Entscheidungsdatum
26.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W192 2217697-1/2E
W192 2217699-1/2E
W192 2217695-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , alle StA. Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2019, Zahlen 1.) 1098775409-151982190, 2.) 1098775507-151982173 und 3.) 1214529504-181176110, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F. und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, ein Ehepaar usbekischer Staatsangehörigkeit, stellten nach illegaler Einreise am 12.12.2015 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, zu welchen sie am darauffolgenden Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurden.
Der Erstbeschwerdeführer gab im Wesentlichen an, er sei Moslem und Tadschike und habe im November 2015 gemeinsam mit seiner Frau im November 2015 den Herkunftsstaat verlassen und sei mit dem Flugzeug von Samarkand nach Sankt Petersburg gereist, wobei er seinen usbekischen Inlandspass verwendet hätte. Dort seien sie bis 05.12.2015 bei einem Bekannten geblieben und anschließend im Pkw eines Schleppers durch unbekannte Länder bis nach Österreich gelangt. Den usbekischen Inlandspass habe er im Auto des Schleppers vergessen.
Als Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der Beschwerdeführer vor, dass er mit einem Freund auf einer Baustelle in Samarkand gearbeitet habe. Der Arbeitgeber habe beide zu einer anderen Person, einem Mullah mit einem langen Bart gebracht, wo alle drei übernachtet hätten. Der Mullah habe für alle ein Schaf geschlachtet und der Beschwerdeführer und sein Freund hätten am nächsten Tag jeder US-Dollar 500 bekommen, wobei der Beschwerdeführer nicht gewusst habe, wofür das Geld gewesen sei. Alle seien wieder nach Hause gegangen. Etwa zwei Wochen später seien alle drei wieder zu diesem Mullah gegangen und der Beschwerdeführer und sein Freund hätten jeder US-Dollar 300 erhalten. Er könne wiederum nicht angeben, wofür das Geld gewesen sei, vielleicht für irgendwelche Arbeiten. Eine Woche später sei dieser Mullah mit drei Personen zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen und habe ihm gesagt, dass der Beschwerdeführer und sein Freund nach Syrien zum IS einrücken sollten. Der Beschwerdeführer habe seinen Arbeitgeber angerufen und diesem gesagt, dass der Mullah ihn nach Syrien in den Krieg schicken wolle. Der Arbeitgeber habe dann gesagt, dass der Beschwerdeführer flüchten solle. Die Leute hätten mit dem Vater des Beschwerdeführers gesprochen. Der Beschwerdeführer habe diese Gelegenheit genutzt und seine Frau geholt und sei mit ihr geflüchtet. Sie seien mit dem Taxi zum Flughafen gefahren. Der Beschwerdeführer kenne den Namen des Mullah nicht. Der Beschwerdeführer habe das Geld und seine Frau genommen und sei geflüchtet. Der Vorfall habe sich gegen Mitternacht ereignet und um 2:00 Uhr früh seien beide am Flughafen gewesen und um 10:00 Uhr abgeflogen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab ebenfalls zu Protokoll, Moslem und Tadschikin zu sein und sie machte gleichlautende Angaben über die Einreise nach Österreich. Als Grund für die Ausreise brachte sie vor, dass am 03.11.2015 gegen Mitternacht oder 1:00 Uhr früh vier oder fünf Personen zum Haus der Familie gekommen seien. Sie wisse nicht was diese wollten. Sie hätten mit ihrem Schwiegervater reden wollen. Dieser habe sie angewiesen, in ihrem Zimmer zu bleiben. Dann sei der Erstbeschwerdeführer zu ihr in das Zimmer gekommen und habe gesagt, dass sie mitkommen solle. Die Männer seien mit dem Schwiegervater beschäftigt gewesen und die Zweitbeschwerdeführerin sei mit ihrem Mann über das Nachbarhaus in eine andere Straße geflüchtet und von dort mit einem Taxi zum Flughafen gefahren. Sonst habe sie keinen eigenen Fluchtgrund und sei persönlich von niemandem bedroht worden.
Auf Nachfrage, warum ihre gemeinsame Tochter nicht mitgenommen worden sei, brachte sie vor, dass diese in dieser Nacht bei den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin gewesen sei.
Die Beschwerdeführer leisteten Ladungen zu Einvernahmeterminen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für Juli und September 2018 keine Folge.
Im November 2018 wurde als gemeinsames Kind der Beschwerdeführer die Drittbeschwerdeführerin in Österreich geboren.
