TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/22 L515 2188637-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2019
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Entscheidungsdatum

22.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z3
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

Spruch

L515 2188640-1/16E

L515 2188643-1/14E

L515 2188642-1/16E

L515 2188637-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (Identität steht NICHT fest), StA: Armenien alias Staatenlos, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 53 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Die Dauer des Einreiseverbots beträgt gem. § 53 FPG 2 Jahre.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (Identität steht NICHT fest), StA: Armenien alias Staatenlos, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 53 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Die Dauer des Einreiseverbots beträgt 2 Jahre.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (Identität steht NICHT fest), StA: Armenien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , diese wiederum vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 53 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ( Identität steht NICHT fest), StA: Armenien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , diese wiederum vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 53 FPG2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien alias Staatenlos und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am im

Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.1.1. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern von bP3 und bP4.

In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

"...

- Sie sind um den 01.01.2014 gemeinsam mit dem Ehepartner und zwei Kindern unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Sie haben am selben Tag beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG eingebracht. Ferner gaben Sie an, den Namen XXXX zu führen, staatenlos und am XXXX geboren zu sein.

- Am 02.01.2014 wurden Sie beim BPK XXXX zu Ihren Fluchtgründen befragt und gaben an, dass Sie in XXXX geboren wären, staatenlos wären, jezidischer Volksgruppe und Angehöriger der Religion der Sonnenanbeter wären.

- Zum Fluchtgrund führten Sie Folgendes aus:

Wir haben keine Dokumente in Russland gehabt und wir haben in Russland wegen der russischen Polizei verlassen. Die Polizei hat mich öfter für zwei oder drei Tage mitgenommen, weil wir keine Dokumente hatten. Wir sind seit 1990 von XXXX nach Russland gekommen. Im Jahr 2005 sind meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Polizei hat mich dann geschlagen und mein Arbeitgeber XXXX kam zur Polizei und hat Bestechungsgeld bezahlt. Dann wurde ich entlassen und alle zwei bis drei Monate hat sich das wiederholt. Die Polizei hat mir gesagt, dass ich Russland verlassen muss, weil ich keine Papiere dort habe. Die Polizei kam öfters zu uns und hat meine Frau geschlagen. Im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation befürchte ich dort neuerlich festgenommen zu werden.

- Zu Ihren persönlichen Daten wurde bekannt, dass Sie verheiratet sind. Sie geben zum Beruf Viehzüchter an. Sie geben an, Sie wären Analphabet. Sie sind gemeinsam mit der Ehefrau und den beiden gemeinsamen Söhnen nach Österreich gekommen. Bei Ihrer Familie handelt es sich einschließlich Ihrer Person um

XXXX geboren, StA. Armenien alias staatenlos, IFA XXXX

XXXX geboren, StA. Armenien alias staatenlos, IFA XXXX

XXXX geboren, StA. Armenien alias staatenlos, IFA XXXX

XXXX geboren, StA. Armenien alias staatenlos, IFA XXXX

- Einen Beweis Ihrer Identität legten Sie nicht vor.

- Am 04.01.2014 wurde Ihr Verfahren zugelassen, es wurde Ihnen gegen Unterschriftsleistung die Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AsylG ausgefolgt.

- Sie wurden am 03.01.2018 einem Sprachanalyseverfahren zur Feststellung der Herkunft unterzogen. Am 18.01.2018 langte das Gutachten ein.

Laut Bestellungsinformation spricht die Person Kurmandschi und Russisch. Dieser Sprachanalyse-Bericht bezieht sich auf das Kurmandschi der Person. Laut eigenen Angaben ist die Person in XXXX , das in Aserbaidschan liegt, geboren. In XXXX spricht man üblicherweise das nördliche Kurmandschi , das deutlich vom Aserbaidschanischen beeinflusst ist. Die Person sagt, dass sie mit sechs Jahren in das in der Region Krasnodar, Russland, gelegene XXXX gezogen ist. Dem Analytiker ist kein Dialekt des Kurmandschi bekannt, der spezifisch für Sprecher mit Hintergrund in Russland wäre, weshalb in dieser Analyse nicht der Hintergrund der Person in Russland eingeschätzt wird.

Es wird eingeschätzt, dass das Kurmandschi der Person Sprechern mit Hintergrund in Armenien entspricht. Der Sprachgebrauch der Person weißt keine Einflüsse des Aserbaidschanischen auf. Die Person ist laut eigenen Angaben im Alter von sechs Jahren aus Aserbaidschan weggezogen. Minderjährige Sprecher können sich anders als erwachsene Sprecher eine neue Sprache bzw. einen neuen Dialekt zu eigen machen. Minderjährige Sprecher können außerdem stärker als erwachsene Sprecher von der unmittelbaren Umgebung geprägt werden. Deshalb ist es kompliziert, den von der Person angegebenen sprachlichen Hintergrund in Aserbaidschan ausgehend von der Analyse des Kurmandschi der Person zu beurteilen.

- Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit geringer Wahrscheinlichkeit in Aserbaidschan.

- Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit in Armenien.

Laut Bestellungsinformation spricht die Person Kurmandschi und Russisch. Dieser Sprachanalyse-Bericht bezieht sich auf das Russisch der Person. Laut eigenen Angaben ist die Person in XXXX , das in Aserbaidschan liegt, geboren. Die Person sagt, dass sie mit sechs Jahren in das in der Region Krasnodar, Russland, gelegene XXXX gezogen ist.

Es wird eingeschätzt, dass die Person fließend Russisch spricht. Der Sprachgebrauch der Person weißt sprachliche Merkmale auf, die nicht dem von Sprechern mit Hintergrund in Russland gesprochenen Russisch entsprechen.

- Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit geringer Wahrscheinlichkeit in der Russischen Föderation.

- Die ho. Behörde beabsichtigt Ihr Asylvorbringen in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien zu prüfen.

- Dieser Sachverhalt wurde Ihnen im Rahmen der Einvernahme vom 07.02.2018 zur Kenntnis gebracht. Sie leugneten die Herkunft aus Armenien.

