TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/4 I403 2228843-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2020
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Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §66
FPG §66 Abs1
FPG §66 Abs2
FPG §70 Abs3
NAG §54
NAG §55 Abs1
NAG §55 Abs3
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2228843-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch RA Mag. Ludwig NOWOTNY, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2020 Zl.XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG und § 70 Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 25.11.2019 stellte der Beschwerdeführer, dem am 16.04.2018 eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers ausgestellt worden war, einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Plus Karte und informierte zeitgleich das Magistrat XXXX über seine rechtskräftige Scheidung am XXXX.

Mit Schreiben des Magistrat XXXX vom 03.12.2019 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass die Voraussetzungen für ein Niederlassungsrecht nicht mehr vorlägen, weil die Ehe mit einem EWR-Bürger mindestens drei Jahre Bestand haben müsste, damit das Aufenthaltsrecht des Ehegatten auch nach der Scheidung erhalten bleibe. Zugleich wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) um Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gebeten.

Am 16.01.2020 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vom BFA einvernommen. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen dieser Einvernahme diverse Unterlagen vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 20.01.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Ihm wurde gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.). Die Ausweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Ehe des Beschwerdeführers nach weniger als drei Jahren geschieden worden sei. Die Voraussetzungen für ein Weiterbestehen des bisherigen Aufenthaltsrechts seien nicht erfüllt. Die Ausweisung greife auch nicht unverhältnismäßig in das Privat- und Familienleben gemäß Art 8 EMRK ein.

Dagegen richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid aufzuheben oder in eventu den Bescheid aufzuheben und an die erste Instanz zurückzuverweisen. Zudem wurde die ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers sowie dessen Mutter beantragt. Der Beschwerdeführer begründete die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 20.01.2020 damit, dass es sich beim vorliegenden Fall um einen Härtefall im Sinne des § 54 Abs 5 Z 4 NAG handeln würde und der Beschwerdeführer zudem über ein schützenswertes Familienleben zu seiner in Österreich lebenden Mutter verfügen würde.

Das BFA legte die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 24.02.2020 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsbürger, seine Identität steht fest. Er war von XXXX bis XXXX mit einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin verheiratet. Der Beschwerdeführer ist im Besitz einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers. Der Beschwerdeführer ist unbescholten. Er hält sich seit rund zwei Jahren im Bundesgebiet auf, fährt aber einige Male jährlich nach Serbien, wo unter anderem seine Großmutter lebt, bei der er aufgewachsen ist.

Der Beschwerdeführer ist gesund, berufstätig (Paketauslieferer) und verfügt über Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2. Er lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter. Eine besondere Abhängigkeit zwischen beiden besteht nicht. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Freundeskreis bestehend aus serbischen und bosnischen Freunden. Er weist, abgesehen von seiner beruflichen Verankerung, keine tiefgreifende Aufenthaltsverfestigung im Bundesgebiet auf.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) sowie dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die vom BFA getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit gehen aus dem vorgelegten Reisepass sowie der Aufenthaltskarte (ersichtlich im Zentralen Fremdenregister) hervor. Das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers (ersichtlich im Zentralen Fremdenregister).

Dass der Beschwerdeführer von XXXX bis XXXX mit einer EWR-Bürgerin verheiratet war, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Heiratsurkunde sowie aus dem ebenfalls einliegenden Scheidungsbeschluss des BG XXXX vom XXXX. Zu seiner Scheidung gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme durch das BFA an, dass er nicht gewusst habe, dass der Aufenthalt mit der Scheidung enden könne; den Grund für die Scheidung begründete er folgendermaßen: "Wir haben zum Streiten begonnen, sie ist dann immer am Wochenende alleine fortgegangen, wir haben uns auseinandergelebt."

Dass der Beschwerdeführer gesund und berufstätig ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde am 16.01.2020 und den vorgelegten Lohnzetteln bzw. den Auszügen aus dem Sozialversicherungssystem. Das Sprachniveau des Beschwerdeführers ist dem vorgelegten Zeugnis zur Integrationsprüfung Nivea A2 zu entnehmen.

Dass der Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter lebt, ergibt sich aus dessen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA vom 16.01.2020 sowie aus dem Auszug aus dem ZMR und dem vorgelegten Mietvertrag. In der Einvernahme führte der Beschwerdeführer aus, dass er bereits gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau bei seiner Mutter gelebt habe und dass sie sich die Miete teilen würden. Auf die Frage, ob eine gegenseitige Abhängigkeit bestehen würde, antwortete der Beschwerdeführer: "Nein, wir sind beide selbständige Menschen."

