TE Bvwg Beschluss 2019/5/27 L526 1414141-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §20
AsylG 2005 §55
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L526 2216701-1/6E

L526 1414141-4/6E

L526 1435257-2/6E

BESCHLUSS

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Mag AUNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Drexler, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Schrey, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, diese vertreten durch RA Dr. Drexler, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1 Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch kurz "BF" oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als " "BF1" bis "BF3" bezeichnet) sind georgische Staatsangehörige. BF2 ist die Lebensgefährtin des BF1. BF3 ist ihr gemeinsames, minderjähriges Kind.

I.2. BF1 hat am 6.3.2004 den ersten Asylantrag in Österreich gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Zugleich wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt und wurde der BF gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. In Folge der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die damals zuständige Berufungsbehörde, der Unabhängige Bundesasylsenat, ein Berufungsverfahren durch, im Zuge dessen der Beschwerdeführer seine Berufung zurückzog.

Aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens erfolgte durch das Bundesasylamt ein Widerruf der Ausweisung.

Am 23.8.2008 brachte BF1 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.7.2009 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 23. Juli 2009 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.8.2009 wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

BF 1 wurde in Österreich insgesamt fünf Mal wegen (versuchter) Diebstähle sowie strafbarer Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweismitteln, zuletzt im Jahr 2014, verurteilt.

Im Akt erliegt ein Schreiben (AS 65), wonach BF1 am 20.07.2018 abgeschoben worden sei.

Am 19.7.2018 brachte BF1 einen weiteren, den nun gegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz ein. Anlässlich der Erstbefragung nach dem Aslygesetz brachte BF1 vor, er habe bei seinem ersten Antrag auf Asyl gelogen und habe damals auch keine Gründe für seine Furcht genannt. Er wolle nunmehr die richtigen Gründe nennen, die seit Anbeginn existiert hätten. Tatsächlich sei er Zeuge einer Straftat geworden, die von Polizisten in Georgien begangen worden sei. Er sei von Kriminalbeamten zur Aussage geladen worden, doch hätten ihn die Polizisten bedroht und ihn schließlich durch Schlepper in die Türkei gebracht, von wo aus er mit anderen Schleppern nach Österreich gebracht worden sei. Sowohl die Polizisten als auch die Kriminalbeamten hätten die Familie belastet und sie hätten nicht mehr in Frieden leben können. Es sei auch ein Urteil in seiner Abwesenheit gesprochen worden, wonach einundzwanzig Jahre Haft über ihn verhängt worden wären.

Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der nunmehr belangten Behörde (im Weiteren auch kurz "BFA" oder "bB" genannt), gab BF1 an, er habe sich anlässlich der Einvernahme wegen des früher eingebrachten Asylantrages gefürchtet, über sein Thema zu reden. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er im Wesentlichen an, dass er eine Gewerbeberechtigung von einem Polizeioffizier bekommen hätte, welche jedoch gefälscht gewesen sei. Er sei zur Staatsanwaltschaft bestellt worden und sei dort auf jene zwei Polizisten getroffen, welche ihn aus Georgien verbracht hätten. In Georgien werde ihm nunmehr die "Verbergung vor der Justiz" vorgeworfen und im Jahr 2007 sei er zu vierzehn Jahren Haft verurteilt worden. Auch werfe man ihm illegalen Waffenbesitz vor. Seine Eltern hätten ebenfalls Probleme bekommen. Sein Vater sei aufgrund einer zehn stündigen Einvernahme durch die Polizei gestorben. Die Polizisten seien für drei Jahre vom Dienst suspendiert worden. Die Anklageschrift habe er erst sechs Monate zuvor erhalten.

Zu seinem Gesundheitszustand gab BF1 an, er habe psychische Probleme und leide an Hepatitis C. Zu seinem Familienleben gab er an, er habe eine Freundin und mit ihr habe er eine Tochter, welche in Wien im Jahr 2011 geboren sei.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 3.9.2018 brachte BF1 unter anderem vor, dass er in seiner Heimat kein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK erwarten könne und ihm dort auch die Existenzgrundlage fehlen würde. Gemeinsam mit ihm würden auch dessen Lebensgefährtin und das aus dieser Beziehung stammende Kind in Österreich leben. Ein Eingriff in das Familienleben des BF1 in Österreich sei nach Art. 8 EMRK unzulässig. Die mögliche Trennung würde auch dem Kindeswohl widersprechen. In diesem Zusammenhang wurde die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtes im Hinblick auf die nicht auszuschließende Entwicklungsstörung der Tochter beantragt. Die Straftaten, die der Beschwerdeführer in Österreich begangen habe, bereue er.

In der Folge wurde der Antrag des BF1 auf internationalen Schutz vom 19.7.2018 mit dem im Spruch zitierten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 68 AVG Abs. 1 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 19.7.2018 ein weiteres Mal zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpukt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.

Im gegenständlichen Fall stellte die belangte Behörde fest, dass eine entschiedene Sache vorliegt. Begründend wurde dargelegt, es sei völlig unglaubwürdig, dass ein neuer Sachverhalt in der Heimat entstanden sein soll, da BF1 ja schon seit 2004 nicht mehr in Georgien aufhältig ist. Bei Georgien handle es sich zudem um ein sicheres Herkunftsland, wo auch sämtliche in Österreich diagnostizierten Krankheiten behandelbar seien. Sohin könne das Bundesamt nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt seit Eintritt der Rechtskraft des Vorverfahrens unverändert ist und damit entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliegt.