- Am 29.08.2017 erfolgte eine Einvernahme beim Bundesamt, Regionaldirektion Oberösterreich. Diese Einvernahme fand im Beisein eines Dolmetschers der armenischen Sprache statt. Das Einvernahmeprotokoll wird im Folgenden auszugsweise wiedergegeben:

[...]

F.: Haben Sie Dokumente, welche Ihre Identität beweisen.

A.: Ich habe kein Dokument in Vorlage gebracht.

F.: Wo ist Ihre Geburtsurkunde.

A.: Ich habe mir noch nie eine Geburtsurkunde besorgt.

F.: Warum haben Sie sich keine Geburtsurkunde besorgt.

A.: Ich ging 1990 von meinem Geburtsort XXXX nach Krasnodar und lebte hinfort dort. Ich lebte dort ohne Papiere. Deswegen habe ich keine Geburtsurkunde.

Auf Nachfrage gebe ich an, ich habe aus diesem Grunde auch keinen Reisepass, keinen Personalausweis und keine Heiratsurkunde. Ich habe nichts.

F.: Womit zahlen Sie Ihren Anwalt.

A.: Ich erhalte Taschengeld und damit bezahle ich meinen Anwalt. Ich zahle ihm seit November monatlich 50 Euro. Ich zahlte ihm somit bislang 200 Euro. Ich muss noch bis einschließlich Oktober 2017 monatlich 50,-- Euro bezahlen.

F.: Möchten Sie heute Beweismittel vorlegen.

A.: Ich lege Folgendes vor:

Anm.: Schreiben der Volkshilfe vom 19.09.2017

Bestätigung über freiwillige Tätigkeit vom 22.08.2017

Bestätigung (undatiert) Gemeinde XXXX

Vereinbarung vom 23.11.2016 Gemeinde XXXX

Kursbestätigung Deutsch A2 Teil 2 vom 24.05.2017

Teilnahmebestätigung Deutschkurs Stufe 1 vom 03.12.2014 und Stufe 2 vom 25.09.2014; Stufe 1 vom 13.03.2015 und Stufe 2 vom 30.09.2015

Teilnahmebestätigung vom Oktober 2014 und November 2016 Gemeinde XXXX

Nachweis über Freiwilligen-Tätigkeit vom September/Oktober 2015

Teilnahmebestätigung vom 24.09.2017 Gemeinde XXXX

Unterstützungserklärung von Herrn Ing. XXXX vom 23.09.2017

Schulbesuchsbestätigung von XXXX vom 12.09.2017

F.: Werden Sie im Verfahren von einem Rechtsanwalt vertreten.

A.: Ja. Der rechtsfreundliche Vertreter heißt Dr. Max Kapferer. Er ist heute nicht anwesend und ich bin einverstanden, dass die Einvernahme in Abwesenheit meines Anwalts stattfindet. Die Entscheidung im Asylverfahren ersuche ich meinem Rechtsanwalt zuzustellen.

F.: Haben Sie irgendwo außerhalb von Österreich um Asyl angesucht.

A.: Nein.

F.: Wie geht es Ihnen gesundheitlich.

A.: Gut.

...

F.: Können Sie Deutsch.

A.: Ich spreche Deutsch auf dem Niveau A2.

...

F.: Welche Sprachen, außer yezidisch sprechen Sie noch.

A.: Ich spreche russisch.

...

Danach gefragt, gebe ich an, ich bin staatenlos, gehöre der Volksgruppe der Yeziden und dem Glauben der Sonnenanbeter an. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder.

Auf Nachfrage gebe ich an, bei meiner Familie handelt es sich einschließlich meiner Person um

..

F.: Wann und wo haben Sie geheiratet.

A.: Ich heiratete am 20.11. XXXX in XXXX bei Krasnodar. Ich heiratete zuhause. Auf Nachfrage gebe ich an, ich habe dort keine Adresse, es handelt sich um ein altes Dorf.

...

F.: Welche Ausbildung haben Ihre Kinder in deren Heimat erhalten.

A.: Meine Kinder haben keine Ausbildung erhalten. Wir hatten keine Papiere.

F.: Aus welchem Gebiet/welcher Region Ihres Heimatlandes kommen Sie.

A.: Ich wurde in XXXX geboren und bin dort aufgewachsen.

F.: Sind Ihre Eltern armenische Staatsbürger.

A.: Ja, meine Eltern verfügen über die Staatsbürgerschaft zu Armenien - auf Nachfrage gebe ich an, mein Vater heißt XXXX und meine Mutter heißt XXXX .

F.: Wo kamen Ihre Kinder zur Welt.

A.: Beide kamen in XXXX zur Welt, es handelte sich um eine Hausgeburt.

F.: Gibt es keine Dokumente über die Kinder bzw. deren Geburt.

A.: Nein. Ich habe keine Dokumente. Der Arzt, der bei der Geburt anwesend war, wollte uns keine Bestätigung geben. Er gab uns keine Bestätigung, da wir keine Papiere hatten.

F.: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf.

A.: Seit dem 01.01.2014

F.: Wenn Sie im Besitz von Beweismitteln bzw. Identitätsdokumenten sind, legen Sie diese bitte vor.

A.: Ich habe nichts vorgelegt.

F.: Welche Schul- bzw. Berufsausbildung haben Sie, welchen Beruf haben Sie.

A.: Ich habe nie eine Schule besucht, ich bin Analphabet. Von Beruf bin ich Tierzüchter.

F.: Haben Sie in der Heimat den Grundwehrdienst geleistet.

A.: Nein.

...

F.: Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen.

A.: Als ich feststellte, dass ich aufgrund des Mangels an Papieren in der Russischen Föderation keine Zukunft haben würde.

F.: Wann haben Sie ihr Heimatland tatsächlich verlassen.

A.: Am 28.12.2013 habe ich meine Heimat verlassen.

F.: Wo waren Sie die letzte Nacht vor ihrer Ausreise aufhältig.

