Entscheidungsdatum
27.03.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W196 2191544-1/ 24 E
W196 2191546-1/ 9 E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING, als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX (ehem. XXXX ), geb. XXXX , und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA: Ukraine, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst, vertreten durch: Mag.a Caroline WENGER, LL.M., gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2018, 1.) Zl. 1032809108-140060084, und 2.) Zl. 1032809206-140060092, nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.03.2020 zu Recht:
beschlossen:
A)
I. Die Verfahren werden wegen Zurückziehung der Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
erkannt:
A)
II. In Erledigung der Beschwerden gegen Spruchpunkt III. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, auf Dauer unzulässig ist.
III. Gemäß §§ 54 und 55 Abs. 2 AsylG 2005 idgF. wird 1.) XXXX und 2.) XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer gelangten gemeinsam am 12.10.2014 nach Österreich und stellten gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers sei. Sie sei verheiratet, spreche gut Russisch und sei christlich orthodoxer Religionszugehörigkeit.
In ihrer Heimat habe sie elf Jahre die Schule und danach fünf Jahre die Universität besucht. Zuletzt habe sie als Friseurin gearbeitet. Die Eltern, bzw. Großeltern des Zweitbeschwerdeführers, würden noch in der Ukraine leben. Im restlichen EU-Raum habe sie keine Familienangehörigen.
Als Grund für das Verlassen der Heimat gab sie an, ihre Tochter sei von vier ihr unbekannten und maskierten Männern entführt worden. Diese hätten die Erstbeschwerdeführerin nach dem Aufenthalt ihres Ehegatten gefragt, sie danach auch geschlagen und vergewaltigt. Ihr kleiner Sohn sei im Nebenzimmer gewesen und habe geweint. Nun fürchte sie, dass diese Männer zurückkommen könnten um sie zu töten.
Der Zweitbeschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe und würden die seiner Mutter auch für ihn gelten.
Am 18.10.2017 wurden die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen. Dabei erläuterte die Beschwerdeführerin die bereits angegebenen Fluchtgründe auf Befragung durch den Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl genauer.
Mit den im Spruch angeführten Bescheiden vom 28.02.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 12.10.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Unter Spruchpunkt III. wurde ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführer Staatsangehörige der Ukraine seien. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes folgerte die Behörde, dass keine Gründe für eine Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention festgestellt werden könnten. Die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates seien zwar glaubwürdig, es habe aber nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer einer Gefährdung vor Verfolgung im Herkunftsland ausgesetzt wären bzw. seien, da man im Fall des Herkunftslandes der Beschwerdeführer von Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit ausgehe.
Zu Spruchpunkt II. folgerte die Behörde, dass in den gegenständlichen Fällen von einer asylrelevanten Verfolgung nicht gesprochen werden könne, weshalb im Falle einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Heimatstaat Ukraine nicht mit einer Gefahr im oben definierten Sinn zu rechnen sei. Grundsätzlich bestünden bzgl. der Ukraine keine Anhaltspunkte dafür, dass dort gegenwärtig eine derart extreme Gefahrenlage herrsche, durch die praktisch jeder - unabhängig vom Vorliegen individueller Gründe - im Falle einer Rückkehr der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre. Auch wenn dabei der Aspekt der derzeitig instabilen Lage in Teilen der Ostukraine nicht verkannt werde, so sei dahingehend festzuhalten, dass die übrigen Landesteile nicht von den Unruhen betroffen seien und sohin einer innerstaatlichen Fluchtalternative nichts im Wege stehe. Aus Sicht der Behörde sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in die Ukraine in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnten. Eine lebensbedrohende Erkrankung oder einen sonstigen auf die Beschwerdeführer bezogenen "außergewöhnlichen Umstand", welche ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen könnte, habe im Verfahren nicht festgestellt werden können.
