TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/29 I422 2214121-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.02.2020
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Entscheidungsdatum

29.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2214121-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX), geb. am XXXX, StA. Irak, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2019, Zl. 1105310609/160227480, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.11.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 11.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 13.02.2016 gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass er von den IS Kämpfern und anderen internen Gruppen habe getötet werden sollen.

2. Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme vom 11.08.2016 sprach die belangte Behörde mit Bescheid vom 15.09.2016, Zl. 1105310609 - 160227480 die Zuständigkeit Kroatiens für die Prüfung seines Asylantrages aus und erklärte seine Abschiebung nach Kroatien für zulässig. Einer dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.12.2016, GZ: W241 2138965-1/8E statt und behob den Bescheid.

3. Am 10.04.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er im Juni 2014 telefonisch vom IS bedroht worden sei. Außerdem sei er im Dezember 2014 von den Volksmobilmachungsmilizen zum Kampf gegen den IS aufgefordert worden, was er jedoch abgelehnt habe. Bei einem weiteren Rekrutierungsversuch der Volksmobilmachungsmilizen sei er von deren Mitgliedern geschlagen worden und habe daraufhin seine Heimatstadt verlassen und sei nach Bagdad gezogen. Aufgrund von Rückenproblemen sei der Beschwerdeführer in weiterer Folge nach Indien gereist um sich dort medizinisch behandeln zu lassen. Auf dem Weg dorthin habe er ein hochrangiges Mitglied der Al Badr Partei kennengelernt. Dieser habe ihn nach der Rückkehr aus Indien gewarnt, dass der Beschwerdeführer und dessen Familie aufgrund der früheren Mitgliedschaft des Vaters zur Ba¿ath Partei von der Al Badr Miliz gesucht werde, woraufhin der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat verlassen habe.

4. Mit Bescheid vom 02.01.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Des Weiteren setzte die belangte Behörde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.

6. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und fand am 18.11.2019 am Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist irakische Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet ein. Er stellte am 11.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen derart erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die einer allfälligen Rückkehr entgegenstehen und er ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer stammt aus Haditha und besuchte dort zwölf Jahre lang die Schule und schloss diese mit Matura ab. Anschließend absolvierte er von 2000 bis 2004 in Bagdad das Linguistik Studium mit dem Hauptfach Türkisch. Nach dem Studium arbeitete der Beschwerdeführer zunächst von 2005 bis 2010 als Taxifahrer. Von 2010 bis 2011 war er als Bürokraft an der syrisch-irakischen Grenze beschäftigt und verdiente sich zuletzt von 2011 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 als Maler und Anstreicher sowie als Innendekorateur und Designer seinen Lebensunterhalt. Zuletzt war er in Haditha wohnhaft und verließ von dort seinen Herkunftsstaat.

Im Irak leben nach wie vor die Mutter sowie fünf Schwestern und vier Brüder des Beschwerdeführers. Eine der Schwestern des Beschwerdeführers lebt in Bagdad, die restlichen Familienmitglieder sind in Haditha wohnhaft. Zumindest zu seiner Mutter und seiner Schwester steht der Beschwerdeführer in telefonischem Kontakt.

In Österreich leben keine Verwandten des Beschwerdeführers und führt der Beschwerdeführer keine Beziehung.

Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Deutschkurse, gegenwärtig den Deutschkurs B1 und absolvierte die Deutschprüfung im Niveau A1 Er spricht auf einfachem, aber gut verständlichem Niveau deutsch. Er nahm an einem Werte- und Orientierungskurs teil und absolvierte am 27.06.2019 die ÖSD Integrationsprüfung A2. Darüber hinaus ist er Mitglied bei der Organisation "you are welcome" und nimmt im Rahmen dieses Vereins an regelmäßigen Treffen teil. Zudem unterstützt er im September und im Oktober 2019 stundenweise das Projekt "CORE - Integration im Zentrum" bei der fotografischen Dokumentation von Veranstaltungen und Aktivitäten und der Mitgestaltung von Publikationen. Ebenso betätigt sich der Beschwerdeführer bei Veranstaltungen im Rahmen des "Sozialen Fonds Wien". Er verfügt über einen regen Freundeskreis. Seine Freizeit verbringt er häufig mit Fotografieren.

