- und Pressefreiheit öffentlich beteuert wurde (KAS 16.5.2018). Am 13. 12.2017 wurde das Gesetz der Wahrheits-, Versöhnungs- und Reparationskommission (TRRC) von der Nationalversammlung verabschiedet und vom Präsidenten am 13.1.2018 bestätigt (LHG 2018). Unter der Leitung des Ministeriums für Justiz wurde eine "Truth, Reconciliation and Reparation Commission" eingerichtet, welche an der Aufklärung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 5.8.2019; vgl. KAS 16.5.2018; LHB 2018). In den meisten Fällen gab es keine wirksamen Ermittlungen und die Täter wurden nicht vor Gericht gestellt. Das TRRC-Gesetz sieht die Erstellung einer historischen Aufzeichnung über Art, Ursachen und Ausmaß der im Zeitraum Juli 1994 bis Jänner 2017 begangenen Verstöße und Verletzungen der Menschenrechte und die Gewährung einer Entschädigung für die Opfer vor (LHG 2018).

Ein wichtiges Reformvorhaben der Regierung Barrow ist der am 6.2.2018 vorgestellte nationale Entwicklungsplan (The Gambia National Development Plan), der als Grundlage der Beratung der Geberkonferenz am 22.5.2018 in Brüssel gilt. Der Entwicklungsplan betont die Wichtigkeit von Demokratie, guter Regierungsführung, Menschenrechte, sowie Sicherheit und Wohlstand für alle (KAS 16.5.2018). Die innenpolitische Reformbereitschaft Barrows in Gambia wird auch durch das Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe deutlich, das am 18.2.2018 in Kraft trat. Vorerst wurden keine Hinrichtungen mehr vorgenommen, die Abschaffung der Todesstrafe soll noch folgen (KAS 16.5.2018).

In Gambia fanden am 12.4.2018 und am 12.5.2018 Lokal- und Kommunalwahlen statt. Die Wahlen verliefen friedlich ohne Zwischenfälle (KAS 16.5.2018; vgl. UNSC 29.6.2018). Als Bürgermeisterin in der Hauptstadt Banjul wurde mit Rohey Malick Lowe, erstmals eine Frau gewählt (KAS 16.5.2018). Die Vereinigte Demokratische Partei unter der Leitung von Außenminister Ousainou Darboe gewann die Mehrheit der Sitze, während die Alliance for Patriotic Reorientation and Construction of Ex-Präsident Yahya Jammeh weniger als 15 % der Sitze erlangte. In der Zwischenzeit hat die Regierung weitere Fortschritte gemacht bei der eine Reihe von Reformprozessen, unter anderem in den Bereichen Sicherheitssektor Reform und Übergangsjustiz, durchgeführt wurden (UNSC 29.6.2018).

Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Gambias ähneln einer Herkulesaufgabe und stehen unter Zeitdruck. Die Bevölkerung erwartet sichtbare Resultate in der Dezentralisierung des Landes, in der Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie in der Verbesserung ihrer persönlichen Lebenssituation. Dazu gehört auch ein Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum, die Reform des Sicherheitsapparates, die Aufarbeitung der Schreckenstaten während des Jammeh-Regimes und die sichtbare Entwicklung der Infrastruktur des Landes (KAS 16.5.2018).

Sicherheitslage

Laut France Diplomatie wird im gesamten Staatsgebiet zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen (FD 14.1.2020; vgl. BMEIA 3.12.2019), vor allem wegen Aktivitäten krimineller Netzwerke in entlegenen Teilen entlang der südlichen Grenze zum Senegal (BMEIA 3.12.2019). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont. Angesichts möglicher terroristischer Aktivitäten in der ganzen Region Westafrika können jedoch auch in Gambia Anschläge gegen westliche Einrichtungen oder Staatsangehörige nicht ausgeschlossen werden (AA 8.1.2020). Im Rest des Landes wird ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ausgerufen (BMEIA 3.12.2019).

