TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/26 W114 2164593-1

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Veröffentlicht am 26.03.2020
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Entscheidungsdatum

26.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
MOG 2007 §6
Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 §6 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W114 2164593-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , vom 01.02.2017 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5309333010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.03.2016 fand am Betrieb von XXXX , XXXX , XXXX (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF), BNr. XXXX , eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) in Anwesenheit des BF, der die erforderlichen Auskünfte erteilte und auch den anlässlich der VOK angefertigten Kurzbericht zur VOK kommentarlos unterfertigte, statt, bei der Verstöße im Bereich der Meldung an die Rinderdatenbank festgestellt wurden.

2. Mit Schreiben der AMA vom 07.04.2016, AZ GBI/Abt.22214550010, wurde der Kontrollbericht dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelt. Der Beschwerdeführer hat zu diesem Kontrollbericht innerhalb der ihm ausreichend zuerkannten Stellungnahmefrist keine Stellungnahme abgegeben.

3. Der Beschwerdeführer stellte am 04.05.2016 elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2016, wobei er die Gewährung von Direktzahlungen beantragte. Darüber hinaus beantragte sie u.a. auch Prämien im Rahmen der ÖPUL-Maßnahme "Begrünung von Ackerflächen - Zwischenfruchtanbau".

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5309333010, gewährte die AMA dem Beschwerdeführer Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 in Höhe von EUR 10.321,76.

In dieser Entscheidung wurde ein "Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen, 3%" verfügt und damit ein Betrag in Höhe von EUR 319,23 (EUR 220,26 im Bereich der Basisprämie und EUR 98,97 im Bereich der Greeningprämie). Aus dem Anhang "Cross Compliance-Berechnung zum Berechnungsdatum vom 07.11.2016", AZ II/4/23/DZ/16-5385298010, kann entnommen werden, dass im Zuge einer VOK am 30.03.2016, sowie bereits zuvor bei einer VOK am 18.03.2014 am Betrieb des BF ein Verstoß im Bereich "Rinder: Meldung Gesundheit" festgestellt worden sei. Aufgrund dieses Verstoßes ergebe sich ein Kürzungsprozentsatz von insgesamt drei Prozentpunkten.

Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 09.01.2017 zugestellt.

5. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer, damals vertreten durch Dr. Siegfried LOHSE, Rechtsanwalt in 2200 Amstetten, Schulstraße 20, Beschwerde.

6. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 17.07.2017 die Beschwerde und die Verfahrensunterlagen zur Entscheidung vor.

In einer beigelegten "Aufbereitung für das BVwG" nahm die AMA Stellung zum Beschwerdevorbringen.

7. Gemäß einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 21.01.2020 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit mit 12.02.2020 der Gerichtsabteilung W114 (Mag. Bernhard DITZ) zur Erledigung zugewiesen.

8. Mit Schreiben vom 02.03.2020; GZ W114 2164593-1/3Z, übermittelte das BVwG Ablichtungen der "Aufbereitung für das BVwG" und der Kontrollberichte der VOK vom 30.03.2016 sowie einer ebenfalls relevanten VOK vom 18.03.2014. Dazu wurde vom BVwG hingewiesen, dass nach Auffassung des erkennenden Gerichtes die Sachverhalts- und Rechtslage klar sei und deswegen die Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung für entbehrlich erachtet werde. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer anderer Auffassung sei, wurde vom BVwG ersucht, eine ergänzende Stellungnahme an das BVwG, einlangend im BVwG spätestens am 19.03.2020 zu übermitteln.

