TE Bvwg Beschluss 2019/5/10 L525 2137420-2

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Veröffentlicht am 10.05.2019
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Entscheidungsdatum

10.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L525 2137420-2/2E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Johannes Zöchling, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 20.7.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe aufgrund der Unsicherheit und Angst um ein Leben das Land verlassen müssen. Bei ihnen seien so viele Taliban, es herrsche Krieg, immer wieder komme es zu Anschlägen, man könne nicht aus dem Haus gehen.

Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Beschwerdeführer am 14.7.2016 im Wesentlichen ergänzend Folgendes vor:

Er habe beim schiitischen Verein Tahreek-e Hussaini als Sicherheitskraft gearbeitet. Dieser Verein habe gegen die Taliban gekämpft. Die Taliban hätten ihn zweimal telefonisch bedroht; er solle den Verein verlassen und gegen Bezahlung zu ihnen überlaufen. Sollte er dieser Aufforderung nicht nachkommen, würde er von den Taliban umgebracht werden. Nachdem er von den Taliban auf diese Art und Weise bedroht worden sei, sei er nicht mehr zu diesem Verein gegangen. Im Falle einer Rückkehr würden ihn die Taliban umbringen.

In Österreich würden keine Verwandten des BF leben. In Österreich bestehe zu keiner Person ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Der BF befinde sich in Grundversorgung, spiele Fußball mit Freunden, repariere Fahrräder, erledige Hausarbeiten und werde in Deutsch unterrichtet.

Mit Bescheid des BFA vom 19.9.2016 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vollinhaltlich abgewiesen, wurden keine Aufenthaltstitel nach dem AsylG erteilt und die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Pakistan verfügt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.4.2018 mit Erkenntnis vom 17.7.2018 durch das Bundesverwaltungsgericht, Zl. L512 2137420-1 vollinhaltlich abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Der Beschwerdeführer verließ daraufhin das Bundesgebiet und reiste illegal nach Frankreich um dort einen Asylantrag zu stellen. Der Beschwerdeführer wurde am 24.4.2019 wieder nach Österreich überstellt.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin am 24.4.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen nunmehrigen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er könne nicht zurück nach Pakistan, seine Familie habe zwei Drohbriefe von den Taliban erhalten. Er habe Angst getötet zu werden. Seine Fluchtgründe hätten sich nicht geändert, er sei zuletzt in Frankreich gewesen und habe mit seiner Familie telefoniert. Sie hätte ihm mitgeteilt, dass er von den Taliban zwei Drohbriefe erhalten habe.

Der Beschwerdeführer wurde zunächst am 6.5.2019 niederschriftlich einvernommen. Zu seinen neuen Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer aus, er habe am 2.5.2019 zwei Bilder übermittelt bekommen auf denen Drohbriefe zu sehen seien. Er habe seinen Bruder, der ihm die Bilder übermittelt hätte, erst gestern gefragt, was das sei, da er es nicht lesen könne und dieser habe ihm gesagt, dass dies Briefe von den Taliban seien. Er könne Paschtu zwar gut sprechen, aber nicht lesen. Seine Flucht- bzw. Ausreisegründe aus dem Vorverfahren seien immer noch aufrecht, es gäbe nichts Neues, außer, dass er zwei Briefe erhalten habe. Der erste Brief sei nach August 2018 gekommen, der zweite im März 2019. Er habe seine Mutter in Frankreich angerufen und sie gefragt, wie es ihr gehe und nachdem sie darüber gesprochen hätten, habe diese ihm gesagt, dass die Taliban einen Brief geschickt hätten. Der erste Brief sei an den Bruder gerichtet gewesen. Darin stehe, dass der Bruder nicht zum Militär gehen solle und dass er Pakistan verlassen solle. Befragt, was das nunmehr mit ihm zu tun habe, führte der Beschwerdeführer aus, es stehe auch sein Name oben und dass man auch ihn nicht in Ruhe lassen würde. Er selbst habe zuvor 2014 telefonische Bedrohungen erhalten. Befragt, warum der Bruder ihm diese Briefe erst am 2.5.2019 übermittelt habe, führte der Beschwerdeführer aus, er sei zuvor im Gefängnis gewesen und auf der Straße habe er kein Internet gehabt. Befragt, was im zweiten Brief stehe, führte der Beschwerdeführer aus, er könne es nicht lesen, aber seine Mutter habe ihm gesagt, die Taliban würden verlangen, dass sie sich ihnen anschließen sollen und nichts dem Militär sagen sollten. Er sei nie persönlich bedroht worden, aber als er in Pakistan war, telefonisch.