Ein schützenswertes Familien- und Privatleben des seit 2004 in Österreich aufhältigen Beschwerdeführers liege nicht vor, da seine in Österreich lebende Freundin und die gemeinsame Tochter die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besäßen.

Zur den vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen, er würde im Falle einer Rückkehr in eine Notlage geraten und es würde ihn ein Strafverfahren erwarten, welches nicht den Anforderungen eines fairen Verfahrens im Sinne der EMRK genügen werde, tätigte das BFA keinerlei Ausführungen. Auch der Gesundheitszustand des BF1 wurde nicht thematisiert und wurden auch die vom Beschwerdeführer zum Akt gegebenen Beweismittel keiner Würdigung unterzogen.

Die Beschwerdevorlage langte am 29.3.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

Der oben zitierte Bescheid wurde zur Gänze angefochten und es wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Beschwerdevorlage langte am 29.03.2019 beim BVwG ein.

Mit Beschluss des BVwG vom 05.04.2019 wurde der Beschwerde des BF 1 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

I.2. BF2 reiste am 05.10.2009 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Grob zusammengefasst gab sie als Fluchtgrund an, dass ihre Mutter Ossetin sei. Sie selbst hätte, um einen Job zu erhalten, mit einem einflussreichen Mann sexuell verkehren sollen, hätte dies abgelehnt und sei von ihm vergewaltigt und anschließend bedroht worden, als sie ihn mit einer Anzeige gedroht hätte.

Von der belangten Behörde in Georgien durchgeführte Recherchen ergaben, dass es sich bei dem namentlich genannten, sie belästigenden Mann um den XXXX Georgiens handle und dass der Verlobte der Beschwerdeführerin drogensüchtig gewesen sei, weshalb sie ihn verlassen hätte. Dessen Belästigungen wurden auch als tatsächlicher Grund für ihr Verlassen der Heimat gesehen. Sie hätte ihrer Mutter auch nicht - wie von ihr behauptet - über die angebliche Vergewaltigung bzw. Schwangerschaft erzählt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 09.04.2010 wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen und die BF2 nach Georgien ausgewiesen.

Als Begründung nannte die bB die Unglaubwürdigkeit der BF2.

Mit Schreiben vom 17.05.2010 wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie eine Berufung gegen den angeführten Bescheid des Bundesasylamtes eingebracht. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.06.2010 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18.05.2010 abgewiesen. Mit Beschluss des Asylgerichtshofs vom 08.07.2010 wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18.05.2010 die aufschiebende Wirkung zuerkannt, der Beschwerde in weiterer Folge stattgegeben und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt ( XXXX ).

Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 04.08.2010 die XXXX Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet ab. Auch der Asylgerichtshof kam zu dem Schluss, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig sei. Sie habe in Georgien Eltern und eine Schwester, die allesamt das finanzielle Auslangen finden würden. Im Falle einer Rückkehr könne sie bei diesen über familiären Rückhalt und Unterstützung verfügen. Sie sei gesund und arbeitsfähig und könne ihre notdürftige Lebensgrundlage sichern.

Zur Ausweisung wurde ausgeführt, dass keine besondere Schutzwürdigkeit des Familienlebens der Beschwerdeführerin vorhanden sei, während sie in Georgien weitreichende und enge familiäre Bindungen hätte. Sie sei auch nicht nachhaltig integriert, lebe von der Grundversorgung, gehe keiner Beschäftigung nach und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Sie spreche auch nicht ausreichend Deutsch, noch sei sie Mitglied in Vereinen.

Am 24.08.2011 wurde BF 3 im österreichischen Bundesgebiet geboren.

Am XXXX konnte für BF2 ein Heimreisezertifikat von der georgischen Botschaft erlangt werden.

Am 14.02.2012 brachten BF2 und BF3 einen Antrag auf Ausstellung einer "Karte für Geduldete" ein.

Ihre Abschiebung konnte nicht effektuiert werden.

Am 11. Februar 2013 stellte BF2 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz für sich und den ersten für BF 3. Sie führte im Rahmen der Erstbefragung aus, dass ihr Lebensgefährte staatenlos sei, es sei ihm auch ein Duldungsausweis zugesprochen worden, der Referent in Graz hätte ihm diesen nicht ausstellen wollen, sondern ihn nach Georgien zurückschieben wollen, obwohl ihr Mann nachweislich kein georgischer Staatsbürger mehr sei. Er befinde sich seit 07.02.2013 wegen psychischer Probleme stationär im Krankenhaus, da er einen Selbstmordversuch unternommen hätte. Bisher hätten beide illegal gearbeitet und so den Lebensunterhalt verdient. Da ihr Lebensgefährte nunmehr im Krankenhaus sei und sie sich um das Kind kümmern müsse, könne sie nicht mehr arbeiten und wisse auch nicht, wovon sie leben solle. Aus diesem Grund hätte sie einen neuerlichen Asylantrag gestellt. Sie erhoffe sich dadurch finanzielle Unterstützung, da sie nicht wisse, wovon sie mit ihrer Tochter leben solle. Ihr Lebensgefährte sei Ossete, deshalb gebe es Probleme. Im Fall ihrer Rückkehr habe sie in Georgien Feinde und befürchte getötet zu werden. Aus diesem Grund hätte sie auch die georgische Staatsbürgerschaft zurückgelegt. Ihre Tochter befinde sich seit deren Geburt ständig bei ihr und auch für sie würden dieselben Asylgründe gelten.