Er geht in Österreich keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Irak aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird.

In seinem Herkunftsstaat war der Beschwerdeführer weder einer Verfolgung durch den IS, durch Mitglieder der Volksmobilisierungseinheiten noch durch Mitglieder der Al Badr Miliz ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im gegenständlichen Fall lauten die wesentlichen Feststellungen:

1.3.1. Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:

Seit dem Sieg über den IS kehrt der Irak nach Jahren bewaffneter Auseinandersetzungen und Übergriffen und einer damit verbunden tiefen ethnische und konfessionelle Spaltung des Landes langsam zur Normalität zurück und widmet sich verstärkt dem Wiederaufbau, der auch international unterstützt wird.

Die Bekämpfung der Korruption, das Wiedererlangen von Vertrauen innerhalb der gespaltenen Gesellschaft, die Beseitigung der Zerstörungen an der Infrastruktur und die Eingliederung der Milizen in die staatlichen Strukturen gehen langsam vor sich, vielen Menschen geht dieser Prozess zu langsam und das findet in Übergriffen unterschiedlichster Ausprägungen ihren Niederschlag (IS zeigen in Form von gezielten Anschlägen ihre Präsenz, Milizen durch vereinzelte Übergriffe; Bevölkerungsgruppen demonstrieren und bringen so ihren Unmut und ihre Unzufriedenheit über die aktuelle Lage zum Ausdruck, etc.).

Die sicherheitsrelevanten Vorfälle haben sich aber zuletzt auf einem Niveau eingependelt, dass für Personen, die keine besondere Vulnerabilität aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse aufweisen, eine Rückkehr zumutbar und vertretbar ist.

1.3.2. Zur Sicherheitslage in Al Anbar:

Im Hinblick auf die Sicherheitslage im Gouvernement Anbar ist auszuführen, dass auch wenn die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle nach dem Sieg über den IS und den Abschluss der diesbezüglichen Militäroperationen sank, die Lage dennoch volatil bleibt. Im Gouvernement Anbar gibt es viele verschiedene Kontingente von Sicherheitskräfte, Armee-Kommandos, diverser Milizen sowie US-amerikanische Armee-Einheiten aktiv sind. Deren nicht-einheitliche Führung schafft Lücken und ein Vakuum zwischen den Verantwortungsbereichen, das von bewaffneten Gruppen ausgefüllt und zu deren Reorganisation genutzt wird. Den Quellen zu folgen beschränkt sich der Einfluss der Sicherheitskräfte auf die Städte, während die Wüsten von den bewaffneten Gruppierungen kontrolliert werden. Durch die Niederlage des IS im benachbarten Syrien sickerten unzählige Kämpfer der Terrororganisation in das Wüstengebiet Anbars ein und unternimmt der IS eine Reorganisation in den Wüstengebieten nahe des Wadi Hauran und anderen Zonen. Dem setzen die irakischen Sicherheitskräfte ausgeweitete Militäroperationen entgegen, um Mitglieder des IS in den Wüstengebieten aufzuspüren, ein Wiedererstarken des IS zu unterbinden und auch die Wüstengebiete zu sichern, weshalb am 04.03.2019 große Teile der Westwüste Anbar zu militärischem Sperrgebiet erklärt wurden. Bedrohungen für Rückkehrer bleiben explosive Kriegsrelikte, das Risiko von Anschlägen und Angriffen durch den IS sowie die eine Verfolgung aufgrund einer wahrgenommenen oder behaupteten Verbindung zum IS. Laut den Vereinten Nationen betrifft ein derzeitiger Schwerpunkt des Wiederaufbaus das Gouvernement Anbar. Zuletzt wurde dort vom 31.07. bis 01.08.2019 in Haditha eine Koordinations-Veranstaltung zum Wiederaufbau abgehalten an dem die lokalen Behörden inklusive dem Bürgermeister und der Stadtverwaltung, sowie 13 örtlichen und internationalen NGOs beteiligt waren.