Nach Ergehen von Ladungsbescheid und Vollmachtsbekanntgabe durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter fand am 20.02.2019 die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem BFA statt. Dabei legten die Beschwerdeführer ihre Geburtsurkunden und Heiratsurkunden vor und gaben auf die Frage nach einem internationalen Reisepass an, dass sie den Reisepass am Weg nach Österreich in einem Pkw verloren hätten.
Die Beschwerdeführer hätten im Herkunftsstaat zuletzt gemeinsam mit ihrer gemeinsamen Tochter bei den Eltern des Erstbeschwerdeführers gelebt. Der Erstbeschwerdeführer habe Pflichtschule absolviert und im Herkunftsstaat Hilfsarbeiten beim Hausbau durchgeführt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Schulen besuchen und Kurse zur Schneiderei besucht, aber nicht gearbeitet. Die ältere Tochter halte sich im Herkunftsstaat bei den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin auf. Der Erstbeschwerdeführer habe alle 3 bis 4 Monate telefonischen Kontakt mit seinen Eltern, die Zweitbeschwerdeführerin habe seit drei Jahren keinen Kontakt mehr zu ihren Schwiegereltern und alle 2 bis 3 Monate telefonischen Kontakt mit ihren eigenen Eltern.
Zur Flucht brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er Usbekistan im Dezember 2015 verlassen habe und am 05.12.2015 in Sankt Petersburg eingetroffen sei. Er habe dort zwei Wochen als Hausbetreuer gearbeitet und dann einen Schlepper gefunden, der ihn nach Österreich gebracht habe. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie Usbekistan im November 2015 mit dem Flugzeug in Richtung Moskau verlassen habe. Drei oder vier Tage hätte sich die Familie in Moskau aufgehalten und danach habe der Erstbeschwerdeführer einen Bekannten gefunden, der sie mit dem Pkw nach Österreich gebracht habe. Der Schlepper habe die Pässe nicht zurückgegeben, obwohl die Beschwerdeführer mehrmals danach gefragt hätten.
Die Beschwerdeführer würden in Österreich im gemeinsamen Haushalt leben. Der Erstbeschwerdeführer bestreite den Lebensunterhalt der Familie durch Unterstützung von Bekannten, außerdem erledige er kleine Aufträge. Der Erstbeschwerdeführer sei in keinem Verein, betätige sich nicht ehrenamtlich und habe keinen Deutschkurs besucht. Die Zweitbeschwerdeführerin führte aus, dass sie vor der Geburt der Drittbeschwerdeführerin als Reinigungskraft und Schneiderin Arbeiten durchgeführt habe. Sie sei nicht in Grundversorgung. Sie habe einen Deutschkurs besucht, aber nicht abgeschlossen, sei in keinem Verein und nicht ehrenamtlich tätig.
Im Herkunftsstaat hätten die Beschwerdeführer niemals aus eigenen Antrieb Staatsanwaltschaft, Polizei oder Gerichte aufgesucht und hätten keine Probleme mit Sicherheitsbehörden, Gerichten oder dem Militär gehabt.
Zu den Gründen der Ausreise brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er als Baumeister bei privaten Hausbauern gearbeitet habe. Er habe mit einem Kollegen das Dach eines Arbeitgebers gedeckt. Eines Tages habe der Arbeitgeber gesagt, dass er einen Auftrag hätte, wobei man das Dach einer neu gebauten Moschee fertigstellen solle. Der Beschwerdeführer, sein Kollege und der Arbeitgeber seien gemeinsam in dieses Dorf gefahren und hätten die Moschee angesehen. Es seien ältere Männer mit Bärten gekommen und hätten mit ihnen wegen Arbeitsbedingungen geredet und hätten US-Dollar 600.- für zwei Personen als Anzahlung angeboten. Es sei vereinbart worden, dass die Arbeit an der Moschee beginnen sollte, nachdem das Haus des bisherigen Arbeitgebers fertiggestellt sei. Die älteren Männer hätten gesagt, dass noch auf Zustellung von Material zu warten sei und ungefähr in einem Monat mit der Fertigstellung des Daches begonnen werden solle. Dann sei der Beschwerdeführer zum zuvor bezeichneten Arbeitgeber zurückgekehrt und hätte an dessen Haus weitergearbeitet. Nachdem die Arbeiten abgeschlossen gewesen seien, hätten der Beschwerdeführer und sein Kollege sich erkundigt, wann sie mit der Moschee beginnen sollten. Die älteren Männer hätten gesagt, dass die Materialien noch nicht da seien und sie in dieser Zeit ein Buch lesen sollten. Sie hätten gefragt, ob sie Suren aus dem Koran lesen könnten, was der Beschwerdeführer verneint habe. Dann hätten die Männer gesagt, dass sie dieses Buch fertiglesen sollten.