Allgemeine Menschenrechtslage

Der neue Präsident Adama Barrow machte deutlich, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung darin bestehen würde, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten (EASO 12.2017). Zu den wichtigsten Menschenrechtsvergehen gehören: harte und potenziell lebensbedrohliche Haftbedingungen; mangelnde Verantwortlichkeit in Fällen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich Vergewaltigung und weiblicher Genitalverstümmelung (FGM); Menschenhandel und Kinderarbeit. Die Regierung unternimmt Schritte, um einige Personen, die Missbräuche begangen haben, zu verfolgen oder zu bestrafen. Dennoch blieben Straflosigkeit und das Fehlen einer einheitlichen Durchsetzung Probleme (USDOS 13.3.2019).

Das Menschenrechtsklima in Gambia hat sich seit dem Amtsantritt von Präsident Barrow deutlich verbessert (HRW 18.1.2018). Die neue Regierung versprach, Gambia zur "Menschenrechtshauptstadt Afrikas" zu machen, ließ zahlreiche politische Gefangene frei und begann, die Justiz zu stärken und die Sicherheitsdienste zu reformieren. Die internationale Gemeinschaft leistete der Regierung Barrow erhebliche finanzielle Unterstützung, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung früherer Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018). Mitglieder des Jammeh-Regimes werden nicht systematisch verfolgt (EASO 12.2017).

Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert und seit Amtsübernahme der Regierung durch Barrow werden diese staatlicherseits respektiert und gewährleistet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.2.2019; HRW 18.1.2018; USDOS 13.3.2019). Die neue Regierung unternahm mehrere bedeutende Anstrengungen, um ein günstigeres Umfeld für die Meinungsfreiheit zu schaffen. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Meinungsfreiheit, auch für die Presse, vor, und die Regierung respektierte dieses Recht (FH 1.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Die Selbstzensur ist zurückgegangen und mehr Menschen ergreifen den Beruf des Journalisten, Journalisten kehren vermehrt aus dem Exil zurück (FH 4.2.2019; vgl. AI 22.2.2018). Dennoch bleiben restriktive Mediengesetze zumindest am Papier erhalten und es gibt vereinzelte Berichte über Verhaftungen und Polizeiübergriffe gegen Journalisten (FH 4.2.2019). Radioprogramme, Nachrichten-Websites und Fernsehsender sind in Gambia online zugänglich. Internationale Sender wie die BBC, Voice of America und Nachrichten-Websites aus der Diaspora, die der Regierung Jammeh sehr kritisch gegenüberstanden, bleiben eine wichtige Informationsquelle (EASO 12.2017).

Die gesetzlichen Regelungen aus der Jammeh-Ära, welche die Pressefreiheit stark eingeschränkt haben, wurden im Mai 2018 vom Obersten Gerichthof weitestgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Barrow-Regierung hat das Gesetz seit Amtsantritt nicht angewendet. Seit dem Regierungswechsel liegen auch keine Hinweise auf Einschränkungen der Medienfreiheit vor. Die Regierung sucht den Austausch mit Journalisten und der "Gambia Press Union". In Kooperation mit der Menschenrechts-NGO Article 19 erarbeitet die Regierung aktuell ein neues Mediengesetz (AA 5.8.2019). Allerdings hat die Regierung noch keine Gesetzesänderungen vorgenommen, die eine Genehmigung für öffentliche Kundgebungen erfordern, was eine Verletzung der Versammlungsfreiheit darstellt (HRW 18.1.2018). Die Regierung verpflichtete sich zur Reform mehrerer repressiver Mediengesetze (AI 22.2.2018).

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung und Gesetze ermöglichen die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.3.2019).

Die Bewegungsfreiheit wird durch schlechte Straßen und Sicherheitskontrollen beeinträchtigt (FH 4.2.2019).

Grundversorgung

Gambia ist im internationalen Vergleich eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung verfügt über eine garantierte Ernährungssicherheit. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren zwischen 2014 und 2016 über 200.000 Gambier gezwungen, sich auf humanitäre Hilfe zu verlassen (EASO 12.2017). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist v.a. in ländlichen Gegenden nur beschränkt gewährleistet (EASO 12.2017). Das staatliche "Social Welfare Service" bietet für bedürftige Frauen und Kinder Unterbringung, Nahrung und Kleidung. Nach Angaben der Weltbank sind knapp 40 % der Kinder unter 5 Jahren akut unterernährt. Sozialhilferegelungen etc. bestehen nicht (AA 5.8.2019).