1.3.3. Zur Lage ehemaliger Mitglieder der Ba¿ath-Partei:

Der Sturz Saddam Husseins und seines Regimes führte zur Auflösung und dem Verbot der Ba'ath-Partei. Im Zuge der Ent-Ba'athifizierung von 2003-2013 kam es zu Festnahmen unter dem Anti-Terror-Gesetz, zu Inhaftierungen ohne ordentliche Verfahren und zur Folter von Tausenden von Menschen, die der Mitgliedschaft in der Ba'ath-Partei bezichtigt wurden. Während die schiitischen Parteien den Prozess Ent-Ba'athifizierung unterstützten, erachteten die Sunniten die Ent-Baathifizierung als Instrument der "Ent-Sunnifizierung", das dazu eingesetzt würde, um Sunniten an einer Teilnahme am öffentlichen Leben zu hindern. Sunniten und lokalen Nichtregierungsorganisationen zufolge setzte die Regierung die selektive Anwendung der Ent-Baathifizierungsbestimmungen - die auf ehemalige schiitische Ba¿athisten nicht angewendet wurde - fort, um viele Sunniten für eine staatliche Beschäftigung nicht mehr zuzulassen. Ungeachtet einer daraus folgenden Diskriminierung leitet sich aus den Berichten keine systematische Verfolgung von ehemaligen Mitgliedern der Ba¿ath-Partei ab.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz des Beschwerdeführers, den von dem Beschwerdeführe vorgelegten Unterlagen und die Angaben Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) sowie dem Strafregister eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Person, insbesondere seiner Volljährigkeit, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinem Familienstand gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund einer sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopie seines Reisepasses fest.

Die Antragsstellung des Beschwerdeführers und sein seither bestehender Aufenthalt im Bundesgebiet leiten sich aus dem Verwaltungsakt und einem aktuellen Auszug des ZMR ab.

Dass der Beschwerdeführer an keinen erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet und er arbeitsfähig ist, ergibt sich aus dessen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht. In seinem Administrativverfahren bezeichnete sich der Beschwerdeführer selbst als gesund und ergaben sich keinerlei Anzeichen psychischer oder physischer Beeinträchtigungen. Erstmalig brachte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, dass er an Depressionen leide. Dies äußere sich darin, dass er zuhause bleibe, wenn es ihm psychisch schlecht gehe. Er nehme jedoch keine Medikamente ein und stehe nicht in fachärztlicher Behandlung. Sein Hausarzt habe vermeint, dass es nicht "so schlimm sei", ihm diesbezüglich geraten mehr an die frische Luft zu gehen und nicht umgehend mit einer medikamentösen Behandlung zu beginnen. Aufgrund seiner diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer keinerlei anderslautenden medizinischen Unterlagen vorlegte, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an keinen erheblichen psychischen Beeinträchtigungen leidet. Ungeachtet dessen ergibt sich aus dem Amtswissen des Gerichtes, dass Depressionen im Irak behandelbar und auch die gängigsten Medikamente bzw. Wirkstoffe erhältlich sind.

Die Feststellungen hinsichtlich der Schul- und Hochschulbildung des Beschwerdeführers, seinen bisherigen Arbeitserfahrungen, seinen letzten Aufenthaltsorten im Irak sowie zu seinen nach wie vor bestehenden und aufrechten familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich ebenso aus dessen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde sowie den gleichbleibenden Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Bei seiner mündlichen Beschwerdeverhandlung verneinte der Beschwerdeführer das Vorhandensein familiärer Anknüpfungspunkte und die Führung einer Beziehung im Bundesgebiet. Er bestätigte, dass er mit der von ihm vor der belangten Behörde angegebenen "Lebensgefährtin" namens Angela keine Beziehung führe. Angela sei als Lehrerin sehr beschäftigt und habe sich die Beziehung dadurch abgeschwächt. Auch sei es ein Problem gewesen, dass Angela Hunde halte, er jedoch Angst vor Hunden habe. Die Feststellungen hinsichtlich seiner Lebensumstände in Österreich und seiner integrativen Bemühungen ergeben sich einerseits aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers bei seiner mündlichen Verhandlung sowie andererseits aus den von ihm vorgelegten Unterlagen. Unter anderem umfassten diese neben mehreren Kursbesuchsbestätigungen auch die Prüfungsbescheinigung des ÖSD über die Absolvierung der Deutschprüfung im Niveau A1 sowie eines Integrations- und Wertekurses. Sein soziales Engagement ist durch die Bestätigungen des Vereins "you-are-welcome", des Projekts "CORE" und einer Vereinbarung vom "Fonds Soziales Wien" belegt. Glaubhaft sind auch seine Angaben über seine freundschaftlichen Kontakte im Bundesgebiet und werden diese auch durch mehrere private Empfehlungsschreiben untermauert. Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung auch noch ein Konvolut an Fotografien vor, die als Nachweis seines in Österreich nachgegangenen Hobbies dient.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem und deckt sich dies mit seinen Angaben im Zuge seiner mündlichen Verhandlung.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Im Rahmen seiner Erstbefragung gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe im Wesentlichen an, dass er von IS-Kämpfern bzw. anderen internen Gruppen getötet habe werden sollen.

