Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §1 Abs2 Z2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/3540Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerden 1.) der 1985 geborenen LP und 2.) des 1988 geborenen JP, beide in Wien, beide vertreten durch den Vater GH, letzterer vertreten durch
Dr. Robert Wallentin, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 6-8, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 22. Oktober 1996,
Zlen. 1.) 307.120/2-III/11/96 und 2.) 307.120/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, welche nach der Aktenlage über keine Aufenthaltsbewilligung verfügten, beantragten, vertreten durch ihren Vater, am 18. Jänner 1996 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen. Als "in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes" gaben sie den Nettolohn ihres Vaters in der Höhe von S 11.315,-- an, welchen dieser nach dem Inhalt einer beigelegten Lohnbestätigung bei einem österreichischen Unternehmen ins Verdienen bringe. Als Aufenthaltszwecke machten die Beschwerdeführer jeweils Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich lebenden Vater sowie Schulbesuch geltend.
Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien je vom 30. Juli 1996 wurden diese Anträge jeweils gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich abgewiesen. Die Beschwerdeführer erhoben Berufung.
Mit den Bescheiden vom 22. Oktober 1996 wies die belangte Behörde diese Berufungen jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG, unter anderem in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen gleichlautend aus, der Antrag des Vaters der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei mit einem Bescheid der belangten Behörde gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 abgewiesen worden. Die Person, von der die Beschwerdeführer wirtschaftlich abhängig seien, verfüge somit über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich. Der Lebensunterhalt der Beschwerdeführer sei daher nicht gesichert. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Im Interesse eines geordneten Fremdenwesens überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften jeweils mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
Nach der Aktenlage sind die Beschwerdeführer im Reisedokument ihres Vaters miteingetragen. Dort scheint lediglich eine für den Vater der Beschwerdeführer, nicht jedoch eine für die Beschwerdeführer selbst ausgestellte Aufenthaltsbewilligung auf. Auch in den Beschwerden findet sich keine konkrete Behauptung dahingehend, daß für die Beschwerdeführer jemals eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt worden wäre. Eine Konstellation im Sinn des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt daher nicht vor. Die angefochtenen Bescheide sind nicht mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten.
Die Beschwerdeführer treten der maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, ihr Vater sei - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nicht zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen, nicht entgegen. Sie vertreten jedoch die Auffassung, die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ihres Vaters sei zu Unrecht erfolgt. Der Vater der Beschwerdeführer habe gegen den die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an ihn versagenden Bescheid der belangten Behörde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und auch einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Die belangte Behörde wäre auch in den die Beschwerdeführer betreffenden Verfahren verpflichtet gewesen, die Vorfrage selbständig zu prüfen, ob ihrem Vater eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen sei.
Eingangs ist festzuhalten, daß das Einkommen des im Inland nicht aufenthaltsberechtigten Vaters der Beschwerdeführer aus einer - aus der Sicht des Aufenthaltsgesetzes unzulässigen (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG) - Erwerbstätigkeit desselben im Inland nicht geeignet ist, den Unterhalt der Beschwerdeführer im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu sichern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zlen. 96/19/0714, 0715, 0716, 0717). Für die Beurteilung der Frage, ob der Unterhalt der Beschwerdeführer für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung gesichert ist, ist allein die Vorfrage maßgeblich, ob auch der unterhaltspflichtige Vater für die Dauer der beantragten Bewilligung über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügt. Unerheblich ist es demgegenüber, ob ihm die Erteilung einer solchen Berechtigung zu Recht oder zu Unrecht verweigert wurde. Auch im Falle einer rechtswidrigen Abweisung des Antrages des Vaters der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wäre er - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nicht zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen. Daran vermochten auch die Einbringung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof und der damit verbundene Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts zu ändern. Die belangte Behörde hatte nach dem Vorgesagten daher lediglich zu prüfen, ob der Vater der Beschwerdeführer im Inland aufenthaltsberechtigt war, nicht jedoch, ob ihm bei rechtsrichtiger Beurteilung aufgrund seines Antrages eine Bewilligung zu erteilen gewesen wäre.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, ihnen den erstmals gebrauchten Versagungsgrund des mangelnden gesicherten Unterhaltes gemäß § 5 Abs. 1 AufG vorzuhalten. Bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätten die Beschwerdeführer dargetan, daß ihr Lebensunterhalt nicht nur durch ihren Vater, sondern auch "durch eine Vielzahl von Verwandten" gesichert sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/1466, 1467, 1479). Die Berufungsbehörde kann auch bei Änderung des Versagungsgrundes von den vom Fremden initiativ dargelegten Vermögensverhältnissen ausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0327). Es wäre daher im Rahmen der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführer gelegen gewesen, die Unterhaltspflicht und das Einkommen jener Verwandten, die nach ihren Beschwerdebehauptungen ebenfalls für sie sorgen, der Höhe nach zu beziffern und auch durch entsprechende Nachweise zu bescheinigen. Nur dadurch wären sie ihrer Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nachgekommen, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt.
Die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet führt zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen rechtfertigen im vorliegenden Fall - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer - gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK den Eingriff in ein gedachtes durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschütztes Recht der Beschwerdeführer auf Neuzuwanderung aus den von ihnen geltend gemachten Aufenthaltszwecken. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob den Beschwerdeführern ein solches Recht aus Art. 8 Abs. 1 MRK überhaupt zustünde.
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidungen gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996193539.X00Im RIS seit
02.05.2001