Gambia ist wirtschaftlich schwach. Etwa drei Viertel der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Familien bauen auch in kleinem Umfang Produkte für den Eigenbedarf an. Viele führen kleine Einzelhandelsgeschäfte (EASO 12.2017).

Die Wirtschaft des Landes ist aufgrund von Rückschlägen abgewürgt (KAS 16.5.2018). Zudem ist die Landwirtschaft anfällig für Überschwemmungen und Dürren (EASO 12.2017). Die schlechte landwirtschaftliche Ernte führte 2016/2017 zu Ausfällen (KAS 16.5.2018). Der Landwirtschaftssektor ist nicht vielfältig genug aufgestellt, 91 % der Landbevölkerung sind Kleinbauern, mehrheitlich durch Subsistenzwirtschaft geprägt. Das Land ist stark importabhängig, praktisch alle Güter des täglichen Gebrauchs werden importiert. Die Preise sind entsprechend hoch (KAS 16.5.2018).

Negativ wirkte sich auch die politische Krise des Jahres 2017 aus. Der jüngste Länderbericht des Internationalen Währungsfonds schätzt, dass die Tourismuseinnahmen im ersten Quartal 2017 aufgrund der politischen Turbulenzen um rund ein Drittel (8,8 Mio. $) gesunken sind (EASO 12.2017) und sich nur zögerlich erholten (KAS 16.5.2018). Die Überweisungen (Geldtransfers) von Auswanderern in ihr Heimatland werden auf rund 10% des BIP geschätzt. Im internationalen Handel haben China und Indien die EU (insbesondere Frankreich und Großbritannien) als Hauptexporteur teilweise abgelöst (EASO 12.2017).

Eine zerstörte Wirtschaft, ausgebeutete Staatsressourcen, eine ineffiziente Infrastruktur, enorme soziale Herausforderungen sowie ein Mangel an Möglichkeiten für die junge Bevölkerung waren die Rahmenbedingungen, unter denen Barrow seine Präsidentschaft angetreten hat (KAS 16.5.2018).

Als Jammeh Anfang 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea ging, nahm er Vermögenswerte mit unbekanntem Wert mit (EASO 12.2017). Der systematische Diebstahl von Staatseigentum wurde rückwirkend seit 2014 auf 4 % des BIP jährlich geschätzt (KAS 16.5.2018). Laut Medien sei das Land "fast bankrott". Niedrige Ernteerträge, ängstliche Touristen und Investoren sowie wachsende Staatsverschuldung tragen zur weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation bei (EASO 12.2017). Das Land ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) machten die Hilfen ausländischer Geber 2013 11% des BIP aus (EASO 12.2017). Die externe Schuldenlast beläuft sich auf über 1 Mrd. US-Dollar (20 % des BIP). Aufgrund der Schuldennotlage können keine neuen Investitionen im Land getätigt werden, der Privatsektor erhält auch keinen Zugang zu Krediten auf dem Finanzmarkt. Die Elektrizitätskrise mit mehrmals täglichen Stromausfällen behindert zudem wirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen (KAS 16.5.2018).