Am 06.03.2013 gab die Beschwerdeführerin neuerlich vom Bundesasylamt befragt an, dass sie glaube, an gynäkologischen Problemen zu leiden. Sie wisse allerdings nicht, woran sie leide, sie hätte jedoch manchmal Schmerzen im Bauch. Sie würde auch gerne den Psychiater aufsuchen. Die Caritas hätte ihr nicht richtig zugehört und bisher nichts für sie erreichen können.

Zwischenzeitlich hätte sie mit ihren Eltern in Georgien Kontakt aufgenommen - ihre Eltern und ihre Schwester würden dort noch leben. Die Eltern seien berufstätig und ihre Schwester sei Saisonarbeiterin in einem Hotel.

Folgende Urkunden legte sie vor:

Geburtsurkunde der BF3, Vaterschaftsanerkenntnis, Kopie der eigenen Geburtsurkunde, ein Schreiben über ihr Zurücklegen der georgische Staatsbürgerschaft, Diplom der Beschwerdeführerin (Lehrerin der englischen Sprache und Literatur in den Grundschulen) mit Übersetzung, zwei Bestätigungen über den Besuch eines Deutschkurses.

Weiters legte sie eine übersetzte Geburtsurkunde ihres Lebensgefährten vor, sowie ein Schreiben der georgischen Botschaft in Wien, welchem zufolge ihr Lebensgefährte unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , in der georgischen Personendatenbank nicht aufscheine. Aus diesem Grund sei nicht möglich festzustellen, ob er georgischer Staatsangehöriger sei.

Nach der Ursache für das Zurücklegen der georgischen Staatsbürgerschaft befragt, gab sie an, dass sie wegen ihrer Probleme wirklich Angst hätte. Man könnte sie nicht beschützen.

In Österreich hätten sie bis jetzt von den Einkünften ihres Mannes aus dessen "Schwarzarbeit" gelebt, auch sie selbst hätte illegal gearbeitet. Sie würde gerne am liebsten jeden Tag arbeiten. In Georgien hätte sie vor der Ausreise das Studium abgeschlossen, aber nicht gearbeitet.

Zu ihrem Lebensgefährten befragt, gab sie an, dass sie dessen Aufenthaltsstatus nicht kennen würde.

Ihr Lebensgefährte hätte vor drei Wochen abgeschoben werden sollen, obwohl die georgische Botschaft sozusagen nicht zugestimmt hätte, weil er in den Aufzeichnungen nicht aufscheine. Sein Zustand sei aber so schlimm, er werde sicher nicht zurückkehren, er hätte früher schon einen Selbstmordversuch begangen, sei dann zwei Wochen in der Psychiatrie und zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Jetzt sei er zuhause und besuche den Psychiater oder Psychologen. Er hätte bis jetzt gearbeitet und sie ernährt, aber jetzt sei sie alleine und sie wisse nicht, was sie tun solle.

Darauf hingewiesen, dass ihr Lebensgefährte wohl keine "Duldung" hätte, wenn er abgeschoben werden hätte sollen, führte sie aus, sich dabei nicht auszukennen.

Im Fall einer Rückkehr hätte sie Angst um ihr Leben und um das Leben ihres Kindes. Die Gründe aus ihrem ersten Verfahren gäbe es noch, sie könne dort sicher nicht in Ruhe leben. Neue Beweismittel zum ersten Verfahren würden jedoch nicht bestehen. Sie hätte auch keine Unterstützung von der Polizei in Georgien.

Befragt, warum man sie weiterhin verfolgen sollte, wo sie doch bereits seit dem Jahr 2009 in Österreich sei, gab sie an, dass ihre Eltern noch immer bedroht würden, dass sie sie vernichten würden und man sie im Fall einer Rückkehr sofort finden würde, da die Herkunftsstadt eine kleine Stadt sei. Befragt, warum sie nicht in eine andere Stadt ziehen könnte, gab sie an, dass sie dort keine Wohnmöglichkeit hätte. Befragt, warum sie die georgische Polizei nicht schützen würde, gab sie an, dass es viele Vorfälle gäbe, dass Leute verschwinden und die Polizei gar nichts machen würde. Befragt, wer sie konkret nun noch verfolgen solle, antwortete sie, dass diese Menschen selbst bei der Polizei arbeiten würden. Er heiße XXXX , sei der Chef der Stelle, wo sie arbeiten hätte sollen. Sie hätte den Fall jedoch nie angezeigt. Weitere Familienangehörige in Österreich hätte sie nicht. Sie pflege Kontakt zu georgischen Familien und besuche manchmal die Kirche.

Zu ihren Deutschkenntnissen befragt, gab sie an, noch grammatikalische Fehler zu machen, sich jedoch gut verständigen zu könne. Sie sei kein Mitglied in einem Verein und nehme auch nicht am sozialen oder kulturellen Leben in Österreich teil. Befragt, ob sie und ihr Lebensgefährte entschieden hätte, welche Staatsangehörigkeit ihr Kind hätte, gab sie an, dies nicht zu wissen, was für das Kind in Zukunft besser sei.