Die belangte Behörde lies die beiden vorgelegten Schreiben übersetzen.

Der Beschwerdeführer wurde am 7.5.2019 abermals niederschriftlich einvernommen. Seine Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht, die beiden Drohbriefe seien neu. Befragt, aus welchem Grund eigentlich er bedroht werde, führte der Beschwerdeführer aus, dass er unter anderem deswegen bedroht werde, damit sein Bruder nicht zum Militär gehe und weil er ja auch als Sicherheitskraft gearbeitet habe. Befragt, ob er damit meine, dass ihm die Drohbriefe aufgrund seiner Mitgliedschaft beim Verein Tahreek-e-Hussaini zugesandt worden seien, bejahte der Beschwerdeführer ausdrücklich. Befragt, wie er sich den Umstand erkläre, dass die beiden Briefe an den Vater und dessen Familie bzw. an den Bruder adressiert seien, wenn diese doch wie von ihm behauptet aufgrund seiner Tätigkeit als übermittelt worden seien, führte der Beschwerdeführer aus, es würde auch sein Name oben stehen. Es sei ja auch telefonisch bedroht worden.

Mit mündlich verkündetem, gegenständlichem Bescheid vom 7.5.2019 verfügte die belangte Behörde gemäß § 12a AsylG die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der neuerliche Antrag nicht geeignet sei, einen maßgeblich geänderten Sachverhalt festzustellen. Der mit der Zurückweisung zu verbindenden Ausweisung nach Pakistan stehe kein wesentlich geänderter Sachverhalt in Bezug auf das Privat und Familienleben oder verfahrenswesentliche Integration entgegen. Der Beschwerdeführer habe keinen Familienbezug zu Österreich, er sei nicht selbsterhaltungsfähig und sei er nicht integriert und sei er gesund. Es bestehe eine aufrechte Rückkehrentscheidung und habe sich die Lage im Herkunftsland nicht relevant geändert, weshalb die Gefahr einer Verletzung von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG nicht ersichtlich sei.

Die Verwaltungsakten langten am 10.5.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung L525 ein, wovon das BFA am gleichen Tag verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 20.7.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab im Zuge der Erstbefragung an, er habe Pakistan aufgrund der Unsicherheit und Angst um sein Leben verlassen müssen. Bei ihnen seien so viele Taliban, es herrsche Krieg, es komme immer wieder zu Anschlägen und man könne nicht aus dem Haus gehen.

