TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/30 96/19/1049

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Veröffentlicht am 30.01.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §2 Abs3 Z4;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §4 Z4;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §5;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde der 1945 geborenen NW in Wien, vertreten durch die zur Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwältin Dr. Eva Vorholz in 1010 Wien, Bäckerstraße 1/3/12, diese vertreten durch Dr. Ingrid Weisz, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Getreidemarkt 18, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Februar 1996, Zl. 305.019/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 11. Februar 1994 und am 20. September 1995 Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Diese Anträge langten bei der erstinstanzlichen Behörde am 14. Februar 1994 bzw. am 26. September 1995 ein. Sie wurden mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. November 1995 gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG 1992) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 1 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes 1992 vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 sei dies dann der Fall, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Gegen die Beschwerdeführerin sei aufgrund einer Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 92 Abs. 1 StGB (Quälen einer Unmündigen) am 23. August 1990 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen worden. Die Vollstreckung dieses Aufenthaltsverbotes sei zweimal aufgeschoben worden. Der letzte Vollstreckungsaufschub habe am 31. Dezember 1992 geendet. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Beschwerdeführerin das Bundesgebiet zu verlassen gehabt. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. Februar 1994 sei mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 1994 abgewiesen worden. Dennoch habe sich die Beschwerdeführerin weiterhin bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Österreich aufgehalten. Dieses Verhalten rechtfertige die Annahme, ihr weiterer Aufenthalt aufgrund der zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 gefährden. Die Beschwerdeführerin habe sich vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes langjährig in Österreich aufgehalten. Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn seien im Bundesgebiet aufhältig. Der Eingriff in die dadurch begründeten familiären Interessen der Beschwerdeführerin in Österreich sei jedoch im Interesse der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte vor Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof über dessen Aufforderung die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

§ 20 Abs. 2 FrG 1992 lautete:

"(2) Ein Aufenthaltsverbot darf außerdem nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre auf § 18 Abs. 2 Z 1 zu gründen, weil der Fremde wegen einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verurteilt worden ist."

§ 4 Z. 2 und 4 der im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (28. Februar 1996) für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, lautete:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,

...

4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

Die Beschwerdeführerin rügt unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, ihr zu dem von ihr erstmals gebrauchten Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 rechtliches Gehör zu gewähren.

Sie erstattet folgendes Vorbringen:

"Die am 11.03.1945 geborene Beschwerdeführerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Sie kam im Alter von 19 Jahren (1964) erstmals nach Wien und lebt hier ständig seit dem Jahre 1969. In all diesen Jahren hatte sie immer ein gültiges - zuletzt ein unbefristetes - Visum als auch eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung.

Die Beschwerdeführerin ist Mutter der am 28.12.1975 in Österreich geborenen und hier lebenden Tochter Jelica, verehelichte Arifovic und Großmutter der am 21.11.1994 geborenen Enkeltochter Christina.

Am 29.11.1989 schloß die Beschwerdeführerin mit dem österreichischen Staatsbürger Franz Wetzler die Ehe. Der Ehegatte ist am 31.12.1990 verstorben.

Aufgrund einer (mittlerweile bereits getilgten) Verurteilung des LG für Strafsachen Wien wurde die Beschwerdeführerin nach Entlassung aus der zweimonatigen Strafhaft in Schubhaft genommen, und wurde am 25.09.1990 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren verhängt und ihr unbefristetes Visum für ungültig erklärt. Mit Bescheiden vom 24.04.1991 und vom 13.01.1992 wurde die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes bis längstens 31.12.1992 aufgeschoben.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 24.08.1993,

Zahl: IV-14-159/FrB/93, wurde das Aufenthaltsverbot (wie sich aus dem von der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Bescheid ergibt gemäß § 26 FrG) aufgehoben."

Überdies wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin verfüge über ausreichendes Einkommen und ausreichende Wohnversorgung. Sie sei im Besitz eines bis 21. Dezember 1997 gültigen Befreiungsscheines. Ihr einziger Bezugspunkt sei Österreich, in ihrer Heimat lebten keine Verwandten mehr. Die Beschwerdeführerin habe - im Gegensatz zur Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - fremdenrechtliche Vorschriften nicht bewußt mißachtet. Aus fehlender Rechtskenntnis sei sie der Auffassung gewesen, sie dürfe eine Aufenthaltsbewilligung erst beantragen, wenn sie wieder Arbeit gefunden habe.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin jedoch aus folgenden Gründen nicht die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels darzutun:

Unbestritten ließ die Beschwerdeführerin die Feststellung im angefochtenen Bescheid, sie habe sich im Anschluß an den Ablauf des ihr erteilten Vollstreckungsaufschubes am 31. Dezember 1992 und auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Bundesgebiet aufgehalten. Die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin wäre nach Ablauf ihres Vollstreckungsaufschubes verpflichtet gewesen, das Bundesgebiet zu verlassen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1693), daß ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet ungeachtet eines Ausweisungsbescheides die in § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 umschriebene Annahme rechtfertigt. Gleiches gilt für die unrechtmäßige Fortsetzung des Aufenthaltes ungeachtet eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls nach Ablauf des Vollstreckungsaufschubes. An dieser Beurteilung vermag auch der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, daß das in Rede stehende Aufenthaltsverbot in Anwendung des § 26 FrG aufgehoben wurde, weil die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind, nichts zu ändern. Allein aus der Aufhebung des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes erwuchs der Beschwerdeführerin nämlich ebensowenig eine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland wie aus der Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Einen diesbezüglichen Antrag hätte die Beschwerdeführerin aus dem Grunde des § 6 Abs. 2 AufG vom Ausland aus zu stellen gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0277). Eine Berechtigung zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland nach § 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, bestand ebenfalls nicht. Auf § 4 Z. 2 der in Rede stehenden Verordnung vermag sich die Beschwerdeführerin nicht zu stützen, weil sie weder im Zeitpunkt der Antragstellung noch der Bescheiderlassung eine Angehörige im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG eines österreichischen Staatsbürgers war. Die Voraussetzungen des § 4 Z. 4 dieser Verordnung erfüllte die Beschwerdeführerin nicht, weil sie nie eine Aufenthaltsbewilligung hatte. Nachträglich für ungültig erklärte Wiedereinreisesichtvermerke sind keine Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 4 Z. 4 der in Rede stehenden Verordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2356, 2357).

Bei dieser Konstellation kommt es - anders als wenn ein Fremder nach Ablauf seines gewöhnlichen Sichtvermerkes das Bundesgebiet nicht verläßt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/0907) - auf ein bewußt auf die Störung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gerichtetes Verhalten des Antragstellers nicht an. Fahrlässiges Verhalten ist der Beschwerdeführerin jedenfalls anzulasten, weil sie es unterließ, sich mit den einschlägigen Bestimmungen des Fremden- und Aufenthaltsrechtes vertraut zu machen.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides vertritt die Beschwerdeführerin zunächst die Auffassung, gemäß § 3 AufG stünde ihr ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu. Dieser Argumentation ist zu entgegnen, daß die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AufG jedenfalls das Nichtvorliegen eines Versagungsgrundes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zur Voraussetzung hat. Vorliegendenfalls hat die Beschwerdeführerin jedoch den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 verwirklicht.

Insoweit die Beschwerdeführerin auf ihre durch Art. 8 MRK geschützten privaten und familiären Interessen in Österreich verweist, ist ihr zu entgegnen, daß diese Interessen bereits bei Erlassung des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes und bei Ungültigerklärung ihres Sichtvermerkes zu berücksichtigen waren. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin diese Interessen an der nahtlosen Fortsetzung ihres Aufenthaltes ohne zwischenzeitige Ausreise nicht mit weiteren, nach rechtskräftiger Ungültigerklärung ihres Sichtvermerkes vom Inland aus gestellten Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen verfolgen kann (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1997). Der Eingriff in ein gedachtes, durch Art. 8 MRK geschütztes Recht der Beschwerdeführerin auf neuerliche Zuwanderung zur Wahrung eben dieser familiären Interessen wäre hier jedenfalls solange im Interesse der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt, als sich die Beschwerdeführerin noch unrechtmäßig in Österreich aufhält. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ihr ein solches Recht überhaupt zusteht.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, sie hätte schon im Zeitpunkt der Erlassung des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes im Jahr 1990 die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 FrG 1992 erfüllt, ist ihr nachstehendes zu entgegnen:

Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung schränkt diese lediglich die Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 18 FrG 1992 ein. Der Verwaltungsgerichtshof hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. März 1996, Zl. 95/21/1120, und vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0877) ausgesprochen, daß die in § 20 Abs. 2 FrG 1992 normierte absolute Schranke für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht durch die Aberkennung eines Sichtvermerks, wodurch der Aufenthalt des Fremden unrechtmäßig werde, und die darauf folgende Erlassung einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG 1992 umgangen werden könne. Dieser Rechtsgrundsatz wurde vom Verwaltungsgerichtshof in der Folge auf den Fall einer Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung bei Vorliegen der in § 20 Abs. 2 FrG 1992 normierten Voraussetzungen übertragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 95/21/0161). Eine der diesen Erkenntnissen zugrundeliegenden Fallkonstellation vergleichbare liegt jedoch hier nicht vor, weil mit dem angefochtenen Bescheid weder ein Aufenthaltstitel für ungültig erklärt wurde, noch die Verlängerung einer bislang bestehenden Aufenthaltsberechtigung versagt wurde.

Die Beschwerdeführerin vertritt schlußendlich den Standpunkt, die Versagung der Aufenthaltsbewilligung verstoße gegen "Art. 12 UNMRK". Art. 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 verbietet willkürliche Eingriffe in das Privatleben, die Familie, das Heim oder den Briefwechsel von Menschen sowie Angriffe auf dessen Ehre und seinen Beruf. Er proklamiert, daß jeder Mensch Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen derartige Eingriffe oder Anschläge habe. Nach Art. 17 des UN-Menschenrechtspaktes II darf niemand willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jedermann hat Ansprüche auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948 stellte allerdings als Resolution der Generalversammlung nur eine programmatische Absichtserklärung ohne völkerrechtliche Bindungswirkung dar. Strittig ist, ob die Grundsätze der Allgemeinen Erklärung 1948 völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung gefunden haben (vgl. hiezu Neuhold-Hummer-Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts 13, Rz 1318).

Die völkerrechtliche Verbindlichkeit des UN-Menschenrechtspaktes II als Vertrag ist unstrittig. Er wurde von Österreich 1978 ratifiziert (BGBl. Nr. 591/1978). In diesem Zeitpunkt war er bereits in Kraft getreten (vgl. a.a.O., 1320 bis 1322). Die Frage, ob die in Rede stehenden Bestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 bzw. des UN-Menschenrechtspaktes II von den österreichischen Behörden unmittelbar anzuwenden sind (vgl. hiezu auch Ermacora, Die UN-Menschenrechtspakte Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung?, JBl 1979, 191 ff), kann hier dahingestellt bleiben, weil durch den angefochtenen Bescheid weder ein willkürlicher, noch ein rechtswidriger Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin erfolgte, zumal der angefochtene Bescheid in den einschlägigen Gesetzesbestimmungen des Aufenthalts- und Fremdengesetzes seine Deckung findet, welche ihrerseits keine willkürlichen, sondern der öffentlichen Ordnung dienende Regelungen darstellen.

Da der Inhalt der vorliegenden Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin wurde auch dadurch nicht in Rechten verletzt, daß die erstinstanzliche Behörde und im Instanzenzug auch die belangte Behörde nicht nur den Antrag vom

20./25. September 1995, sondern auch neuerlich den bereits mit Bescheid vom 26. November 1994 rechtskräftig abgewiesenen Antrag vom 11./14. Februar 1994 abwies (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1985, Zl. 85/02/0083).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996191049.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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