Mit BF1 lebe sie seit drei Jahren in Lebensgemeinschaft. Er hätte keine Angehörigen in Österreich.

Mit Bescheid der bB, Außenstelle Wien, vom 06.05.2013 wurden die Anträge der BF2 und BF3 auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen und sie nach Georgien ausgewiesen.

Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle stellte die bB die ehemalige georgische Staatsangehörigkeit und nunmehrige Staatenlosigkeit fest sowie, dass es sich bei Georgien um ihren Herkunftsstaat handle. Die BF2 habe keine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht. Sie sei in psychiatrischer Behandlung wegen einer depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode. Sie sei erwachsen und grundsätzlich arbeitsfähig und hätte ihren Lebensunterhalt in Österreich durch Schwarzarbeit bestritten. Sie sei illegal in das Bundesgebiet eingereist und halte sich seit 2009 im Bundesgebiet auf.

Sie wohne mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter in einem Haushalt zusammen, habe keine weiteren Familienangehörigen in Österreich, verfüge über gute Deutschkenntnisse, pflege keinen engen Kontakt zu Österreichern, sei in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern habe ihren Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit bestritten.

Sie verfüge in Gestalt ihrer Eltern und ihrer Schwester über familiäre Anknüpfungspunkte in Georgien und stehe zu ihren Angehörigen in Georgien in Kontakt, habe den Großteil ihres bisherigen Lebens in Georgien verbracht, verfüge über keinen nennenswerten Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich.

Es bestünden in Österreich keine weiteren engen privaten, familiären oder sonstige Beziehungen, welche einer Ausweisung entgegenstünden.

Die gegen den Bescheid vom 06.05.2013 eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.06.2013 vollinhaltlich abgewiesen.

I.3. Folgende Gutachten langten im Jahr 2013 bei der bB ein:

- ein psychiatrisches Gutachten vom XXXX , ausgestellt von Frau XXXX , welches in Bezug auf BF2 eine depressive Störung diagnostizierte

- ein psychiatrisches Gutachten vom XXXX , ebenfalls ausgestellt von Frau XXXX , welches in Bezug auf BF1 eine paranoide Schizophrenie und PTBS diagnostizierte

I.4. BF2 wurde mittels Ladungsbescheid vor die bB geladen und am 29.08.2013 niederschriftlich einvernommen. Dort weigerte sie sich, am Verfahren zur Erlangung eines neuerlichen Heimreisezertifikates mitzuwirken.

I.5. Am 02.10.2013 langte ein Gutachten des polizeiärztlichen Dienstes bei der bB ein, aus welchem hervorgeht, dass in Zusammenschau der vorgelegten Befunde "eine Abschiebung von Frau XXXX und Herrn XXXX , basierend auf der Staatendokumentation Georgien aus Jahr 2011, prinzipiell möglich" sei.

I.6. BF2 stellte für sich und ihre Tochter am 02.09.2014 Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK.

Sie wurde am 30.07.2015 hierzu einvernommen und führte im Wesentlichen aus, staatenlos zu sein.

Bereits im Jahr 2013 XXXX eine Kopie und eine Übersetzung eines Schreibens des Justizministeriums von Georgien zum Akt genommen, aus welchem hervorgeht, dass BF2 die georgische Staatsbürgerschaft mit dem 13.10.2010 zurückgelegt habe. Ein Schreiben der Botschaft von Georgien vom 05.11.2015 bestätigte jedoch die aufrechte Staatsbürgerschaft von Georgien; diese sei bis zum Erlangen der Staatsbürgerschaft eines anderen Staates aufrecht.

Am 17.07.2016 wurde BF2 vom Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorhaben der Behörde, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK der BF2 und BF3 abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, nachweislich in Kenntnis gesetzt. Ein Auszug des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Georgien wurde ihnen nachweislich zur Kenntnis gebracht.

Am 08.08.2016 wurde über die damalige rechtsfreundliche Vertretung eine schriftliche Stellungnahme eingebracht.

Von der bB wurde am 08.09.2017 neuerlich Parteiengehör gewährt, diese Möglichkeit nahm BF2 am 20.09.2017 in Form einer weiteren Stellungnahme war und es wurden verschiedene Schreiben zur Integration der BF vorgelegt.

I.7. Mit gegenständlichen Bescheiden der bB vom 02.11.2017 wurden die Anträge nach § 55 AsylG der BF2 und BF3 abgewiesen und wurden Rückkehrentscheidungen erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Georgien zulässig ist und wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Festgehalten wurde unter anderem, dass BF2 sich von ihrem Lebenspartner getrennt und versucht hätte, die georgische Staatsbürgerschaft zurückzulegen. Sie sei mehrfach der Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und verweigere die Mitwirkung am Erhalt eines Heimreisezertifikates. Die Dauer des Aufenthalts sei einzig dem Unwillen geschuldet, in die Heimat zurückzukehren und auf ein unglaubwürdiges Fluchtvorbringen im Asylverfahren gestützt. Auf die zahlreich vorgelegten Empfehlungsschreiben wurde eingegangen.

I.8. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurden die gegenständlichen Verfahren mit 16.10.2018 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt XXXX der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerden.

