TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/30 96/19/3651

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Veröffentlicht am 30.01.1998
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des 1962 geborenen TM in U, vertreten durch Mag. Dr. Franz Hafner und Dr. Karl Bergthaler, Rechtsanwälte in 4813 Altmünster, Marktstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1996, Zl. 120.516/2-III/11/96, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Dezember 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) und gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 7 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung des Versagungsgrundes nach § 6 Abs. 2 AufG aus, der Beschwerdeführer habe sich - wie aus seinen eigenen Angaben am Antragsformular ersichtlich sei - im Zeitpunkt der Antragseinbringung im Bundesgebiet aufgehalten.

Ein vom Beschwerdeführer eingebrachter Asylantrag sei mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. November 1994 abgewiesen worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Dieser Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 4. Jänner 1995 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis vom 7. November 1995 sei diese Beschwerde als unbegründet "zurückgewiesen" worden. Der gegenständliche Antrag sei daher als Erstantrag zu qualifizieren.

In Ansehung des Versagungsgrundes nach § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG 1992 vertrat die belangte Behörde - zusammengefaßt - die Auffassung, der Beschwerdeführer sei unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist. Der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG 1992 liege vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen in Österreich. Den öffentlichen Interessen sei gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers Priorität einzuräumen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 6 Abs. 2 AufG lautete auszugsweise:

"§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls ..."

Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, er habe sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Inland aufgehalten, ebensowenig entgegen, wie den Feststellungen zum Gang seines Asylverfahrens.

Demnach war das Asylverfahren des Beschwerdeführers durch die (nach der Aktenlage am 17. November 1994 erfolgte) Zustellung des Bescheides vom 14. November 1994 im Zeitpunkt seiner Antragstellung am 15. Dezember 1994 rechtskräftig abgeschlossen. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Jänner 1995 wirkte "ex nunc" und änderte an der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nichts. Für den Beschwerdeführer galt daher der Grundsatz, daß der abgewiesene Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666).

Im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich bei dem in § 6 Abs. 2 AufG umschriebenen Erfordernis nicht bloß um eine verfahrensrechtliche Formvorschrift, sondern um eine Erfolgsvoraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010).

Der Beschwerdeführer verweist auf seine privaten Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK und bringt vor, er sei seit seiner Einreise durch verschiedene selbständige und unselbständige Tätigkeiten durchgehend für seinen Unterhalt aufgekommen. Er habe dadurch auch eine Vielzahl von geschäftlichen und persönlichen Beziehungen zu in Österreich aufhältigen Personen angeknüpft. Schon allein aufgrund seiner Tätigkeit als Gastronom sei er als Arbeitgeber mehrerer Beschäftigter, sowie als Steuerzahler und Kreditnehmer voll in das Geschäftsleben eingegliedert.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 bereits auf die privaten (und familiären) Interessen von Personen, die sich während ihres Asylverfahrens im Inland aufhielten, Bedacht genommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0738). Die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG vorgenommene Einschränkung des Rechtes solcher Fremder zur Inlandsantragstellung nur auf den Fall des Verlustes des Asyls widerspricht aus folgenden Erwägungen nicht dem Art. 8 MRK:

Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) ersichtliche Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, sowohl abgewiesene Asylwerber (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0396) als auch Asylwerber während der Dauer ihres Asylverfahrens in Ansehung ihrer privaten Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt. Eine Einschränkung eines gedachten durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung persönlicher Interessen im Inland durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG wäre - ebenfalls aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0593).

Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er ungeachtet der Abweisung seines Asylantrages in seinem Heimatstaat mit Verfolgungshandlungen zu rechnen hätte, so ist ihm zu entgegnen, daß dieser Umstand nicht zu einer Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trotz Vorliegens des Versagungsgrundes nach § 6 Abs. 2 AufG zu führen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zlen. 96/19/3402, AW 96/19/1873). Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gründe hätten bei der Entscheidung über die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 AsylG 1991 von Bedeutung sein können oder aber - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 FrG 1992 - mit einem Antrag gemäß § 36 Abs. 2 oder § 54 FrG 1992 geltend gemacht werden können.

Da die Versagung der Bewilligung durch die belangte Behörde aus dem Grunde des § 6 Abs. 2 AufG nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, war auf das Beschwerdevorbringen zu dem alternativ gebrauchten Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG 1992 nicht einzugehen.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen wird, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996193651.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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