15 bis 20 Tage später habe der zuvor genannte Arbeitgeber angerufen und gefragt, wann sie mit den Arbeiten an der Moschee beginnen. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass bei herrschenden Schneefall die Fertigstellung des Daches nicht möglich sei und man abwarten müsse. Der Arbeitgeber habe gesagt, dass die Männer selbst zu ihm kommen würden. Am 4. Dezember seien die Männer in der Nacht, gegen 24 Uhr, zum Beschwerdeführer gekommen und dessen Vater habe mit ihnen gesprochen. Der Beschwerdeführer sei dann gerufen worden und es seien alte Männer gewesen, die gesagt hätten, dass sie den Beschwerdeführer mitnehmen würden. Der Beschwerdeführer habe sie aufgefordert zuwarten, sei zurück ins Haus gegangen und habe den zuvor genannten Arbeitgeber angerufen und gefragt, warum die Männer gekommen sei. Der Arbeitgeber habe gesagt, dass es zwei Varianten gebe. Entweder würden diese Männer den Beschwerdeführer töten oder nach Syrien schicken, weil diese Männer ihm 600 US-Dollar bezahlt hätten. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass diese 600 US-Dollar eine Anzahlung gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe dann seine Frau mitgenommen, die Sachen schnell eingepackt und sie seien über ein Nachbarhaus auf die Straße gegangen und geflüchtet. Sie seien mit einem Taxi zum Flughafen gefahren und der Beschwerdeführer habe Tickets für einen Flug um 10:00 Uhr früh am 5. Dezember nach Sankt Petersburg gekauft. Sie seien nach Sankt Petersburg geflogen und der Beschwerdeführer habe drei Tage später seinen Vater angerufen und dieser habe ihm mitgeteilt, dass die Männer nochmals gekommen seien und nach dem Beschwerdeführer gefragt hätten. Der Erstbeschwerdeführer habe kurz in Russland gearbeitet, dann einen Bekannten gefunden, der die Beschwerdeführer mit einem Auto nach Österreich gebracht hätte. Im Auto hätte der Erstbeschwerdeführer die Pässe der Beschwerdeführer vergessen.
Der Erstbeschwerdeführer gab auf Nachfrage an, dass er die Namen der alten Männer nicht kenne und er sie nur ein paar Mal gesehen habe. Sein früherer Arbeitgeber habe ihm gesagt, dass diese Männer ihn nach Syrien schicken können, die Männer selber hätten dies nicht gesagt. Der bezeichnete Arbeitgeber habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass die Männer den Beschwerdeführer nach Syrien zum Arbeiten schicken wollten. Der Erstbeschwerdeführer wisse nicht, ob er da arbeiten sollte oder sich eventuell an einem Kampf beteiligen. Er habe den Vorfall mit den alten Männern nicht angezeigt, sondern sei gleich geflüchtet.
Der Erstbeschwerdeführer wolle nicht nach Usbekistan zurück und brauche ein Dokument, mit welchem er hier legal arbeiten dürfe. Er habe sich nicht um Ersatzdokumente bemüht. Er beziehe keine Sozialhilfe. Der Erstbeschwerdeführer wolle um eine Arbeitsbewilligung bitten oder in Wien bleiben und Grundversorgung beziehen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie und ihre Tochter keinen eigenen Fluchtgründe hätten. Bei einer Rückkehr nach Usbekistan hätte sie kein Haus und keinen Beruf ansonsten habe sie keine anderen Probleme. Da ihre Mutter hohen Blutdruck habe, habe sie keine weitere Ausbildung machen können, da sie der Mutter im Haushalt helfen sollte.
In einer mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters von 08.03.2019 erstatteten Stellungnahme brachten die Beschwerdeführer vor, dass zufolge einer Anfragebeantwortung von Akkord von 19.01.2017 die Aktivitäten, welche Usbeken im Ausland gesetzt hätten, entscheidend dafür seien, was bei einer Rückkehr in das Herkunftsland geschehen könne. Es werde häufig Druck auf Verwandte von Personen ausgeübt, nach welchen gefahndet werde und teils würden Asylantragstellungen im Ausland auch als Verrat angesehen.
Es werde festgehalten, dass für die Betroffenen keine Existenzgrundlage im Usbekistan bestehe. Große Teile der Bevölkerung seien von Armut bedroht und Gehälter und Renten sehr niedrig. Es bestehe ein hohes Sicherheitsrisiko in den Grenzregionen zu Afghanistan, Tadschikistan und Kirgisistan. Die Lebensbedingungen für Kinder seien ebenfalls schwierig. Ihre Rechte könnten nicht vollständig gewahrt bleiben. Kinderarbeit sei in den Landessitten verankert und finde selbst während der Schulzeit statt.
Es werde auf den Menschenrechtsbericht von Amnesty International 2017/2018 hingewiesen und beantragt, einen Vertrauensanwalt aus Usbekistan beizuziehen oder ein länderkundliches Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung der Angaben der Betroffenen einzuholen.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkte II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkte III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die beschwerdeführenden Parteien jeweils eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte V.) und die Frist für deren freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte VI.).
Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Religion und Volksgruppenzugehörigkeit sowie die zwischen den beschwerdeführenden Parteien aufrechte Ehe, nicht jedoch deren präzise Identität, fest. Weiters wurde im Rahmen der Entscheidungsbegründung festgehalten, dass eine persönliche Verfolgung oder Bedrohung der beschwerdeführenden Parteien aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden habe können. Es könne nicht festgestellt werden, dass den beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr eine Gefährdung durch den Staat oder durch nichtstaatliche Akteure drohe.
Die vom Erstbeschwerdeführer zur Begründung seines Antrags vorgebrachte Bedrohung sei nicht glaubhaft gewesen, da der Beschwerdeführer bei der Darstellung in der Einvernahme am 20.02.2019 grob widersprüchliche Angaben zu seinen Ausführungen bei der Erstbefragung getätigt habe. Während er bei der Erstbefragung vorgebracht habe, er habe von einem Mullah mit langen Bart Geld bekommen, wobei er den Grund dafür nicht gekannt habe, behauptete er bei der Einvernahme, dass ihm mehrere ältere Männer aus einer Moschee einen Geldbetrag als Anzahlung für die Durchführung von Arbeiten am Dach der neugebauten Moschee geboten hätten. Bei der Erstbefragung habe er Beschwerdeführer behauptet, dass zu einem späteren Zeitpunkt der Mullah mit drei Personen zu ihm nach Hause gekommen sei und ihm gesagt habe, dass er und sein Kollege nach Syrien zum IS einrücken sollen. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer im Widerspruch dazu bei der Einvernahme am 20.02.2019 vorgebracht, dass alte Männer zu seinem Vater gekommen seien und danach dem Beschwerdeführer gesagt hätten, dass sie ihn bräuchten und mitnehmen. Erst aus einem dann durchgeführten Telefongespräch mit dem früheren Arbeitgeber habe der Beschwerdeführer erfahren, dass die Männer ihn entweder töten oder nach Syrien schicken wollten.
Auch hätten sich zahlreiche zeitliche Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme ergeben, indem er Erstbeschwerdeführer bei der Erstbefragung angegeben habe, am 03.11.2015 mit dem Flugzeug nach Sankt Petersburg geflogen zu sein, wo er bis 05.12.2015 geblieben wäre, während er bei der Einvernahme angegeben habe, dass der Flug am 05.12.2015 erfolgt sei. Überdies habe die Zweitbeschwerdeführerin im Widerspruch sowohl zu ihrem Gatten als auch zu ihren eigenen Angaben bei der Erstbefragung im Rahmen der Einvernahme behauptet, dass sie Usbekistan im November 2015 mit dem Flugzeug nach Moskau verlassen habe.
Der Erstbeschwerdeführer habe auch widersprüchliche Angaben über seinen angeblichen Arbeitskollegen gemacht: Bei der Erstbefragung habe ihr vorgebracht, dass dieser ebenso wie er selbst nach Syrien zum IS einrücken solle. Im Verlauf der Einvernahme hingegen habe er keine derartigen Angaben gemacht und bloß vorgebracht, dass der Kollege laut Mitteilung des Vaters des Erstbeschwerdeführers in Russland verschwunden sei.
Der Beschwerdeführer habe auch keine plausible Erklärung darüber abgegeben, warum unbekannte alte Männer die Macht haben sollten, jemanden nach Syrien zu schicken.
Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin wurde festgehalten, dass diese keine eigenen Verfolgungsgründe vorgebracht hätten.
Die beschwerdeführenden Parteien seien nach eigenen Angaben arbeitsfähig und arbeitswillig und es sei ihnen zumutbar, mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und mit familiärer Unterstützung zukünftig den Lebensunterhalt im Herkunftsstaat zu sichern.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG seien nicht gegeben. Die beschwerdeführenden Parteien würden über keine verwandtschaftlichen, sonstigen sozialen oder wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügen und es hätten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden können.
3. Gegen diese, den beschwerdeführenden Parteien am 26.03.2019 zugestellten, Bescheide brachten die Genannten durch ihre Rechtsvertretung mit gleichlautenden Schriftsätzen vom 16.04.2019 fristgerecht Beschwerde ein. Darin wurde vorgebracht, dass der Erstbeschwerdeführer im Verfahren konkret angeführt habe, was ihm widerfahren sei und dass er zum IS geschickt werden sollte. Die Beschwerde hat es nicht unternommen, der Beweiswürdigung der angefochtenen Bescheide entgegenzutreten und sie wiederholte im weiteren den Antrag, ein länderkundliches Sachverständigengutachten einzuholen oder einen Vertrauensanwalt aus Usbekistan beizuziehen. In der Beschwerde wurde in weiterer Folge - ebenso wie schon in der Stellungnahme vom 08.03.2019 - nicht ausgeführt, welche Feststellungen durch ein derartiges Sachverständigengutachten oder einen Vertrauensanwalt gestellt werden sollten. Weiters wurden in der Beschwerde die Ausführungen in der Stellungnahme vom 08.03.2019 zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat wiederholt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar usbekischer Staatsangehörigkeit, Angehörige der tadschikischen Volksgruppe und bekennen sich zum moslemischen Glauben. Die beschwerdeführenden Parteien stellten nach gemeinsamer illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das Bundesgebiet am 12.12.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz und halten sich seitdem durchgängig im Bundesgebiet auf. Hier wurde die Drittbeschwerdeführerin als deren gemeinsame Tochter geboren. Eine gemeinsame minderjährige Tochter dieser beschwerdeführenden Parteien hält sich, ebenso wie die Eltern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin unverändert in Usbekistan auf, wo der Erstbeschwerdeführer bis zur 2015 erfolgten Ausreise einer beruflichen Tätigkeit als Bauarbeiter nachgegangen ist.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer durch einen bärtigen Mullah oder ältere Männer aus einer Moschee bedroht wurde oder nach Syrien zum IS geschickt werden sollte. Die Zweitbeschwerdeführerin hat keine individuellen Rückkehrbefürchtungen vorgebracht. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wären.
Es besteht für den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin als jeweils gesunde leistungsfähige Personen im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf sowie ihre Tochter im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Diese liefen auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Im Herkunftsstaat halten sich unverändert zahlreiche Angehörige der beschwerdeführenden Parteien auf, zudem steht es ihnen offen, wie bereits im Vorfeld ihrer Ausreise, im Elternhaus des Erstbeschwerdeführers Wohnsitz zu nehmen.
Die gesunden und unbescholtenen beschwerdeführenden Parteien gehen im Bundesgebiet jeweils keiner nachweislich legalen Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Arbeit nach, sind in keinem Verein Mitglied und haben keine Verwandte oder sonst enge soziale Bezugspunkte in Österreich. Die Erstbeschwerdeführerin hat einen Deutschkurs besucht, jedoch keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Politische Lage
Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km², die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018a).
Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).
Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b).
Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 3.2018; vgl. AA 4.2018a).
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.1.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).
Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).
Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.2018): Usbekistan, Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistan/ 206788, Zugriff 15.10.2018
- AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018a): Usbekistan, Überblick, https://www.liportal.de/usbekistan/ueberblick/, Zugriff 22.10.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
Sicherheitslage
Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).
Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km² großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).