II.1. Feststellungen:

Der für diese Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I getroffenen Ausführungen. Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes insbesondere hinsichtlich des BF1 unterlassen, weshalb der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht hinreichend feststand. Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalts wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

II.2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien grundsätzlich nicht beanstandeten Aktenlage fest.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

II.3.2.

Zu A)

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters mit Erkenntnis vom 10.09.2014, Ra 2014/08/0005 die im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 angeführten Grundsätze im Hinblick auf Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichtes gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG nochmals bekräftigt und führte ergänzend aus, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung im Sinn des § 24 VwGVG zu vervollständigen sind.

In einem erst jüngst ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.02.2017, Ra 2015/11/0089 betonte dieser weiters das Interesse der Rechtsunterworfenen an einer raschen Entscheidung und führte dazu aus, dass es nicht zu erkennen sei, weshalb es nicht im Interesse der Raschheit gelegen sein sollte, wenn das Verwaltungsgericht - ausgehend freilich von einer zutreffenden Beurteilung der entscheidenden Rechtsfrage - selbst die notwendige Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens veranlasst und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt feststellt."

Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:

Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die bB nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Ermittlungs- und Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden; dies aus folgenden Erwägungen:

II.3.2.1. Dass die belangte Behörde das gegenständliche Verfahren insbesondere hinsichtlich BF1 nicht ordnungsgemäß durchführte und einen mangelhaften Bescheid erließ, zeigt sich zunächst schon an der Form des Bescheides und der gewählten Ausdrucksweise. So wird lediglich insgesamt drei Mal ein Strafregisterauszug in den Bescheid kopiert, die Straftaten des BF jedoch in keinster Weise erörtert. Diese wurden auch weder in der Einvernahme thematisiert noch wurden die Bezug habenden Urteile beigeschafft.

Selbst der Verfahrensgang wurde nicht beschrieben, sondern wurde lediglich ein Auszug von Daten in den Bescheid kopiert, welcher zahlreiche Abkürzungen enthält und damit nicht lesbar ist. Schon aus diesem Grunde können vom Bundesverwaltungsgericht die erforderlichen Rückschlüsse auf den tatsächlichen Verfahrensgang nicht gezogen werden. Abgesehen von der Frage, wie viele Anträge BF1 bereits gestellt hat und was seine grundlegenden Angaben hierzu waren, lässt sich auch die grundlegende Frage, weshalb die Behörde den Antrag auf internationalen Schutz des BF tatsächlich zurückwies, aufgrund der Ausführungen im gesamten Bescheid nicht eindeutig beantworten.

II.3.2.2. In der Einvernahme vor der belangten Behörde am 30.08.2018 behauptete BF1, bisher falsche Angaben zu den Fluchtgründen und seiner Identität gemacht zu haben. Auf Nachfrage führte BF1 zu den Gründen für die vorerst falschen Angaben und zu seinem tatsächlichen Fluchtvorbringen aus, dass er sich gefürchtet hätte, über sein "Thema" zu sprechen und nicht gewollt hätte, dass jemand seinen Aufenthaltsort erfährt. Zusammengefasst gab er zu seinen Ausreisegründen im gegenständlichen Verfahren an, dass er Polizisten bei einer Straftat beobachtet habe; in der Folge führte er auch einige Namen an. Den zeitlichen Ablauf betreffend finden sich Widersprüche in der Aussage des BF1 bzw. geht nicht klar aus dem Protokoll hervor, was diesen nunmehr letztlich tatsächlich zur Ausreise bewog. Die bB hat es unterlassen, die Angaben des BF1 zu hinterfragen und vertiefende Fragen zu stellen; es wurden lediglich Eckdaten festgehalten.

BF1 habe seiner Aussage zufolge eine gefälschte Lizenz für sein Gewerbe gehabt und hätten ihn korrupte Polizisten außer Landes gebracht. Letztlich sei er 2005 aufgrund der Probleme zu einer 14jährigen Haftstrafe verurteilt worden, welche 2007 auf sieben Jahre herabgesetzt worden sei. Auch illegaler Waffenbesitz sei ihm zu Unrecht vorgeworfen worden. Von diesen Umständen habe er erst vor sechs Monaten erfahren - von wem der BF dies erfahren hat und weshalb er dies erst so spät erfahren hat, wurde von der bB ebenfalls nicht hinterfragt. Zudem behauptete BF1, seine Lebensgefährtin und Tochter wären staatenlos, da ihnen 2010 die georgische Staatsbürgerschaft aufgrund von Problemen mit dem Innenministerium aberkannt worden wäre. Da die Frage einer rechtlich (nicht) möglichen Rückführung der BF2 auch Auswirkungen auf das von der bB zu prüfende Privat- und Familienleben des BF1 hat, hätte die bB die Angaben des BF1 zu den behaupteten Umständen in Bezug auf seine Lebensgefährtin und seine Tochter thematisieren und angesichts der der Behörde erteilten Auskunft der Botschaft von Georgien vom 05.11.2015 in Bezug auf die Staatsangehörigkeit der BF1 und BF2 auch hinterfragen müssen.