Im Rahmen seiner Einvernahmen vor der belangten Behörde führte er schließlich ergänzend im Wesentlichen aus, dass er im Juni 2014 telefonisch vom IS bedroht worden sei. Des Weiteren sei er im Dezember 2014 von den Volksmobilmachungsmilizen gewaltsam zum Kampf gegen den IS aufgefordert worden und werde er zudem von der Al Badr Miliz überdies aufgrund der Mitgliedschaft seines verstorbenen Vaters zur Ba¿ath-Partei gesucht.

Im angefochtenen Bescheid kam die belangte Behörde zum Schluss, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei und, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland Irak eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss sich das Bundesverwaltungsgericht den beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde anschließen und diesem dahingehend zustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den genannten Anforderungen nicht entsprach und somit nicht glaubhaft ist.

Zunächst ist hinsichtlich der von dem Beschwerdeführer ins Treffen geführten telefonischen Bedrohung durch den IS darauf hinzuweisen, dass - wie auch die belangte Behörde zu Recht ausführte - nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer als Einzelperson für den IS von Interesse ist. Auch aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nur von einer einzigen telefonischen Bedrohung spricht und keine weiteren Bedrohungen seitens des IS angibt, spricht dafür, dass keine tatsächliche Gefahr einer individuellen Verfolgung des Beschwerdeführers durch den IS vorliegt. Diese Vermutung bestätigt der Beschwerdeführer bei seiner mündlichen Verhandlung selbst, indem er angibt, die Bedrohung durch den IS zunächst nicht ernst genommen zu haben. Daran vermag auch sein diesbezüglich wenig stichhaltiges erstmaliges Vorbringen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, wonach der IS seine Aktivitäten auf Facebook verfolgt - wo der Beschwerdeführer gegen den IS geschrieben habe und sie ihm diesbezüglich Rache angedroht hätten - nichts zu ändern. Eine daraus resultierende (neuerliche) Bedrohung wird nicht geschildert. Dahingehend lässt das erkennende Gericht auch nicht außer Acht, dass der Beschwerdeführer diese eine Drohung durch den IS völlig allgemein gehalten und vage behauptet, ohne nähere Details oder Einzelheiten darlegt und er allfällige Beweismittel wie zB in Form von Chatverläufen, etc. nicht vorlegt.