Ausländische Geber versprachen der Barrow-Regierung finanzielle Unterstützung unter der Bedingung, dass die Entwicklung der Demokratie gefördert und die Menschenrechte geachtet werden (EASO 12.2017).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung in Gambia ist mangelhaft (AA 5.8.2019), wogegen die ärztliche Versorgung im Großraum Banjul ausreichend ist (BMEIA 3.12.2019). Die medizinische Versorgung im Lande bleibt eingeschränkt und ist technisch, apparativ und / oder hygienisch problematisch. Auch im privaten Sektor ist nur eine begrenzte Diagnostik und Behandlung möglich (AA 18.9.2018; vgl. AA 5.8.2019). Deutlich besser ist die Lage in Privatkliniken, wobei auch diese diese keinen europäischen Standard bieten (AA 5.8.2019). Die Versorgung ist besonders bei Notfällen, z. B. nach Autounfällen, aber auch im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles sehr eingeschränkt (AA 18.9.2018). Die Mehrheit der Gesundheitseinrichtungen befindet sich im Stadtgebiet, was bedeutet, dass der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen in ländlichen Gebieten komplexer ist. Im Allgemeinen leiden alle Einrichtungen unter einem Mangel an gut ausgebildetem Personal und Defiziten in Bezug auf Infrastruktur, medizinische Ausrüstung und Versorgung mit bestimmten Medikamenten (EASO 12.2017).

Eine allgemeine Krankenversicherung existiert nicht. Staatliche Krankenhäuser bieten zwar eine quasi kostenlose Versorgung, diese ist jedoch aufgrund mangelnder Ärzte, Apparaturen und Medikamente unzureichend. Es existiert eine staatliche psychiatrische Einrichtung, in der es allerdings oft an Medikamenten und gelegentlich an Lebensmitteln fehlt. Die Einrichtung wird von kubanischen Ärzten betreut, die nicht immer anwesend sind. Die Versorgung mit Medikamenten ist über Apotheken möglich (AA 5.8.2019).

Die traditionelle Medizin ist für einen Großteil der Bevölkerung Gambias oft der erste Ansprechpartner, da die Ärzte über das ganze Land verstreut und vor allem in ländlichen Regionen besser zugänglich sind. Und auch die Behörden Gambias streben eine stärkere Partnerschaft mit traditionellen Heilern an, um die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern. Im Jahr 2015 gab es in Gambia 213 Mediziner (1.1 Arzt für 10.000 Einwohner). Darüber hinaus erlauben traditionelle Mediziner oft Sachleistungen, die für arme Haushalte günstiger sind (AA EASO 12.2017).

Rückkehr

Die Regierung arbeitete mit dem Büro des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylbewerbern, Staatenlosen oder anderen Betroffenen Schutz und Unterstützung zu gewähren (USDOS 13.3.2019).

Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Rückkehrerinnen und Rückkehrern existieren nicht. Rückkehrer werden in der Regel wieder von ihrer (Groß-) Familie aufgenommen. Zwischen der International Organisation of Migration (IOM) und der EU wurde eine Vereinbarung zum Schutz und zur Wiedereinbürgerung von Migranten getroffen (EU-IOM Initiative on Migrant Protection and Reintegration), welche Unterstützung für freiwillig oder zwangsweise zurückgekehrte Gambier vorsieht. Der erhebliche Rückstau bei den Reintegrationsmaßnahmen wegen unerwartet hohen Rückkehrerzahlen v.a. aus Libyen und Anlaufschwierigkeiten des 2017 eingerichteten IOM-Büros konnte seit Mitte 2018 in etwa halbiert werden. Zum Stand März 2019 erhielten knapp 2.500 von insgesamt ca. 4.100 Rückkehrern Reintegrationsunterstützungsmaßnahmen. Des Weiteren gibt es zahlreiche NGOs, die in Gambia tätig sind, hauptsächlich im Grundbildungsbereich (AA 5.8.2019).

Der UNHCR koordinierte die Regierungsarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration, der Gambia Red Cross Society und anderen Organisationen, um diesen Schutz und diese Unterstützung zu gewährleisten (USDOS 13.3.2019).

Rückkehrer bzw. wiedereingebürgerte Personen unterliegen keiner besonderen Behandlung. Fälle von Misshandlung oder Festnahmen sind nicht bekannt. Bei Rückkehr muss nicht mit staatlichen Maßnahmen aufgrund der Asylantragstellung gerechnet werden. Der "Social Welfare Service" unterhält eine Einrichtung zur Unterbringung von Minderjährigen, dürfte sich aber eher an Kinder jüngeren Alters richten. Ob eine Unterbringung von abgeschobenen Minderjährigen dort möglich ist, muss im Einzelfall geklärt werden (AA 5.8.2019).