A.: Zuhause an meiner Heimatadresse, diese lautet Dorf XXXX , bei Krasnodar.

F.: Reisten Sie schlepperunterstützt nach Österreich ein.

A.: Ja.

F.: Was bezahlten Sie dem Schlepper.

A.: Ich zahlte ihm 20.000 Dollar, das Geld lukrierte ich aus dem Verkauf meiner Rinder.

F.: Warum wählten Sie Österreich.

A.: Ich hoffte hier Sicherheit zu finden und Arbeit.

F.: Geben Sie chronologisch und lückenlos die Aufenthaltsorte der letzten drei Jahre in Ihrer Heimat an.

A.: Immer in XXXX , Krasnodar.

...

F.: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A.: Ich ging 1990 von XXXX nach Krasnodar. Ich lebte zuletzt in der Russischen Föderation. Ich hatte dort keine Papiere. Daraufhin wurde ich von der Polizei mitgenommen. Meine Eltern starben bei einem Autounfall. Da ich in der Russischen Föderation keine Papiere hatte, wurde ich von der Polizei bedrängt. Meine Frau wurde geschlagen. Aus diesem Grunde haben wir die Russische Föderation verlassen. Mehr gibt es nicht zu berichten.

F.: Wann sind Sie von der Polizei mitgenommen worden.

A.: Am 12.12.2013 bin ich von der Polizei mitgenommen worden, da ich keine Papiere hatte. Alle zwei/drei Monate habe ich Kontrollen durch die lokale Polizei erfahren und zwar immer deshalb, weil ich keine Papiere hatte.

F.: Wann ist Ihre Frau geschlagen worden.

A.: Meine Frau ist ebenso am 12.12.2013 geschlagen worden. Meine Frau ist öfter geschlagen worden.

F.: Wann ist Ihre Frau geschlagen worden.

A.: Meine Frau ist zuletzt am 12.12.2013 geschlagen worden. Meine Frau ist früher auch schon geschlagen worden - ich kann mich aber an das Datum nicht mehr erinnern.

F.: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.

A.: Nein.

...

F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.

A.: Ich hätte, sollte ich nach Krasnodar zurückkehren, wiederum Probleme mit der Polizei.

V.: Sie wurden am 03.01.2018 einem Sprachanalyseverfahren zur Feststellung der Herkunft unterzogen. Am 18.01.2018 langte das Gutachten ein. Laut Bestellungsinformation spricht die Person Kurmandschi und Russisch. Dieser Sprachanalyse-Bericht bezieht sich auf das Kurmandschi der Person. Laut eigenen Angaben ist die Person in XXXX , das in Aserbaidschan liegt, geboren. In XXXX spricht man üblicherweise das nördliche Kurmandschi, das deutlich vom Aserbaidschanischen beeinflusst ist. Die Person sagt, dass sie mit sechs Jahren in das in der Region Krasnodar, Russland, gelegene XXXX gezogen ist. Dem Analytiker ist kein Dialekt des Kurmandschi bekannt, der spezifisch für Sprecher mit Hintergrund in Russland wäre, weshalb in dieser Analyse nicht der Hintergrund der Person in Russland eingeschätzt wird.

Es wird eingeschätzt, dass das Kurmandschi der Person Sprechern mit Hintergrund in Armenien entspricht. Der Sprachgebrauch der Person weißt keine Einflüsse des Aserbaidschanischen auf. Die Person ist laut eigenen Angaben im Alter von sechs Jahren aus Aserbaidschan weggezogen. Minderjährige Sprecher können sich anders als erwachsene Sprecher eine neue Sprache bzw. einen neuen Dialekt zu eigen machen. Minderjährige Spreche können außerdem stärker als erwachsene Sprecher von der unmittelbaren Umgebung geprägt werden. Deshalb ist es kompliziert, den von der Person angegebenen sprachlichen Hintergrund in Aserbaidschan ausgehend von der Analyse des Kurmandschi der Person zu beurteilen.

Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit geringer Wahrscheinlichkeit in Aserbaidschan.

Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit in Armenien.

Laut Bestellungsinformation spricht die Person Kurmandschi und Russisch. Dieser Sprachanalyse-Bericht bezieht sich auf das Russisch der Person. Laut eigenen Angaben ist die Person in XXXX , das in Aserbaidschan liegt, geboren. Die Person sagt, dass sie mit sechs Jahren in das in der Region Krasnodar, Russland, gelegene XXXX gezogen ist.

Es wird eingeschätzt, dass die Person fließend Russisch spricht. Der Sprachgebrauch der Person weißt sprachliche Merkmale auf, die nicht dem von Sprechern mit Hintergrund in Russland gesprochenen Russisch entsprechen.

Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit geringer Wahrscheinlichkeit in der Russischen Föderation.

Die ho. Behörde beabsichtigt Ihr Asylvorbringen in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien zu prüfen.

Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

A.: Ich gebe dazu an, dass ich nicht aus Armenien stamme. Ich kenne die armenische Sprache nicht. Ich habe keine Staatsbürgerschaft.

V.: Sie geben an, dass Ihre Eltern armenische Staatsbürger sind. Warum glauben Sie dann staatenlos zu sein.

A.: Ich bin deswegen staatenlos, da ich keine Papiere habe und da ich in XXXX geboren bin. Ich habe mich seit 1990 in der Russischen Föderation ( XXXX ) aufgehalten und haben nie irgendwelche Dokumente besessen, deswegen bin ich staatenlos.

F.: Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die gegen eine Ausweisung sprechen? Haben Sie familiäre Interessen in Österreich?

A.: Ich habe meine Familie hier.

F.: Leben Sie mit jemandem in Österreich zusammen, wenn ja, seit wann?

A.: Ich lebe mit meiner Familie zusammen.

F.: Haben Sie weitere Verwandte in Österreich?

A.: Ich habe außerhalb meiner Familie in Österreich keine Verwandten.

F.: Haben Sie private Interessen (Grundstücke, Firmen, Aktien) in Österreich? Wenn ja, konkretisieren Sie diese!

A.: Nein.

