TE Bvwg Beschluss 2019/5/20 L527 2218605-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2019
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Entscheidungsdatum

20.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L527 2218605-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian Aufreiter, LL.B. im amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Pakistan alias Indien:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 nicht rechtmäßig. Der zitierte Bescheid wird daher aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Vorweg ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht auf allfällige fremdenrechtliche/-polizeiliche Verfahren, die den Beschwerdeführer betreffen und aus den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Akten ersichtlich sind, wenn überhaupt, nur insoweit eingehen wird, als offenkundig ist, dass ihnen für die vorliegende Entscheidung Bedeutung zukommt.

Mit dem verfahrensgegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 07.05.2019 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) in Bezug auf den Beschwerdeführer den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 auf. Sie begründete dies - im Wesentlichen - wie folgt: Der Beschwerdeführer habe mit seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 24.04.2019 einen Folgeantrag gestellt, weil das letzte inhaltliche Verfahren am XXXX 2018 in erster Instanz rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Die gegen ihn ausgesprochene Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung sei aufrecht. Der Beschwerdeführer verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht und sich auf seine schon behandelten Fluchtgründe bzw. auf Fluchtgründe, die bereits bei der Erstantragstellung bestanden haben und vom Beschwerdeführer schuldhaft nicht vorgebracht worden seien, gestützt habe. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung sei bereits gegeben bzw. stehe unmittelbar bevor. Die allgemeine Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers könne davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung iSd § 12 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 drohe.

Der Erlassung des Bescheids gingen voran:

Am XXXX 2019 nahmen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer aufgrund eines Festnahmeauftrags fest. Mit Mandatsbescheid vom XXXX 2019 verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer die Schubhaft. Mit Schreiben vom 16.04.2019 setzte die Behörde den Beschwerdeführer über die bevorstehende Abschiebung in Kenntnis; das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben.

Am 24.04.2019 - während der Schubhaft - stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Den Antrag begründete er in der Erstbefragung damit, dass man ihn nach Pakistan abschieben wolle, er sei aber gar kein Pakistani. Er sei bereit, dass man ihn zur pakistanischen Botschaft bringe, ihm die Fingerabdrücke abnehme und diese verifizieren lasse. Er habe nie einen pakistanischen Ausweis gehabt. Er habe seine Heimat XXXX im Alter von sieben Jahren verlassen. 17 bis 18 Jahre sei er in Pakistan aufhältig gewesen.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 und § 15a AsylG 2005 teilte die Behörde dem Beschwerdeführer mit, es sei beabsichtigt, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

Nach einer Rechtsberatung vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer am 30.04.2019 ein. Darin bekräftigte der Beschwerdeführer die Angaben in der Erstbefragung, er komme nicht aus Pakistan, sondern aus XXXX /Indien. Er sei indischer Staatsbürger. Damit konfrontiert, er habe bereits zwei Asylverfahren in Österreich geführt und angegeben, aus Pakistan zu kommen, sagte der Beschwerdeführer, er sei bei der Caritas gewesen und habe seine falschen Angaben korrigieren lassen wollen. Die Caritas habe ihm gesagt, wenn er dies jetzt bekanntgebe, werde ihm die Behörde die weiße Karte wegnehmen und ihn abschieben. Der Beschwerdeführer brachte vor, mit einer slowakischen Staatsangehörigen in einer Lebensgemeinschaft zu leben. Seit seiner Einreise in Österreich Ende 2012 habe er Österreich nie verlassen. Am 07.05.2019, vor der Verkündung des gegenständlichen Bescheids, fand eine weitere Einvernahme vor der Behörde statt. Der Beschwerdeführer sagte aus, er könne weder nach Pakistan noch nach Indien zurück. Er habe von keinem der Länder Dokumente und wisse nicht, welche Staatsangehörigkeit er habe.