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage kann zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird. Er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und es haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG 2005 in seinen Heimatstaat Gambia unzulässig wäre. Eine nach Gambia zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia eine Verletzung von Art. 2 oder 3 der EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Es wird weiters festgestellt, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, auch wenn ihm sein privater Familienverband keine soziale Sicherheit bieten sollte, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann.

2. Beweiswürdigung

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz, in die Beschwerdevorentscheidung und in den Vorlageantrag, in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia", sowie durch persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau als Zeugin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14.02.2020.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-Web wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden gambischen Reisepasses Nr. XXXX zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Österreich - zunächst unter Verwendung einer Alias-Identität als Asylwerber, ab 2007 auf Grundlage eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" - ergeben sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einer eingeholten zmr- Auskunft.

Die Feststellungen zu seinem Familienstand, seinem Gesundheitszustand, seinen Lebensumständen, seiner Ausbildung, seiner Arbeitsfähigkeit, sowie zu seinen familiären Anknüpfungspunkten in Gambia gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Die Darstellung der familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers findet in den vorliegenden Geburts- und Heiratsurkunden, Haftbestätigungen, Polizeiberichten, gerichtlichen Beschlüssen, den eingeholten zmr- Abfragen, sowie den Angaben des Beschwerdeführers und seiner als Zeugin befragten Ehefrau bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung Deckung.

In der Beschwerde wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer habe wesentlich zur Erziehung seiner Kinder beigetragen und stelle für diese eine wichtige Bezugsperson dar.

Dies wird auch durch die Angaben seiner Ehefrau bestätigt, die bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 14.02.2020 zu Protokoll gab:

"Ich würde sagen, dass es eine Auf und Ab Beziehung war. Ich glaube, dass wir beide sehr intensiv an uns gearbeitet haben. Ich bezeichne es als Seelenbeziehung. Es verbinden uns zwei Kinder, für die wir als Eltern zum gleichen Teil Sorge tragen und auch im gleichen Ausmaß eine Beziehung haben. Das wesentliche, warum ich heute sitze ist für mich, dass ich glaube, dass der BF eine unentbehrliche Bezugsperson für unsere beiden Kinder ist." (Verhandlungsschrift Seite 12)

(...)

"Mussa hat seine Töchter immer mit Liebe betrachtet und ich glaube, dass es in der Entwicklung von Töchtern einen wesentlichen Unterschied macht. Er war immer stolz auf sie. Er hat sie gelobt und gefördert. Er ist die wichtigste Bezugsperson, nach mir. Da ich berufstätig war, haben sie sehr intensive Zeit mit ihm verbracht. Ein Beziehungsabbruch ist nicht förderlich für Kinder mit anderer Hautfarbe noch mehr. Sie brauchen ein Vorbild, auf das sie aufschauen können. Trotz seines Scheiterns, haben sie dies immer." (Verhandlungsschrift Seite 13)

Vorgelegt wurde auch ein Brief der älteren Tochter des Beschwerdeführers an ihren Vater, worin diese schreibt, dass sie den Beschwerdeführer sehr vermisse, jeden Tag an ihn denke und ihn immer lieben werde. Die Zeit ohne ihn sei ziemlich schwer gewesen, noch längere Zeit ohne den Beschwerdeführer wäre für sie unvorstellbar und deprimierend.

In einer Stellungnahme einer Freundin der Familie vom 13.02.2020 ist von einer intensiven, emotionalen Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen beiden Töchtern die Rede.

Auf der anderen Seite steht die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte wichtige Rolle für seine Familie, die er auch in der mündlichen Verhandlung immer wieder hervorhob, in eklatantem Widerspruch zu seinem in den letzten Jahren an den Tag gelegten Verhalten.

So hielt ihn auch die Geburt seiner beiden Töchter nicht davon ab, wiederholt straffällig zu werden. Die mehrmaligen Verurteilungen (sieben Mal nach der Geburt seines ersten Kindes; fünf Mal nach der Geburt seines zweiten Kindes) und wiederholten Gefängnisaufenthalte (in der Höhe von 2, 9, 2, 2 1/2, und zuletzt 15 Monaten) führten zu keiner Läuterung.