Dass der Beschwerdeführer in Serbien noch Familienangehörige, konkret etwa seine Großmutter, hat, ergibt sich aus der Einvernahme vor dem BFA vom 16.01.2020.

Dass der Beschwerdeführer einen hauptsächlich aus fremden Staatsbürgern bestehenden Freundeskreis hat, ergibt sich aus dessen eigenen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA am 16.01.2020.

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Als Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG gilt ein Fremder, der weder EWR-Bürger noch Schweizer Bürger ist.

Als begünstigter Drittstaatsangehöriger gilt gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft gemäß § 54 Abs. 5 NAG erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 NAG erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet (Z 1); die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet (Z 2); ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird (Z 3); es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann (Z 4) oder ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf ( Z 5).

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und somit Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Durch seine Ehe mit einer EWR-Bürgerin, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, erlangte er den Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG und ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht.

§ 55 NAG lautet:

"(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs 3 und 54 Abs 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs 2 oder § 54 Abs 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig bleibt (VwGH, 14.11.2017, Ra 2017/20/0274 oder VwGH, 18.06.2013, 2012/18/0005).

Kommt die Niederlassungsbehörde - wie hier - bei der Prüfung des Fortbestands der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen, hat sie die in § 55 Abs 3 NAG vorgesehenen Verfahrensschritte (Befassung des BFA und Information des Betroffenen) zu setzen. Die Frage des Bestehens des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts und der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung hat dann das BFA zu beurteilen (vgl VwGH 17.11.2011, 2009/21/0378). Diese Frage ist anhand des § 66 FPG zu prüfen, ohne dass es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG ankommt.

Dem Beschwerdeführer wurde auf Grund seiner Ehe mit einer freizügigkeitsberechtigten slowenischen Staatsangehörigen gemäß § 54 Abs 1 NAG eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Da die Ehe weniger als drei Jahre gedauert hat, kinderlos blieb und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Härtefall iSd § 54 Abs 5 Z 4 NAG vorliegt, sind die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht infolge der Ehescheidung unter Berücksichtigung von § 54 Abs 1 und 5 NAG weggefallen.

Sofern in der Beschwerde moniert wird, dass es sich bei der Scheidung des Beschwerdeführers sehr wohl um einen Härtefall handeln würde, so ist diesbezüglich auszuführen, dass zum einen aus dem Scheidungsbeschluss keinerlei Hinweise herauszulesen sind, dass es sich nicht um eine einvernehmliche Scheidung gehandelt habe und dass sich zum anderen aus der Einvernahme vor dem BFA ergibt, dass sich die Ehepartner auseinandergelebt hätten. In der Beschwerde wurde dazu nur ausgeführt, dass die frühere Ehefrau das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe; diese habe sich von ihm entfernt und sei am Wochenende alleine fortgegangen, weswegen es zu Streitigkeiten gekommen sei und dem Beschwerdeführer ein Festhalten an der Ehe nicht mehr zumutbar gewesen sei, zumal die Ehegatten auf engen Raum mit der Mutter des Beschwerdeführers gelebt hätten. Mit diesem Vorbringen wird aber nicht aufgezeigt, dass dem Beschwerdeführer ein Festhalten an der Ehe nicht hätte zugemutet werden können.

Zudem wird in Art 13 Unterabschnitt 2 Buchst. C der Freizügigkeitsrichtlinie darauf verwiesen, dass eine Scheidung nicht zum Verlust des Aufenthaltsrechtes führt, wenn dies aufgrund besonders schwieriger Umstände erforderlich ist, wie etwa bei Opfern von Gewalt im häuslichen Bereich. Dass beim Beschwerdeführer vergleichbare Umstände vorliegen würden, wurde auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

Das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht, welches der Beschwerdeführer aufgrund der Eheschließung mit einer freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerin innehatte, ist, wie das BFA zu Recht feststellte, weggefallen, da die Ehe weniger als drei Jahre dauerte und auch kein Härtefall des § 54 Abs. 5 Z 4 NAG vorliegt.