Quellen:
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2018b): Usbekistan, Alltag, https://www.liportal.de/usbekistan/alltag/, Zugriff 22.10.2018
- BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.11.2018): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/ reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/, Zugriff 13.11.2018
- Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/ de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2017): Tug-Of-War: Uzbekistan, Kyrgyzstan Look To Finally Settle Decades-Old Border Dispute, https://www.rferl.org/a/uzbekistankyrgyzstan-resolving-decades-old-border-dispute/28918059.html, Zugriff 12.11.2018
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (15.8.2018): Kyrgyzstan, Uzbekistan Agree To Work On Land Swap Near Border, https://www.rferl.org/a/kyrgyzstan-uzbekistan-agree-towork-on-land-swap-near-border/29435146.html, Zugriff 12.11.2018
- SD - Süddeutsche Zeitung (8.4.2017): Islamische Bewegung Usbekistans rekrutiert in Deutschland, https://www.sueddeutsche.de/politik/anschlag-in-stockholm-usbekistan-ruecktins-zentrum-des-terrors-1.3457183-2, Zugriff 12.11.2018
Rechtsschutz / Justizwesen
Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).
Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 1.2018).
Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).
Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).
Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).
Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4.2018a).
Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4.2018a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
- - FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html , Zugriff 22.10.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
Sicherheitsbehörden
Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).
Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).
Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018).
Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).
Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz "Über den Staatlichen Sicherheitsdienst" und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).
Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).
Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).
Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle "Extremisten". Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- IWPR - Institute for War and Peace Reporting (4.4.2018): Uzbek President Reigns In Security Service, https://www.ecoi.net/en/document/1429539.html, Zugriff 29.10.2018
- Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/ de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018
- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (2018): OSCE Project Coordinator in Uzbekistan - Policing, https://www.osce.org/uzbekistan/106127, Zugriff 13.11.2018
- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (21.5.2018): Specialized anti-trafficking training course for regional branches of police in Uzbekistan held in Urgench with OSCE support, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/382117, Zugriff 13.11.2018
- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (6.11.2018): Project Coordinator in Uzbekistan conducts training course for police investigators on protecting rights of alleged victims and accused persons during preliminary investigations, https://polis.osce.org/project-coordinator-uzbekistan-conducts-training-course-policeinvestigators-protecting-rights, Zugriff 13.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
Folter und unmenschliche Behandlung
Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018; FH 1.2018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.4.2018).
Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 1.2018).
Am 1.6.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZE Projektkoordinator in
hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 1.6.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-andcentral-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018
- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1.6.2018): OSCE supports establishment of National Preventive Mechanism against Torture in Uzbekistan, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/383226, Zugriff 13.11.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
Korruption
Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).
Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt (USDOS 20.4.2018). Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als "Opferlämmer" wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTI 2018).
Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (TI 21.2.2018).
Quellen:
- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Uzbekistan Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/UZB/, Zugriff 15.10.2018
- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
- TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 15.10.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
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Allgemeine Menschenrechtslage
Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).
Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTIPersonen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).
Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).
Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VNSonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).
Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).
Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4.2018a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-andcentral-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
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Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in usbekischen Gefängnissen stellen sich aufgrund von Nahrungsmangel, schwerer Überbelegung, körperlichem Missbrauch und unzureichenden hygienischen und medizinischen Bedingungen, unter Umständen hart und lebensbedrohlich dar (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).
Inhaftierte Verdächtige und verurteile Gefängnisinsassen, insbesondere solche, die wegen ihres Glaubens verurteilt wurden, sind oft Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt (FH 1.2018). Häftlinge, die wegen des versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung verurteilt worden sind, werden von den übrigen Häftlingen getrennt eingesperrt. Politische Gefangene werden in Zellen ohne ausreichender Belüftung festgehalten und sind im Winter Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und im Sommer um die 50°C ausgesetzt. Freigelassene politische Gefangene berichten von Folter. Internationale und nationale Menschenrechtsorganisationen schätzten, dass mehrere hundert bis zu tausend Personen aus politischen Gründen inhaftiert sind. Diese, von der Regierung geleugneten Angaben, sind nicht unabhängig überprüfbar. Politischen Häftlingen wird der Zugang von Menschenrechts- oder humanitären Organisationen, wie der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, verweigert (USDOS 20.4.2018).
Das Besuchsrecht ist häufig von der Zahlung eines Bestechungsgeldes an Beamte abhängig. Angehörige von Gefangenen, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen festgehalten werden, berichten von willkürlicher Verweigerung, Verzögerung und Verkürzung des Besuchsrechts. Ebenso werden Informationen über die Gesundheits- und Disziplinarunterlagen von Familienmitgliedern vorenthalten. Im Unterschied zu vorangegangenen Jahren wurden keine Fälle sexuellen Missbrauchs von Häftlingen gemeldet. Häftlinge sind nicht in der Lage ihr Recht auf freie Religionsausübung zu praktizieren (USDOS 20.4.2018).