Ebenso ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn diese die Schilderungen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Vorfalls im Dezember 2014, bei welchem er von Mitgliedern der Volksmobilmachungsmilizen gewaltsam aufgefordert worden sei, gegen den IS zu kämpfen, als nicht glaubhaft wertet. Insbesondere ist dem erkennenden Gericht in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb die - nach Schilderungen des Beschwerdeführers grob gewaltsamen - Männer, welche angefangen hätten brutal auf den Beschwerdeführer einzuschlagen, wegen der weinenden Mutter des Beschwerdeführers vom Beschwerdeführer ablassen hätten sollen. Die mangelnde Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens ergibt sich allerdings auch aufgrund der abweichenden und mehrfachen Steigerungen in dieser Erzählsequenz. Bei seinen Ausführungen vor der belangten Behörde verlief der Ablauf dahingehend, dass die Mitglieder der Miliz gekommen wären, sie den Beschwerdeführer zunächst freundlich zu rekrutierend versucht hätten. Da dies nicht gefruchtet habe, sei es zu einem lauten verbalen Streit gekommen, woraufhin die Mutter aus dem Zimmer gekommen wäre, um zu sehen was los sei. Daraufhin hätten die Mitglieder der Miliz den Beschwerdeführer geschlagen. Die Mutter habe daraufhin zu weinen begonnen und die Mitglieder der Miliz vom Beschwerdeführer abgelassen [AS 342]. Schildert der Beschwerdeführer das Zusammentreffen mit den Mitgliedern der Miliz und den Streit noch gleichbleibend, weicht er bei seinen Ausführungen vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmalig ab, wenn er vermeint, dass er in weiterer Folge geschlagen worden sei und erst danach seine Mutter und (nunmehr auch abweichend) seine Schwester aufgrund der Geräusche des Streites und der Schreie aus dem Zimmer herausgekommen seien. Der Beschwerdeführer steigert sein diesbezügliches Vorbringen abermals, wenn er in weiterer Folge erstmalig vermeint, dass er aufgrund der Schläge bewusstlos geworden sei und er in Folge der Attacken so heftig geblutet habe, dass sein Gesicht bedeckt gewesen sei. Er habe die Schläge der Milizionäre noch wahrgenommen und ihre Diskussion, dass sie ihn mitnehmen werden bzw. auch, dass sich seine Mutter daraufhin schreiend und weinend auf ihn geworfen und umarmt habe. In diesem Zusammenhang spricht es nicht für den Beschwerdeführer, dass er derart wesentliche Details seines Fluchtvorbringens nicht bereits im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde erwähnt. Dahingehend ist es dahingehend auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer ein allfälliges Verhalten der Schwester - die seinen eigenen Schilderungen nach ebenfalls anwesend war und für die diese Gewaltsituation ebenfalls belastend sein musste - mit keinem Wort schildert. Eine drittmalige Steigerung erfährt diese Erzählsequenz, wenn vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmalig angibt, dass durch das Weinen und die Schreie seiner Mutter die Nachbarn alarmiert worden seien und sie dem Beschwerdeführer und dessen Familie zu Hilfe geeilt wären. Abgesehen von dieser Steigerung ist es nicht nachvollziehbar, dass die Nachbarn nicht bereits zuvor, beim lautstarken Streit zwischen den Milizionären und dem Beschwerdeführer herbeigekommen sind. Das erkennende Gericht lässt in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht, dass der Beschwerdeführer bei seiner mündlichen Verhandlung eine Bedrohung durch die Mitglieder der Milizen geltend macht, diese hätten ihm damit gedroht, dass sie sich an ihn erinnern und beobachten würden. Diese von der Miliz ausgesprochene ließ der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde ebenfalls vollkommen unerwähnt [Verhandlungsprotokoll S 7].

Unklar bleibt des Weiteren auch, weshalb der Beschwerdeführer, welcher nach diesem Vorfall zu seinem Cousin geflüchtet sei, zwar bei seinen Brüdern Gefahr gelaufen wäre, von den Mitgliedern der Miliz gefunden zu werden, jedoch bei seinem Cousin hätte sicher sein soll. Auch hier ergibt sich abermals eine Steigerung und bringt der Beschwerdeführer bei seinen Ausführungen vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmalig vor, dass er von seinem Cousin mitbekommen habe, dass die Milizionäre am selben Tag mit Verstärkung zu seinem Haus zurückgekehrt wären und dieses nach dem Beschwerdeführer durchsucht hätten.