F.: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen tätig?

A.: Ich habe mit dem Roten Kreuz zusammen bei irgendwelchen Events mitgearbeitet, zuletzt war ich vor ca. sieben Monaten beim Roten Kreuz, danach nicht mehr.

Ich habe gestern bei der Volkshilfe bei der Sammlung von Altkleidern geholfen. Ich bin einmal pro Woche vier Stunden bei der Volkshilfe tätig und helfe bei der Altkleidersammlung.

F.: Besuchten Sie in Österreich irgendwelche Kurse oder absolvierten sie eine Ausbildung?

A.: Ich besuche aktuell einen Deutschkurs Niveau B1, Montag, Dienstag und Mittwoch, jeweils ab 13:00 Uhr.

F.: Von welchen finanziellen Mitteln bestreiten Sie Ihren derzeitigen Lebensunterhalt?

A.: Ich lebe von der Grundversorgung.

F.: Sind Sie derzeit berufstätig?

A.: Ich arbeite derzeit nicht. Ich habe in der Vergangenheit freiwillige Arbeitsdienste geleistet.

F.: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt.

A.: Ich habe keine Probleme mit den Gesetzen in Österreich.

F.: Haben sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.

A.: Ja.

F.: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern.

A.: Ja.

...

F.: Welche Absichten haben Sie, wie stellen Sie sich Ihre Zukunft (in Österreich) vor.

A.: Ich möchte hier leben. Ich möchte arbeiten und selbst für meine Kinder sorgen.

F.: Was könnten Sie arbeiten.

A.: Ich könnte bei der Firma XXXX arbeiten.

..."

bP2 - bP4 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband bzw. führten Sie an, ebenfalls über keinen legalen Aufenthalt in der Russischen Föderation verfügt zu haben und daher mit Problemen konfrontiert gewesen zu sein.

Konkret gab bP2 Folgendes an (auszugsweise Wiedergabe ihrer Angaben)

"...

A.: Ich habe nichts vorzulegen. Ich habe lediglich eine Teilnahmebestätigung Deutschkurs für Asylwerberinnen vom 09.30.2016. Sonst habe ich nichts vorzulegen.

F.: Wo ist Ihre Geburtsurkunde.

A.: Ich habe mir noch nie eine Geburtsurkunde besorgt.

F.: Warum haben Sie sich keine Geburtsurkunde.

A.: Ich ging 1990 ging ich von XXXX nach Krasnodar und ich weiß nicht, ob meine Eltern für mich jemals eine Geburtsurkunde ausstellen ließen.

Auf Nachfrage gebe ich an, ich habe aus diesem Grunde auch keinen Reisepass, keinen Personalausweis und keine Heiratsurkunde. Ich habe nichts.

...

F.: Wie geht es Ihnen gesundheitlich.

A.: Gut.

...

F.: Welche Sprachen, außer yezidisch sprechen Sie noch.

A.: Ich spreche russisch.

...

Danach gefragt, gebe ich an, ich bin staatenlos, gehöre der Volksgruppe der Yeziden und dem Glauben der Sonnenanbeter an. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder.

...

F.: Aus welchem Gebiet/welcher Region Ihres Heimatlandes kommen Sie.

A.: Ich wurde in XXXX geboren und bin dort aufgewachsen.

F.: Sind Ihre Eltern armenische Staatsbürger.

A.: Ja, meine Eltern verfügen über die Staatsbürgerschaft zu Armenien - auf Nachfrage gebe ich an, mein Vater heißt XXXX und meine Mutter heißt XXXX .

F.: Wo leben Ihre Eltern. Wir haben die Eltern zuletzt in Armenien gesehen. Seit 1990 weiß ich nichts von meinen Eltern. Meine Eltern haben mich der Familie meines Mannes anvertraut.

F.: Wo kamen Ihre Kinder zur Welt.

A.: Beide kamen in XXXX zur Welt, es handelte sich um eine Hausgeburt. Auf Nachfrage gebe ich an, der Arzt, welcher bei der Geburt anwesend war, hat keinerlei Bestätigung über die Geburt der Kinder ausgestellt.

F.: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf.

A.: Seit dem 01.01.2014

F.: Wenn Sie im Besitz von Beweismitteln bzw. Identitätsdokumenten sind, legen Sie diese bitte vor.

A.: Ich habe nichts vorgelegt.

F.: Welche Schul- bzw. Berufsausbildung haben Sie, welchen Beruf haben Sie.

A.: Ich habe nie eine Schule besucht, ich bin Analphabetin. Mein Mann ist von Beruf Tierzüchter. Ich selbst war immer Hausfrau bzw. Melkerin.

F.: Schildern Sie Ihr Berufsleben die letzten drei Jahre vor der Ausreise.

A.: Ich bin immer Hausfrau gewesen und Melkerin.

...

F.: Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen.

A.: Mein Mann wollte, dass wir ausreisen.

F.: Wann haben Sie ihr Heimatland tatsächlich verlassen.

A.: Am 28.12.2013 haben wir gemeinsam die Russische Föderation verlassen.

F.: Wo waren Sie die letzte Nacht vor ihrer Ausreise aufhältig.

A.: Zuhause an meiner Heimatadresse, diese lautet Dorf XXXX , bei Krasnodar.

...

F.: Geben Sie chronologisch und lückenlos die Aufenthaltsorte der letzten drei Jahre in Ihrer Heimat an.

A.: Immer in XXXX , Krasnodar.

...

F.: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A.: Ich habe keine eigenen Fluchtgründe vorzubringen. Ich stütze mich mit meinen Fluchtgründen auf die meines Mannes. Ich ersuche um Behandlung meines Asylantrages im Rahmen des Familienverfahrens.

F.: Sie sind - laut Aussagen des Ehemannes - von der Polizei geschlagen worden, wann sind Sie von der Polizei geschlagen worden.

A.: Ich bin am 12.12.2013 von der Polizei geschlagen worden.

F.: Wann ist Ihr Mann von der Polizei mitgenommen worden.