Familienangehörige und NGOs berichten, dass manchmal Gefangene, insbesondere solche, die wegen religiösem Extremismus verurteilt wurden, nach Ablauf ihrer Haftstrafe nicht enthaftet werden. Haftzeiten werden wegen Vorwürfen zusätzlicher Verbrechen, vagen Verstößen gegen Gefängnisregeln oder die Behauptung, dass die Häftlinge eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen würden, verlängert (USDOS 20.4.2018). Die Strafvollzugsbehörden setzten auch 2017 Artikel 221 des usbekischen Strafgesetzbuches über "Verstöße gegen die Strafvollzugsordnung" ein, um Strafen für politische Gefangene willkürlich zu verlängern (HRW 18.1.2018).
Beamte der Gefängnisverwaltung berichten, dass es in den Gefängnissen ein Tuberkuloseprogramm (TB), ein HIV/AIDS-Behandlungs- und Präventionsprogramm und die Behandlungsmöglichkeit für Hepatitispatienten gibt. Die TB-Infektionsrate ist weiterhin hoch, Hepatitis ist nicht in hoher Zahl vorhanden. Berichte über solche Behandlungen kann nicht unabhängig verifiziert werden, da der Zugang zu solchen Einrichtungen häufig verweigert wird (USDOS 20.4.2018).
Unabhängigen Beobachtern wird von den Behörden der Zugang nur zu bestimmten Strafvollzugsanstalten, wie Untersuchungshaftanstalten, Jugend- und Frauengefängnisse sowie Gefängnisansiedlungen, gestattet. Vom 15. bis 19. September besuchte UNICEF gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft das Gefängnis für jugendliche Straftäter (Jugendkolonie) und zwei Justizvollzugsanstalten. Das Internationale Komitee für das Rote Kreuz hat seit 2013 keine Gefangenen mehr besucht. Im Oktober besuchte der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit, Ahmed Ahmed Shaheed, das Hochsicherheitsgefängnis Jaslyk (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
Todesstrafe
Usbekistan hat mit Wirkung vom 1.1.2008 die Todesstrafe gesetzlich für alle Verbrechen abgeschafft (AA 4.2018a; vgl. AI 12.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
- AI - Amnesty International (12.4.2018): Death Sentences and Executions 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf, Zugriff 15.11.2018
Religionsfreiheit
Usbekistan versteht sich als weltlicher Staat mit strikter Trennung von Staat und Religion (AA 4.2018a). Die Verfassung sieht die Freiheit der Religion oder des Glaubens und die Trennung von Regierung und Religion vor. So sind politische Parteien auf der Grundlage religiöser Prinzipien verboten. Gesetzliche Einschränkungen religiöser Rechte sind zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der Gesellschaftsordnung und Moral erlaubt (USDOS 29.5.2018).
Zwischen 88 und 93 Prozent der usbekischen Bevölkerung sind Muslime, größtenteils Sunniten der hanefitischen Rechtsschule. Etwa ein Prozent der Bevölkerung, Aserbaidschaner (Aseri) mit regionalen Zentren in Buchara und Samarkand sind Schiiten der dschaferitischen Rechtsschule (USDOS 29.5.2018; vgl. Brockhaus 13.11.2018). In der autonomen Republik Karakalpaken ist der sufistisch geprägte Volksislam von großer Bedeutung (Brockhaus 13.11.2018). Zwischen vier und neun Prozent der Bevölkerung sind russisch-orthodox, die restlichen rund drei Prozent umfassen römische Katholiken, ethnisch koreanische Christen, Baptisten, Lutheraner, Siebenten-TagsAdventisten, Evangelikale, Pfingstler, Zeugen Jehovas, Buddhisten, Bahais, Mitglieder der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein, Neuapostolische, Armenier und christliche Kirchengemeinden, sowie eine interkonfessionelle Bibelgesellschaft wie auch Atheisten (USDOS 29.5.2018; vgl. Brockhaus 13.11.2018; HRC 22.2.2018). Russisch-Orthodoxe, Juden, Protestanten und Katholiken existieren in einer toleranten Atmosphäre unter der überwältigenden muslimischen Bevölkerung. Alle anderen religiösen Gruppen und Missionare sind verboten und werden unterdrückt (BTI 2018).
Religiöse Gruppen sind verpflichtet sich zu registrieren, religiöse Aktivitäten nicht registrierter Gruppen sind illegal (USDOS 29.5.2018). Es gibt in Usbekistan, verteilt auf 16 Konfessionen, 2.242 registrierte religiöse Vereinigungen, 2.068 dieser Vereinigungen sind sunnitische Gruppen. (HRC 22.2.2018).