In diesem Zusammenhang sei auch festgehalten, dass die Würdigung der bB, das Vorbringen des BF1 sei unglaubwürdig lediglich aus einem Satz besteht: "Da Sie sich bereits seit 2004 nicht mehr in Georgien befinden, ist es völlig unglaubwürdig, dass nunmehr ein neuer Sachverhalt in Ihrer Heimat entstanden sein soll" und ist diese Begründung auch nicht logisch nachvollziehbar. Das Argument, es könne sich kein neuer Sachverhalt in der Heimat ereignet haben, geht insoferne an der Aussage des BF1 vorbei, als dieser offenbar gar nicht behaupten wollte, dass sich die Geschehnisse - zumindest den Kern der Geschichte betreffend - nach seiner Ausreise zugetragen hätten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die Behörde hat sich bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erschienen ließe, entgegen der Behauptung der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556). Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 29. September 2005, Zl. 2005/20/0365, dargelegt hat, ändert daran auch der Umstand nichts, dass das neue Vorbringen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den im Erstverfahren nicht geglaubten Behauptungen stand. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der behaupteten neuen Tatsachen argumentativ von Bedeutung sein, macht eine Beweiswürdigung des neuen Vorbringens aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar - in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden - unzulässig.

Aufgabe der Behörde ist es daher, im fortgesetzten Verfahren alle notwendigen Schritte zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes zu setzen. Dazu wird sie zunächst das tatsächliche Fluchtvorbringen des BF1 im nunmehrigen Verfahren zu ergründen und dieses - unter Beachtung der oben angeführten Grundsätze - auch rechtlich richtig (nova producta und nova reperta) - einzuordnen und ihre Entscheidung auch nachvollziehbar zu begründen zu haben.

Die bB wird sich auch mit den Anträgen des BF1 (länderkundliches, kriminalpsychologisches und kinderpsychologisches Sachverständigengutachten etc) - selbst wenn diese prima vista nicht zielführend scheinen - auseinanderzusetzen und darüber abzusprechen haben.

II.3.2.3. Auch in Bezug auf das über den BF verhängte Einreiseverbot hat es die bB unterlassen, die Faktenlage ausreichend zu erheben und eine Gefährdungsprognose zu tätigen.

Für die im gegenständlichen Fall vorzunehmende Prognosebeurteilung ist das gesamte Fehlverhalten einzubeziehen, wobei für die Beurteilung nicht das Vorliegen der rechtskräftigen Bestrafung oder Verurteilung, sondern das dieser zu Grunde liegende Verhalten der Fremden maßgeblich ist, demzufolge ist auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und auf das daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. etwa VwGH vom 22.3.2011, 2008/21/0246 mwN, auch Erk. vom 16.11.2012, 2012/21/0080).

Die bB hat genau dies unterlassen und wird sie im fortgesetzten Verfahren zunächst die Strafurteile BF1 betreffend beschaffen und sich mit dessen Fehlverhalten auseinanderzusetzen haben. Die auf ihren Ermittlungsergebnissen basierende Persönlichkeitsanalyse und Zukunftsprognose wird sie sodann in ihre Entscheidung miteinzubeziehen haben. Die bB wird sich dabei von der diesbezüglichen Judikatur leiten lassen und ein allenfalls zu verhängendes Einreiseverbot per se sowie auch das zeitliche Ausmaß nachvollziehbar zu begründen haben.

II.3.2.4. Auch hinsichtlich der Lebensumstände des BF in Österreich und seinen familiären und privaten Interessen liegen gravierende Ermittlungslücken vor. So wurde etwa in Bezug auf die in Österreich lebenden Verwandten in der Einvernahme durch die bB nur eine Frage gestellt und wurde im Bescheid aufgrund dieser Angaben festgestellt, dass eine namentlich genannte Tochter und eine Lebensgefährtin (ohne Angabe von Namen oder weiteren Daten) in Österreich leben würden. Die Freundin sei ebenfalls Georgierin, die Staatsangehörigkeit der Tochter wurde nicht erwähnt. Auch wenn an späterer Stelle lapidar darauf hingewiesen wird, dass die beiden nicht die österreichische Staatsangehörigkeit hätten, stellen diese Ermittlungs- und Feststellungsmängel gravierende Mängel dar, welche die mangelnde bzw. in casu überhaupt fehlende Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK bedingen. In diesem Zusammenhang wurde lediglich festgehalten, dass sich keine Änderung im Hinblick auf ein nicht näher konkretisiertes rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren ergeben hätte. Geht man davon aus, dass die bB auf das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.8.2009 Bezug nehmen will, so kann wohl aufgrund der nunmehr fast 10 vergangenen Jahren nicht davon ausgegangen werden, dass sich keinerlei Änderung ergeben haben. Vor allem wurde vom Asylgerichtshof damals beispielsweise noch festgehalten, dass die geschiedene Ehegattin des BF1 in Schweden lebe. Im nunmehrigen gegenständlichen Bescheid der bB vom 02.11.2017 wird wiederum angeführt, dass sich die nunmehrigen Lebensgefährten getrennt hätten, während im ZMR ein gemeinsamer Wohnsitz aufscheint.

Die bB wird im fortgesetzten Verfahren den BF und seine Lebensgefährtin zu ihren Lebensumständen in Österreich, vor allem zur Dauer des gemeinsamen Wohnsitzes, dem Familienleben, den Umstände während der Inhaftierung des BF (Liste der Besucher im Gefängnis) etc. einzuvernehmen haben. Zudem wird die bB auch die sonstigen Lebensumstände und die Integration der BF zu ergründen und ihre Ergebnisse einer einwandfreien Interessensabwägung zu unterziehen haben. Die Tatsache, dass die Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, kann nicht als Begründung für die mangelnden familiären oder privaten Interessen herangezogen werden.

II.3.2.5. Sofern die bB bei der Zurückweisung des Antrages des BF1 auf das Vor-Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.8.2009 Bezug nimmt, so kann angesichts der seither verstrichenen Zeit von nunmehr fast 10 Jahren auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich keinerlei Änderung in Bezug auf die Situation im Herkunftsstaat ergeben haben.

Die bB wird daher auch aktuelle länderkundliche Feststellung zu treffen und vor diesem Hintergrund die Situation der BF im Falle ihrer Rückkehr dorthin zu beleuchten haben.

Die bB wird sich im fortgesetzten Verfahren unter anderem auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, in welches Umfeld die Familie zurückkehrt. Dazu wird die bB auch die aktuelle Rückkehrsituation der BF zu erheben und festzustellen haben, ob von einem familiären oder sozialen Netz und einer Unterkunftsmöglichkeit auszugehen ist. Die konkrete persönliche Situation der BF - in diesem Zusammenhang wird nicht nur der tatsächliche Gesundheitszustand der BF zu beachten sein, sondern etwa auch die Minderjährigkeit der BF3 - wird in Bezug zu den aktuellen Länderberichten zu setzen sein und wird die bB nötigenfalls auch zu ermitteln haben, ob bzw. welche Unterstützungsleistungen von staatlicher oder karitativer Seite den BF im Falle der Rückkehr nach Georgien zustehen.

Sollte es sich als notwendig erweisen, wird die bB die BF zu den Umständen ihrer Rückkehr zu befragen haben und die Angaben der BF auch einer vollständigen Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen haben.

II.3.2.6. Zur Person des BF1 wurde festgestellt, dass er an diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide, welche aber einer Rückkehr nach Georgien nicht entgegen- stünden. Konkretere Ausführungen hierzu erfolgten nicht und ist daher für die erkennende Richterin nicht nachvollziehbar, wie die bB zu dieser Feststellung gelangt. In diesem Zusammenhang wird vom Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass ein Gutachten aus dem Jahr 2009 im Akt erliegt, aufgrund dessen die Abschiebung des BF1 durch die Behörde abgebrochen wurde; im Akt erliegen auch zahlreiche weitere medizinische Schreiben, die von der Behörde nicht gewürdigt wurden. Die Befunde vom 12.07.2013 und 21.02.2013 sind im gegenständlichen Akt auch nicht vollständig enthalten. BF1 wurde nicht einmal konkret gefragt, ob er immer noch an gesundheitlichen Problemen in Bezug auf seinen körperlichen - bzw. Geisteszustand leide oder er seit der aktenmäßig dokumentierten Begutachtung eine Behandlungen in Anspruch genommen hat und dies auch belegen kann. Auch hinsichtlich des Status die diagnostizierte Hepatitis betreffend wurden keinerlei Ermittlungen getätigt.

Auch im Hinblick auf BF2 und BF3 fehlen diesbezügliche Ausführungen. Auch wenn hinsichtlich BF2 und BF3 ein Verfahren gemäß § 55 AsylG geführt wird, so wäre dennoch im Rahmen der Rückkehrentscheidung und Entscheidung über die Zulässigkeit der Abschiebung der Gesundheitszustand der BF zu ermitteln und zu erörtern gewesen.

Die bB wird im fortgesetzten Verfahren den aktuellen Gesundheitszustand aller BF zu ermitteln und sich mit allen vorgelegten bzw. vorzulegenden ärztlichen Attesten auseinanderzusetzen haben. Insbesondere im Hinblick auf BF1 ist darauf hinzuweisen, dass die bB - sofern sie erneut zur Feststellung gelangt, dass dessen Gesundheitszustand einer Rückkehr bzw. Abschiebung nicht entgegensteht - ihre Entscheidung auf eine fundierte Basis zu stellen und auch nachvollziehbar zu begründen hat, zumal die Abschiebung des BF1 von der Behörde aufgrund seines Gesundheitszustandes bereits einmal abgebrochen wurde und der Aktenlage auch keine fundierte Neubewertung entnommen werden kann. Im Übrigen werden die Befunde vom 12.07.2013 und 21.02.2013 vollständig anzufordern und zu berücksichtigen sein, um schließlich entsprechende Feststellungen treffen zu können.

Die Einschätzung, dass eine Abschiebung von BF1 und BF2 "prinzipiell möglich" ist, wie dies aus einer im Akt erliegenden Auskunft eines amtsärztlichen Dienstes hervorgeht, ohne dies näher zu begründen, reicht vor dem Hintergrund der im Akt erliegenden Befunde über den psychischen bzw. psychiatrischen Zustand, insbesondere betreffend BF1, nicht hin. Sofern in der Auskunft des polizeiärztlichen Dienstes auf die Zusammenschau der vorgelegten Befunde verwiesen wird, lässt sich diesem Verweis auch nicht entnehmen, auf welche Befunde sich der begutachtende Arzt tatsächlich bezieht. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung bzw. die Einschätzung im Hinblick auf eine EMRK-relevante Gefährdung durch die Behörde zu tätigen ist und diese nicht an einen Amtsarzt delegiert werden kann.