Gemäß § 66 Abs 2 FPG sind bei einer Ausweisung insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter des Betroffenen, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seine Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Gemäß § 9 BFA-VG ist ua eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der Beschwerdeführer hält sich seit April 2018 rechtmäßig in Österreich auf und verfügt über grundlegende Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer ist gesund und im erwerbsfähigen Alter. Er ist aufgrund seiner Erwerbstätigkeit selbsterhaltungsfähig und unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat familiären Bezug zu seinem Heimatstaat, wo seine Großmutter lebt, bei der er vor seiner Ausreise gewohnt hat. Er ist in Serbien geboren und aufgewachsen und hat den Großteil seines bisherigen Lebens dort verbracht. Er spricht die Landessprache und ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut. Nach seiner Rückkehr nach Serbien wird er in der Lage sein, sich dort ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, um damit seine Lebenserhaltungskosten zu decken.

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, dass der Beschwerdeführer mit seiner Mutter ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK führt, ist festzuhalten: Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152, mit Verweis auf VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

Auch wenn die Mutter des Beschwerdeführers mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebt und für diesen einkauft und kocht, wie in der Beschwerde dargelegt wurde, so ist daraus noch kein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne obiger Judikatur zu sehen. Der Beschwerdeführer verfügt über ein eigenes Einkommen, zahlt die Hälfte der Miete und gab er selbst gegenüber dem BFA an, dass kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, sondern dass seine Mutter und er beide selbständige Menschen seien. Der Beschwerdeführer ist daher als junger, gesunder und erwerbsfähiger Mann in keiner besonderen Form von seiner Mutter abhängig. Dass seine Mutter ihn, wie in der Beschwerde angegeben, auch schon während seines Aufenthaltes in Serbien finanziell unterstützte, vermag auch keine besondere Notwendigkeit zu rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Familienlebens in Österreich verbleiben muss, zeigt es doch vielmehr, dass seine Mutter ihn unabhängig von seinem Aufenthaltsort unterstützt.

Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Mutter ist daher - wie bereits die belangte Behörde richtig erkannte - im Lichte eines bestehenden Privatlebens zu prüfen. Der Beschwerdeführer besuchte in den letzten Jahren, wie in der Beschwerde angegeben, Österreich regelmäßig. Ansonsten lebte der Beschwerdeführer bei seiner Großmutter in Serbien. Dem Beschwerdeführer ist es zumutbar, wie in der Vergangenheit, den Kontakt zu seiner Mutter über Besuche und diverse Kommunikationsmittel (Internet, Telefon) aufrechtzuerhalten.

Der Beschwerdeführer ist erst seit ca. 22 Monaten im Bundesgebiet aufhältig. Sein Aufenthalt wurde durch seine Heirat mit einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin legalisiert und besteht diese Ehe nicht mehr. Der Freundeskreis des Beschwerdeführers besteht hauptsächlich aus serbischen Freunden, mit welchen er Computer spiele. Auch mit diesen kann er den Kontakt durch gegenseitige Besuche und diverse Kommunikationsmittel aufrechterhalten.

Der Beschwerdeführer reiste im letzten Jahr zumindest zweimal nach Serbien. Er hat dort die Möglichkeit, bei seiner Großmutter zu leben, was er bis vor seinem Aufenthalt in Österreich auch gemacht hat. Wenn in der Beschwerde erklärt wird, er wolle nicht mehr bei seiner Großmutter wohnen, so zeigt dies nicht auf, dass es ihm nicht zuzumuten wäre bzw. kann er sich auch eine eigene Unterkunft suchen. Er ist in Serbien aufgewachsen und kann bei einem nicht einmal zweijährigen Aufenthalt in einem anderen Staat nicht davon gesprochen werden, dass er sich von seiner Heimat völlig entfremdet hätte.

Die belangte Behörde ist daher im Rahmen der Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die Ausweisung daher Art 8 EMRK nicht verletzt, zumal dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurden eine mündliche Verhandlung und die Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Mutter beantragt.

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Dies ist gegenständlich der Fall.

Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen hat, bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen komme der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann allerdings eine Verhandlung unterbleiben (vgl. etwa VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052, mwN). Um einen solchen eindeutigen Fall handelt es sich hier angesichts der erst zweijährigen Aufenthaltsdauer, der nur schwachen familiären Anknüpfungspunkte und der auch sonst nicht besonders ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet (vgl. dazu nach Scheidung von einer freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerin und im Falle eines vierjährigen Aufenthaltes VwGH vom 26.06.2019, Ra 2019/21/0147). Auch wenn das Vorbringen in der Beschwerde, dass die Mutter des Beschwerdeführers für diesen kocht und sorgt, dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegt wird, ist daraus für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Auf eine Aussage seiner Mutter konnte daher verzichtet werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Ausweisung Ausweisung rechtmäßig Durchsetzungsaufschub Härte Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Scheidung Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2228843.1.00

Im RIS seit

29.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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