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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 idF 1995/351 §2 Abs3 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des 1971 geborenen BL in Wien, vertreten durch
Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien,
Graben 27-28/2/19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1996, Zl. 305.236/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über einen am 2. März 1993 ausgestellten Wiedereinreisesichtvermerk mit Geltungsdauer bis 2. März 1995. Er beantragte am 3. Februar 1995 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Mai 1995 mangels eines gesicherten Lebensunterhaltes für die Geltungsdauer der Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am 6. Juni 1995.
Am 11. August 1995 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 31. Oktober 1995 geschieden. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1996 wurde der Antrag vom 11. August 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sich (nach dem durch die Zustellung des Bescheides vom 22. Mai 1995 am 6. Juni 1995 bewirkten) Ablauf seiner Aufenthaltsberechtigung weiterhin unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten. Dies rechtfertige die Annahme, sein weiterer Aufenthalt aufgrund der zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Zwar bestünden durch den Aufenthalt seiner "Ex-Gattin" im Bundesgebiet unabsprechbare private und familiäre Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich. Im Hinblick auf die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers verstoße die Versagung der Bewilligung jedoch nicht gegen Art. 8 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. ..."
Aufgrund des Datums der Zustellung des angefochtenen Bescheides (29. Februar 1996) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, maßgebend. § 4 Z. 2 und 4 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Der Beschwerdeführer bringt vor, er lebe seit sechs Jahren in Österreich und sei sozial vollkommen integriert. In Österreich lebe auch seine geschiedene Gattin, die österreichische Staatsbürgerin sei. Der Beschwerdeführer habe rechtzeitig vor Ablauf seiner letzten Berechtigung zum Aufenthalt am 2. März 1995 einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften eingebracht. Er verfüge auch - entgegen der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde - über ausreichendes Einkommen. Er habe überdies am 14. Juli 1997 neuerlich eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet.
Dieser Argumentation ist zunächst entgegenzuhalten, daß der (rechtzeitig gestellte) Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Februar 1995 mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Mai 1995 abgewiesen wurde. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist der nach rechtskräftiger Abweisung dieses Antrages gestellte neuerliche Antrag des Beschwerdeführers vom 11. August 1995.
Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, er habe sich auch nach Erlassung des Bescheides vom 22. Mai 1995 weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, nicht entgegen.
Ein länger dauernder Aufenthalt eines Fremden im Anschluß an die rechtskräftige Abweisung seines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages rechtfertigt grundsätzlich die Annahme, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 1997, Zl. 95/19/0876). Eine Ausnahme erfährt dieser Grundsatz dann, wenn es sich um einen Fremden handelt, der ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung seines Verlängerungsantrages zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/2066). Dies ist jedoch beim Beschwerdeführer nicht der Fall. Unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, fällt er deshalb nicht, weil er - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nicht Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin war (vgl. zur Maßgeblichkeit des Entscheidungszeitpunktes für das Vorliegen der Angehörigeneigenschaft das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475). Die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 4 dieser Verordnung kann der Beschwerdeführer deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Unter "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung ist die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im Aufenthaltsgesetz "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG.
§ 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. Die für den Beschwerdeführer ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerke gehören nicht dazu (vgl. das zur gleichlautenden Bestimmung des § 3 Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zl. 96/19/1324). Die Auffassung der belangten Behörde, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 sei verwirklicht, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Insoweit der Beschwerdeführer - offenbar unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK - auf seine persönlichen Interessen im Bundesgebiet verweist, vermag dies seiner Beschwerde aus nachstehenden Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen:
Bei der Entscheidung über seinen rechtzeitig gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften waren die gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers bereits zu beachten. Art. 8 MRK steht daher der Versagung der Erteilung einer neuerlichen Bewilligung an einen Fremden, der sich nach rechtskräftiger Abweisung eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages weiterhin im Bundesgebiet unrechtmäßig aufhält, nicht entgegen.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine am 14. Juli 1997 abermals mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe vermag der Beschwerde auch schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sachlage im Zeitpunkt seiner Erlassung (Bescheidzustellung am 29. Februar 1996) zu überprüfen hatte.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996191030.X00Im RIS seit
02.05.2001