Vor dem Antrag auf internationalen Schutz vom 24.04.2019 hatte der Beschwerdeführer bereits am 22.10.2012 in Österreich einen derartigen Antrag gestellt. Diesen hatte die belangte Behörde mit Bescheid vom 05.06.2018 rechtskräftig abgewiesen (Spruchpunkte I und II). Sie hatte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV), die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan ausgesprochen (Spruchpunkt V) und eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI). In der Erstbefragung hatte der Beschwerdeführer seinen Antrag wie folgt begründet: Sein Vater sei wegen Erbschaftsstreitigkeiten in Pakistan von drei Onkeln des Beschwerdeführers ermordet worden. Da die Onkel auch ihn bedroht haben, habe er Pakistan verlassen. Er stamme aus XXXX . In der Einvernahme vor der belangten Behörde am 22.05.2018 hatte der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Angaben in der Erstbefragung bestätigt und darüber hinaus - zusammengefasst - angegeben: Sein Vater habe die Muslim League Qaide Azam Partei unterstützt. Eines Nachts sei der Vater von unbekannten Personen umgebracht worden. Ein Gerichtsverfahren sei anhängig. Er, der Beschwerdeführer, habe Angst, ebenfalls ermordet zu werden - wegen Wählerstimmen. Über besagte Partei wisse er nichts. Vor fünf bis sechs Jahren habe er die Nawaz Sharif-Partei unterstützt. Von allen anderen Parteimitgliedern sei er bedroht worden. Dass er bereits zuvor, wie von der Behörde vorgehalten, in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, hatte der Beschwerdeführer in der Einvernahme durchgängig bestritten; er sei erst 2012 in Österreich eingereist.

Das Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes wurde der Gerichtsabteilung L527 am 09.05.2019 zugewiesen und am 10.05.2019 langte bei ihr ein zugehöriger Akt der belangten Behörde ein. Die Behörde hatte einen umfangreichen, jedoch unvollständigen und großteils nicht nummerierten Akt vorgelegt. So enthält der Akt beispielsweise zwar eine - nicht unterfertigte - Beurkundung der Hinterlegung des Bescheids vom 05.06.2018 gemäß § 23 Abs 2 ZustellG, nicht aber den Bescheid selbst. Das Bundesverwaltungsgericht urgierte noch am 10.05.2019 bei der Behörde. Am 16.05.2019 langten schließlich weitere Akten, darin u. a. der unterschriebene Bescheid vom 05.06.2018, bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein, wovon die belangte Behörde unverzüglich am 16.05.2019 verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.10.2012:

1.1.1. Den am 22.10.2012 gestellten Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer in der Erstbefragung damit, dass sein Vater wegen Erbschaftsstreitigkeiten in Pakistan von drei Onkeln (des Beschwerdeführers) ermordet worden sei. Da die Onkel auch ihn bedroht haben, habe er Pakistan verlassen. Er stamme aus XXXX . (Niederschrift zur Erstbefragung am 22.10.2012, S 5) In der Einvernahme vor der belangten Behörde am 22.05.2018 bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Angaben in der Erstbefragung und gab darüber hinaus - zusammengefasst - an: Sein Vater habe die Muslim League Qaide Azam Partei unterstützt. Eines Nachts sei der Vater von unbekannten Personen umgebracht worden. Ein Gerichtsverfahren sei anhängig. Er, der Beschwerdeführer, habe Angst, ebenfalls ermordet zu werden - wegen Wählerstimmen. Über besagte Partei wisse er nichts. Vor fünf bis sechs Jahren habe er die Nawaz Sharif-Partei unterstützt. Von allen anderen Parteimitgliedern sei er bedroht worden. (Niederschrift zur Einvernahme am 22.05.2018, keine Seitenzahlen vorhanden)

1.1.2. Mit Bescheid vom 05.06.2018, XXXX XXXX XXXX XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung sowohl des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigen (in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan) ab (Spruchpunkte I und II), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan aus (Spruchpunkt V) und legte eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VI).

Die Behörde stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Er habe kein Dokument in Vorlage bringen können, aus welchem die Identität einwandfrei festgestellt werden könne. Soweit er im Bescheid namentlich genannt werde, stelle dies lediglich die Verfahrensidentität des Beschwerdeführers dar. Im Übrigen stellte die Behörde unter der Überschrift "Zu Ihrer Person:" vor allem fest, was der Beschwerdeführer im Verfahren angegeben hatte; arg. "Laut Ihren eigenen Angaben [...]" (Bescheid vom 05.06.2018, XXXX XXXX XXXX XXXX , S 13).

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung im Akt zugestellt; er erhob keine Beschwerde. Der Bescheid ist damit rechtskräftig.

1.2. Zum weiteren Geschehen:

Am XXXX 2019 nahmen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer aufgrund eines Festnahmeauftrags in Wien fest (Anzeige LPD XXXX , GZ: XXXX ) Mit Mandatsbescheid vom XXXX 2019, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer die Schubhaft. Mit Schreiben vom 16.04.2019, Zahl XXXX , setzte die Behörde den Beschwerdeführer über die bevorstehende Abschiebung am XXXX 2019 in Kenntnis; das Zielland ist im Schreiben nicht genannt. Das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 16.04.2019 übergeben.

1.3. Zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.04.2019 und dem weiteren Verfahren:

1.3.1. Am 24.04.2019 - während der Schubhaft - stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung am selben Tag begründete er den Antrag damit, dass man ihn nach Pakistan abschieben wolle, er sei aber gar kein Pakistani. Er sei bereit, dass man ihn zur pakistanischen Botschaft bringe, ihm die Fingerabdrücke abnehme und diese verifizieren lasse. Er habe nie einen pakistanischen Ausweis gehabt. Er habe seine Heimat XXXX im Alter von sieben Jahren verlassen. 17 bis 18 Jahre sei er in Pakistan aufhältig gewesen. In Pakistan habe er keine Angehörigen und keine Wohnmöglichkeit. Er habe dort niemanden. In Indien würde man ihn umbringen, weil man denke, er sei Pakistani. Danach befragt, seit wann ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt seien, gab der Beschwerdeführer an: "Seit dem ersten Tag. Man sagte mir, wenn ich meine wahre Identität sagen würde, würde man meinen Ausweis zurücknehmen." (Niederschrift zur Erstbefragung am 24.04.2019, GZ: XXXX , S 4)

1.3.2. In der Einvernahme am 30.04.2019 bekräftigte der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde die Angaben in der Erstbefragung. Er habe Angst; er komme nicht aus Pakistan, sondern aus XXXX /Indien. Er sei indischer Staatsbürger. Wenn er nach Pakistan zurückkehren müsse, werde er eingesperrt. (Niederschrift zur Einvernahme am 30.04.2019, S 3 f) Damit konfrontiert, er habe bereits zwei Asylverfahren in Österreich geführt und angegeben, aus Pakistan zu kommen, sagte der Beschwerdeführer, er sei bei der Caritas gewesen und habe seine falschen Angaben korrigieren lassen wollen. Die Caritas habe ihm gesagt, wenn er dies jetzt bekanntgebe, werde ihm die Behörde die weiße Karte wegnehmen und ihn abschieben. (Niederschrift zur Einvernahme am 30.04.2019, S 4) Der Beschwerdeführer brachte vor, mit einer slowakischen Staatsangehörigen in einer Lebensgemeinschaft und in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Er nannte einen Vornamen und sowie eine Adresse in XXXX und gab an, seine Freundin vor drei Jahren in der XXXX kennengelernt zu haben. (Niederschrift zur Einvernahme am 30.04.2019, S 4) Seit seiner Einreise in Österreich Ende 2012 habe er Österreich nie verlassen. (Niederschrift zur Einvernahme am 30.04.2019, S 3)

1.3.3. Am 07.05.2019, vor der Verkündung des verfahrensgenständlichen Bescheids, fand eine weitere Einvernahme durch die Behörde statt. Der Beschwerdeführer sagte aus, er könne weder nach Pakistan noch nach Indien zurück. Er habe von keinem der Länder Dokumente und wisse nicht, welche Staatsangehörigkeit er habe (Niederschrift zur Einvernahme am 07.05.2019 und Bescheid gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005, Zahl XXXX , S 3)

1.3.4. Mit dem verfahrensgegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 auf.

1.3.4.1. Im Bescheid stellte die Behörde fest, der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Pakistan; seine Identität stehe nicht fest (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 7). Die Identität habe aufgrund mangelnder Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten nicht festgestellt werden können (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 21). Aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zur Feststellung der pakistanischen Staatsangehörigkeit gelangt ist, ist dem Bescheid nicht zu entnehmen.

Diese Ausführungen, dass und weshalb die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe, stehen in eklatantem Widerspruch zu anderen Aktenbestandteilen:

* Im Schubhaftbescheid vom XXXX 2019 steht wörtlich: "Ihre Identität und Staatsbürgerschaft stehen aufgrund einer positiven Identifizierung durch die Botschaft Pakistans fest." (Mandatsbescheid vom XXXX 2019, Zahl XXXX , S 4)

* In einem E-Mail vom 25.03.2019, XXXX , von "*BFA XXXX " an Bedienstete des "BFA- XXXX " versendet, heißt es, dass " XXXX " am XXXX 2019 von der pakistanischen Botschaft als pakistanischer Staatsangehöriger identifiziert worden sei; die Zustimmung der Botschaft liege vor. Die richtige ID laute " XXXX ". Wozu die pakistanische Botschaft ihre Zustimmung erteilt habe, lässt sich dem E-Mail nicht entnehmen. Die Zustimmung und die schriftliche Identifizierung sind in den Akten, die die Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, nicht enthalten.

* In einem nicht unterschriebenen und nicht amtssignierten Aktenvermerk vom 05.04.2019, Zahl XXXX , ist zu lesen:

"Reisedokument: Heimreisezertifikat Wählen Sie ein Element aus.

Gültig bis: wird eingeholt, Zustimmung am XXXX 2019" (Formatierung aus dem Aktenvermerk nicht übernommen)

* Einem E-Mail eines Bediensteten des "BFA- XXXX ", versendet am 12.04.2019, XXXX , der Empfänger ist aus dem Akt nicht ersichtlich, ist zu entnehmen, dass in Bezug auf " XXXX " eine Zustimmung der pakistanischen Behörden vorliege. Es werde "dringend um rechtzeitige Übermittlung des HRZ an das PAZ ersucht". Als Anhang wird eine Flugbuchungsbestätigung für XXXX 2019, XXXX Uhr, erwähnt.

* Auf dieses E-Mail antwortete ein Referent ("BFA- XXXX ") mit E-Mail vom 12.04.2019, XXXX , dass die Flugdaten bereits an die pakistanische Botschaft übermittelt worden seien und "das HRZ [...] zeitgerecht abgeholt und ins PAZ XXXX gebracht [werde]."

* In einem E-Mail eines Bediensteten des "BFA- XXXX " an eine andere Bedienstete des "BFA- XXXX " vom 26.04.2019, XXXX , ist u. a. zu lesen, dass " XXXX " begleitet am XXXX 2019 abgeschoben werde. Die Person habe Widerstand angekündigt, da die Identität falsch sei.

* Die vorgelegten Akten enthalten Schwarz-Weiß-Kopien einer "International Driving Permit", die auf den Namen " XXXX " ausgestellt ist. Dass das (Original-)Dokument einer Prüfung unterzogen worden wäre, ist den Akten nicht zu entnehmen, ebenso wenig das Ergebnis einer allfälligen Prüfung. Auch eine Übersetzung liegt nicht vor.

* Die vorgelegten Akten enthalten Farbkopien eines weiteren fremdsprachigen Dokuments, auf dem " XXXX " zu lesen ist. Dass das (Original-)Dokument einer Prüfung unterzogen worden wäre, ist den Akten nicht zu entnehmen, ebenso wenig das Ergebnis einer allfälligen Prüfung. Auch eine Übersetzung liegt nicht vor.

Im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister sind zum Beschwerdeführer (Anfragedaten: " XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX unter den Dokumenten ein als "authentisch (echt)" klassifizierter "Personalausweis/nationaler Reisepass" und ein Heimreiszertifikat eingetragen. In den Verfahren/Entscheidungen/Ausschreibungen BFA findet sich ein Eintrag mit der Verfahrensart "HRZ - Heimreisezertifikat". (OZ 8)

Mit dem im Verfahren erstatteten Vorbringen, das für die Feststellung der Staatsangehörigkeit von Bedeutung ist (der Beschwerdeführer sei kein pakistanischer Staatsangehöriger/ein indischer Staatsangehöriger/wisse seine Staatsangehörigkeit nicht), hat sich die Behörde vorrangig im Zusammenhang mit den Voraussetzungen des § 12a Abs 2 Z 2 AsylG 2005 befasst. Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer neue Fluchtgründe vorgebracht habe, diese aber bereits vor der Erstantragstellung bestanden haben. Der objektive und entscheidungswesentliche Sachverhalt sei unverändert. Es liege entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vor. Das Vorbringen sei nicht glaubhaft bzw. weise keinen asylrelevanten Sachverhalt auf. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich auf seine schon behandelten Fluchtgründe bzw. auf Fluchtgründe gestützt habe, die bereits bei der Erstantragstellung bestanden haben und vom Beschwerdeführer schuldhaft nicht vorgebracht worden seien. (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 7, 22 f, 26) Der Bescheid enthält keine Begründung dafür und Erwägungen dazu, warum das (nunmehr erstmals erstattete) Vorbringen nicht glaubhaft sei. Mit "Erstantragstellung" bezieht sich die Behörde auf den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, den dieser am 09.04.2003 gestellt habe und der mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen worden sei. Die dagegen erhobene Beschwerde habe der Asylgerichthof mit Beschluss vom 22.11.2010, XXXX , zurückgewiesen. Der Bescheid des Bundesasylamtes sei mit 25.11.2010 in Rechtskraft erwachsen. (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 5, 22) Tatsächlich hat der Asylgerichtshof in der zitierten Entscheidung die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (AsylGH, 22.11.2010, XXXX ).

1.3.4.2. Mit dem im Verfahren zum Antrag vom 24.04.2019 erstmals erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers, er lebe in Österreich mit einer slowakischen Staatsangehörigen in einer Lebensgemeinschaft und in einem gemeinsamen Haushalt, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich die Behörde damit im Übrigen befasst, z. B. Ermittlungen angestellt hätte.

Zum Privat- und Familienleben traf sie lediglich folgende Feststellungen:

"Sie sind alleine in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

Sie haben keine nicht auf das Asylgesetz gestützte Aufenthaltsberechtigung in Österreich." (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 8)

Die dafür maßgeblichen beweiswürdigenden Erwägungen sind:

"In Anbetracht der Dauer Ihres Aufenthaltes ist nicht ersichtlich, dass Ihre Ausweisung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.

Ein Recht auf dauerhaften Aufenthalt in Österreich ist bei Ihnen nicht erkennbar." (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 24)

1.3.4.3. Ein auf den Beschwerdeführer ausgestelltes Heimreisezertifikat enthalten die Akten, die die Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, nicht. Die Ausführungen im Bescheid, ob ein Heimreisezertifikat bereits ausgestellt worden sei, sind nicht eindeutig: "Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung, z.B. die Ausstellung eines Heimreisezertifikats, ist bereits gegeben bzw. steht unmittelbar bevor." (Bescheid vom 07.05.2019, Zahl XXXX , S 26)

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen waren auf Grundlage der von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten, des Akts des Asylgerichtshofs zur Zahl XXXX , und des Akts des Bundesverwaltungsgerichts zum gegenständlichen Verfahren zu treffen. In Bezug auf die Akten des Asylgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts sind die jeweiligen (Ordnungs-)Zahlen (OZ) angegeben. In Bezug auf behördliche Schriftstücke hat das Bundesverwaltungsgericht nach Möglichkeit die jeweiligen Seitenzahlen angegeben. Eine Angabe der Aktenseiten war infolge der mangelhaften Aktenvorlage durch die Behörde nicht (sinnvoll) möglich.

Wie in der Darstellung des Verfahrensgangs bereits angedeutet, war die Aktenvorlage durch die belangte Behörde grob mangelhaft. Die Behörde legte zunächst einen umfangreichen Akt vor, der sich als unvollständig erwies und großteils nicht nummeriert ist. So enthält der Akt beispielsweise zwar eine - nicht unterfertigte - Beurkundung der Hinterlegung des Bescheids vom 05.06.2018 gemäß § 23 Abs 2 ZustellG, nicht aber den Bescheid selbst. Ferner enthält der Akt zahlreiche Dokumente, deren Bedeutung für das gegenständliche Verfahren nicht erkennbar ist, z. B. einen Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion XXXX aus dem Jahr 2010 in einem Verfahren zur Verfügung einer Ausweisung. Der unterschriebene Bescheid vom 05.06.2018 war in jenen Akten enthalten, die die Behörde nach Urgenz durch das Bundesverwaltungsgericht vorlegte, konkret im "2. Asylakt" (von der Behörde gewählte Bezeichnung). Dieser Akt ist teilweise nummeriert und auch nicht vollständig. Beispielsweise enthält er die Niederschrift über die Einvernahme des Beschwerdeführers am 22.05.2018 nicht; diese findet sich (zwischen einem Informationsblatt für die Schubhaftbetreuung und einem Entlassungsschein) im bereits davor vorgelegten Akt. Die Ordnung ist insgesamt verbesserungswürdig. Es liegt auf der Hand, dass eine mangelhafte, insbesondere eine grob mangelhafte Aktenvorlage, wie sie gegenständlich erfolgt ist, die Bearbeitung des Verfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht erheblich erschwert und daher grundsätzlich tunlichst zu vermeiden ist. Dies gilt umso mehr in Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes, in denen eine besonders rasche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht geboten ist (§ 22 BFA-VG).

Die Verwaltungsakten erscheinen jedoch nicht insofern bedenklich, dass das Bundesverwaltungsgericht die konkret getroffenen Feststellungen nicht darauf hätte stützen können. Einwände gegen die Akten wurden überhaupt nicht erhoben. Dass das Bundesverwaltungsgericht feststellen musste, dass die Akten bestimmte Unterlagen nicht enthalten oder dass sich die Behörde mit bestimmten Themen nicht befasst hat, steht einer Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht entgegen, sondern wird vielmehr rechtlich zu würdigen sein.

Die konkrete Vorgehensweise der belangten Behörde zur Zustellung des Bescheids vom 05.06.2018 erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht in allen Einzelheiten. Es ist aber im Ergebnis nachvollziehbar im Akt dokumentiert, dass die Behörde Versuche unternommen hat, eine Abgabestelle festzustellen. Unterfertigte Beurkundungen der Hinterlegungen im Akt sind in den Akten enthalten. Ob bereits mit der ersten Hinterlegung am 12.06.2018 oder erst mit der zweiten Hinterlegung am 20.07.2018 wirksam zugestellt wurde (vgl. § 6 Zustellgesetz) kann, da der konkrete Zeitpunkt der Bescheidzustellung für das gegenständliche Verfahren nicht von Bedeutung erscheint, dahingestellt bleiben. Dass der Beschwerdeführer gegen den Bescheid Beschwerde erhoben hätte, hat er nicht vorgebracht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aufhebung des Bescheids:

3.1. Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

3.1.1. Gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 kann das Bundesamt, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 leg cit) gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs 1 AsylG 2005 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn 1.) gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht, 2.) der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und 3.) die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nicht außer Acht zu lassen ist, dass die Behörde - selbst bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen - nicht verpflichtet ist, den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufzuheben. Der Gesetzgeber hat vielmehr normiert, dass die Behörde den faktischen Abschiebeschutz aufheben "kann"; ihr kommt insofern Ermessen zu.

Gemäß § 12a Abs 6 AsylG 2005 bleiben Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs 2 und 3 FPG festgesetzt.

3.1.2. Nach der Judikatur des Asylgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes außerdem nach § 12a Abs 2 AsylG 2005 nur zulässig, wenn die faktische Durchführung der Abschiebung alsbald nach Aberkennung möglich erscheint. Vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016), K12 zu § 12a AsylG 2005 und - grundlegend - Asylgerichtshof 21.12.2010, C2 410325-2/2010/2E.

3.2. Zur Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts in Verfahren, in denen es über die Rechtsmäßigkeit von Bescheiden gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 abzusprechen hat, ist grundsätzlich festzuhalten; vgl. insbesondere VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010:

Gemäß § 22 Abs 1 BFA-VG darf das Bundesverwaltungsgericht § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG nicht anwenden. Nach § 22 Abs 1 BFA-VG ist das Verfahren auch ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden; der Verwaltungsgerichtshof sieht darin aus unionsrechtlichen Erwägungen aber kein "Verhandlungsverbot" (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451). Wenngleich es also dem Bundeverwaltungsgericht nicht grundsätzlich untersagt ist, eine Verhandlung durchzuführen oder sonst ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, hat es bei der Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes lediglich eine Grobprüfung durchzuführen und die Ergänzung des maßgeblichen Sachverhalts soll die Ausnahme bleiben. Dies muss gerade vor dem Hintergrund gelten, dass für die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht eine vom betroffenen Fremden erhobene Beschwerde nicht vorliegen muss und nach § 22 Abs 2 BFA-VG die Aufhebung des Abschiebeschutzes und eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder eine Ausweisung mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 durchsetzbar sind. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung ist von der Behörde (lediglich) bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuzuwarten. Aus den genannten gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich somit insgesamt das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, dass die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in erster Linie anhand des Ergebnisses der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bis dahin vorgenommenen Ermittlungen zu erfolgen hat. Lässt dieses Ermittlungsergebnis aber die einwandfreie Beurteilung im Rahmen der Grobprüfung nicht zu, sondern bedarf es dafür erheblicher ergänzender Ermittlungen, kann diese von der Behörde zu vertretende Mangelhaftigkeit nicht zum Nachteil des Fremden ausschlagen. Im Ergebnis wird das Bundesverwaltungsgericht daher in Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes (jedenfalls) keine (aufwendigen) Ermittlungen und auch keine von der Behörde (zu erheblichen Fragen weitgehend oder zur Gänze) unterlassene Beweiswürdigung nachholen (können). Es wird im Regelfall in erster Linie aufgrund der Verfahrensakten zu entscheiden sein, die die Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat.

3.3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.04.2019 ist ein Folgeantrag, da ihn der Beschwerdeführer, wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, nach einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag gestellt hat (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005).

3.4. Im Zuge der gebotenen Grobprüfung zeigt sich, dass die Begründung der belangten Behörde für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes teilweise verfehlt und unschlüssig ist, sowie dass die Behörde es unterlassen hat, sich mit entscheidungswesentlichen Themen auseinanderzusetzen:

3.4.1. Wie festgestellt, brachte der Beschwerdeführer im Verfahren zum Antrag vom 24.04.2019 erstmals vor, er lebe in Österreich mit einer slowakischen Staatsangehörigen in einer Lebensgemeinschaft und in einem gemeinsamen Haushalt. Diesem Vorbringen kann in Bezug auf das Privat- und Familienleben iSd Art 8 EMRK nicht von Vornherein jegliche Relevanz abgesprochen werden; vgl. z. B. VwGH 08.03.2019, Ra 2018/20/0394, mwN und VwGH 27.06.1996, 95/18/1343. Um sachgerecht beurteilen zu können, ob die geplante Abschiebung des Beschwerdeführers keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK bedeutet (§ 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005), hätte sich die Behörde mit diesem Vorbringen auseinandersetzen müssen. Dies hat sie, wie die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts unter 1.3.4.2. zeigen, zur Gänze unterlassen. Die Behörde hat nicht einmal Ermittlungen dazu angestellt, seit wann diese Lebensgemeinschaft und der gemeinsame Haushalt bestehen. Dass sich seit der letzten rechtkräftigen Entscheidung relevante Änderungen im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ergeben haben können, ist angesichts der Zeit, die zwischenzeitlich vergangen ist, keineswegs ausgeschlossen.

Nicht zuletzt in Anbetracht dessen, dass es die Behörde gänzlich unterlassen hat, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu befassen, kann es nicht die Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts sein, dieses Versäumnis nunmehr nachzuholen. Lediglich geringfügige ergänzende Ermittlungsschritte wären im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Namentlich genüg(t)en ZMR-Abfragen, wie sie das Bundesverwaltungsgericht ohnedies durchgeführt hat (OZ 8), nicht; vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0199. Schon die Notwendigkeit, sich umfangreich beweiswürdigend mit den Angaben des Beschwerdeführers auseinandersetzen sowie nicht bloß geringfügige ergänzende Ermittlungen durchführen zu müssen, führt dazu, dass der gegenständliche Bescheid aufzuheben ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte auf Grundlage der vorgelegten Akten im Rahmen der gebotenen Grobprüfung nicht verifizieren, dass die Voraussetzung des § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes erfüllt ist. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist jedenfalls aus diesem Grund rechtswidrig.

Anzumerken ist, dass die im Bescheid enthaltenen beweiswürdigenden Erwägungen zu den Feststellungen zum Privat- und Familienleben auch für sich genommen Bedenken hervorrufen. Zum einen sprechen sie nicht dafür, dass die Behörde auf die letzte insofern relevante rechtskräftige Entscheidung Bedacht genommen hat. Lässt man diese Problematik außer Betracht, ist zum anderen der Satz im Bescheid "In Anbetracht der Dauer Ihres Aufenthaltes ist nicht ersichtlich, dass Ihre Ausweisung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde." nicht nachvollziehbar. Denn die Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2003 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, und hat sich im Bescheid mit den Umständen des Aufenthalts und der Dauer nicht näher befasst. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (z. B. VwGH 14.04.2016; Ra 2016/21/0029) kann bei einem (knapp unter) zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich ausgegangen werden. Ob dies auf den Beschwerdeführer zutrifft, ist damit keineswegs gesagt und an dieser Stelle auch nicht zu thematisieren.

3.4.2. Dass die - von der Behörde beabsichtigte - faktische Durchführung der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan alsbald nach Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes möglich erscheint, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen.

Dagegen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers alsbald möglich erscheint, spricht, dass dieser im aktuellen Verfahren auf internationalen Schutz angegeben hat, dass er kein pakistanischer Staatsangehöriger, sondern indischer Staatsangehöriger sei bzw. dass er nicht wisse, welche Staatsangehörigkeit er habe. Er erklärte sich sogar dazu bereit, dass man ihn zur pakistanischen Botschaft bringe, ihm die Fingerabdrücke abnehme und diese verifizieren lasse. Es liegt auf der Hand, dass es einer baldigen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan entgegenstünde, sollten seine Angaben den Tatsachen entsprechen. Ob dies der Fall ist, kann das Bundesverwaltungsgericht anhand des gegenständlichen Bescheids nicht klären, weil die Behörde auf das Vorbringen inhaltlich nicht eingegangen ist; es gibt insbesondere keine entsprechende Beweiswürdigung. Die Behörde stellte lediglich fest, dass der Beschwerdeführer pakistanischer Staatangehöriger sei, wofür gleichermaßen eine tragfähige Beweiswürdigung fehlt.

Für die Möglichkeit einer baldigen faktischen Durchführung der Abschiebung und dagegen, dass das eben genannte Vorbringen des Beschwerdeführers zutrifft, spricht freilich, dass in verschiedenen Aktenbestandteilen der Behörde zum Ausdruck kommt, die pakistanische Botschaft habe den Beschwerdeführer (als pakistanischen) Staatsangehörigen identifiziert und ein Heimreisezertifikat bereits ausgestellt. Dieser Akteninhalt scheint anhand der Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister nachvollziehbar; darin wird auch ein "Personalausweis/nationaler Reisepass" genannt. Siehe die Feststellungen unter 1.3.4.1.

Damit in eklatantem Widerspruch stehen wiederum die Ausführungen der Behörde im gegenständlichen Bescheid, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe und dass sie aufgrund mangelnder Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten nicht habe festgestellt werden können. Ein auf den Beschwerdeführer ausgestelltes Heimreisezertifikat enthalten die Akten, die die Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, auch nicht. Zudem sind die Ausführungen im Bescheid, ob ein Heimreisezertifikat bereits ausgestellt worden sei, weder eindeutig noch nachvollziehbar begründet. Siehe die Feststellungen unter 1.3.4.1. und 1.3.4.3.

Infolge der widersprüchlichen behördlichen Aktenbestandteile kann das Bundesverwaltungsgericht nicht verifizieren, ob die Identität des Beschwerdeführers tatsächlich feststeht und es insofern kein Hindernis für die faktische Durchführung der Abschiebung gibt. Die aufgezeigten Widersprüche zwischen behördlichen Dokumenten kann das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren nicht (auf-)klären, zumal sich auch unter Bedachtnahme auf die Regelungen des AVG über den Beweis und die Beweiskraft (insbesondere §§ 45 ff AVG) nicht ergibt, welchem der - inhaltlich grundlegend unterschiedlichen - behördlichen Schriftstücke zu folgen ist.

3.4.3. Die folgenden rechtlichen Erwägungen mögen zwar für sich genommen nicht ausschlaggebend für die Aufhebung des Bescheides sein, sie sind aber dennoch nicht bedeutungslos: Wenngleich im gegenständlichen Bescheid nicht über den Folgeantrag des Beschwerdeführers selbst abgesprochen wurde (und auch nicht abzusprechen war), ist im Hinblick auf die Grobprüfung nach § 12a Abs 2 Z 2 AsylG 2005 (vgl. mwN VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010) auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Zurückweisung von (Folge-)Anträgen gemäß § 68 Abs 1 AVG einzugehen. Vgl. in diesem Sinne bereits das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.02.2017, L525 1431907-3/3E; die dagegen erhobene Amtsrevision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 08.08.2017, Ra 2017/19/0120, zurück.

Nach § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist; vgl. VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122. Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde; vgl. z. B. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783.

Die Begründung der belangten Behörde für die voraussichtliche Zurückweisung des Antrags erweist sich vor diesem Hintergrund insofern als problematisch, als die Behörde damit argumentiert, dass sich der Beschwerdeführer auf Fluchtgründe beziehe, die bereits bei der Erstantragstellung bestanden haben und vom Beschwerdeführer schuldhaft nicht vorgebracht worden seien. Als konkrete Vergleichsentscheidung wäre freilich der Bescheid der belangten Behörde vom 05.06.2018, XXXX , als letzte inhaltliche Entscheidung heranzuziehen gewesen.

3.5. Aus den bisherigen Ausführungen folgt: Das Bundesverwaltungsgericht kann im Rahmen der geforderten Grobprüfung nicht erkennen, dass alle Voraussetzungen für die Erlassung des gegenständlichen Bescheids erfüllt sind oder waren. Das Bundesverwaltungsgericht hatte deshalb die von der Behörde mit Bescheid vom 07.05.2019 verfügte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtswidrig zu erklären und den Bescheid aufzuheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind, wie sich jedenfalls aus den zahlreichen oben zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs unzweifelhaft ergibt, geklärt. Diese Rechtsprechung ist nicht uneinheitlich und das Bundesverwaltungsgericht ist von ihr auch nicht abgewichen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß (Spruchpunkt B) zu entscheiden.

Schlagworte

Begründungsmangel Begründungspflicht faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig Folgeantrag Zustellmangel Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2218605.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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