A.: Mein Mann ist im April oder Mai 2010 von der Polizei mitgenommen worden.

F.: Ist Ihr Ehemann am 12.12.2013 nicht von der Polizei mitgenommen worden.

A.: Nein. An diesem Tage wurde mein Mann von der Polizei nicht mitgenommen. Mein Mann wurde im April oder Mai 2010 von der Polizei mitgenommen.

F.: Warum sind Sie von der Polizei geschlagen worden.

A.: Sie wollten meinen Mann mitnehmen und ich habe meinen Mann verteidigt, ging auf die Beamten los und dann haben sie mich geschlagen. Ich fiel im Zuge dieses Handgemenges zu Boden und erlitt eine Verletzung am Kopf. Das war als mein ältester Sohn vier Jahre alt. Mein Sohn erlitt im Zuge dieses Vorfalls Verbrennungen am Fuß, denn er stützte auf den Ofen.

...

F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.

A.: Ich hätte, sollte ich nach Krasnodar zurückkehren, wiederum Probleme mit der Polizei.

V.: Sie wurden am 03.01.2018 einem Sprachanalyseverfahren zur Feststellung der Herkunft unterzogen. Am 18.01.2018 langte das Gutachten ein. Laut Bestellungsinformation spricht die Person Kurmandschi und Russisch. Dieser Sprachanalyse-Bericht bezieht sich auf das Kurmandschi der Person. Laut eigenen Angaben ist die Person in XXXX , das in Aserbaidschan liegt, geboren. In XXXX spricht man üblicherweise das nördliche Kurmandschi, das deutlich vom Aserbaidschanischen beeinflusst ist. Die Person sagt, dass sie mit sechs Jahren in das in der Region Krasnodar, Russland, gelegene XXXX gezogen ist. Dem Analytiker ist kein Dialekt des Kurmandschi bekannt, der spezifisch für Sprecher mit Hintergrund in Russland wäre, weshalb in dieser Analyse nicht der Hintergrund der Person in Russland eingeschätzt wird.

Es wird eingeschätzt, dass das Kurmandschi der Person Sprechern mit Hintergrund in Armenien entspricht. Der Sprachgebrauch der Person weißt keine Einflüsse des Aserbaidschanischen auf. Die Person ist laut eigenen Angaben im Alter von sechs Jahren aus Aserbaidschan weggezogen. Minderjährige Sprecher können sich anders als erwachsene Sprecher eine neue Sprache bzw. einen neuen Dialekt zu eigen machen. Minderjährige Spreche können außerdem stärker als erwachsene Sprecher von der unmittelbaren Umgebung geprägt werden. Deshalb ist es kompliziert, den von der Person angegebenen sprachlichen Hintergrund in Aserbaidschan ausgehend von der Analyse des Kurmandschi der Person zu beurteilen.

Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit geringer Wahrscheinlichkeit in Aserbaidschan.

Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit in Armenien.

Laut Bestellungsinformation spricht die Person Kurmandschi und Russisch. Dieser Sprachanalyse-Bericht bezieht sich auf das Russisch der Person. Laut eigenen Angaben ist die Person in XXXX , das in Aserbaidschan liegt, geboren. Die Person sagt, dass sie mit sechs Jahren in das in der Region Krasnodar, Russland, gelegene XXXX gezogen ist.

Es wird eingeschätzt, dass die Person fließend Russisch spricht. Der Sprachgebrauch der Person weißt sprachliche Merkmale auf, die nicht dem von Sprechern mit Hintergrund in Russland gesprochenen Russisch entsprechen.

Ihr sprachlicher Hintergrund liegt mit geringer Wahrscheinlichkeit in der Russischen Föderation.

Die ho. Behörde beabsichtigt Ihr Asylvorbringen in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien zu prüfen.

Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

A.: Ich gebe dazu an, dass ich nicht aus Armenien stamme. Ich komme aus Krasnodar. Ich habe dort in Krasnodar gelebt und kam von dort.

V.: Sie geben an, dass Ihre Eltern armenische Staatsbürger sind. Warum glauben Sie dann staatenlos zu sein.

A.: Ich bin deswegen staatenlos, da ich keine Papiere habe und da ich in XXXX geboren bin. Ich habe mich seit 1990 in der Russischen Föderation (Krasnodar) aufgehalten und haben nie irgendwelche Dokumente besessen, deswegen bin ich staatenlos.

F.: Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die gegen eine Ausweisung sprechen? Haben Sie familiäre Interessen in Österreich?

A.: Ich habe meine Familie hier.

F.: Leben Sie mit jemandem in Österreich zusammen, wenn ja, seit wann?

A.: Ich lebe mit meiner Familie zusammen.

...

F.: Besuchten Sie in Österreich irgendwelche Kurse oder absolvierten sie eine Ausbildung?

A.: Ich besuche aktuell keinen Deutschkurs. Ich habe die Prüfung A2 gemacht, die Prüfung aber nicht bestanden.

F.: Von welchen finanziellen Mitteln bestreiten Sie Ihren derzeitigen Lebensunterhalt?

A.: Ich lebe von der Grundversorgung.

..."

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf Armenien gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 3 und 4 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gem. § 53 FPG wurde in Bezug auf bP1 und bP2 ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

In Bezug auf sämtliche bP wurde -abgesehen von der Entscheidung gem. § 53 FPG- ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

"...

- betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Sie haben es unterlassen der ho. Behörde Identitätsbeweise vorzulegen. Mangels der Vorlage geeigneter Dokumente konnte Ihre Identität nicht festgestellt werden. Sie bezeichnen sich als staatenlos.

Die ho. Behörde geht davon aus, dass es sich bei Ihnen um einen armenischen Staatsbürger handelt. Bei der Feststellung Ihrer Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit stützt sich die Behörde auf das Sprachgutachten von SPRAKAB vom 18.01.2018.

Bei der Feststellung Ihrer Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit stützt sich die Behörde auf Ihre Angaben, wonach Ihre Eltern über die Staatsbürgerschaft zu Armenien verfügen. Sie bezeichnen sich lediglich deswegen als staatenlos, weil Sie keine Papiere besitzen.