Mit Bescheid vom 19.9.2016 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel nach dem AsylG stellte fest, dass der Beschwerdeführer nach Pakistan ausgewiesen wird und erlies gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welches die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 17.7.2018, Zl. L512 2137420-1 abwies.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zu den vorgebrachten Fluchtgründen aus, dass der Beschwerdeführer ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft machen konnte. Der Beschwerdeführer steigerte zunächst sein Vorbringen, in dem er eine individuelle Bedrohung erstmals vor dem BFA vorbrachte, nicht jedoch bereits im Zuge der Erstbefragung, wo er sich ausschließlich auf die allgemeine Sicherheitslage stützte. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Mitgliedschaft beim Verein Tahreek-e-Hussaini als Sicherheitskraft hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass nach Recherchen der Staatendokumentation die in den vorgelegten Bestätigungen des Beschwerdeführers angeführte Nummer nicht korrekt ist bzw. gar nicht existiert. Soweit der Beschwerdeführer ausführte, er sei auch Mitglied der Alamdar Federation und habe dort als Gruppenleiter vor Krankenhäuser bzw. Moscheen Menschen durchsucht, hielt das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA diese Mitgliedschaft nie erwähnte und unter Berücksichtigung der Länderberichte, wonach gefälschte Bestätigungen in Pakistan ohne Probleme erhältlich sind und der fehlenden feststehenden Identität des Beschwerdeführers, weshalb es auch diesem Vorbringen die Glaubwürdigkeit versagte. Ebenso verstrickte sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der behaupteten telefonischen Bedrohungen durch die Taliban in Widersprüche, so schilderte der Beschwerdeführer vor der BFA noch, er sei von den Taliban aufgefordert worden, den Verein zu verlassen und gegen Bezahlung überzulaufen, vor dem Bundesverwaltungsgericht schilederte der Beschwerdeführer auf einmal, er sei im Zuge eines Telefonats aufgefordert worden mit den Taliban zusammen zu arbeiten und hätte sie zurückrufen sollen, was er jedoch nicht gemacht habe, weil er die Zusammenarbeit abgelehnt hätte, beim zweiten Anruf sei ihm dann mitgeteilt worden, dass er kein Moslem sei und den Tod verdiene. Auch hier versagte das Bundesverwaltungsgericht dem Vorbringen des Beschwerdeführers jegliche Glaubhaftigkeit. Gründe, die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht festgestellt, ebenso wenig wie Gründe, die gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers sprechen würden. Eine maßgebliche Integration wurde nicht festgestellt. Dass der Beschwerdeführer mit einer deutschen Staatsbürgerin in Österreich zusammenlebt, reicht nicht aus um eine berücksichtigungswürdige Integration darin zu sehen.

Der Beschwerdeführer verlies in weiterer Folge nicht das Bundesgebiet Richtung Pakistan, sondern entzog sich der Abschiebung, in dem er illegal nach Frankreich weiterreiste und dort einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer wurde am 24.4.2019 wieder nach Österreich rücküberstellt.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin am gleichen Tag abermals einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte vor, dass seine alten Gründe noch aufrecht seien. Seine Familie habe zwei weitere Drohbriefe durch die Taliban erhalten.

In der ersten Einvernahme am 6.5.2019 brachte der Beschwerdeführer vor, er befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung und nehme keine Medikamente ein. Es gibt hier eine deutsche Familie, mit der er zusammenlebt. Diese würde wollen, dass er wieder bei ihnen wohne. Der Beschwerdeführer legte zwei Fotos von Drohbriefen vor, die die belangte Behörde übersetzen lies. Der Beschwerdeführer habe die Fotos von den Briefen am 2.5.2019 durch seinen Bruder erhalten. Er habe den Bruder erst gestern (gemeint: am Tag vor der Einvernahme) gefragt, was darinstehe, da er es nicht lesen könne, da es auf Paschtu verfasst sei. Es gäbe nichts Neues, außer, dass zwei Briefe durch die Taliban gekommen seien. Die Gründe des Vorverfahrens würden aufrecht bleiben. Der erste Brief sei im August 2018, der zweite Brief sei im März 2019 gekommen. Der erste Brief sei an den Bruder gerichtet, aber auch der Name des Beschwerdeführers würde angeführt werden. Es stünde, dass man auch den Beschwerdeführer nicht in Ruhe lassen werde. Genau würde darin stehen, dass sein Bruder nicht zum Militär gehen solle und dass der Bruder Pakistan verlassen solle. Es stünde auch der Name des Beschwerdeführers dort, außerdem sei er ja auch schon 2014 telefonisch bedroht worden.

Der Beschwerdeführer legte außerdem eine nicht unterschriebene Vollmacht vom 26.4.2019 vor, wonach ihn ein gewisser MMMag. Dr. XXXX in vertreten würde.