Zu den Spruchpunkten III. wurde u.a. ausgeführt, dass im Fall der Beschwerdeführer keine Ansatzpunkte dafür hervorgekommen, dass Gründe für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vorliegen würden. Es liege ein Familienverfahren vor, da jedoch keinem der Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei, könne die Familie gemeinsam in die Ukraine ausgewiesen werden. Eine Rückkehrentscheidung stelle somit auch keinen Verstoß gegen das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer sei lediglich aufgrund des laufenden Asylverfahrens legalisiert. Es bestünde in Österreich zwar ein Privatleben der Erstbeschwerdeführerin, jedoch sei eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Integration in Österreich nicht erkennbar. Die Erstbeschwerdeführerin sei keiner nachhaltigen legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und würden die Beschwerdeführer nur von der Grundversorgung leben. Wenn die Erstbeschwerdeführerin angibt, dass ihr Sohn bei einem Schachturnier gewonnen habe, ist dem zu entgegnen, dass dieser auch in seiner Heimat Schachspielen könne. Der Zweitbeschwerdeführer befinde sich in einem anpassungsfähigem Alter und sei ihm die ukrainische Kultur vertraut. Auch führe die Dauer des Aufenthaltes von erst drei Jahren dazu, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht unverhältnismäßig sei.
Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten. Dies bewirke aber keine Erhöhung des Gewichts der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einen Aufenthalt in Österreich. Vielmehr sei von den im Bundesgebiet aufhältigen Fremden zu erwarten, dass sie sich an die hierorts herrschenden Gesetze halten würden und diese respektieren würden.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde wobei sie in einer ausführlichen Stellungnahme abermals ihre Fluchtgeschichte detailliert schilderten.
Am 08.06.2018 heiratete dieErstbeschwerdeführerin einen österreichischen Staatsbürger.
Am 10.03.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei der die belangte Behörde auf eine Teilnahme ausdrücklich verzichtete.
Aus dem Protokoll:
RI: Wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen irgendetwas beitragen oder erzählen?
BF1 (auf Deutsch): Ich kann auch Deutsch reden.
Nach Rücksprache mit der RV der BF1 zieht diese für sich und ihren Sohn die Beschwerde bezüglich Spruchpunkt I. und II. (Asyl und subsidiärer Schutz) zurück.
RI: Sie sind jetzt 6 Jahre in Österreich?
BF1: Ja, ungefähr.
Z(Ehemann): Ich bin am 20.02.1964 in Ungarn geboren, heute ist es Rumänien. Ich bin im Jahr 1986 nach Österreich gekommen und ich bin Österreicher seit 35 Jahren, also seit 02.05.1985 bin ich Österreicher. Ich habe im Jahr 2018 mit der BF1 geheiratet.
RV legt vor:
Integrationsunterlagen für die Erstbeschwerdeführerin:
.) Arbeitszeugnis des Volontariats Haarstudio Braunau vom 12.04.2017
.) Bestätigung AMS Volontariat vom 20.10.2016
.) Psychotherapeutische Stellungnahme vom 13.10.2017
.) Teilnahmebestätigung Deutsch B2 Teil 1 28.06.2017
.) Teilnahmebestätigung Deutsch B1 Teil 1 16.10.2017
.) Teilnahmebestätigung Deutsch B1 Teil 2 16.10.2017
.) Teilnahmebestätigung Deutsch B1 Teil 1 07.12.2015
.) Teilnahmebestätigung Deutsch A2 Teil 2 16.10.2017
.) Prüfungszeugnis 12.11.2016 A2
.) 3 Fotos SMS
.) 2 Empfehlungsschreiben von Privatpersonen Beilage ./1
.) Teilnahmebestätigung vom 31.03.2018 Deutsch B2 Teil 2, Beilage ./2
.) Teilnahmebestätigung vom 25.03.2019 Deutsch B2 Teil 2, Beilage ./3
.) Teilnahmebestätigung Deutsch B2 Teil 1, 20.06.2018, Beilage ./4
.) Teilnahmebestätigung B2 Teil 1, vom 27.11.2017, Beilage ./5
.) Teilnahmebestätigung C1 Teil 1 vom 18.06.2019, Beilage ./6
.) Zeugnis zur Integrationsprüfung vom 07.07.2018, Beilage ./7
Integrationsunterlagen für den Zweitbeschwerdeführer:
.) Schulnachricht 3b vom 14.02.2020, Beilage ./8
.) Spiele Schachverein Bestätigung vom 23.03.2018, Beilage ./9
.) Schulbesuchsbestätigung vom 06.07.2018, Beilage ./10
.) Bestätigung vom 23.03.2018, Beilage ./11 - 4 -
RV: Der Zweitbeschwerdeführer hat in der letzten Schulnachricht eine positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand Deutsch, dadurch ist § 10 Abs. 2 Zif. 4 des Integrationsgesetzes erfüllt und dem BF2 damit eine Aufenthaltsberechtigung Plus zu erteilen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie führen die im Spruch genannten Namen. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind Mutter und Sohn. Die Identität aller Beschwerdeführer konnten zweifelsfrei festgestellt werden. Vor ihrer Ausreise und Einreise nach Österreich lebten die Beschwerdeführer in der Ukraine. Am 12.10.2014 stellten die Beschwerdeführer Anträge auf internationalen Schutz, nachdem sie illegal in das österreichische Bundesgebiet einreisten. Seit deren Antragstellung halten sich die Beschwerdeführer in Österreich auf. Für die Beschwerdeführer liegt ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG vor.
Der Zweitbeschwerdeführer bezog sich auf die Fluchtgründe der Erstbeschwerdeführerin und wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Die Beschwerdeführer sind gesund.
Die unbescholtenen Beschwerdeführer halten sich seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführer leben in einem gemeinsamen Haushalt. Sie beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Die Beschwerdeführer absolvierten diverse Sprachkurse und sind bemüht, sich zu integrieren, wie durch eine Anzahl von Empfehlungsschreiben bewiesen wird.
Die Erstbeschwerdeführerin hat die Integrationsprüfung des österreichischen Integrationsfonds mit Sprachkompetenz B1 am 07.07.2018 erfolgreich abgelegt. Die Erstbeschwerdeführerin verfügt über ein Sprachdiplom der Niveaustufe B1, und besucht derzeit den Kurs C1. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer besucht in Österreich die dritte Klasse der Neuen Mittelschule mit einer positiven Benotung im Fach Deutsch. Der lokale Schachclub bestätigt, dass der Zweitbeschwerdeführer ein begabter Schachspieler ist und ausgezeichnet Deutsch kann.
Am 10.03.2020 zogen die Beschwerdeführer ihre Beschwerden gegen die Bescheide bezüglich der Spruchpunkte I und II zurück.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität und die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer konnte durch die Vorlage der ukrainischen Inlands- und Auslandsreisepässe sämtlicher Beschwerdeführer eindeutig festgestellt werden. Die Feststellung zu ihren persönlichen Verhältnissen, ihrem Familienstand, ihren Aufenthaltsorten, ihrem Familienleben ergeben sich aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und den vorgelegten Dokumenten. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur Antragstellung zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.
Ob die von den Beschwerdeführern als Gründe für ihre Ausreise angegebenen Vorkommnisse glaubwürdigen Verfolgungshandlungen aus den Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung, darstellen kann dahingestellt bleiben, da sich die Beschwerde nur noch gegen die Rückkehrentscheidung wendet.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführer im Verfahren.
Der VwGH hat festgestellt, dass die Außerlandesbringung eines Fremden in den Herkunftsstaat auch dann eine Verletzung des Art 3 EMRK bedeutet, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Auch eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Im gegenständlich Fall liegen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend vor, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die Beschwerdeführer ein derartiges Risiko nach Art 3 EMRK darstellen würde.
Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten tagesaktuellen Strafregisterauszug. Dass der Zweitbeschwerdeführer strafunmündig ist, ergibt sich denklogisch aus seinem Alter. Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführer und zum Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus den Auszügen aus dem GVS-Register vom 12.12.2019.
Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens, den vorgelegten Bestätigungen und Empfehlungsschreiben sowie den eingeholten aktuellen IZR, GVS und ZMR-Auszügen. Die vorgelegten Beweismittel sind in ihrer Gesamtschau schlüssig und nachvollziehbar und waren in Zusammenschau als Nachweis der Integration zuzuerkennen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde (hier: das Bundesverwaltungsgericht) Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid (hier: Erkenntnis). Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
Zu
Spruchpunkt I. (Einstellung)
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 29. April 2015, Fr 2014/20/004711, fest, aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und §31 Abs. 1 VwGVG gehe hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde.
Nach Ansicht des VwGH hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen.
Aufgrund der am 10.03.2020 durch die Beschwerdeführer erfolgten Zurückziehung der Beschwerde betreffend die Spruchpunkte I und II ist der Bescheid vom 27.04.2016 in diesem Umfang rechtskräftig geworden und war daher das diesbezügliche Verfahren mit Beschluss einzustellen.
Zu
Spruchpunkt II und III (Rückkehrentscheidung)
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ist nicht geduldet. Sie sind auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig ein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführer nicht vor. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführer nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab-gewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. auch VwGH 21.03.2013, Zl. 2011/23/0360). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0126).