9. Mit Schreiben vom 19.03.2020, eingelangt beim BVwG am selben Tag, teilte Dr. Siegfried LOHSE, Rechtsanwalt in 2200 Amstetten, Schulstraße 20 mit, dass das vom Beschwerdeführer erteilte Vollmachtsverhältnis beendet sei und ersuchte weitere Dokumente oder Schriftstücke direkt an den Beschwerdeführer zuzustellen. Eine darüberhinausgehende Stellungnahme des BF wurde an das BVwG nicht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Bei einer am 18.03.2014 auf dem Betrieb des Beschwerdeführers durchgeführten VOK wurden in Anwesenheit des Beschwerdeführers, der die erforderlichen Auskünfte erteilte, Verstöße im Bereich der Rinderkennzeichnung festgestellt. Neun Meldungen an die Rinderdatenbank erfolgten außerhalb der 7-tägigen Meldefrist. Es wurde erhoben, dass ausgehend von 20 Meldungen an die Rinderdatenbank 45 % der Meldungen verspätet waren. Es wurde auch als sanktionsrelevant berücksichtigt, dass die Geburt des Tieres mit der Ohrenmarke AT 848 083 319 vom 16.04.2013 sowie die Verendung dieses Tieres am 04.07.2013 zum Zeitpunkt der VOK noch nicht an die Rinderdatenbank gemeldet gewesen war und die Meldungen daher erst am Tag der Kontrolle erfasst werden konnten. Die Kontrollfeststellungen zu den Rindern mit den Ohrenmarkennummern AT 014 179 322, AT 107 227 217, AT 804 776 322 und AT 952 383 518 wurden als offensichtliche Fehler gewertet, da das ursprüngliche gemeldete Datum jeweils nur um einen Tag vom tatsächlichen abgewichen ist. Diese Beanstandungen waren somit für die Cross-Compliance-Sanktion nicht ausschlaggebend.

1.2. Der Kontrollbericht über die am 18.03.2014 durchgeführte VOK wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der AMA vom 25.03.2014 zum Parteiengehör übermittelt. Der Beschwerdeführer hat zu diesem Kontrollbericht, diesen offensichtlich anerkennend, jedoch keine Stellungnahme abgegeben.

1.3. Am 30.03.2016 fand am Betrieb des Beschwerdeführers neuerlich eine VOK statt, bei der abermals Verstöße im Bereich der Rinderkennzeichnung festgestellt wurden. Im Zuge dieser VOK wurde festgestellt, dass im Antragsjahr 2016 sechs Meldungen außerhalb der 7-tägigen Meldefrist erfolgten. Ausgehend von 23 Meldungen an die Rinderdatenbank waren mehr als 26 % der Meldungen verspätet. Die Kontrollfeststellungen zu den Rindern mit den Ohrenmarkennummern AT 051 361 929, AT 051 363 229, AT 051 365 429 und AT 579 208 328 wurden von der AMA als offensichtliche Fehler gewertet, da das ursprüngliche gemeldete Datum jeweils nur um einen Tag vom tatsächlichen abgewichen ist. Diese Beanstandungen waren somit für die Cross-Compliance-Sanktion nicht ausschlaggebend.

1.4. Mit Schreiben der AMA vom 07.04.2016, AZ GBI/Abt.22214550010, wurde der Kontrollbericht über die VOK vom 30.03.2016 dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelt. Der Beschwerdeführer hat zu diesem Kontrollbericht - offensichtlich das Ergebnis dieser VOK anerkennend zur Kenntnis nehmend - keine Stellungnahme abgegeben.

1.5. Eine weitere VOK fand im Antragsjahr 2016 auf dem Heimbetrieb des Beschwerdeführers nicht statt.

1.6. Der Beschwerdeführer stellte am 04.05.2016 elektronisch einen MFA für das Antragsjahr 2016, wobei er die Gewährung von Direktzahlungen beantragte.

1.7. Mit Bescheid der AMA vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5309333010, wurde unter Hinweis auf die beiden oben erwähnten VOK vom 18.03.2014 bzw. vom 30.03.2016 gemäß Artikel 39 der Verordnung (EU) 640/2014 ein 3 %iger Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen verfügt und damit dem BF für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR 10.321,76 gewährt.