Auch sein Vorbringen, wonach er auf dem Flug nach Indien zwei einflussreiche Männer innerhalb der Badr Miliz kennengelernt und sich eine gute Freundschaft entwickelt habe und ihm einer dieser Männer zur Ausreise aus dem Irak verholfen hätten, entbehrt jeglicher Glaubhaftigkeit. Dies vor allem deshalb, weil er sich abermals in abweichende Ausführungen verstrickt. Während der Beschwerdeführer diesbezüglich vor der belangten Behörde ausführt, dass ihm einer der beiden Bekanntschaften angerufen und ihm am Telefon berichtet habe, dass es gegen ihn und mehrere Familienmitglieder einen Haftbefehl gäbe, da sie Sunniten und der Vater ein ehemaliges Mitglied der der Ba¿ath-Partei gewesen seien [AS 420]. Demgegenüber führt er diesbezüglich bei seiner mündlichen Verhandlung aus, dass ihn dieser Bekannte angerufen und sich nach dem gesamten Namen des Beschwerdeführers erkundigt und dem Beschwerdeführer auch einige Dinge über seine Familie berichtet, ehe seine Bekanntschaft ihm mitgeteilt habe, dass er mit ihm reden müsse, dies aber nicht am Telefon tun wolle. In weiterer Folge habe ihn diese Bekanntschaft mit einem Auto abgeholt und bei einer Rundfahrt, habe ihm dieser davon berichtet, dass die Badr-Miliz nach dem Beschwerdeführer und dessen Brüder fahnde [Verhandlungsprotokoll S 8]. Alleine der Umstand, dass sich der Bekannte bei dem Telefonat nach dem vollständigen Namen des Beschwerdeführers erkundigt, lässt an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens zweifeln, insbesondere der Beschwerdeführer in seinen Schilderungen ein gutes freundschaftliches Verhältnis zu vermitteln versucht und anzunehmen ist, dass man sich bei der Reise nach Indien über den Namen und die Herkunft der jeweils anderen oder allfälligen Gemeinsamkeiten informiert. In diesem Zusammenhang lässt das erkennende Gericht auch nicht außer Acht, dass sich auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zu dieser Bekanntschaft im äußerst vagen und unkonkreten Bereich erschöpfen und er in keiner der Einvernahmen den Namen des bzw. der Bekannten erwähnt oder ansatzweise allgemeine oder rudimentäre Information über diese Bekannten bekannt gibt.

Im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer schließlich des Weiteren an, dass sein Vater, welcher im Jahr 1991 verstorben und ein hohes Mitglied der Ba¿ath-Partei gewesen sei, per Haftbefehl gesucht werde und der Haftbefehl - infolge des Todes des Vaters nunmehr auch gegen ihn und gegen seine Brüder gerichtet sei. Abgesehen von vernachlässigbaren semantischen Unschärfe in der Übersetzung - im Gegensatz zu seinen Angaben vor der belangten Behörde spricht der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr von einem Haftbefehl, sondern vielmehr davon, dass sein Name und der seiner Brüder auf der "Liste" der schiitischen Badr-Milizen stehe - ist es nicht nachvollziehbar, dass gegen eine Person, die bereits seit rund einem Vierteljahrhundert tot ist ein Haftbefehl ausgestellt wird. Dies ist vor allem auch deshalb unplausibel, weil es für die allgemeine Lebenserfahrung spricht, dass der Tod des Vaters in den allfälligen Mitgliedslisten verzeichnet wäre oder dessen Mitgliedschaft in den Mitgliederlisten nicht mehr aufscheint und gelöscht wurde.

Unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer sich im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde hinsichtlich der Ausstellung des Haftbefehls in Widersprüchlichkeiten verwickelte, vor dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr von einer "Liste" spricht sowie des wenig nachvollziehbaren Umstandes, dass die (höhere) Mitgliedschaft des Vater des Beschwerdeführer zur Ba¿ath-Partei 24 Jahre nach dessen Tod noch immer zu Problemen für die ganze Familie führen soll, fällt vor allem der nicht aufklärbare Umstand ins Auge, weshalb es den Brüdern des Beschwerdeführers möglich ist, weiterhin im Irak zu leben, während für den Beschwerdeführer eine Flucht aus dem Irak der einzige Ausweg sein soll.

Befragt nach den Gründen, weshalb es den Brüdern möglich sei, weiterhin im Irak zu leben, gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde vage und wenig aufschlussreich an, dass diese für die Regierung arbeiten würden sowie Familien hätten und deshalb nicht einfach flüchten könnten. Außerdem würden seine Brüder mit den Milizen kooperieren. Mit diesen Erklärungsversuchen gelingt es dem Beschwerdeführer jedoch in keiner Weise den Umstand, dass die Brüder des Beschwerdeführers im Gegensatz zu ihm im Irak verbleiben konnten, nachvollziehbarer zu gestalten, machen doch weder eine Familie noch ein Job bei der Regierung eine Flucht aus dem Irak unmöglich, wie es in tausenden von Fällen bewiesen wurde.

Auch die im Rahmen der Beschwerde angeführte Begründung, dass die Brüder des Beschwerdeführers mit den sunnitischen Milizen zusammenarbeiten würden und auch von diesen geschützt werden würden, mag für sich alleine die von dem Beschwerdeführer ins Treffen geführte unterschiedliche Gefährdungslage nicht zu begründen.

Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermochte der Beschwerdeführer den Umstand weshalb seine Brüder nach wie vor unbehelligt im Irak leben, in keiner Weise aufzuklären. Vielmehr gab er auf wiederholte Nachfrage lediglich an, dass seine Brüder niemals inhaftiert worden seien, einfache Zivilisten seien, sie nichts mit der Politik zu tun hätten und - so wie alle anderen Einwohner auch - beobachtet worden seien.

In einer Gesamtbetrachtung der vorangegangenen Ausführungen erhärtet sich der Eindruck des erkennenden Gerichts, dass es sich bei den von dem Beschwerdeführer ins Treffen geführten Fluchtgründen um ein gedankliches Konstrukt handelt, dem die Glaubhaftigkeit zu versagen war und mit welchem er seine Flucht aufgrund der allgemein schlechten Bedingungen im Irak zu begründen versuchte. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass der Beschwerdeführer im Irak zweifelsohne gewissen Gefahren ausgesetzt wäre, ist doch nicht davon auszugehen, dass die im Irak bestehende Gefährdungslage den Beschwerdeführer härter trifft als andere (sunnitische) Einwohner.

Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer aufgrund der aktuellen Lage im Irak nicht der Gefahr einer individuellen Verfolgung aus asylrelevanten Gründen, sei es ausgehend von staatlichen Organen oder von Dritten, ausgesetzt wäre.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und auf dem EASO Country of Origin Information Report Iraq: "Targeting of Individuals" datierend vom März 2019, das sich mit der Ent-Baathifizierung auseinandersetzt sowie der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema Irak "Anbar, Sicherheitslage, Erreichbarkeit", datierend vom 16.04.2019, sowie dem EASO Bericht "EASO Country of Origin Information Report Iraq: Security Situation", datierend vom März 2019, das sich unter anderem auch mit der allgemeinen Sicherheitslage in Anbar auseinandersetzt sowie das Humanitarian Bulletin der Vereinten Nationen (OCHA), datierend vom August 2019, das über die Aufbaumissionen in Anbar berichtet.

Zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die aktuellen Länderberichte wurden den Beschwerdeführern auch vorab der mündlichen Verhandlung übermittelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde mit ihm der wesentliche Inhalt der Länderberichte und der zuvor genannten Anfragebeantwortungen erörtert. Zugleich wurde ihnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt, wobei der Beschwerdeführer zu den Ausführungen des erkennenden Gerichts Stellung nahm und ein Konvolut an Zeitungsartikeln über die allgemeine Protestbewegung im Irak vorlegte.

Weder der Beschwerdeführer, noch dessen Rechtsvertreter sind den getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, im Beschwerdeschriftsatz und in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegengetreten. Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer vorherrschenden Probleme, insbesondere im Bereich der Sicherheitslage im Irak, der ethnisch sowie konfessionell bedingten Probleme nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen und weder in der Beschwerde, noch in der mündlichen Verhandlung dem Inhalt und den Kernaussagen der Länderberichte und Anfragebeantwortungen sowie deren Quellen substantiiert entgegengetreten, sodass an der Richtigkeit und am Zutreffen der Länderfeststellungen keine Zweifel bestehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, vermochte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143; ua.).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174; 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie umseits bereits dargelegt wurde, droht dem Beschwerdeführer im Irak keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, dies zumal es sich im Falle des Beschwerdeführers um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der überdies über eine Hochschulausbildung sowie eine vielseitige Arbeitserfahrung verfügt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dazu in der Lage ist seinen Lebensunterhalt auch im Irak sicherzustellen. Darüber hinaus leben nach wie vor die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers im Irak und steht er (zumindest) mit seiner Schwester sowie mit seiner Mutter in aufrechtem Kontakt.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung in den Irak nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation im Irak bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht im Irak derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für den Irak, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) unter anderem von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Auf Grundlage des § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG - wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird - zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.

Der Beschwerdeführer ist seit seiner illegalen Einreise (spätestens) am 11.02.2016 ca. vier Jahre in Österreich aufhältig. Die Aufenthaltsdauer für sich stellt zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289).

Zudem beruhte der seit Februar 2016 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durften, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Spätestens seit der Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.01.2019 war sich der Beschwerdeführer somit seines unsicheren Aufenthaltes bewusst; wobei die Verfahrensdauer von rund drei Jahren bis zur Bescheiderlassung durchaus nicht dem Beschwerdeführer anzulasten ist (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205; 14.10.2019, Ra 2019/18/0396; 23.10.2019, Ra 2019/19/0405).

Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben kein Familienleben in Österreich.

Hinsichtlich des Privatlebens des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass die bisherige Aufenthaltsdauer ca. vier Jahre beträgt, woraus sich per sei das Vorhandensein eines Privatlebens ergibt. Allerdings kann sich allein aus dem zeitlichen Ablauf noch nicht Bestehen einer einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration gesprochen werden.

Des Weiteren ist im gegenständlichen Fall die Integration des Beschwerdeführers zu beurteilen, wobei miteinzufließen hat, ob und inwieweit der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit genutzt hat um sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422). Hierbei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass - wie sich aus den Feststellungen unter Punkt 1.1. ergibt - der Beschwerdeführer durchaus um eine Integration bemüht ist, er bereits einige Schritte zur Integration setzte und freundschaftliche Kontakte knüpfte, die in ihrer Gesamtheit zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind. Allerdings sind diese Bemühungen für sich alleine noch nicht dazu geeignet eine Integration von maßgeblicher Intensität zu begründen, da die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale darstellen (VwGH 26.01.2009, 2008/18/0720). Zudem darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Teile seiner integrativen Bemühungen (wie zB seine Teilnahme am Projekt "CORE - Integration im Zentrum", seine Betätigungen im Rahmen des "Sozialen Fonds Wien" oder seine ÖSD Integrationsprüfung A2) zu einem Zeitpunkt entstanden sind, in dem die belangte Behörde über seinen Antrag bereits negativ entschieden hatte (vgl. VwGH 15.03.2018, 15.03.2018).

Demgegenüber verfügt der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen sowie auch über familiäre Anknüpfungspunkte und steht er zu seiner im Irak lebenden Familie auch nach wie vor in Kontakt steht.

Es sind aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 30.06.2016, Ra 2016/21/0076). Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers hervorgekommen.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass dies nach der Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert, schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. zukommt (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1. Rechtslage:

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 25.09.2019, Ra 2019/19/0399; u.a.).

Im gegenständlichen Verfahren liegt betreffend der Rückkehrentscheidung auch kein geänderter Sachverhalt vor, die sonst bei der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 gegebene Bindung an die vorangegangenen Entscheidungen nach §§ 3 und 8 AsylG 2005 lösen würde (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 16.05.2019, Ra 2018/21/0232).

Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für den Irak nicht vor, sodass aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Somit liegen im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen

3.6. Zum Ausspruch, dass eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden von dem Beschwerdeführer nicht dargetan und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Bestimmung des § 55 Abs 2 FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich folglich insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wurde unter anderem insbesondere die Glaubhaftmachung von Fluchtvorbringen (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153) sowie die Relevanz des Privat- und Familienlebens (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289; 12.11.2019, Ra 2019/20/0422; 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008 u.a.) thematisiert. Dabei weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2214121.1.00

Im RIS seit

29.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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