Dass sich Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat ihres unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit ihrer Integrationsschritte bewusst sein müssen gilt so für Asylwerber, die selbstständig nach Österreich einreisen; minderjährigen Kindern, die ihre Eltern nach Österreich begleiten, kann dies nicht in gleichem Maß zugerechnet werden wie den Obsorgeberechtigten (VfSlg. 19.086/2010, 19.357/2011, 19.612/2011, 19.752/2013).
Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. EGMR 18.10.2006, Fall Üner, Appl. 46.410/99, Z 58; 6.7.2010, Fall Neulinger ua., Appl. 1615/07, Z 146). Maßgebliche Bedeutung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. EGMR 31.7.2008, Fall Darren Omoregie ua., Appl. 265/07, Z 66; EGMR 17.2.2009, Fall Onur, Appl. 27.319/07, Z 60; 24.11.2009, Fall Omojudi, Appl. 1820/08, Z 46; siehe dazu auch VwGH 17.12.2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219) befinden.
Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die bei der Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Das in der Ukraine bestandene Familienleben wurde im Bundesgebiet fortgeführt. Es war daher ein Familienleben iSd. Art 8 EMRK zwischen den Beschwerdeführern zu bejahen.
Wie festgestellt befinden sich die Beschwerdeführer seit Oktober 2014 in Österreich, sind unbescholten und leben im gemeinsamen Haushalt. Ein über den angesprochenen Familienverband hinaus bestehendes Familienleben der Erstbeschwerdeführerin im Bundesgebiet ist durch ihre Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger gegeben.
In dieser Zeit entwickelte die Familie ein schützenswertes Privatleben in Österreich:
Die Beschwerdeführer haben ihre Aufenthaltsdauer auch nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern waren deren einzige Verfahren auf internationalen Schutz seit März 2015 anhängig, ohne dass den Beschwerdeführern diese lange Verfahrensdauer zu Last gelegt werden kann.
Die Beschwerdeführer verfügen sowohl in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht über eine fortgeschrittene Integration. Sie zeigten sich während ihres Aufenthaltes sehr um die Erlangung einer umfassenden Integration im Bundesgebiet bemüht.
Die Erstbeschwerdeführerin verfügt über Sprachkenntnisse der Niveaustufe B1, und besucht den C1 Kurs. Die Erstbeschwerdeführerin hat ihr Werte- und Orientierungswissen durch ein Zeugnis B1 des österreichischen Integrationsfonds vom 07.07.2018 belegt.
Die Beschwerdeführer legte eine Vielzahl an privaten Empfehlungsschreiben vor.
Der Zweitbeschwerdeführer hat seine Deutschkenntnisse durch sein Semesterzeugnis nachgewiesen.
Hervorzuheben ist auch die umfassende Verwurzelung des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers der perfekt Deutsch spricht und die dritte Klasse einer neuen Mittelschule besucht.
Dabei ist hervorzuheben, dass die Verwurzelung von Kindern, insbesondere auch durch den Schulbesuch, in Österreich schneller erfolgt als bei Erwachsenen, wobei auch im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer bei Minderjährigen schon aufgrund der Relation zum Gesamtlebensalter eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausschlaggebend sein wird (vgl. auch AsylGH vom 12.12.2012, D19 307.392-3/2008). Auch der Verfassungsgerichtshof spricht sich in seinem Erkenntnis vom 07.10.2010, Zl. 950/10 u.a. für eine stärkere Gewichtung der schulischen und gesellschaftlichen Integration von minderjährigen Beschwerdeführern, die einen Großteil ihres Lebens in Österreich verbracht haben, aus, wobei Kindern auch nicht in dem Maß wie ihren Obsorgeberechtigten der Umstand eines unsicheren bzw. auf Folgeanträgen basierenden Aufenthaltsstatus angelastet werden kann (vgl. dazu auch VfGH 07.10.2014, Zl. U2459/2012; VfGH 12.06.2010, Zl. U614/10).
Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl. VfSlg 16.657/2002; VwGH 19. 10. 1999, 99/18/0342 u.a.).
Es wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung beziehen. Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007, 852ff). In diesem Zusammenhang kommt gerade dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Die Erstbeschwerdeführerin ist mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet.
Die Beschwerdeführer knüpften in ihrem Wohnumfeld viele Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern und bringen sich bei Veranstaltungen und Projekten ein, was aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben ersichtlich ist. Im Rahmen der vorgelegten Unterstützungsschreiben aus ihrem sozialen Umfeld werden die Beschwerdeführer als hilfsbereite, integrationswillige Familie beschrieben. Letztlich zeigen sich die Beschwerdeführer bezüglich der Erlernung der deutschen Sprache bemüht, indem sie regelmäßig an Sprachkursen teilnehmen und ihre Sprachkenntnisse überdies durch Interaktion mit ihrem sozialen Umfeld erweitern.
Der Umstand, dass die Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (vgl. VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/18/0420). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH vom 01.07.2009, U992/08 sowie VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vom 16.01.2007, Zl. 2006/18/0453; vom 08.11.2006, Zl. 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; vom 22.06.2006, Zl. 2006/21/0109 und vom 20.09.2006, Zl. 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung dennoch die privaten - im vorliegenden Fall insbesondere die familiären - Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VfSlg. 17.457/2005 sowie VwGH vom 26.03.2007, Zl. 2006/01/0595 und vom 22.02.2005, Zl. 2003/21/0096). Die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung in die Ukraine ist angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Insgesamt kann im Falle der beiden Beschwerdeführer von einer ausreichenden Integration ausgegangen werden. Wie dargestellt, beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
Da somit das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, erfüllen diese die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob die Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllen.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitelt "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.
Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, als erfüllt anzusehen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,
2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 12 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,
3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,
4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,
5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet "Deutsch - Kommunikation und Gesellschaft" im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,
6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,
7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder
8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt.
§ 11 Integrationsgesetz lautet:
Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1
§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.
Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolgt ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.
Gemäß § 11 Abs. 2 IntG umfasst die Prüfung Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.
(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.
(4) Über die Gleichwertigkeit eines Nachweises gemäß § 9 Abs. 4 Z 2 entscheidet der Österreichische Integrationsfonds mit Bescheid auf schriftlichen Antrag einer Einrichtung, die beabsichtigt die Integrationsprüfung durchzuführen, nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres gemäß Abs. 5.
(5) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 sowie die Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit werden durch Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.
(6) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit mit Bescheid entziehen, wenn die Integrationsprüfung nicht der Verordnung gemäß Abs. 5 entspricht. Nach einem Entzug der Zertifizierung ist eine neuerliche Antragstellung zur Zertifizierung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten zulässig.
Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren. Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) lauten:
Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,
2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,
[...]
Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen (§ 14a Abs. 6 NAG). Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl II Nr. 449/2005 bestimmt Folgendes: § 7 (1) Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.
(2) Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Nivau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.
Der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" unterscheidet sich von der "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 nur in Bezug auf die Berechtigung zur Ausübung von Erwerbstätigkeiten, und zwar dahin, dass die "Aufenthaltsberechtigung" insoweit weniger Rechte einräumt. Statt wie bei der "Aufenthaltsberechtigung plus", die einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt iSd § 17 AuslBG vermittelt, besteht nämlich für die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit das Erfordernis einer Berechtigung nach dem AuslBG.
In seinem Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/210203, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (nunmehr §§ 9 ff Integrationsgesetz) eine formalistische Sichtweise anzuwenden sei und die Vorlage eines der in § 9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung (aF) aufgezählten Zertifikate nicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ersetzt werden könne.
Im gegenständlichen Fall verfügt die Erstbeschwerdeführerin über ein Zeugnis "ÖIF Zertifikat B1" vom 07.07.2018 weshalb sie das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat und der Zweitbeschwerdeführer über ein aktuelles Schulzeugnis mit einer positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand Deutsch, wodurch § 10 Abs. 2 Zif. 4 des Integrationsgesetzes erfüllt ist.
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer konnten einen entsprechenden Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse erbringen, weshalb ihnen nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen war.
Behebung Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides:
Auf Grund der Zuerkennung einer Aufenthaltsberechtigung "plus" waren die Spruchpunkte III. und IV. der angefochtenen Bescheide - gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (vgl. VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162) - ersatzlos zu beheben.
Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karten fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es zu irgendeinem Aspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Einstellung ersatzlose Teilbehebung Integration Interessenabwägung Kassation mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W196.2191544.1.00Im RIS seit
29.07.2020Zuletzt aktualisiert am
29.07.2020