Die belangte Behörde lies die beiden vorgelegten Schriftstücke übersetzen.

In der zweiten Einvernahme am 7.5.2019 brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, dass er eine Vollmacht erteilt hätte. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, diese bis zum 8.5.2019 vorzulegen. Die Frage, ob die Drohbriefe aus den Gründen des ersten Verfahrens, nämlich seiner Mitgliedschaft bei Tahreek-e-Hussaini, übermittelt worden seien, bejahte der Beschwerdeführer.

Die Annahme der Vollmacht wurde nicht nachgewiesen bzw. befindet sich keine unterschriebene Vollmacht im Akt.

Mit dem nunmehr gegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 7.5.2019 hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf und begründete dies damit, dass der neuerliche Antrag nicht geeignet sei, einen maßgeblich geänderten Sachverhalt festzustellen. Der mit der Zurückweisung zu verbindenden Ausweisung nach Pakistan stehe kein wesentlich geänderter Sachverhalt in Bezug auf das Privat und Familienleben oder verfahrenswesentliche Integration entgegen. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeit für eine Abschiebung wie zB die Ausstellung eines Heimreisezertifikates sei gegeben. Die allgemeine Lage und die persönlichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert seit dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt zum bisherigen Verfahren und dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich aus den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakten der belangten Behörde. Einwände, dass die Verwaltungsakten unvollständig oder unrichtig wären, wurden nicht erhoben und sind auch keine Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten erkennbar. Dass die allgemeine Lage in Pakistan - soweit sie den Beschwerdeführer betrifft - seit der Erlassung der Rückkehrentscheidung im Wesentlichen unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage in Pakistan für den Beschwerdeführer nicht geändert hat, ergibt sich aus den vom BFA im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderinformationsquellen, die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurden und denen er nicht entgegengetreten ist. Dass es zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung gekommen sei, wurde nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Zur Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

§ 12a Asylgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 84/2017 lautet:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 58 Abs. 2 FPG) und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

§ 12a Abs. 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine vorausssichtliche Antragszurückweisung; die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. die in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, S 284, angeführten Gesetzesmaterialien zu § 22 BFA-VG).

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist die mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.7.2018, Zl. L512 2137420-1 getroffene Rückkehrentscheidung und Ausweisung nach Pakistan nach wie vor aufrecht, zumal der Beschwerdeführer der Ausweisung aus dem Bundesgebiet nicht nachkam, sondern sich nach Frankreich absetzte.

Wie sich bei einem Vergleich der Verfahrensinhalte des ersten und des gegenständlichen Verfahrens zeigt, stützt der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf Gründe, die bereits im Zeitpunkt der ersten Antragstellung - wie der Beschwerdeführer selbst vorbrachte - bestanden. Der belangten Behörde ist im Zuge einer Grobprüfung nicht entgegenzutreten, wenn sie ausführt, dass die nunmehr behaupteten Gründe des Beschwerdeführers bereits von der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens, welches mit hg Erkenntnis vom 17.7.2018, Zl. L512 2137420-1 abgeschlossen wurde, mitumfasst ist.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte bereits im ersten Verfahren fest, dass eine generelle Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit seitens des pakistanischen Sicherheitsapparates in solchen Verfahren nicht erkennbar ist und trat der Beschwerdeführer dieser Einschätzung auch im gegenständlichen Verfahren nicht substantiiert entgegen. Ein neues Tatsachenvorbringen, das einen wesentlich geänderten Sachverhalt begründen würde, wurde auch mit der angeblichen Bedrohung durch einen - nicht näher bezeichneten - Gläubiger nicht erstattet, zumal aufgrund der nunmehr zugrunde gelegten Länderberichte nicht davon ausgegangen werden, dass der pakistanische Staat generell schutzunfähig und schutzunwillig sei. Das nunmehr "neu" erstattete Vorbringen erweist sich im Sinne einer Grobprüfung als von der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 17.7.2018 mitumfasst. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass die Taliban nach Abschluss seines Verfahrens Drohbriefe übermittelt hätten und er aufgrund seiner Mitgliedschaft bei Tahreek-e-Hussainia verfolgt werde, so ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Mitgliedschaft bereits durch das Bundesverwaltungsgericht jegliche Glaubhaftigkeit abgesprochen wurde, zumal die Überprüfung der Bestätigungen gezeigt hat, dass nicht einmal die dort angeführte Telefonnummer korrekt ist bzw. existiert. Die belangte Behörde führte die vorgelegten Drohbriefe einer Übersetzung zu und ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie folgert, dass aus dem ersten Drohbrief hervorgeht, dass dieser die letzte Warnung darstellen würde, es jedoch trotzdem zu einem zweiten Drohbrief kam. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, warum der zweite Drohbrief, der sich eindeutig gegen den Bruder richtet, nunmehr auch Konsequenzen gegen den Beschwerdeführer androhen sollte. Der belangten Behörde ist aber auch nicht entgegenzutreten, wenn sie ausführt, dass der Vater und der Bruder offenbar weiterhin völlig unbehelligt in Pakistan leben könnten. Das erkennende Gericht hält zusätzlich fest, dass der Einwand des Beschwerdeführers, er könne kein Paschto lesen, nicht verfängt und offenbar eine reine Schutzbehauptung darstellt, zumal im Zuge der Erstbefragung noch angab, seine Muttersprache sei Paschtu, die er in Wort und Schrift beherrsche (AS 3). Ein Vorbringen, das vor diesem Hintergrund nunmehr zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren - nämlich glaubhafteren - Einschätzung führen würde, wurde nicht erstattet, weshalb der Beurteilung des BFA im verfahrensgegenständlichen Bescheid zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht entgegengetreten werden kann. Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer auch keine (weiteren) neuen Gründe vor bzw. wurde auch nicht behauptet, dass sich sein Privat- und Familienleben oder die allgemeine Lage in Pakistan wesentlich geändert hätte. Eine Änderung der Lage in Pakistan, die notorisch bekannt sein müsste, ist seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens nicht eingetreten. Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass sich aus dem bisherigen Vorbringen kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt ergeben hat.

3.2 Verletzung der EMRK:

Bereits vorangegangenen ersten Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestehen würde.

Auch im nunmehrigen zweiten Verfahren ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmung sprechen würde. Nach der ständige Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Einen derartigen Nachweis hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht.

Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer nunmehr über ein - im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - schützenswertes Familien- oder Privatleben, verfügt, was vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht wurde.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 7.5.2019 rechtmäßig.

Zum vorgelegten Schreiben des Beschwerdeführers, wonach er einem näher bezeichneten Vertreter die Vollmacht erteilt hätte, ihn zu vertreten, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde mehrmals darauf hingewiesen wurde, dass die "Vollmacht" nicht unterschrieben ist und ging die belangte Behörde erkennbar davon aus, dass eine solche gar nicht vorliegt. Dazu ist festzuhalten, dass für das Wirksamwerden eines Vollmachtsverhältnisses - anders als bei der "Namhaftmachung" eines bloßen Zustellungsbevollmächtigten - wesentlich ist, dass die Bevollmächtigung vom Vertreter angenommen wird. Die bloße Erklärung, einem Dritten Vollmacht erteilt zu haben, bietet daher - bis zum Nachweis der Annahme durch den "Bevollmächtigten/Beauftragten" - für die Behörde keinen Anlass, diesen Dritten dem Verfahren beizuziehen, insbesondere auch nicht, an diesen Zustellungen vorzunehmen (vgl. das Erk. des VwGH vom 3.10.2013, VwSlg 18713 A/2013 mwN).

Gemäß § 22 Abs 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden und sah das erkennende Gericht keine Notwendigkeit eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2137420.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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