Laut armenischem Staatsbürgerschaftsgesetz sind die Kinder armenischer Staatsbürger armenische Staatsbürger unabhängig vom Ort der Geburt.

Die Angaben zur Einreise ergeben sich aus Ihren Angaben sowie aus Mitteilungen der Sicherheitsbehörden.

Sie bezeichnen sich als gesund, sind nicht in ärztlicher Behandlung und nehmen keine Medikamente ein.

- betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:

Sie haben sich mit der Asylbegründung darauf gestützt, dass Sie in der Russischen Föderation gearbeitet hätten, dass Sie dort keinerlei Identitätsdokumente und keinerlei aufenthaltsrechtlich Dokumente besessen hätten. Aus diesem Grunde wären Sie immer wieder von den Behörden der Russischen Föderation behelligt worden. Ihre Frau wäre von den Behörden der Russischen Föderation geschlagen worden.

Die Behörde geht davon aus, dass allein wirtschaftliche Probleme bzw. die Suche nach wirtschaftlicher Prosperität Sie veranlassten Ihrer Heimat Armenien den Rücken zu kehren.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass Ihren Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen sich als nicht asylrelevant erwiesen und daher den weiteren Feststellungen und Erwägungen zu Grunde gelegt werden können.

- betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

Die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall der Rückkehr ergeben sich aus Ihren eigenen Angaben in Ihrem Asylverfahren.

Im vorliegenden Fall wird darauf hingewiesen, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Armenien nicht um Ihr Leben fürchten müssen. Werden die Länderfeststellungen zur Ihrem Heimatland betrachtet, liegen keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor.

Soweit Ihre Rückkehrsituation in Betracht zu ziehen ist, wird angeführt, dass Sie sich in Ihrer Heimat niederlassen könnten.

Es handelt sich bei Ihnen um einen armenischen Staatsangehörigen mit Berufsausbildung und Berufserfahrung als Tierzüchter. Sie sind laut eigenen Angaben selbsterhaltungsfähig.

Die Feststellung, dass Sie keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung leiden, ergibt sich aus der Aktenlage und auch aus Ihren Angaben während der niederschriftlichen Einvernahme.

...

In Bezug auf die bP2 führte die bB Folgendes aus:

"...

Sie haben es unterlassen der ho. Behörde Identitätsbeweise vorzulegen. Mangels der Vorlage geeigneter Dokumente konnte Ihre Identität nicht festgestellt werden. Sie bezeichnen sich als staatenlos.

Die ho. Behörde geht davon aus, dass es sich bei Ihnen um eine armenischen Staatsbürgerin handelt. Bei der Feststellung Ihrer Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit stützt sich die Behörde auf das Sprachgutachten von SPRAKAB vom 18.01.2018.

Bei der Feststellung Ihrer Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit stützt sich die Behörde auf Ihre Angaben, wonach Ihre Eltern über die Staatsbürgerschaft zu Armenien verfügen. Sie bezeichnen sich lediglich deswegen als staatenlos, weil Sie keine Papiere besitzen.

Laut armenischem Staatsbürgerschaftsgesetz sind die Kinder armenischer Staatsbürger armenische Staatsbürger unabhängig vom Ort der Geburt.

Die Angaben zur Einreise ergeben sich aus Ihren Angaben sowie aus Mitteilungen der Sicherheitsbehörden.

Sie bezeichnen sich als gesund, sind nicht in ärztlicher Behandlung und nehmen keine Medikamente ein.

- betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:

Sie haben sich mit der Asylbegründung darauf gestützt, dass Sie in der Russischen Föderation gearbeitet hätten, dass Sie dort keinerlei Identitätsdokumente und keinerlei aufenthaltsrechtlich Dokumente besessen hätten. Aus diesem Grunde wären Sie immer wieder von den Behörden der Russischen Föderation behelligt worden. Ihre Frau wäre von den Behörden der Russischen Föderation geschlagen worden.

Die Behörde geht davon aus, dass allein wirtschaftliche Probleme bzw. die Suche nach wirtschaftlicher Prosperität Sie veranlassten Ihrer Heimat Armenien den Rücken zu kehren.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass Ihren Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen sich als nicht asylrelevant erwiesen und daher den weiteren Feststellungen und Erwägungen zu Grunde gelegt werden können.

- betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

Die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall der Rückkehr ergeben sich aus Ihren eigenen Angaben in Ihrem Asylverfahren.

Im vorliegenden Fall wird darauf hingewiesen, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Armenien nicht um Ihr Leben fürchten müssen. Werden die Länderfeststellungen zur Ihrem Heimatland betrachtet, liegen keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor.

Soweit Ihre Rückkehrsituation in Betracht zu ziehen ist, wird angeführt, dass Sie sich in Ihrer Heimat niederlassen könnten.

Es handelt sich bei Ihnen um eine armenische Staatsangehörige mit Berufsausbildung und Berufserfahrung als Melkerin. Sie sind laut eigenen Angaben selbsterhaltungsfähig.

Die Feststellung, dass Sie keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung leiden, ergibt sich aus der Aktenlage und auch aus Ihren Angaben während der niederschriftlichen Einvernahme.

Aufgrund der vorhandenen familiären Anknüpfungspunkte, aufgrund der Feststellungen zur gewährleisteten Grundversorgung in Armenien und des Umstandes, dass es sich bei Ihnen um einen selbsterhaltungsfähigen Mann handelt, welcher in Armenien über Verwandte und Freunde verfügt, die zur Lebensführung beitragen, ist davon auszugehen, dass Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland nicht in eine die Existenz bedrohende Notlage gelangen würden. Ebenso wäre Ihnen die Unterstützungsleistung aus dem Ausland zugänglich, da das Bankenwesen in Armenien funktioniert.

..."