In der Begründung dieses Bescheides wird darauf hingewiesen, dass bereits ein wiederholter Verstoß festgestellt worden sei und, dass bei einem neuerlich wiederholten Verstoß in Bezug auf dieselbe/denselben Anforderung/Standard davon auszugehen sei, dass dieser dann vorsätzlich herbeigeführt werde bzw. dann ein Cross-Compliance-Kürzungsprozentsatz von

15 % verfügt werde.

Da in diesem Bescheid auch auf einen beiliegenden Anhang "Cross Compliance" verwiesen wird, wurde dadurch auch der dem Bescheid beigefügte beiliegende Anhang "Cross Compliance-Berechnung (Berechnungsdatum 07.11.2016)" zum integrierenden Bestandteil dieses Bescheides.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens. Widersprüchlichkeiten traten dabei nicht auf.

Soweit vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde darauf hinweist, dass der zusätzlich mitübermittelte "Anhang "Cross Compliance-Berechnung (Berechnungsdatum 07.11.2016) - Zahlungen im Rahmen der Sonderrichtlinie ÖPUL 2015"" nicht Bestandteil des angefochtenen Bescheides darstelle, ist diesem Vorbringen unter Hinweis auf Ausführungen der AMA in der "Aufbereitung für das BVwG" beizupflichten. Dieses Vorbringen hat folgenden Wortlaut:

" XXXX erhielt zeitgleich auch die sogenannte ÖPUL-Mitteilung für das Antragsjahr 2016, bei der es sich jedoch nicht um einen Bescheid handelt, da diese Fördermaßnahme nicht im hoheitlichen Bereich abgewickelt wird. Da auch diese Zahlungen der CC-Kürzung unterliegen wurde zeitgleich ein CC-Anhang, der ausdrücklich auf die ÖPUL-Mitteilung Bezug nimmt, versendet. Gegen eine ÖPUL-Mitteilung beziehungsweise einen ÖPUL-CC-Anhang kann keine Beschwerde im Wege der Verwaltungsgerichte erhoben werden."

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:

"Artikel 91

Allgemeiner Grundsatz

(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.

(2) Die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:

a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;

b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.

[...]."

"Artikel 92

Betroffene Begünstigte

Artikel 91 gilt für Begünstigte, die Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, Zahlungen gemäß den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und die jährlichen Prämien gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b sowie den Artikeln 28 bis 31, 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 erhalten.

[...]."

"Artikel 93

Cross-Compliance-Vorschriften

(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:

a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,

b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,

c) Tierschutz.

(2) Die in Anhang II genannten Rechtsakte über die Grundanforderungen an die Betriebsführung gelten in der zuletzt in Kraft getretenen Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.

[...]."

"Artikel 99

Berechnung der Verwaltungssanktion

(1) Zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 wird der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen.

Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt.

(2) Bei einem Verstoß aufgrund von Fahrlässigkeit beträgt die Kürzung höchstens 5 %, im Wiederholungsfall höchstens 15 %.

[...]

Verstöße, die eine direkte Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier bedeuten, werden jedoch immer mit einer Kürzung oder einem Ausschluss geahndet.

[...]."

Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.07.2000, im Folgenden VO (EU) 1760/2000, lautet auszugsweise:

"(1) Tierhalter - mit Ausnahme der Transporteure - müssen folgende Anforderungen erfüllen:

­ sie halten ein Register auf dem neuesten Stand,

­ sie teilen der zuständigen Behörde ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Datenbank voll betriebsfähig ist, die genauen Daten jeder Umsetzung von Tieren in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mit. Die Kommission kann jedoch auf Antrag eines Mitgliedstaats nach dem Verfahren des Artikels 23 Absatz 2 festlegen, unter welchen Umständen die Mitgliedstaaten die Höchstfrist verlängern können, und spezifische Regeln für die Bewegungen von Rindern vorsehen, die im Sommer an verschiedenen Orten in den Bergen weiden sollen.