Auch war er trotz uneingeschränkter Arbeitserlaubnis zu keinem Zeitpunkt in der Lage, seine Familie mit eigener Arbeit zu erhalten. Der Beschwerdeführer rechtfertigte dies damit, dass es in seiner Familie keine klassische Rollenverteilung gebe, weil seine Ehefrau einer Beschäftigung nachgegangen sei, während er auf die gemeinsamen Kinder aufgepasst habe. Er stelle eine unentbehrliche Hilfe dar. Allerdings ist aus einer eingeholten AJ-Web Auskunft ersichtlich, dass auch die Ehefrau des Beschwerdeführers in den letzten 13 Jahren nur einmal für wenige Wochen einer gemeldeten Beschäftigung nachgegangen ist, und zwar von 18.09.2018 bis 17.02.2019. Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers auf fremde Unterstützung angewiesen ist, um einen neuerlichen Eintritt in den Arbeitsmarkt zu bewältigen, mag stimmen, gleichzeitig ist aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich, dass ihr die Anwesenheit des Beschwerdeführers dabei in der Vergangenheit geholfen hätte.

Auch die sonstigen Umstände, insbesondere die mehrmals ausgesprochenen polizeilichen Betretungsverbote und einstweiligen Verfügungen, sprechen nicht für ein verantwortungsbewusstes Verhalten gegenüber Ehefrau und Kindern. Laut der als Zeugin befragten Ehefrau seien die gemeinsamen Kinder auch bei zwei Situationen, die ein Einschreiten der Polizei erforderlich machten, anwesend gewesen. Aufgrund seines Verhaltens war es dem Beschwerdeführer zwei Mal über einen Zeitraum von jeweils mehreren Monaten untersagt, zu seiner Familie zurückzukehren. Der Beschwerdeführer relativierte dies im Rahmen der Beschwerdeverhandlung und suchte die Verantwortung mehr bei seiner Frau, als bei sich selbst: "Ich habe meine Frau niemals bedroht, wir lieben uns ja. Streit hatten wir schon manchmal, dann haben entweder die Nachbarn oder meine Frau selbst die Polizei gerufen. Ich hatte viele Wegweisungen, die längste war sechs Monate, andere Wochen bzw. ein oder zwei Monate. Wir haben das aber immer ignoriert und ich war nie von Zuhause weg, da mich meine Frau kurz darauf immer wieder angerufen und mich gebeten hat zurückzukommen, weil sie nicht wollte, dass sie alleine mit den Kindern ist und die Kinder auch ständig nach mir gefragt hatten. Die Kinder besonders XXXX verstehen, dass meine Frau manchmal zornig ist und dann nicht weiß, was sie tut. (...)" (Verhandlungsschrift Seite 7)

Laut dem eingeholten zmr-Auszug waren die Zeiten der Abwesenheit des Beschwerdeführers aufgrund dieser Vorfälle aber durchaus länger, so war er etwa von 02.04.2015 bis 02.06.2016 und von 20.04.2017 bis 14.09.2017 behördlich nicht bei seiner Familie gemeldet.

Dieses ambivalente Verhalten des Beschwerdeführers schadete zweifelsohne dem Aufbau einer stabilen Vater-Kind-Beziehung. Somit kann der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, der Beschwerdeführer stelle eine unentbehrliche Bezugsperson für seine Kinder dar, nicht uneingeschränkt gefolgt werden.