In Bezug auf die minderjährigen bP wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen in Bezug auf ihre Eltern verwiesen.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien bzw. der Herkunftsregion der bP von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat grundsätzlich gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich diese zwar in manchen Bereichen als problematisch darstellen, sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt, zumal die bP von diesen Problempunkten nicht betroffen ist. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die bB folgendes fest (Gliederung nicht mit dem Original übereinstimmend, Streichungen nicht gekennzeichnet):

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert und darf nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist. Nach Art. 17 der Verfassung wird zudem die Freiheit der Tätigkeit von religiösen Organisationen garantiert. Es gibt keine verlässlichen Angaben zum Anteil religiöser Minderheiten an der Gesamtbevölkerung; Schätzungen zufolge machen sie weniger als 5 % aus. Die Armenische Apostolische Kirche hat quasi den Status einer Staatskirche und nimmt eine faktisch privilegierte Stellung ein. Vertreter religiöser Minderheiten beklagen, dass sie kaum Zugang zu den meist staatlich kontrollierten Medien erhalten, weshalb sie kaum eine Chance haben, gegen weit verbreitete Vorurteile und gelegentliche Hetzkampagnen durch private Organisationen anzugehen (AA 22.3.2016).

Die Verfassung schreibt die Trennung von Kirche und Staat vor. Es ist beispielsweise Polizisten, Armeeangehörigen und Personen anderer Gesetzesvollzugsorganen verboten, Mitglied einer religiösen Organisation zu sein. Die "Mitgliedschaft" ist allerdings nicht näher definiert. Personen der genannten Organe, aber auch Staatsanwälten, ist es verboten ihre Stellung zum Vorteil religiöser Vereinigungen zu nutzen oder in deren Sinne zu predigen. Trotz der Trennung von Kirche und Staat wird die exklusive Rolle der Armenischen Apostolischen Kirche als Nationalkirche im spirituellen Leben, in der Entwicklung der Nationalkultur sowie im Erhalt der nationalen Identität des armenischen Volkes anerkannt. Die Verfassung verbietet die Anstiftung zum religiösen Hass und erlaubt es Wehrdienstverweigerern aus Gewissensgründen einen alternativen Zivildienst abzuleisten (USDOS 10.8.2016).

Quellen:

- Auswärtiges Amt (22.3.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

- USDOS - US Department of State (10.8.2016): International Religious Freedom Report 2015 - Armenia,http://www.ecoi.net/local_link/328351/455627_en.html, Zugriff 25.4.2017

1.1. Religiöse Gruppen

Ungefähr 93% der Bevölkerung gehören der Armenisch-Apostolischen Kirche an. Die größte religiöse Minderheit sind die Jesiden. Als gleichzeitig ethnische Gruppe zählte die Gemeinschaft laut dem Zensus von 2011 35.300 Personen. Allerdings scheinen sich nicht mehr alle Jesiden über ihre Religion als solche zu definieren, sodass deren Anzahl in der Religionsstatistik geringer ausfällt als bei der Aufschlüsselung der Ethnien. Nebst den rund 29.000 evangelischen Christen (ca. 1%) und rund 14.000 Katholiken gibt es eine Vielzahl kleinerer Religionsgemeinschaften, unter anderem Zeugen Jehovas (8.700) und Orthodoxe Christen (7.500). Über 110.000 haben kein Religionsbekenntnis bzw. gaben keines an (NSS-RA 2013).

Die Jesiden leben vor allem in landwirtschaftlichen Gebieten rund um den Berg Aragats, nordwestlich von Jerewan. Armenische Katholiken leben vorwiegend im Norden, die meisten Juden, Mormonen und orthodoxen Christen leben in Jerewan, ebenso wie kleine Gemeinden von überwiegend schiitischen Muslimen (USDOS 10.8.2016).

Religiöse Minderheiten sind mit Hindernissen konfrontiert, wenn es um Baugenehmigungen für Religionsstätten geht. Ihnen widerfahren auch Diskriminierungen im Erziehungssystem, der Armee, dem Rechtsvollzug und bei der Beschäftigung im öffentlichen Sektor. Vertreter von religiösen Minderheiten, die gleichzeitig auch mit ethnischen Minderheiten in Verbindungen stehen, berichten von einem besseren Verhältnis zu Regierungsstellen, als ethnische Armenier, die einer religiösen Minderheit angehören. Laut mehreren Vertretern von religiösen Minderheiten und NGOs sind die Medien weniger kritisch gegenüber religiösen Minderheiten als in den Jahren zuvor (USDOS 10.8.2016).

Religiöse Organisationen mit mindestens 200 Anhängern können sich amtlich registrieren lassen und dürfen dann Zeitungen und Zeitschriften mit einer Auflage von mehr als 1.000 Exemplaren veröffentlichen, regierungseigene Gelände mieten, Fernseh- oder Radioprogramme senden und als Organisation Besucher aus dem Ausland einladen. Das Gesetz verbietet zwar Bekehrungen durch religiöse Minderheiten; missionarisch aktive Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas oder die Mormonen sind jedoch tätig und werden staatlich nicht behindert. Die wenigen Muslime leben vor allem in Jerewan. Sie können ihren Glauben frei ausüben (AA 22.3.2016).

Quellen:

- Auswärtiges Amt (22.3.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

- NSS-RA - National Statistical Service of the Republic of Armenia (2013): The Results of 2011 Population Census of the Republic of Armenia, Table.5.4: Population (urban, rural) by Ethnicity, Sex and Religious Belief, http://armstat.am/file/doc/99486278.pdf, Zugriff 24.4.2017

- USDOS - US Department of State (10.8.2016): International Religious Freedom Report 2015 - Armenia,http://www.ecoi.net/local_link/328351/455627_en.html, Zugriff 24.4.2017

Ethnische Minderheiten

Es gibt keine rassisch diskriminierende Gesetzgebung. Die Bevölkerung setzt sich aus ca. 96 % armenischen Volkszugehörigen und ca. 4% Angehörigen von Minderheiten (vor allem Jesiden, aber auch Russen, Kurden, Griechen, Juden, Georgier, Ukrainer, Assyrer sowie einige wenige Deutsche) zusammen. Die Volkszugehörigkeit wird in armenischen Reisepässen nur eingetragen, wenn der Passinhaber dies beantragt. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten das Recht, ihre kulturellen Traditionen und ihre Sprache zu bewahren, in der sie u.a. studieren und veröffentlichen dürfen. Zugleich verpflichtet ein Gesetz alle Kinder zu einer Schulausbildung in armenischer Sprache (AA 22.3.2016).