(2) Die Tierhalter ergänzen gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 6 die Pässe unmittelbar nach jedem Zugang von Tieren in den Betrieb und unmittelbar vor jedem Abgang von Tieren aus dem Betrieb und tragen dafür Sorge, dass der Pass das betreffende Tier stets begleitet.

(3) Die Tierhalter legen der zuständigen Behörde auf Anfrage alle Informationen über Herkunft, Kennzeichnung und gegebenenfalls Bestimmung von Tieren vor, die sie besessen, gehalten, befördert, vermarktet oder geschlachtet haben.

(4) Das Register erhält die von der zuständigen Behörde genehmigte Form, wird manuell oder digital auf dem neuesten Stand gehalten und ist der zuständigen Behörde für einen von ihr festzulegenden Zeitraum, zumindest jedoch für drei Jahre, auf ihr Verlangen hin jederzeit zur Einsicht offen zu legen."

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, im Weiteren: VO (EU) 640/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 38

Allgemeine Vorschriften betreffend Verstöße

(1) "Wiederholtes Auftreten" eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Für den Zweck der Bestimmung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes sind die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 festgestellten Verstöße zu berücksichtigen, und ist insbesondere der in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführte GLÖZ 3 der GAB 2 in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer am 21. Dezember 2013 gültigen Fassung gleichzusetzen.

(2) Das "Ausmaß" eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.

(3) Die "Schwere" eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.

(4) Ob ein Verstoß von "Dauer" ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.

(5) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als "festgestellt", sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind."

"Artikel 39

Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit

(1) Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1 % des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5 % dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gewährt wird.

[...]."

§ 6 Abs. 1 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008, BGBl. II Nr. 201/2008 i.d.F. BGBl. II Nr. 66/2010, lautet:

"Meldungen durch den Tierhalter

(1) Innerhalb von sieben Tagen sind zu melden:

1. Tiergeburten, Todesfälle (Schlachtungen und Verendungen) von kennzeichnungspflichtigen Tieren sowie Umsetzungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,

2. Umsetzungen von Tieren zwischen Betrieben eines Tierhalters in verschiedenen Gemeinden unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,

3. der Auftrieb auf Almen/Weiden, wenn es zu einer Vermischung von Rindern mehrerer Tierhalter kommt,

4. der Auftrieb auf Almen/Weiden in einer anderen Gemeinde, wenn für die Almen/Weiden eigene Betriebsnummern gemäß LFBIS-Gesetz, BGBl. Nr. 448/1980, in der jeweils geltenden Fassung, vorhanden sind oder die Flächenangaben zu den Almen/Weiden im Sammelantrag gemäß der INVEKOS-CC-V 2010, BGBl. II Nr. 492/2009 anderer Bewirtschafter enthalten sind."

3.3. rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greening-prämie"), abgelöst. Darüber hinaus kann seither eine gekoppelte Stützung gewährt werden.

In der gegenständlichen Angelegenheit hat der Beschwerdeführer sich gegen die in der angefochtenen Entscheidung verfügten rechtlichen Konsequenzen hinsichtlich von Verstößen gegen Meldeverpflichtungen an die Rinderdatenbank beschwert.

Wenn der BF in seiner Beschwerde dazu ausführt, dass sich aus dem Anhang zum angefochtenen Bescheid nicht ergebe, welcher "konkreter Verstoß zugrunde gelegt werden sollte", wird vom erkennenden Gericht hingewiesen, dass im verfahrensgegenständlichen Anhang deutlich und damit nachvollziehbar einerseits hinsichtlich der konkreten und sanktionierten Verstöße auf die VOK vom 30.03.2016 und hinsichtlich vorheriger Verstöße anderseits auf die VOK vom 18.03.2014 verwiesen wird. In den entsprechenden VOK-Berichten, die dem BF in beiden Fällen zum Parteiengehör übermittelt wurden, ist ganz genau ausgeführt, bei welchem Tier mit welcher individuellen Ohrenmarkennummer sich wann ein Meldeverstoß ereignet hat. Zudem war der Beschwerdeführer selbst bei beiden VOKs anwesend und hat die erforderlichen Auskünfte erteilt, was er selbst durch seine jeweilige Unterfertigung des jeweiligen Kurzberichtes zur jeweiligen VOK auch nach außen erkennbar dokumentierte. Dem BF war damit jedenfalls bekannt, welche konkreten Verstöße im angefochtenen Bescheid beanstandet wurden.