Daher war in Zusammenschau festzustellen, dass ein Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet besteht, welches jedoch nicht ungetrübt ist.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine tiefgreifende soziale und integrative Verfestigung im Sinne des Art. 8 EMRK aufweist, resultiert insbesondere aus dem Verwaltungsakt und aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. So konnte sich der erkennende Richter zwar ein Bild von seinen guten Deutschkenntnissen machen, besondere Integrationsbemühungen des seit 2007 in Österreich lebenden Beschwerdeführers sind aber nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer selbst erklärte, keine Kurse zu besuchen und keinem Verein anzugehören. Der einzige soziale Kontakt, den er habe, sei die Familie seiner Frau. Zusammengefasst war somit die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keinen Grad der Integration aufweist, der seiner langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet entspricht.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit leiten sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 13.02.2020 ab.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Gambia samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Gambia ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.12.2019): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 16.1.2020

- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html Zugriff 18.9.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425363.html, Zugriff 18.9.2018

- KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (16.5.2018): Ein Jahr Demokratie in Gambia, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52476-544-1-30.pdf?180516145500, Zugriff 4.9.2018

- UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of the Secretary-General on the activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel, https://www.ecoi.net/en/file/local/1438086/1226_1531382798_n1817627.pdf, Zugriff 6.9.2018

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 25.11.2019

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Gambia: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624, Zugriff 18.9.2018

- AA - Auswärtiges Amt (16.10.2018): Gambia: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambia/213610, Zugriff 26.11.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Gambia, The, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/gambia, Zugriff 26.11.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/The-Gambia-2018.pdf, Zugriff 25.11.2019

- PFD - the Point for Freedom and Democracy (3.12.2019): UN rapporteur urges Gambia to reform judicial system, http://thepoint.gm/africa/gambia/article/un-rapporteur-urges-gambia-to-reform-judicial-system, Zugriff 3.12.2019

- FD - France Diplomatie (14.1.2020): Conseils par pays, Gambie, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/gambie/, Zugriff 16.1.2020

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Aus diesen Länderfeststellungen ergibt sich insgesamt, dass in Gambia für die Masse der Bevölkerung nicht im gesamten Staatsgebiet jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, welche die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt (vgl. dazu VwGH vom 21. August 2001, 2000/01/0043). Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine nach Gambia abgeschobene Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt.

Dem Beschwerdeführer wurden die aktuellen Länderberichte zu Gambia im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und trat er diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland auch nicht substantiiert entgegen, weshalb die obgenannten Länderfeststellungen der gegenständlichen Entscheidung bedenkenlos zugrunde gelegt werden konnten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtliche Grundlagen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 4 und Abs. 9, § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Ziffer 1, sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1-3) ...

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.-3.

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder (...)

5. ...

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10.-11.) ...

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) ...

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2-9. ...

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) ...

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."

§ 11 Abs. 1 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, lautet:

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (...)"

Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der Beschwerdeführer hält sich derzeit aufgrund des ihm erteilten Aufenthaltstitels "Familienangehörige", gültig bis zum 22.01.2021, rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid zutreffend fest, dass gemäß § 52 Abs. 4 Z 4 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei, da der Beschwerdeführer den Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 NAG erfülle. Sein Aufenthalt widerstreite öffentlichen Interessen. Diesbezüglich wurde auf den Unrechtsgehalt der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten verwiesen.

Die Aufenthaltsbeendigung von straffällig gewordenen Ausländern gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Hierbei sind vor allem die Art der begangenen Straftat sowie deren Schwere und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild relevant. Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR kommt der Anzahl der begangenen Straftaten weniger Bedeutung zu als der Dauer der strafbaren Phase und der insgesamt verhängten Strafe.

Wann jedenfalls anzunehmen ist, dass der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, legen § 53 Abs. 2 und 3 FPG fest, wobei Abs. 3 Fälle einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nennt.

Das Bundesverwaltungsgericht folgt der Ansicht des BFA, dass die zahlreichen Verurteilungen des Beschwerdeführers an sich wegen der Vergehen des Suchtgifthandels, des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels, des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, der schweren Körperverletzung und des Betrugs, sowie wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges ein hohes öffentliches Interesse an seiner Außerlandesbringung begründen. Sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet stellt zweifelsohne eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd § 53 Abs. 3 FPG dar. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.2.2. zu Spruchpunkt II. - Einreiseverbot verwiesen.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074; VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; VwGH 22.2.2017, Ra 2017/19/0043).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, sozia

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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