Die Raten bei Anmeldung und beim Schulbesuch als solchen sind unter Kindern von ethnischen Minderheiten, besonders bei Jesiden, Kurden und Molokanen deutlich unter dem Durchschnitt, ebenso die Drop-Out-Rate nach der achten Schulstufe (USDOS 3.3.2017).

Seit den Parlamentswahlen Anfang April 2017 gibt es erstmals vier reservierte Sitze für die größten nationalen Minderheiten, nämlich für die Jesiden, Russen, Assyrer und Kurden (OSCE 3.4.2017).

Nach gewaltsamen Ausschreitungen gegen Armenier in Aserbaidschan im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bergkarabach-Konflikt und dem Zerfall der Sowjetunion, flüchtete bis Ende 1988 der überwiegende Teil der in Armenien lebenden Aserbaidschaner. Heute leben nur wenige aserbaidschanische Volkszugehörige in Armenien, meist Ehepartner von Armeniern oder Abkömmlinge gemischter Ehen. Diese besitzen die armenische Staatsangehörigkeit, die Mehrzahl hat auch armenische Familiennamen angenommen. Glaubhafte Berichte über staatliche Repressionen liegen nicht vor (AA 22.3.2016).

Quellen:

- Auswärtiges Amt (22.3.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

- OSCE/ODIHR - Organization for Security and Cooperation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights et alia (3.4.2017): Armenia, Parliamentary Elections, 2 April 2017: Statement of Preliminary Findings and Conclusions, http://www.osce.org/office-for-democratic-institutions-and-human-rights/elections/armenia/309156?download=true, Zugriff 24.4.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/337119/466879_en.html, Zugriff 24.4.2017

Grundversorgung

Die Wirtschaft hat sich immer noch nicht zur Gänze von der tiefen Rezession, die durch die globale Wirtschaftskrise 2008 ausgelöst wurde, erholt. Damals fiel das Bruttonationalprodukt um 14,1%. Armenien hat zu wenig für die Bekämpfung der Armut und gegen die sich ausweitenden Wohlstands- und Einkommensgefälle unternommen. Rund 1,2 Millionen Armenier leben von circa 3 Euro pro Tag. Die sozioökonomische Kluft hat zudem einen regionalen Aspekt. Durch die überproportionale Wirtschaftsaktivität in den urbanen Zentren hat sich die Einkommensschere zwischen Stadt und Land verstärkt. Der Zugang etwa zum Gesundheitswesen und zur Bildung sowie deren Qualität divergiert stark zwischen urbanen und ländlichen Regionen. Zu den strukturellen Defiziten gehört nebst den abnehmenden Investitionen auch eine übermäßige Abhängigkeit von Überweisungen aus dem Ausland (BS 2016).

Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und private Kapitalzuflüsse sind ein bedeutender Faktor für die Wirtschaft: Die armenische Diaspora in Russland umfasst etwa 2 Millionen Menschen, darunter viele Arbeitsmigranten, die Geld an ihre Familien in Armenien überweisen. Nach Angaben der Zentralbank gingen die Geldtransfers der armenischen Diaspora im Jahr 2016 weiter auf 1,5 Mrd. USD zurück (2015: ca. 1,6 Mrd. USD). Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2015 offiziell bei 18,5%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Sehr viele Menschen sind im informellen Sektor tätig. Einkommen werden oft nicht versteuert (AA 3.2017c).

Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2014 zufolge leben 32,3 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2008: 29,2 %). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt: 2015 wurde laut armenischer Zentralbank ein Betrag von etwa 1,209 Mrd. USD nach Armenien überwiesen, ein Rückgang von 30,1 % zum Vorjahr und das zweite Jahr in Folge. Davon flossen etwa 76 % aus der Russischen Föderation nach Armenien. Der starke Rückgang ist der wirtschaftlichen Lage, insbesondere der starken Abwertung des russischen Rubels geschuldet. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien ca. 60.000 armenische Dram (derzeit ca. 116 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 55.000 AMD (ca. 105 Euro). Das durchschnittliche Familieneinkommen ist dagegen mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten und darüber hinaus privaten Geschäften und Gelegenheitstätigkeiten nach. Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. In den ersten drei Quartalen 2014 haben, wie sich aus den Zu- und Ausreisestatistiken ergibt, 105.000 Menschen Armenien dauerhaft verlassen. Die wenigsten davon dürften nicht-armenische Ausländer sein. Unter den Auswanderern sind auch viele Hochqualifizierte, wie etwa Ärzte oder IT-Spezialisten (AA 22.3.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.3.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

- AA - Auswärtiges Amt (5.2015c): Wirtschaft, Armenien, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 12.4.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Armenia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Armenia.pdf, Zugriff 12.4.2017

1.2. Sozialbeihilfen

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

Familienbeihilfen

Die monatliche Familienbeihilfe beträgt 17.000 Dram (Basiswert) plus 5.500 Dram bis 8.000 Dram monatlich für jedes Kind unter 18, abhängig von der Familiensituation, dem Familieneinkommen sowie der örtlichen Lage. Am ersten Schultag gibt es eine Einmalzahlung von 25.000 Dram (SSA 2016).

Einmalige Beihilfen

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

Mutterschaftsgeld

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindesgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 50.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 18.000 Dram im Monat an alle erwerbstätigen Elternteile, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden. Für das dritte und vierte Kind stehen je 1 Million Dram zu und zusätzlich 500.000 Dram auf ein Spezialkonto für das Kind, von dem vor dem 18. Lebensjahr nur für bestimmte Zwecke wie etwa für Schulgebühren Geld abgehoben werden dar

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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