Die Verpflichtung zur Meldung von Umsetzungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 wonach Tierhalter ein Register auf dem neuesten Stand führen müssen und der zuständigen Behörde (in Österreich die AMA) jede Umsetzung von Tieren in einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von sieben Tagen (vgl.

§ 6 Abs. 1 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008) gemeldet werden muss.

Die oben angeführte VO (EU) 1760/2000 normiert einen Ausnahmetatbestand nur für Transporteure. Aus diesem Ausnahmetatbestand ist jedoch für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da von der Ausnahmeregelung überhaupt nur Viehhändler Gebrauch machen könnten, wenn keine - auch nur kurzfristige - Einstallung erfolgte.

Ob eine solche Einstallung in der gegenständlichen Angelegenheit erfolgte, kann dahingestellt bleiben, da die oben angeführte Verpflichtung jedenfalls den Beschwerdeführer als Tierhalter selbst trifft, ohne dass er für sich selbst eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen kann.

Es liegen Verstöße gegen Meldeverpflichtung vor. Es liegt also keine Rechtfertigung für eine Abstandnahme von der in der angefochtenen Entscheidung ausgesprochenen Cross Compliance-Kürzung vor.

Da der BF auf Basis der o.a. Feststellungen mangels entsprechender rechtzeitiger Meldung an die Rinderdatenbank gegen § 6 Abs. 1 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 verstoßen hat, nahm die AMA gemäß Art. 91, 92 und 93 VO (EU) 1306/2013 zu Recht eine Kürzung der Direktzahlungen, die dem BF zu gewähren waren, vor.

Unter Berücksichtigung von Artikel 38 Absatz 1 VO (EU) 640/2014 handelt es sich um ein "wiederholtes Auftreten" von Verstößen. Der Beschwerdeführer wurde auch auf die bei der VOK am 18.03.2014 festgestellten Verstöße hingewiesen. Er hatte auch Gelegenheit die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der bei der VOK am 18.03.2014 festgestellten Verstöße zu ergreifen und dafür zu sorgen, dass derartige Verstöße nicht neuerlich bei einer VOK festgestellt werden. Da sich gemäß Artikel 39 Absatz 1 VO (EU) 640/2014 die Kürzung in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrages der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 beläuft und es sich bereits um ein wiederholtes Auftreten von Verstößen handelt, wäre eine geringere als eine 3 %ige Kürzung der Direktzahlungen jedenfalls unverhältnismäßig niedrig. Mit einer 3 %igen Kürzung kann nach Auffassung des erkennenden Gerichtes angesichts der Uneinsichtigkeit des BF gerade noch einmal ein Auslangen gefunden werden. Bei einem nochmaligen gleichartigen Verstoß im Sinne des Artikel 38 Absatz 1 VO (EU) 640/2014 wäre jedenfalls von einem Vorsatz auszugehen. Damit wird auch der entsprechende Hinweis der AMA in der angefochtenen Entscheidung vom erkennenden Gericht nachdrücklich unterstützt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (Spruchpunkt B):

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage der Zurechenbarkeit von Meldungen von Bewirtschaftern existiert - ausgehend vom Erkenntnis des VwGH vom 17.06.2009, 2008/17/0224, eine gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem ist die Rechtslage so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH vom 28.02.2014, Ro 2014/16/0010 sowie VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

Abzug Berechnung Cross Compliance Direktzahlung Kontrolle Kürzung Meldefehler Prämiengewährung Rinderdatenbank Unregelmäßigkeiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2164593.1.00

Im RIS seit

29.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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