Öffentliche Predigten und Missionierung werden eingeschränkt, religiöse Literatur zensiert und der erlaubte private Besitz von religiösen Materialien ist beschränkt. Eine Reihe religiöser Gruppen wird als "extremistisch" verboten. Razzien nicht registrierter religiöser Treffen, legale und illegale Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen verbotenen religiösen Materials durch Strafverfolgungsbeamte führen zu Geldstrafen, Korrekturarbeit und Gefängnisstrafen (USDOS 29.5.2018).
Neben nicht registrierten sind auch registrierte Glaubensgruppen von Repressalien, Razzien, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen religiöser Literatur durch Polizei und Geheimpolizei betroffen (Forum 18 11.9.2017). Am 17.5.2018 führte die Polizei eine Durchsuchung einer staatlich registrierten Baptistenkirche in Uchkuduk durch und beschlagnahmte christliche Bücher, welche zuvor von der staatlich registrierten Bibelgesellschaft Usbekistans gekauft wurden. Der Pastor wurde wegen "illegaler Herstellung, Lagerung oder Einfuhr religiösen Materials nach Usbekistan, mit der Absicht dieses zu verteilen" zu einer Geldstrafe verurteilt. Seit Juli 2018 wurden rund 50 Fälle bekannt, in denen die Sicherheitsbehörden auf Eltern Druck ausübten, um sie dazu zu bringen, ihre unter 18 Jahre alten Kinder davon abzuhalten, Moscheen zu besuchen.
Am 30.9.2018 führten Beamte ohne Durchsuchungsbefehl eine Razzia in einem evangelischen Zentrum im Bostanlyk Distrikt durch, beschlagnahmten zahlreiche Gegenstände des Kirchenbesitzes und übten starken psychologischen Druck auf die Gläubigen aus. (Forum 18 19.10.2018).
Die Regierung versucht, unabhängige islamisch-religiöse Bewegungen im Lande zu kontrollieren (AA 4.2018a). Inoffizielle islamistische Strömungen werden entschieden verfolgt, auch im Ausland (GIZ 9.2018c). Die Regierung führt eine "schwarze Liste" von Personen, die der Zugehörigkeit zu nicht registrierten oder extremistischen Gruppen verdächtigt werden. Diese Personen sind von verschiedenen Berufen und von Reisen ausgeschlossen und müssen sich regelmäßig für polizeiliche Verhöre melden. Im August 2017 wurde die Reduzierung der Gesamtzahl der Personen auf der "schwarzen Liste" von 17.582 auf 1.352 angekündigt (HRW 18.1.2018).
Die Regierung verhängte strenge Strafen für Personen, die außerhalb von zugelassenen Orten beten. Religiöse Gruppen und Menschenrechtsaktivisten berichteten, dass bewaffnete Strafverfolgungsbeamte weiterhin Treffen nicht registrierter Gruppen überfallen und deren Mitglieder festnehmen. Die Gerichte verurteilen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheitengruppen zu Verwaltungshaft (USDOS 29.5.2018; vgl. AI 22.2.2018). Tausende religiöse Muslime, die ihre Religion außerhalb der strengen staatlicher Kontrollen ausüben, bleiben wegen vager Anschuldigungen des Extremismus inhaftiert. Im April 2017 wurden auch vier protestantische Männer zu kurzen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich zur Anbetung in einem Heim getroffen hatten (HRW 18.1.2018). Treffen von Hausgemeinden sind oft das Ziel von Razzien und die dort Anwesenden werden dann belästigt, eingesperrt, verhört oder bekommen Geldstrafen; wenn in den Räumlichkeiten religiöses Material gefunden wird, wird es konfisziert und zerstört. Christen aus protestantischen Freikirchen zählen nach christlichen Konvertiten zur am zweitstärksten verfolgten Gruppe (OD o.D.).
Es gab keine Berichte über antisemitische Handlungen oder Diskriminierung von Juden. Die jüdische Gemeinde konnte zwar nicht die Anforderungen für die Registrierung einer zentralen Organisation erfüllen, doch es gibt acht registrierte jüdische Gemeinden. Die jüdische Bevölkerung, welche sich hauptsächlich auf Taschkent, Samarkand, das Fergana-Tal und Buchara konzentriert, wird auf bis zu 10.000 Personen geschätzt. Ihre Zahl ging aufgrund von Auswanderung, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, zurück (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA -