TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/14 W215 1423635-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.06.2019
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Entscheidungsdatum

14.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch

W215 1423633-2/57E

W215 1423631-2/54E

W215 1423635-2/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von XXXX , Staatsangehörigkeit Republik Usbekistan, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Anträge auf internationalen Schutz vom 05.10.2011, Zahlen 1) 11 11.681-EAST-Ost-811168101 2) 11 11.679-EAST-Ost-568271506 und 3) 11 11.680-EAST-Ost-568271201, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen, zu Recht:

A)

I. Die Anträge von XXXX auf internationalen Schutz vom 05.10.2011 werden hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, abgewiesen.

II. Die Anträge auf internationalen Schutz von XXXX werden bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.

III. a) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird XXXX gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, wird gegen XXXX eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, festgestellt, dass die Abschiebung von XXXX gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, in die Republik Usbekistan zulässig ist. Gemäß § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise von XXXX 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. b) XXXX wird eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß

§ 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt. Gemäß § 52 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, in Verbindung mit § 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und

XXXX , gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 58 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, in Verbindung mit § 55 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz,

BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstantragsteller (P1) ist der Bruder des Zweitantragstellers (P2) und der Drittantragsteller (P3) ist der, mittlerweile volljährige, Sohn von P2.

Im Jahr 2004 war ein Bruder von P1 und P2 namens XXXX , nach Österreich gereist und ihm war mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.11.2007, Zahl

04 23.900-BAE, gemäß § 7 AsylG 1997 Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt worden, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. P1 bis P3 reisten sieben Jahre nach der Einreise dieses Bruders von P1 und P2 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 05.11.2011 Anträge auf internationalen Schutz.

Am 05.11.2011 erfolgte die Erstbefragungen der Antragsteller, in denen P1 sowie P2 für sich und den damals minderjährigen P3 angaben, im Jahr 2009 in die Republik Polen gereist zu sein und dort um Asyl angesucht zu haben. Die polnischen Asylanträge seien rechtskräftig abweisende entschieden worden und die Antragsteller danach illegal nach Österreich gereist.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheiden vom 21.12.2011, Zahlen 1) 11 11.681-EAST-Ost,

2) 11 11.679-EAST-Ost und 3.) 11 11.680-EAST-Ost, die Anträge auf internationalen Schutz der Antragsteller vom 05.10.2011 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates die Republik Polen zuständig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wurden die Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Polen ausgewiesen; demzufolge wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt.

Gegen diese Bescheide fristgerecht erhobenen Beschwerden wurde mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 03.07.2013, Zahlen 1) S15 423.633-1/2012/18E, 2) S15 423.631-1/2012/19E und 3) S15 423.635-1/2012/15E, stattgegeben und die Bescheide gemäß

§ 41 Abs. 3 AsylG behoben.

Am 27.11.2014 brachten die Antragsteller Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.

3. Am 02.03.2015 langten die Aktenvorlagen vom 22.02.2014 (Anmerkung: wörtliches Zitat) im Bundesverwaltungsgericht ein und wurden einer Gerichtsabteilung zur Erledigung zugewiesen bzw. nach Unzuständigkeitseinreden am 10.03.2015 der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.04.2015 wurden P1 und P2 aufgefordert, schriftlich ihre ausdrückliche Zustimmung zu geben, dass das Bundesverwaltungsgericht Kopien der polnischen Asylverfahrensunterlagen anfordert.

Mit Schreiben vom 24.04.2015 verweigerten P1 und P2 dem Bundesverwaltungsgericht die Genehmigungen zur Anforderung der polnischen Asylverfahrensunterlagen.

Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2015 wurde XXXX Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, beauftrage in den Verfahren von P1 und P2 psychiatrisch-neurologische Gutachten zum Gesundheitszustand und zur Verhandlungsfähigkeit zu erstellen.

Dem Bundesverwaltungsgericht wurde nach Untersuchung und Befunderhebung mit P1 und P2 am XXXX , in Gegenwart einer Dolmetscherin für die Sprache Usbekisch, psychiatrisch-neurologische Gutachten für P1 vom XXXX und für P2 vom XXXX übermittelt, in den zusammengefasst ausgeführt wird, dass XXXX Es ist keine psychische Erkrankung fassbar, die P1 oder P2 hindert an Beschwerdeverhandlungen teilzunehmen bzw. deren Einvernahmefähigkeit beeinträchtigen würde. Die fassbaren Befindlichkeitsstörungen bei P1 und P2 im Sinne der Anpassungsstörung beinhalten keine wesentliche Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit. Es ist auch keine psychische Erkrankung fassbar, die P1 oder P2 daran hindern würden, das Erlebte wiederzugeben oder außer Lage setzten würde, gleichbleibende Angaben zu machen. Es finden sich keine Hinweise, dass Angaben von P1 oder P2 auf eine krankheitswerte psychische Störung zurückzuführen bzw. durch dies erklärbar wären.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 14.12.2015 die erste öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 und P2, P2 zugleich auch als Vater und gesetzlicher Vertreter des damals minderjährigen P3, sowie deren Rechtsberaterin. In der Verhandlung stimmten P1 und P2 ausdrücklich zu, dass das Bundesverwaltungsgericht sämtliche Unterlagen aus den polnischen Asylverfahren anfordert. Da P1 und P2 jedoch nicht mit dem Dolmetscher für die usbekische Sprache zufrieden waren, musste die Verhandlung zwecks Bestellung eines anderen Dolmetschers vertagt werde:

"...R fragt P: Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Dolmetscher gut verstehen?

P1: Ja. Aber der Dolmetscher spricht "Alt-Usbekisch". Es könnte daher sein, dass möglicherweise ein kleines Detail irgendwann nicht 100%ig übersetzt wird.

P2: Sie können aber auch gerne einen Russisch-Dolmetscher nehmen..." (Verhandlungsschrift vom 14.12.2015 Seite 03).

Nach Einlangen von Kopien der polnischen Asylunterlagen, zusammen mit den usbekischen Auslandsreisepässen von P1 und P2, wurden Übersetzungen in Auftrag gegeben, welche am 28.12.2015 im Bundesverwaltungsgericht einlangten.

Die am 14.12.2015 vertagte Verhandlung wurde am 24.08.2016, in Gegenwart einer gerichtlich beeideten Simultandolmetscherin für die Sprache Russisch, fortgesetzt. Es erschienen P1 und P2 und deren Rechtsberater. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich entschuldigt. In der Verhandlung wurden P1 und P2 ihre usbekischen Auslandsreisepässe, welche die polnischen Behörden übermittelt hatten, ausgefolgt. Nach Befragung von P1 musste auf Grund der fortgeschrittenen Zeit die Verhandlung vertagt werden. P2 wollten für die nächste Verhandlung erneut einen anderen Dolmetscher:

"... R: Ihnen wurde die Verhandlungsschrift wortwörtlich rückübersetzt. Haben Sie das Gefühl, dass alle Ihre Angaben aufgenommen und übersetzt wurden?

P1: Ja.

R: Wurden alle Ihre Angaben korrekt protokolliert, oder wollen Sie etwas ändern?

P1: Es ist alles korrekt. Ich möchte nichts ändern. Ich möchte jetzt nach Rückübersetzung auf Seite 12 neu ergänzen, dass mir jetzt eingefallen ist, dass wir am Flughafen jemanden gekannt haben und uns der geholfen hat.

R: Das ist Ihnen aber etwas spät, nach der Pause und erst bei der Rückübersetzung eingefallen?

P1: Ja, ich habe ein Kopftrauma gehabt und deswegen ist es mir jetzt eingefallen.

R: Laut psychiatrischen Gutachten sind Sie voll verhandlungsfähig?

P1: Ich habe mich erst jetzt erinnert.

[...]

R: Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit werde ich jetzt die Verhandlung vertagen. Wie waren Sie mit der Dolmetscherin zufrieden; kann ich sie auch für die nächste Verhandlung bestellen?

P1: Ja.

P2: Nein. Ich habe heute zwar mit der Dolmetscherin nicht viel gesprochen. Ich will aber einen usbekischen Dolmetscher aus Usbekistan..." (Verhandlungsschrift vom24.08.2016 Seite 13f).

Die vertagte Verhandlung wurde am 07.02.2019, in Gegenwart einer Dolmetscherin für die Sprache Usbekisch, mit P1, P2, des mittlerweile volljährigen P3 und des von den Antragstellern bevollmächtigen Vertreters, fortgesetzt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich entschuldigt. Nach der Befragung der Antragsteller wurde die Verhandlung auf Grund der fortgeschrittenen Zeit ein letztes Mal vertagt und konnte mit den Antragstellern und deren Vertreter am 22.02.2019 fortgesetzt werden. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich schriftlich auch für diese Verhandlungen entschuldigt. In der Verhandlung am 22.02.2019 wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Die Antragsteller und deren Vertreter verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.

Am 08. und 11.03.2019 langten jeweils idente Kopien einseitiger Schreiben, in russischer Sprache, im Bundesverwaltungsgericht ein. Die vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebene Übersetzung wurden diesem am 10.04.2019 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Identitäten der Antragsteller stehen fest. Sie sind Staatsangehörige der Republik Usbekistan und gehören der Volksgruppe der Usbeken. Alle Antragsteller haben die letzten Jahre vor ihrer Ausreise in XXXX gelebt. Die Antragsteller gehören, ebenso wie ca. 89% der usbekischen Bevölkerung, dem moslemischen Glauben an und wurden bis zur Ausreise nicht an der Ausübung ihres Glaubens gehindert.

2.a) P1 wurde - auf Grund von Selbstanzeigen von P1 und P2 bei der usbekischen Staatsanwaltschaft am XXXX wegen eines unwissentlich, illegalen Religionsunterrichts im Jahr XXXX , nach mehreren Befragungen - am XXXX in Haft genommen und mit Urteil vom XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung, von einem usbekischen Strafgericht, als Mitglied des illegalen religiösen Vereins wegen Teilnahme an illegalen privaten Religionsunterrichtsstunden im Jahr XXXX , zu einer Haftstrafe verurteilt, nach deren Verbüßung er am XXXX entlassen wurde. Danach wurde P1 nie wieder angeklagt/verurteilt. P2 und P3 war im Herkunftsstaat nie in Haft und wurden nie angeklagt. Das Bundesverwaltungsgericht kann wegen dieser Anklage/dem Urteil in XXXX und der in Folge bis zum XXXX verbüßten Haftstrafe von P1, weder einen Zusammenhang zu den Ereignissen in Andischan im Mai 2005 feststellen, noch einen zeitlichen Konnex zur Ausreise von P1 bis P3 aus der Republik Usbekistan am XXXX .

2.b) Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 wegen des Umstandes, dass er sich für Menschenrechte in der Republik Usbekistan einsetzt haben soll, sowie, weil er die Ehegattin und die Kinder seines seit 2004 in Österreich lebenden Bruders XXXX legal in die Ukraine begleitete und von dort illegal in die Slowakische Republik bringen wollte, in der Republik Usbekistan verurteilt wurde. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass wegen des Bruders XXXX alle männlichen Verwandten wie Väter, Söhne und Brüder von der usbekischen Regierung verfolgt werden, oder Sanktionen erfahren haben. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 jemals sein usbekischer Reisepass entzogen wurde und er die Republik Usbekistan nicht verlassen durfte. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass P1 von den Behörden seines Herkunftsstaates in den XXXX Jahren zwischen Haftentlassung und Ausreise am XXXX angehalten wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 und P2 in der Republik Usbekistan gefoltert wurden. Es kann nicht festgestellt werden, dass P2 wegen Hilfeersuchen an XXXX im Jahr XXXX , im Jahr 2009 geschlagen wurde oder sonst Probleme mit den Behörden der Republik Usbekistan hatte.

P1 und P2 machten in den XXXX Jahren vor ihrer letzten Ausreise Richtung Republik Polen zahlreiche legale Auslandsreisen, etwa um in Kasachstan, Kirgisistan und anderen Staaten XXXX . Die Antragsteller konnten - bis zur letzten, problemlosen legalen Ausreise mit ihren usbekischen Auslandsreisepässen und Visa in einem Zug am XXXX über die XXXX - im Elternhaus wohnen. P1 und P2 gingen bis zum Tag vor dieser Ausreise arbeiten und der damals minderjährige P3 besuchte die Schule.

3. P1 hat im Jahr XXXX in der Republik Usbekistan geheiratet und sich am XXXX scheiden lassen. Aus dieser Ehe stammen seine drei Kinder, die nach wie vor in der Republik Usbekistan leben. P2 hat ebenfalls in der Republik Usbekistan geheiratet und sich dort scheiden lassen. Aus dieser Ehe stammt P3. Seine Ex-Ehegattin und Mutter von P3 lebt seit dem Jahr 2005 wieder in ihrem Herkunftsstaat, der Russischen Föderation. Derzeit lebt die Mutter von P1 und P2 in der Republik Usbekistan; ebenso ein weiterer Bruder mit dessen Familie, sowie zahlreiche Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen. Alle Antragsteller haben die letzten Jahre vor der Ausreise im sehr großen Elternhaus in XXXX gelebt, wo nach wie vor die Mutter und ein Bruder von P1 und P2, samt dessen Familie, wohnen.

P1 und P2 sind in der Republik Usbekistan zehn Jahre lang zur Schule gegangen. Danach hat P1 eine Ausbildung für XXXX gemacht. P1 und P2 haben das Studium der XXXX betrieben, konnten es aber nicht abschließen, weil dieser Studienzweig - mangels Bedarf - eingestellt wurde. P1 hat bis zur Ausreise als XXXX und mit seinem nach wie vor in der Republik Usbekistan lebenden Bruder XXXX gearbeitet und P2 hat XXXX . P3 hat bis zur Ausreise in der Republik Usbekistan die russische Schule besucht. Die Antragsteller sind gesunde Männer im arbeitsfähigen Alter und es ihnen möglich und zumutbar, im Fall ihrer Rückkehr ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken.

4. P1 hat aktuell eine Freundin, die er vor zwei Jahren über das Internet kennengelernt hat, Staatsangehörige der Russischen Föderation ist und mit der P1 nicht standesamtlich, aber laut eigenen Angaben, nach moslemischem Ritus verheiratet ist. Die beiden leben Mangels Aufenthaltsberechtigung der russischen Freundin nicht im gemeinsamen Haushalt, aber die Freundin besucht P1 immer wieder mit einem Touristenvisum in Österreich. P2 wurde in der Republik Usbekistan geschieden und ist alleinstehend. P3 ist ein lediger, kinderloser Mann. Alle drei Antragsteller leben derzeit im gemeinsamen Haushalt. In Österreich leben seit 2004 der Bruder von P1 und P2, XXXX , dem im Jahr 2007 vom Bundesasylamt der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde und dessen Familie; allerdings nicht im selben Bundesland wie die Antragsteller. P1 und P2 haben bis dato keine Deutschprüfungen bestanden und sprechen kaum Deutsch. Sie verrichten ca. 20 Stunden pro Woche für fünf Euro pro Stunde Hilfsarbeiten (Garten und Reinigung) für die Gemeinde. P3 schließt in wenigen Tagen in der XXXX die XXXX Klasse der XXXX ab. Keiner der Antragsteller war je in der Lage den Lebensunterhalt in Österreich zu bestreiten; sie leben von der österreichischen Grundversorgung.

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Antragsteller wird festgestellt:

Allgemein

Die Republik Usbekistan hat eine Bevölkerung von insgesamt ca. 32 Millionen Einwohnern (Stand 2017); in der Hauptstadt Taschkent leben ca. 2,5 Millionen Einwohner (AA Überblick Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

Die Republik Usbekistan liegt im Herzen Zentralasiens (fr. Mittelasien zwischen Syr-Darja und Amu-Darja, den größten Flüssen dieser Gegend). Sie grenzt im Norden und Nordwesten an Kasachstan, im Nordosten an Kirgisistan, im Osten und Südosten an Tadschikistan, im Südwesten an Turkmenistan und im Süden an Afghanistan. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km². Das Land erstreckt sich über 930 km von Nord nach Süd und über 1 425 km von West nach Ost. Die Länge seiner Grenzen beträgt insgesamt 6 221 km (LIP Überblick Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

Das heutige Usbekistan befindet sich auf dem Gebiet, das eine jahrtausendalte Geschichte mit alten staatlichen Traditionen aufweist. In seiner heutigen Form ist Usbekistan erst in den 1920er Jahren als Sowjetrepublik entstanden. Hauptstadt von Usbekistan war zunächst Samarkand, 1930 abgelöst von Taschkent (LIP Geschichte und Staat Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

Das Land hat seit Dezember 2004 ein parlamentarisches Zwei-Kammer-System (Unterhaus sowie Senat). Die im Unterhaus (Oliy Majlis) vertretenen vier Parteien sind allesamt regierungsnah. Die Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 05.01.2015) statt. Andere als die vier bisher im Parlament vertretenen Systemparteien durften nicht antreten; die Umweltbewegung besetzt gemäß Verfassung 15 Sitze im 150 Mitglieder umfassenden Unterhaus, die im Rahmen eines Parteikongresses nominiert werden. Die feste Anzahl an Sitzen für die Umweltbewegung wird zu den kommenden Parlamentswahlen (Dezember 2019) aufgehoben; die Umweltbewegung wird dann als politische Partei antreten. Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Schawkat Mirsijojew offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirsijojew gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit rund 88 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimow am 02.09.2016 gestorben war. Mirsijojew hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

In der Republik Usbekistan konzentrieren sich die wichtigsten Machtbefugnisse in den Händen des Präsidenten, obwohl er weder Vorsitzender des Ministerkabinetts noch Chef der Exekutive ist. Das Ministerkabinett besteht gegenwärtig aus dem Ministerpräsidenten, einem Ersten Stellvertretenden und vier weiteren stellvertretenden Ministerpräsidenten sowie 20 Ministern. Des Weiteren gibt es zahlreiche Staatskomitees, die ebenfalls dem Ministerpräsidenten unterstehen (zurzeit 09). Umstrukturierungen finden sowohl innerhalb der Ministerien als auch bei den Staatskomitees häufig statt. Die Exekutive ist stark zentralisiert. Der Präsident ernennt direkt die Gebietsgouverneure (Hokime) der 12 Gebiete (Vilojate). Im politischen Alltag wird das Prinzip der Gewaltenteilung nicht eingehalten (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

1991 wurde Usbekistan unabhängig. 1992 wurde eine demokratische Verfassung einführt, die die Achtung der Menschrechte, Gewaltenteilung und anderes garantiert. Allerdings bleibt Usbekistan ein dysfunktionaler Staat, in dem Oppositionsparteien bis heute nicht zugelassen sind und wo die Versammlungs- und Meinungsfreiheit gar nicht existieren. Mit anderen Worten: nach der Unabhängigkeit konnte sich hier kein Staat nach dem OECD-Modell etablieren. Usbekistan ist heute eine autoritäre Präsidialrepublik, genauer gesagt eine Diktatur. Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung, Institutionen, Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, das aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden staatlicher Komitees und anderer staatlicher Organe besteht. Der Vorsitzende des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan gehört ebenfalls zum Ministerkabinett. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die Stellvertretenden Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist oberster Befehlshaber der Streitkräfte (LIP Geschichte und Staat Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

Separatistische Tendenzen waren in der Vergangenheit nur in der Autonomen Republik Karakalpakstan zu beobachten. Als sich der Zerfall der UdSSR ankündigte und rasch vollzog, plädierten auch einige Politiker in Karakalpakstan für eine Souveränität ihrer autonomen Region und forderten Unabhängigkeit - auch von Usbekistan. Aber Präsident Karimov machte sehr schnell klar, dass eine Abspaltung Karakalpakstan von Usbekistan nicht geduldet wird (LIP Geschichte und Staat Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

(AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, Überblick, Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistan/206788

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Überblick, letzte Aktualisierung Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.liportal.de/usbekistan/ueberblick

AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Geschichte und Staat letzte Aktualisierung Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat)

Andischan/Andidschan/Andijan ab 12.05.2005

Am 12./13.05.2005 erhob sich die Bevölkerung von Andischan im Fergana-Tal gegen die Politik der Regierung [Anmerkung: des damaligen] Präsidenten Karimow. Auslöser war ein Prozess gegen 23 lokale Geschäftsleute, deren Kleinbetriebe einige der raren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in der Region bieten. Sie wurden beschuldigt, Mitglieder einer Splittergruppe der islamischen Hisb-ut-Tahrir zu sein. Bei Demonstrationen gegen den Prozess wurden mehrere Teilnehmer von Sicherheitskräften verhaftet. Daraufhin stürmten Demonstranten das lokale Gefängnis und befreiten hunderte Gefangene. Die Regierung setzte am 13.05.2005 Sicherheitskräfte ein, die den Aufstand mit massivem Gewalteinsatz niederwarfen. Laut Regierungsangaben wurden 169 Menschen getötet, darunter 32 Sicherheitskräfte. Menschenrechtsorganisationen sprachen dagegen von 500 bis 1000 Toten unter den weitgehend unbewaffneten Demonstranten. Selbst einige Mitglieder der Regierungskommission sprachen in ihren späteren Interviews von "einer hohen Zahl von Opfern". In weiteren Städten im Fergana-Tal, so z.B. in Kara Suu an der kirgisischen Grenze, kam es ebenfalls zu Protesten oder Unruhen. Präsident Karimow beschuldigte wieder einmal international agierende islamistische Terroristen, den Aufstand organisiert zu haben, und lehnte eine von UN, EU und USA geforderte Untersuchung ab. Human Rights Watch bezeichnete im Juni 2005 die Vorgänge nach der ausführlichen Befragung von mehr als 50 Augenzeugen als "Massaker". Die Reaktion des Westens fiel recht unterschiedlich aus, auch innerhalb der damaligen Führung der USA und innerhalb der EU, wie folgende Berichte dies verdeutlichen:

"Zweifel an Wirksamkeit der EU-Sanktionen gegen Usbekistan" (Ende Oktober 2009 wurden die Sanktionen vollständig aufgehoben);

"In Bezug auf Andischan hat sich die Welt geteilt";

"Usbekistan: Ein Jahr nach Andischan";

"Usbekistan: Wir stehen ständig kurz vor einer Explosion".

Zehn Jahre nach Andischan: Rekonstruktion eines Massakers: In Usbekistan starben 2005 Hunderte bei einem Blutbad durch Regierungstruppen. In Kooperation mit CORRECT!V rekonstruiert die ZEIT das Massaker - mit Zeichnungen und einem Augenzeugen (LIP Geschichte und Staat Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

Amnesty International (AI) veröffentlicht nach den Vorfällen in Andischan am 20.09.2005 einen Bericht, aus dem folgende Zitate stammen: "Bis heute ist es unmöglich festzustellen, was sich am 12. und 13. Mai [2005] genau in Andischan zugetragen hat. Die Regierungsversion weicht markant von den Aussagen der direkt nach den Ereignissen in Andischan nach Kirgisistan geflüchteten Personen und anderer Augenzeugen ab. [...] Die Regierung hat große Anstrengungen unternommen, um zu verhindern, dass Informationen an die Außenwelt gelangen, die der amtlichen Version der Ereignisse widersprechen. Zu diesen Maßnahmen gehörte laut Berichten auch die Vernichtung von Aufzeichnungen und Dokumenten. Unbestätigten Berichten zufolge wurden die Leichname von Opfern aus der Stadt entfernt und heimlich an unbekannten Orten vergraben. Die Behörden schüchtern Zeugen ein, um sie davon abzuhalten, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Auch haben die Behörden internationalen Journalisten und Menschenrechtsverteidigern den Zugang zur Stadt verwehrt und unabhängige einheimische Journalisten und Menschenrechtler schikaniert, um sie daran zu hindern, über die Ereignisse in Andischan zu berichten. Einige Menschenrechtsverteidiger wurden wegen schwerer Straftaten angeklagt. [...] Amnesty International ist um die Sicherheit aller besorgt, die in Zusammenhang mit den Ereignissen in Andischan inhaftiert wurden. Diese Bedenken beruhen auf einem ausführlich dokumentierten Sündenregister der Regierung, die Menschenrechte im Namen der nationalen Sicherheit zu verletzen. Amnesty International geht davon aus, dass alle festgenommenen Personen ernste Gefahr laufen, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Auch ist Amnesty International der Ansicht, dass alle, denen Straftaten zur Last gelegt werden, gefährdet sind, Opfer eines Verfahrens zu werden, das den internationalen Normen für ein faires Verfahren Hohn spricht. Allen, denen Kapitalverbrechen zur Last gelegt werden, droht eine Verletzung des Rechts auf Leben, weil in diesen Fällen die Verhängung von Todesurteilen nach einem unfairen Prozess höchst wahrscheinlich ist. [...] Amnesty International hat nach dem 13. Mai [2005] Berichte von anhaltenden Hausdurchsuchungen und Massenfestnahmen (Nach der usbekischen Strafprozessordnung kann eine Person zur Vernehmung festgenommen werden, bevor gegen sie Anklage erhoben wird. Eine Person wird erst dann als "verhaftet" angesehen, wenn gegen sie förmlich Anklage erhoben wurde) in Andischan erhalten. Die Festnahmen waren keineswegs auf Menschen beschränkt, die verdächtig waren, an der Demonstration teilgenommen zu haben. Laut Berichten haben die Sicherheitsorgane auch Menschen als Zeugen festgenommen und üben Druck auf sie aus, während der kommenden Prozesse als Zeugen auszusagen (Am 31. August [2005] gab Präsident Karimow während einer Pressekonferenz bekannt, dass der erste Prozess in Zusammenhang mit den Ereignissen von Andischan am 20. September beginnen werde). Es wurden auch Menschen festgenommen, die mit Journalisten gesprochen haben oder nach ihren vermissten Angehörigen suchten. Amnesty International hat einen unbestätigten Bericht erhalten, dass eine Frau einen Tag nach ihrer Kontaktaufnahme zum IKRK festgenommen wurde, weil sie dessen Hilfe erbeten hatte, ihre vermissten Verwandten aufzufinden. Amnesty International hat auch eine Meldung erhalten, dass eine Ärztin zum Verhör festgenommen wurde, nachdem sie mit fürs Ausland berichtenden Journalisten über die Zahl der Leichen gesprochen hatte, die sie in der provisorischen Leichenhalle gesehen hatte. Die Ärztin gibt an, dass sie zuerst drei Tage lang ohne Anwalt in der Staatsanwaltschaft verhört wurde. Nach dieser Erstvernahme engagierte sie einen Anwalt von der Amerikanischen Anwältevereinigung (American Association of Lawyers). Nachdem der Anwalt sich bereit erklärt hatte, ihren Fall zu übernehmen, wurde er nach ihren Angaben jedoch von Vertretern der Polizeibehörde (MVD) der Region festgenommen und eingeschüchtert. Er wurde im Laufe desselben Tags wieder freigelassen, gab ihr jedoch zu verstehen, dass er sie nicht mehr verteidigen könne. Laut Berichten haben die Behörden gegen die Ärztin Anklage wegen Diebstahls und Vernichtung staatlicher Urkunden erhoben (Artikel 227 des usbekischen Strafgesetzbuchs) und ihren Pass beschlagnahmt [...] Dem Gewaltausbruch in Andischan folgte eine umfassende Verhaftungswelle in der ganzen Stadt. Am 18.07.2005 gab der Staatsanwalt der Region Andischan bekannt, dass in Zusammenhang mit den Ereignissen in Andischan gegen 155 Männer und Frauen Anklage wegen Straftaten erhoben worden sei. Am 05.09.2005 gab der Generalstaatsanwalt bekannt, dass die Strafermittlungen gegen 15 Personen abgeschlossen und die Akten den Gerichten übergeben worden seien. Er teilte auch mit, dass sich die Ermittlungen gegen weitere 106 Angeklagte in der Schlussphase befänden. Die Anklagepunkte gegen sie umfassen Terrorismus, Mord, Bildung einer kriminellen Vereinigung, versuchter Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung, Organisierung von Massenunruhen, Geiselnahme und illegaler Schusswaffenbesitz (Artikel 155, 97, 242, 159, 244, 245 und 247 usbekisches Strafgesetzbuch). Für Terrorismus und vorsätzlichen Mord unter erschwerenden Umständen kann in Usbekistan die Todesstrafe verhängt werden. Aufgrund der eingegangenen Berichte und der jahrelangen Beobachtung der Menschenrechtslage in Usbekistan, auch bezüglich Personen, die im Namen der nationalen Sicherheit und der Bekämpfung des Terrorismus angeklagt wurden, geht Amnesty International davon aus, dass alle, die in Zusammenhang mit den Ereignissen in Andischan verhaftet wurden, ernste Gefahr laufen, misshandelt oder gefoltert zu werden. Amnesty International ist der Überzeugung, dass alle, denen Straftaten vorgeworfen werden, zudem ernsthaft damit rechnen müssen, in einem Verfahren verurteilt zu werden, dass die internationalen Normen für einen fairen Prozess verletzt. Diejenigen, denen Kapitalverbrechen zur Last gelegt werden, haben eine Verletzung ihres Rechts auf Leben zu befürchten, da die Verhängung der Todesstrafe nach einem unfairen Prozess wahrscheinlich ist. Die Befürchtungen von Amnesty International stützen sich auf gut belegte, im Namen der nationalen Sicherheit bislang verübte Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan. [...] Amnesty International ist äußerst beunruhigt, dass Menschen, gegen die in Zusammenhang mit den Ereignissen in Andischan Anklage erhoben wird, denselben Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind bzw. sein dürften, die auch nach den Morden von Namangan im Jahr 1997, den Bombenanschlägen in Taschkent von 1999, den bewaffneten Einfällen der IBU im Jahr 2000 und den Explosionen und Selbstmordanschlägen in Taschkent und Buchara im Jahr 2004 zu verzeichnen waren. Weder informieren die Behörden die Angehörigen der Festgenommenen regelmäßig über deren Festnahme und Haftort, noch erlauben sie den Gefangenen, dies selbst zu tun. Laut Berichten wurden mehrere tausend Menschen in Zusammenhang mit den Ereignissen von Andischan festgenommen (Nach der usbekischen Strafprozessordnung kann jemand vor der Anklageerhebung zu Verhörzwecken festgenommen werden. Eine Person gilt erst dann als "verhaftet", wenn gegen sie förmlich Anklage erhoben wurde.). Amnesty International hat Berichte erhalten, wonach die Polizei nicht nur Personen festgenommen hat, gegen die begründeter Verdacht der Begehung einer Straftat bestand, sondern auch Zeugen, Menschen, die verdächtigt wurden, mit Journalisten gesprochen zu haben, sowie Angehörige von Vermissten und von nach Kirgisistan geflohenen Flüchtlingen. Amnesty International ist besorgt, dass viele Menschen in Widerspruch zu Artikel 9 des IPbpR möglicherweise willkürlich inhaftiert wurden, insofern als sie ohne begründeten Verdacht, eine erkennbare Straftat begangen zu haben, festgenommen wurden. Auch ist es beunruhigend, dass kein Verfahren existiert, mit dem sie die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung vor Gericht anfechten könnten. Einige von ihnen wurden in über längere Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Vielen Gefangenen wurde ein rascher Zugang zu einem Anwalt, Kontakt zu ihren Verwandten oder medizinische Hilfe verweigert. Es gab auch Berichte, dass die Tatverdächtigen, die direkt nach den Ereignissen von Andischan ins Krankenhaus eingewiesen wurden, keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand erhielten und auch keinen Besuch von ihren Verwandten empfangen durften. Im April 2005 forderte das UN-Menschenrechtskomitee die Regierung auf, dafür zu sorgen, dass die Rechtmäßigkeit aller Formen der Haft von einem Richter kontrolliert wird, und sicherzustellen, dass alle Festgenommenen ab dem Moment der Festnahme Zugang zu einem Rechtsanwalt haben. Amnesty International hat auch Berichte erhalten, dass viele Personen unter dem Vorwand angeblicher Beteiligung an vandalösen Akten oder tätlichen Auseinandersetzungen ohne Bezug zu den Ereignissen in Andischan in Haft genommen und zu mehrtägigem Verwaltungsarrest verurteilt wurden. In Haft wurden sie dann aber über die Ereignisse in Andischan vernommen. Ein Einwohner von Andischan berichtete Amnesty International, dass er im Juni 10 Tage in Haft gehalten wurde. Am dritten Tag seiner Haft wurde er zusammen mit 10 weiteren Personen vor ein Verwaltungsgericht gestellt. Die örtlichen Gefängnisse waren laut Berichten so mit Gefangenen überfüllt, dass viele ihren Verwaltungsarrest in anderen Regionen wie Ferghana und Namangan verbüßen mussten."

In einem Bericht vom Mai 2008 schreibt Human Rights Watch (HRW), dass zwischen September 2005 und Juli 2006 mindestens 303 Menschen in 22 Verhandlungen, von denen nur eine öffentlich zugänglich gewesen sei, zu langen Haftstrafen verurteilt worden seien. Aber auch aus der Haft entlassene Personen würden regelmäßig verhört, mit Strafverfolgung bedroht und gezwungen, andere Teilnehmer oder Zeugen der Ereignisse zu finden. Auch Rückkehrer würden permanent überwacht und gezwungen, Zeugenaussagen und Geständnisse zu unterschreiben, die die Version der Regierung stützen. Manche seien auch zu einem öffentlichen Eingeständnis ihrer "Fehler", an der Demonstration teilzunehmen und zu flüchten, gezwungen worden. Nach Angaben von Flüchtlingen aus Usbekistan seien etwa im Sommer 2006 die Prozesse der unmittelbar nach dem Massaker festgenommenen Personen abgeschlossen gewesen und die Behörden hätten die Jagd auf jene Personen begonnen, die sie der Teilnahme an den Ereignissen verdächtigten, die aber bisher der Verfolgung entkommen seien. Viele der Betroffenen seien Rückkehrer aus Kirgisistan gewesen, denen man versprochen habe, sie nicht zu verfolgen. Tatsächlich seien sie aber mehr als ein Jahr nach dem Massaker festgenommen worden. Sie würden von Folter, Misshandlung, Drohungen, fingierter Strafverfolgung, erzwungenen Geständnissen und nichtöffentlichen Verhandlungen in den Jahren 2006 und 2007 berichten.

Im Dezember 2008 veröffentlicht Human Rights Watch HRW einen Bericht über Andischan, der unter anderem folgende Informationen enthält: Die Regierung Usbekistans weigere sich strikt, die Umstände des Massakers aufzuklären oder die für die Täter zur Verantwortungen zu ziehen und übe stattdessen Druck auf alle aus, die die Wahrheit über die Geschehnisse wüssten. Mehrere hundert Personen, die 2005 und 2006 in nichtöffentlichen Verhandlungen verurteilt worden seien, würden wahrscheinlich lange Haftstrafen absolvieren müssen. Die Regierung verfolge Personen mit mutmaßlicher Verbindung zu den Ereignissen oder Informationen über selbige, vor allem Verwandte von Personen, die geflüchtet seien, sowie Personen, die geflüchtet und nach Andischan zurückgekehrt seien. Diese würden unter intensivem Druck der Regierung leben, sie würden verhört und ständig überwacht, geächtet und in mindestens einem Fall mit dem Tod bedroht.

HRW schreibt in seinem Menschenrechtsbericht 2009, die usbekische Regierung habe eine unabhängige Klärung des Massakers von Andischan 2005 weiterhin abgelehnt und setze die Verfolgung aller Personen fort, die sie verdächtige, in irgendeinem Zusammenhang zu den Ereignissen in Andischan zu stehen oder über Informationen über die Ereignisse zu verfügen (Accord 06.02.2009).

1999 wurde in der Republik Usbekistan ein Gesetz zur Arbeit von NGOs verabschiedet. Von den etwa 500 (Stand 2004) registrierten Organisationen im Land, sind etwa 10% tatsächlich aktiv. Sie sind in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig. Nach den Ereignissen in Andischan setzte eine Welle von "freiwilligen" Schließungen der NGOs ein. Zahlreiche ausländische NGOs mussten das Land verlassen. Nun kehren erste ausländische Organisationen zurück (LIP Geschichte und Staat Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

(Accord, Anfragebeantwortung Usbekistan, Verhaftungen in Andischan 2005, Zahl a-6555, 06.02.2009, https://www.ecoi.net/de/dokument/1274330.html

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Geschichte und Staat letzte Aktualisierung Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat)

Sicherheitslage

Trotz der insgesamt ruhigen Lage in der Republik Usbekistan ist weiterhin von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren. Die Bedrohung richtet sich bislang nicht gegen den Tourismus im Lande. Es wird dennoch empfohlen, sich bei Reisen in die Republik Usbekistan umsichtig zu verhalten. Generell wird in allen usbekischen Grenzgebieten zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten. Von nicht notwendigen Reisen in Grenznähe, mit Ausnahme der offiziellen Grenzübergänge, wird abgeraten. In den grenznahen Gebieten des Fergana-Tals zu Kirgisistan und Tadschikistan herrscht Minengefahr. Auch bei einem versehentlichen Überschreiten der grünen Grenze aus den Nachbarstaaten nach Usbekistan oder einem Betreten eines nicht immer kenntlich gemachten Sperrgebiets ist mit konsequenter Strafverfolgung durch die Behörden zu rechnen. Es ist nicht ratsam, sich ohne ortskundige Begleitung in unbekanntem Gelände zu bewegen (AA Reise- und Sicherheitshinweise Stand 05.06.2019).

Der Vorsitzende des Dienstes für staatliche Sicherheit, Ichtijor Abdullojew, und der Vorsitzende des Staatskomitees für nationale Sicherheit Tadschikistans, Sajmumin Jatimow, erörterten bei einem Treffen am 12.06.2018 in Duschanbe Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus und internationale Verbrechen und unterzeichneten eine Vereinbarung über eine Zusammenarbeit. Am 20.06.2018 empfing Außenminister Kamilow den Berater des afghanischen Präsidenten für Fragen der nationalen Sicherheit, Mohammad Hanif Atmar, zu Gesprächen über die aktuelle Lage in Afghanistan und Fragen der bilateralen Zusammenarbeit (ZA 29.06.2018).

Am 25.06.2018 nahmen in Taschkent sechs aus Mitarbeitern des Innenministeriums, des Komitees für staatliche Sicherheit und des Staatlichen Zollkomitees neu gebildete mobile Gruppen die Arbeit auf. Sie sollen an der Grenze zu Afghanistan im Kampf gegen Drogenhändler eingesetzt werden (ZA 27.07.2018).

Am 23.07.2018 fand in Taschkent eine Sitzung der Arbeitsgruppe Sicherheit im C5+1 Format (USA + die fünf zentralasiatischen Staaten) statt, bei der Fragen der Zusammenarbeit bei der Sicherung der Grenzen und im Kampf gegen Extremismus diskutiert werden (ZA 28.09.2018).

Am 01.11.2018, während der 6. Internationalen Konferenz der Regionalen Antiterrorstruktur (RATS) der SCO in Taschkent, gibt der Direktor des Exekutivkomitees der RATS, Jewgenij Sysojew, bekannt, dass die Sicherheitsdienste der SCO-Mitgliedsstaaten 2017 mehr als 50 Terrorzellen ausgehoben und 360 Nutzer von terroristischen und religiös-extremistischen Internetgruppen verhaftet haben (ZA 30.11.2018).

Der staatliche Fernsehsender Uzbekistan 24 berichtet am 25.12.2018, dass Präsident Mirsijojew bei einem Treffen mit Vertretern des Staatlichen Sicherheitsdienstes dazu aufgerufen habe, der Resozialisierung von Unterstützern religiös extremistischer Organisationen mehr Aufmerksamkeit zu widmen (ZA 22.02.2019).

Die Lage im Land ist ruhig. Es ist weiterhin von einer latenten Gefährdungslage durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (LIP Alltag Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

Am 11.02.2019 wurde der Vorsitzende des Dienstes für staatliche Sicherheit (SGB), Ichtijor Abdullajew, aus gesundheitlichen Gründen seines Amtes enthoben. Nachfolger wird der bisherige Verteidigungsminister Abdusalom Asisow, dessen Amt sein bisheriger Stellvertreter Bachodir Kurbanow übernimmt. Der usbekische Dienst von RFE/RL meldet unter Berufung auf Insider, dass ein polizeiliches Ermittlungsverfahren gegen Abdullajew laufe. In der Vorwoche war bereits bekannt geworden, dass Strafverfahren wegen Korruption gegen eine Reihe hochrangiger Mitglieder des SGB laufen (ZA 22.02.2019).

Es besteht ein Hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) für die Grenzregionen zu Afghanistan und die Grenzgebiete zu Tadschikistan und Kirgisistan. Von nicht unbedingt notwendigen Reisen in diese Gebiete wird abgeraten. Für Surchandarja einschließlich Termez im Südosten des Landes ist eine gesonderte Registrierung erforderlich, bei Verschärfung der Sicherheitssituation muss mit einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit gerechnet werden. In den grenznahen Gebieten des Ferghana-Tals zu Kirgisistan und Tadschikistan herrscht Minengefahr. Von Reisen in das Ferghana-Tal wird abgeraten. Erhöhtes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 2) besteht im Rest des Landes. Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen. Mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen ist insbesondere in Taschkent, Buchara und Samarkand zu rechnen. Es wird insgesamt zu erhöhter Vorsicht und Wachsamkeit geraten. Demonstrationen jeder Art sollten generell gemieden werden. In Taschkent sollten keine wertvollen Gegenstände oder größere Geldbeträge mitgeführt und nachts keine Fußwege unternommen werden. Überlandfahrten in der Nacht sollten vermieden werden. Dokumente sollten fotokopiert werden, obwohl manchmal die Vorlage des Original-Reisepasses erforderlich sein kann (BMEIA Stand 05.06.2019).

(AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 27.03.2019, Stand 05.06.2019, hhttps://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Alltag, letzte Aktualisierung Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.liportal.de/usbekistan/alltag

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 126, 29.06.2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen126.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 127-128, 27.07.2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen127-128.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 129, 28.09.2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen129.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 131, 30.11.2018, www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen131.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 133, 22.02.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen133.pdf

BMEIA, Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Reiseinformation Usbekistan, Sicherheit und Kriminalität, unverändert gültig seit 28.02.2019, Stand 05.06.2019, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan)

Justiz

Der Präsident ernennt und entlässt die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts (LIP Geschichte und Staat Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019).

Laut Verfassung der Republik Usbekistan ist die Gerichtsbarkeit von der Exekutive getrennt und unabhängig. Tatsächlich ist sie jedoch hochgradig korrupt und der Exekutive "unterworfen". Das gilt sowohl für die Strafgerichte (die nach dem Strafgesetzbuch entscheiden), als auch für die Zivilgerichte (die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch entscheiden). Zusätzlich sieht sich die Justiz mit erheblichen Qualitätsmängeln konfrontiert. Anwälte zögern meist politisch heikle Fälle zu übernehmen und vertreten Staatsbürger nicht, wenn sie Beschwerden gegen staatliche Strukturen oder wegen Machtmissbrauchs von Staatsbediensteten einbringen. Obwohl Bürgerrechte in der Verfassung garantiert sind, werden diese stark eingeschränkt und deren Einhaltung von Strafverfolgungsbehörden und der Justiz unzureichend gesichert (BTI 2018).

Eine Reform des Strafrechts im Jahre 2007 und des Strafprozessrechts 2009 führte unter anderem zu einer Reduzierung der zum Teil drastischen Gefängnisstrafen für eine Reihe von Straftaten (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

Die Justiz in der Republik Usbekistan untersteht dem Präsidenten. Im Jahr 2017 wurden jedoch eine Reihe von Justizreformen nach Verfassungs-und Gesetzesänderungen verabschiedet, die unter anderem zur Schaffung von spezifischer Amtszeiten für Richter führten, sowie zur Einrichtung eines Obersten Richterrates zwecks Überwachung von Ernennungen und Disziplinarmaßnahmen. Dieser Rat, dessen Vorsitzender auf Vorschlag des Präsidenten und mit Zustimmung des Senates ernannt wird, ersetzt eine Kommission, welche direkt dem Präsidenten unterstellt war. Im September 2018 richtete der Oberste Gerichtshof eine interaktive Website ein, die der Bevölkerung Zugang zum Rechtssystem und Zugriff auf Gerichtsdokumente und Entscheidungen ermöglicht, sowie Nutzer die Möglichkeit gibt Videos von Gerichtsverfahren zu "streamen". Dennoch sind die Verfahrensrechte extrem schwach. Die Anwaltskammer, eine Regulierungsstelle mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Vehikel der staatlichen Kontrolle über den Juristenberuf. Die 2017 beschlossenen Justizreformen geben nunmehr Richtern, statt bisher Staatsanwälten, die Befugnis, bestimmte Ermittlungsschritte, wie Exhumierungen und einige Formen der Überwachung, zu genehmigen (FH 04.02.2019).

Laut Gesetz muss ein Richter jeden Festnahmeauftrag eines Beschuldigten oder Verdächtigen überprüfen. In den meisten Fällen genehmigen Richter Festnahmeaufträge. Ab dem Zeitpunkt der Festnahme haben Angeklagte gesetzlichen Anspruch auf Rechtsbeistand. Für diejenigen, die keinen Rechtsanwalt beauftragen, gibt es vom Staat zur Verfügung gestellte Anwälte (USDOS 13.03.2019).

Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine ambitionierte Handlungsstrategie 2017 bis 2021, die unter anderem Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

Am 13.04.2018 unterzeichnete Präsident Mirsijojew ein Dekret über Maßnahmen zur radikalen Verbesserung der Arbeit der Justiz und der Implementierung der staatlichen Rechtspolitik. Der ehemalige Geheimdienstchef und jetzige Berater der Präsidenten Inojatow wurde gemeinsam mit Premier Aripow und Justizminister Ruslanbek Dawletow mit der Beaufsichtigung der Reformen im Justizsystem beauftragt (ZA 27.04.2018).

Im Juli 2018 beschloss die EU, ein erweitertes Partnerschafts-und Kooperationsabkommen mit Usbekistan auszuhandeln, das die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit der EU verbessern soll. Das geplante Abkommen soll auch Fragen wie Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Menschenrechte umfassen (HRW 17.01.2019).

Am 16.03.2019 wird mit einem Dekret Präsident Mirsijojews die Zahl der Stellen im Strafverfolgungssystem Usbekistans erheblich verringert, im ganzen Land sollen fast 1.200 Staatsanwälte und zwei stellvertretende Generalstaatsanwälte entlassen werden. Durch eine Amnestie Präsident Mirsijojews am 20.03.2019 können 30 Häftlinge das Gefängnis verlassen, 13 wird die Haftzeit verkürzt. 23 der Betroffenen saßen wegen Tätigkeit für eine verbotene Organisation ein (ZA 26.04.2019).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, dennoch gibt es einige Fälle, in denen die Justiz nicht völlig unabhängig und unparteilich agiert. Obwohl die Verfassung die Unabhängigkeit der Justiz vorsieht, berichteten Mitgliedern der Justiz von Urteilen, deren Inhalte vom Büro der Generalstaatsanwaltschaft oder anderen Strafverfolgungsbehörden erwünscht waren. Dies war zum Teil einem Richtermangel und der hohen Aktenbelastung geschuldet. Die Regierung reagierte darauf mit einer Erhöhung der Zahl der Studenten der Rechtswissenschaften. Gemäß der geänderten §§ 63, 63 Abs. 1 und Abs. 2 welche im April 2017 in Kraft getreten sind, werden Richter vom neu eingerichteten Obersten Richterrat, vorbehaltlich der Zustimmung des Senates, ernannt. Lebenslange Bestellungen sind dadurch möglich geworden. Ein Richter soll nach einem festgelegten Verfahren vorab für eine fünfjährige, danach für eine reguläre zehnjährige und in weiterer Folge für eine unbefristete Amtszeit ernannt oder gewählt werden (USDOS 13.03.2019).

(LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Geschichte und Staat letzte Aktualisierung Februar 2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat

HRW, Human Rights Watch World Report 2018, Uzbekistan, 17.01.2019, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/uzbekistan

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 124, 27.04.2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen124.pdf

BTI, Bertelsmann Stiftung, Uzbekistan Country Report 2018, http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/uzb/ity/2018/itr/pse/

FH, Freedom House, Freedom in the World 2019, Usbekistan, 04.02.2019, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/uzbekistan

AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289264.htm

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 134, 26.04.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen134.pdf)

Sicherheitsbehörden

Die Regierung ermächtigt drei verschiedene Einheiten kriminelle Aktivitäten zu untersuchen. Das Innenministerium kontrolliert die Polizei, die für die Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die Untersuchung von Verbrechen im Allgemeinen zuständig ist. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewaltverbrechen wie Mord sowie Korruption durch Beamte und Machtmissbrauch. Der nationale Sicherheitsdienst unter der Leitung eines Vorsitzenden, der direkt dem Präsidenten berichtet, befasst sich mit nationalen Sicherheits- und Geheimdienstangelegenheiten, dazu gehören Probleme in Zusammenhang mit Terrorismus, Korruption, organisierter Kriminalität, Grenzschutz und Drogen. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Das Innenministerium ist offiziell mit Ermittlungen und Verhängung Disziplinarmaßnahmen bei Behördenmitarbeitern beauftragt, die beschuldigt werden Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben (USDOS 13.03.2019).

(USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289264.htm)

Folter/unmenschliche Behandlung

Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

Präsident Schawkat Mirsijaew bestätigte Gesetzesänderungen, darunter die Verkürzung der Untersuchungshaft von zwölf auf sieben Monate und der Dauer der vorläufigen Festnahme durch die Polizei von 72 auf 48 Stunden (RFE 30.03.2017).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, schlagen Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitsbeamte routinemäßig und misshandeln Häftlinge auf andere Art, um Geständnisse und belastende Informationen zu erhalten, oder um sich durch Korruption zu bereichern. Zu den gemeldeten Missbrauchsmethoden zählen harte Schläge, die Verweigerung von Lebensmitteln oder Benutzung einer Toilette, sowie das Fesseln der Hände. Im März 2017 erließ die Regierung Regeln für das Verhalten von Strafverfolgungsbehördenmitarbeitern und sprach das Thema Folter an. In § 8 des reformierten Polizeigesetzes heißt es, dass die Mitarbeiter der Behörde für Innere Angelegenheiten keine Folter, Gewalt, oder andere grausame oder erniedrigende Behandlungen anwenden dürfen. Die Mitarbeiter der Behörden für inneren Angelegenheiten haben die Pflicht vorsätzliche Handlungen die Schmerzen, körperliches oder moralisches Leiden von Staatsbürgern verursachen, zu verhindern. Im November 2017 hat dieses Gesetz die Verwendung von Beweismitteln, die durch Folter in Gerichtsverfahren gewonnen werden, verboten (USDOS 13.03.2019).

(AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826

RFE/RL, Radio Free Europe/Radio Liberty, Präsident Schawkat Mirsijaew bestätigt Gesetzesänderungen, 30.03.3017, https://www.rferl.org/a/uzbekistan-mirziyaev-softening-punishment-crimes-legislation/28400115.html

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289264.htm)

Religion

Die Verfassung sieht die Religions- und Glaubensfreiheit vor, sowie die Trennung von Staat und Religion (USDOS 29.05.2018).

Usbekistan versteht sich als weltlicher Staat mit strikter Trennung von Staat und Religion. Der Islam ist zahlenmäßig stärkste Religion (90 Prozent Sunniten). Die Regierung versucht, unabhängige islamisch-religiöse Bewegungen im Lande zu kontrollieren (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 05.06.2019).

Die Regierung verbietet die Förderung von religiösem Extremismus, Separatismus und Fundamentalismus sowie die Anstiftung zu ethnischem und religiösem Hass (USDOS 13.03.2019).

Ca. 89% der usbekischen Bevölkerung sind Muslime (meist sunnitischer Islam, örtlich schiitische Minderheiten). Nach der Unabhängigkeit sind überall neue Moscheen, Koranschulen und islamische Zentren in großer Menge entstanden, sie wurden zum Teil aus dem islamischen Ausland finanziert. Die neue geistliche Verwaltung der Muslime Usbekistans steht unter staatlicher Aufsicht. Der Islam is

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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