Auf Basis aussagekräftiger Fakten über den Gesundheitszustand der BF wird die bB sohin einwandfreie Feststellungen treffen haben und auch die diesbezügliche Situation der BF in Bezug zu aktuellen länderkundlichen Feststellungen zu setzen haben. Sollten aktuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt werden, wird die bB auch darzulegen haben, ob diese die Schwelle des Art. 3 EMRK überschreiten und eine Abschiebung eine Verletzung dieser Bestimmung nach sich ziehen würde. Die erwartbaren Konsequenzen einer Abschiebung sind unter Berücksichtigung der Umstände der Person und der allgemeinen Situation vor Ort - wobei vor allem die Behandelbarkeit, allfällige Behandlungskosten, das Bestehen eines familiären Netzwerkes und die geographische Erreichbarkeit der Behandlungseinrichtung zu bedenken sind - zu prüfen.

II.3.2.7. Im Akt erliegen Unterlagen in georgischer Sprache, welche nicht übersetzt wurden (vgl ua. AS 203). Diese sind zumindest dem Inhalt nach zu übersetzen und in die Würdigung der bB miteinzubeziehen.

II.3.2.8. Die erkennende Richterin übersieht nicht, dass starke Anhaltspukte dafür vorliegen, dass BF1 und BF2 missbräuchlich mehrfach Anträge stellten, jedoch sind nicht zuletzt wegen des langen Aufenthaltes der BF in Österreich und der im Akt erliegenden ärztlichen Atteste tiefergehende Ermittlungstätigkeiten durchzuführen, um eine fundierte Interessensabwägungen, vor allem im Lichte des Art. 8 und Art. 3 EMRK, vornehmen zu können, welche dann einer einwandfreien rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen sind. Ohne die die oben angesprochenen Ermittlungen, insbesondere im Hinblick auf BF1, bei welchen es sich nicht nur um bloße Ergänzungen handelt, kann der Sachverhalt nicht entsprechend festgestellt und beurteilt werden.

Die betreffenden Verfahren wurden dem Bundesverwaltungsgericht nicht als Familienverfahren vorgelegt. Im gegenständlichen Fall scheint die gemeinsame Behandlung und die Ermittlung der aktuellen Lebensumstände aller BF aber schon deshalb notwendig, um eine fundierte Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK vornehmen zu können.

Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer der BF wird darauf hingewiesen, dass BF1 seit 2004 ohne Aufenthaltstitel in Österreich lebt und BF2 seit Oktober 2009 - wenn auch gemäß § 58 Abs. 13 AsylG seit 02.09.2014 nicht rechtmäßig. Schon aufgrund der langen, nicht rechtmäßigen Aufenthalte wird im vorliegenden Fall eine rasche Erledigung als erforderlich erachtet. Zudem wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf eine länger als zehnjährige Aufenthaltsdauer hingewiesen (zuletzt etwa Ra 2018/22/0251 bis 0256-13). Sollten innerhalb der für BF2 und BF3 relevanten zehn Jahresgrenze neuerlich abweisliche Entscheidungen ergehen, so möge auch darauf Bedacht genommen werden, die Entscheidungen zeitlich so zu treffen, sodass dem Bundesverwaltungsgericht eine Überprüfung ebenfalls innerhalb dieser Grenze ermöglicht wird.

II.3.2.9. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall aller BF noch nicht feststeht, waren in einer Gesamtbeurteilung der oben dargestellten Erwägungen die angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes gemäß §28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheiten zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Dem Bundesverwaltungsgericht fehlt es mangels eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens seitens der bB jedenfalls an einer ausreichenden Beurteilungsgrundlage für die Lösung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz bzw. Abweisung des Antrags gemäß § 55 AsylG vorliegen und kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Wie oben dargelegt, wurde der Sachverhalt von der bB derart mangelhaft ermittelt, sodass gleichsam erstmalig ordnungsgemäße Ermittlungen und Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgen müssten. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt, insbesondere im Hinblick auf BF1, steht im gegenständlichen Fall nicht einmal ansatzweise fest.

Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht selbst wäre aufgrund der ausstehenden, umfangreichen Erhebungen zu verschiedenen Themenbereichen, wie etwa den Ausreisegründen, der familiären Situation und Integration der BF in Österreich sowie deren gesundheitliche Situation oder der Rückkehrsituation sowie der aktuellen Lage im Herkunftsland, in gegenständlichem Fall auch nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht liegt nicht im Sinne des Gesetzes, insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist und weil eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll. Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall eine kassatorische Entscheidung zu treffen.

Anzumerken ist abschließend, dass der Inhalt der Beschwerdeschriftsätze samt den damit vorgelegten Unterlagen nunmehr Teil des von der belangten Behörde zu berücksichtigenden Sachverhaltes ist und sich die belangte Behörde mit den dort gemachten verfahrensrelevanten Einwendungen auseinanderzusetzen haben wird.

Schließlich sei auch noch auf die Wahrung der Grundsätze des Parteiengehörs hingewiesen.

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Begründungsmangel Begründungspflicht Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Folgeantrag geschlechtsbezogene Belästigung Gesundheitszustand Kassation mangelnde Feststellungen mangelnde Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Mj.-Vertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L526.1414141.4.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten