TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/30 98/19/0009

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Veröffentlicht am 30.01.1998
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ARB1/80 Art7;
AufG 1992 §1 Abs3 Z1;
AufG 1992 §2 Abs3 Z4;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1997 §4 Z3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des 1967 geborenen EI in B, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Biondekgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Dezember 1997, Zl. 123.042/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Dezember 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Jänner 1996 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) unter anderem in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG 1992) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschluß Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschaffenen Assoziationsrates sei auf den Beschwerdeführer nicht anwendbar. Sein Antrag sei daher als Erstantrag zu qualifizieren. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 sei dies dann der Fall, wenn die Bewilligung an einen Touristensichtvermerk anschließen solle. Nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage sei der Beschwerdeführer mit einem vom 1. November 1995 bis 1. Februar 1996 gültigen Touristensichtvermerk eingereist und habe seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Er halte sich nach wie vor im Bundesgebiet auf. Damit sei der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 verwirklicht. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Eine auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 gestützte Entscheidung stelle einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben dar.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Der Beschwerdeführer tritt der Feststellung im angefochtenen Bescheid, er halte sich nach einer mit Touristensichtvermerk erfolgten Einreise im Bundesgebiet auf, nicht entgegen. Auf Basis dieser unbestrittenen Sachverhaltsfeststellung ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500).

Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Ehegattin sei in Österreich aufhältig, auch er wolle in Österreich Aufenthalt nehmen und eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausüben. Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf ein ihm als türkischem Staatsbürger behauptetermaßen zustehendes Recht aufgrund des vorzitierten Assoziationsratsbeschlusses, somit auf einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424) beruft, stünde ihm ein solches Recht im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG unabhängig von einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. zu. In ein danach allenfalls bestehendes Aufenthaltsrecht wäre durch den bekämpften Bescheid nicht eingegriffen worden. Andererseits zeigt schon die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG, welche die Bundesregierung berechtigt, Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 aufenthaltsberechtigt sind, unter näher umschriebenen Voraussetzungen von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen auszunehmen, daß auch für Personen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG erfüllen, eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt werden kann. Daher ist die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden durfte, allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorlagen oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/19/1549).

Wie der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, waren auch türkische Staatsangehörige, denen ein Aufenthaltsrecht aufgrund des in Rede stehenden Assoziationsratsbeschlusses zustand, weder aufgrund des § 3 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, noch nach § 4 Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, zur Antragstellung im Inland berechtigt (vgl. zur erstgenannten Verordnung das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0897, zur zweitgenannten Verordnung das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/2713). Die gleichen Überlegungen haben auch für die gleichlautende Bestimmung des § 4 Z. 3 der im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (5. Dezember 1997) hier maßgeblichen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, zu gelten. Das Regelungssystem des § 6 Abs. 2 AufG im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 bewirkt, daß Fremde vom Ausland aus den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zu stellen und die Entscheidung über diesen Antrag vom Ausland aus abzuwarten haben. Der behauptete Erwerb eines Aufenthaltsrechtes aufgrund des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 (welcher im Falle des Beschwerdeführers, der selbst noch nie in Österreich arbeitete, allenfalls aus dem Grunde des Art. 7 des in Rede stehenden Beschlusses denkmöglich wäre, was allerdings voraussetzte, daß die Erteilung eines Touristensichtvermerkes eine Genehmigung an den Beschwerdeführer wäre, zu seiner Ehegattin zu ziehen (vgl. zum Nichtvorliegen dieser Voraussetzung bei einem zu Besuchszwecken ausgestellten Sichtvermerk nach dem Paßgesetz 1969 das hg. Erkenntnis vom 7. November 1997, Zl. 96/19/0962)) böte daher auch keine Rechtsgrundlage dafür, dem Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu erteilen, obwohl er sich nach einer mit Touristensichtvermerk erfolgten Einreise im Bundesgebiet aufhält (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997).

Der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe es unterlassen, auf seine individuelle Situation einzugehen, ist zu entgegnen, daß eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründen nicht in Frage kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0715).

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998190009.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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