TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/3 W119 1419753-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2019
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Entscheidungsdatum

03.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W119 1419753-2/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.3.2016, Zl. 810194009 - 1336660/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG wird nicht erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein mongolischer Staatsangehöriger, brachte am 25.2.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Er wurde am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er, um in China studieren zu können, (dort) arbeiten hätte müssen. Ein Schlepper habe die Reise von der Mongolei nach China organisiert und ihm dort Arbeit versprochen. Von einem Mongolen, welcher ihm geholfen habe, nach Österreich zu kommen, habe der Beschwerdeführer erfahren, dass sie ("wir") in China Organspender würden. Aus Angst vor dem Schlepper sei er zu seiner Mutter nach Österreich geflohen. Neben seiner Mutter befände sich noch ein Bruder im Bundesgebiet.

Zur Bescheinigung seiner Identität brachte der Beschwerdeführer einen Personalausweis in Vorlage und erklärte, der Volksgruppe der Mongolen anzugehören, in der Heimat zuletzt in XXXX gewohnt zu haben und buddhistischen Glaubens zu sein.

Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 3.3.2011 brachte der Beschwerdeführer in Anwesenheit seines gewillkürten Vertreters vor, dass er vor seiner Ausreise nach China im Herkunftsstaat in der Kanalisation gelebt habe.

Nachdem seine Mutter vor zehn bis elf Jahren (2000) den Herkunftsstaat verlassen habe, hätte er für ein bis zwei Jahre bei einem Onkel gewohnt. Von diesem sei er aber schlecht behandelt worden, weil der Onkel die Mutter des Beschwerdeführers für den Tod seines Bruders, den Vater des Beschwerdeführers, verantwortlich gemacht habe. Auf Vorhalt, der Vater sei laut seinen Angaben vom 25.2.2011 erst 2003 gestorben, erwiderte der Beschwerdeführer, sie hätten ihn und seinen Bruder einfach geschlagen, mit dem Vorwurf, die Söhne dieser Mutter zu sein. Anschließend hätte er mit seinem nun in Österreich befindlichen Bruder in der Kanalisation gelebt. Während er, der Beschwerdeführer, 2006 nach XXXX gegangen sei, sei sein Bruder in der Hauptstadt geblieben.

Vor seiner Flucht hätte er kein Einkommen gehabt. Sie wären von einer Person kontrolliert worden, für die sie Autoteile hätten stehlen müssen. Dafür habe es abends Essen gegeben. Da er eben kein Einkommen gehabt habe, habe er auf der Straße "diese Sachen machen müssen", um an Essen zu kommen. Außerdem habe es niemanden gekümmert, wenn er nicht in die Schule gegangen wäre. Wegen der Diebstähle sei der Beschwerdeführer mehrmals verhaftet und für circa 24 Stunden von der Polizei angehalten worden.

Schließlich habe er einen Mann kennengelernt, welcher ihn nach China mitgenommen habe, um die Schule zu besuchen.

Als er dort bei einer chinesischen Familie gearbeitet hätte, hätte der Beschwerdeführer gesehen, wie jemand einen größeren Geldbetrag versteckt habe. Zuvor hätte ihm ein "Innerer Mongole" mitgeteilt, dass er und andere Kinder nicht hier wären um in die Schule zu gehen, sondern damit ihre Organe verkauft würden. Der Beschwerdeführer hätte ihn nämlich gefragt, warum kleine Kinder zu dieser Familie kämen und sieben bis zehn Tage später wieder verschwänden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer das Geld gestohlen und damit seine Flucht finanziert.

Beweismittel für sein Vorbringen könne er nicht vorlegen, er könne das nur an Hand seiner Narben beweisen. Er gebe noch aus China stammende Misshandlungsspuren.

Auf die Frage, ob er an Krankheiten leide, gab er an, dass er sehr schnell "durcheinander komme", wenn er mit Personen spreche. Sein Kurzzeitgedächtnis sei sehr schlecht. Er habe mehrmals Platzwunden am Kopf gehabt. Wie er beim Bruder seines Vaters gewesen sei, habe man ihn mit dem Sessel auf den Kopf geschlagen. Er sei deswegen auch über zehn Tage im Krankenhaus gewesen.

Im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er sich vor jener Person, welche ihn vom Herkunftsstaat nach China gebracht habe und mit den Chinesen Menschenhandel betreibe.

Am 17.5.2011 wurde der Beschwerdeführer nochmals durch eine Organwalterin des Bundesasylamtes einvernommen.

Dabei erklärte er im Wesentlichen, bis zum Jahr 2000 bei seinen Eltern und danach über zwei Jahre beim jüngeren Bruder seines Vaters in Ulaanbaatar gewohnt zu haben, Dann sei er mit seinem jüngeren Bruder weggelaufen und sie hätten bis 2009 in der Kanalisation in Ulaanbaatar gelebt. Er selbst sei aber 2006 nach XXXX gegangen und nur selten in der Hauptstadt gewesen. Mit anderen in der Kanalisation lebenden Kindern habe er Autoteile gestohlen und dafür Essen erhalten. Im Jahre 2008 oder 2009 sei er ein oder zweimal für 24 Stunden von der Polizei festgehalten worden, weil er bei einem Diebstahl erwischt worden sei. Als minderjähriges Straßenkind habe man ihn jedoch wieder freigelassen und es sei zu keiner Verhandlung gekommen. Im Sommer 2010 sei er nach China gereist, weil er in XXXX einen Mann kennen gelernt hätte, der ihm angeboten habe, ihn in China in die Schule zu schicken. Bei einer Rückkehr in die Heimat fürchte er sich vor dieser Person, weil sie wisse, dass der Beschwerdeführer vor der Familie, mit der sie zusammenarbeite, aus China geflüchtet sei. Diese Familie habe Organe von Kindern verkauft und die Person fürchte, dass der Beschwerdeführer deswegen zur Polizei gehe.

Dass sich seine Mutter in Österreich aufhalte, habe der Beschwerdeführer ca. 2005 von deren jüngerer Schwester erfahren. Zurzeit befänden sich seine Mutter und sein Bruder im Bundesgebiet, beide seien Asylwerber. In der Mongolei lebten noch die Tante mütterlicherseits und die Geschwister seines Vaters. Weitere Geschwister habe der Beschwerdeführer nicht.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.5.2011, Zl. 11 01.940-BAE, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen.

Am XXXX (rechtskräftig am XXXX ) wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Zahl XXXX gemäß §§ 127, 130 erster Fall StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

Am XXXX (rechtskräftig am XXXX ) wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Zahl XXXX , gemäß § 15 StGB § 269 Abs. 1 StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

Am XXXX (rechtskräftig am XXXX ) wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Zahl XXXX wegen § 15 StGB, § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

In Erledigung der gegen den Bescheid vom 20.5.2011 erhobenen Beschwerde wurde diese mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.4.2014, GZ W117 1419753-1/9E, behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) zurückverwiesen.

Am 18.8.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen, legte zwei Bestätigungen betreffend einen Intensivkurs Deutsch sowie einen Feedbackbogen der österreichischen Orientgesellschaft vor und gab zu seinen Familienverhältnissen an, dass sich in Österreich seine Mutter und sein Bruder (in Wien) sowie eine Schwester in Wels (alle drei Asylwerber) aufhielten, zudem habe er im Bundesgebiet eine im zweiten Monat schwangere Lebensgefährtin. Er selbst habe in der Mongolei von 2000 bis 2006 die Schule in Ulaanbaatar besucht.

Dabei erklärte der Beschwerdeführer zunächst, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Er lebe allein in Wien in einer Mietwohnung. Seine Mutter sei der Ladung zur Einvernahme deswegen nicht nachgekommen, weil sie sich noch drei weitere Monate wegen versuchten Diebstahls in Haft befinde. Am 17.5.2011 habe er die Frage nach weiteren Geschwistern abgesehen von seinem Bruder deswegen verneint, weil ihm der Schlepper dies geraten habe. Seine Schwester befinde sich vermutlich sechs bis sieben Jahre im Bundesgebiet, jetzt lebe sie in Wels. In der Mongolei hätte sie nach der Scheidung ihrer Eltern bei ihrer Mutter und in weiterer Folge bei deren Verwandten, der Beschwerdeführer und sein Bruder bei ihrem Vater und später dessen Verwandtschaft gewohnt. Ein Halbbruder sei nach der Geburt zur Adoption freigegeben worden, es gebe keinen Kontakt.

Seine Lebensgefährtin befinde sich seit sieben Jahren in Österreich und habe eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus. Sie lebe in Vorarlberg, er hätte sie bei einer Silvesterfeier 2014/15 kennen gelernt.

In der Mongolei habe der Beschwerdeführer einen Onkel väterlicher- und zwei Tanten mütterlicherseits. Bis zu seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer in der Kanalisation von Ulan Bator gewohnt, davor von 2000 bis 2002 bei seinem Onkel. Außerhalb von Ulaanbaatar habe er niemals gelebt. Von 2002 bis zur Ausreise habe der Beschwerdeführer auf einem Markt als Gepäckträger gearbeitet und manchmal auch Autospiegel für jemanden gestohlen. Seine früheren Angaben vorgehalten, wonach er auch in XXXX gelebt hätte, meinte er, es habe sich vorher um ein Missverständnis gehandelt, ab 2006 sei er in XXXX gewesen. Zu seinem Bruder habe er damals keinen Kontakt gehabt. Die Schule habe er nur von 2000 bis 2002 besucht.

Zu der Person, die ihn nach China gebracht habe, habe er 2010, etwa einen Monat später zuletzt Kontakt gehabt. Bei einer Rückkehr fürchte er sich vor diesem Mann, weil er Zeuge für seinen Menschenhandel sei und er die Aussage des Beschwerdeführers fürchten könnte. Kennen gelernt habe er ihn in XXXX . Nachgefragt, warum er nicht in Ulaanbaatar leben könnte, erwiderte der Beschwerdeführer, es handle sich um eine einflussreiche Person, die überall ihre Freunde habe. Wo dieser Mann wohne, wisse er nicht, auf dem Markt in XXXX kenne ihn aber jeder. Wenn es diese Person nicht gäbe, könnte der Beschwerdeführer zurückkehren. In die mongolische Polizei habe der Beschwerdeführer kein Vertrauen, weil sie bestechlich sei. Bei einer Rückkehr würde der Beschwerdeführer irgendetwas verkaufen und damit Geld verdienen. Vielleicht würde er Waren aus Russland importieren oder auch ein College in der Mongolei besuchen, um einen Beruf zu erlernen.

Vorgelegt wurden zwei Teilnahmebestätigungen an Deutsch-Intensivkursen sowie ein Feedbackbogen.

Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten, Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8.11.2017, GZ W119 1419753-2/12E, wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt, weil seit 17.5.2017 keine aufrechte Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet mehr vorlag. Auch durch Einsichtnahme in das Grundversorgungssystem konnte der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht ermittelt werden.

Am 7.2.2018 langte beim Bundesamt eine Adressenbekanntgabe und ein Antrag auf Fortsetzung des unterbrochenen Asylverfahrens ein. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.7.2018, GZ W119 1419753-2/17Z, wurde das Verfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG fortgesetzt.

Am 8.4.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der er das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm. Dabei gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass es keine chronischen Krankheiten oder Leiden gebe. Zudem legte er eine Einstellungszusage einer Cateringfirma, ein Zeugnis zur Integrationsprüfung Niveau B1 sowie die Aufenthaltskarte der (angeblichen) Schwester (Rot-Weiß-Rot Karte) vor.

Dass seine Mutter im Jahr 2000 ohne ihn ausgereist sei, erklärte er damit, dass sich seine Eltern damals getrennt hätten. Er glaube, dass die Mutter vor dem Vater geflüchtet sei, die genauen Gründe kenne er nicht. Aufenthaltstitel habe sie noch keinen. Sein Vater sei 2003 gestorben. Die Geschwister seines Vaters würden seine Mutter beschuldigen, für dessen Tod verantwortlich zu sein. Sie sei oft von dem Vater geschlagen und misshandelt worden und deswegen auf der Flucht gewesen. Einmal habe sich sein Vater sogar deswegen in Haft befunden, in der es ihm gesundheitlich sehr schlecht gegangen wäre. Nach der Scheidung seien der Beschwerdeführer und sein Bruder bei ihrem Vater geblieben. Dieser habe ins Gefängnis gemusst und sein Onkel väterlicherseits sei mit seiner Frau aus Südkorea gekommen, weshalb sie bei dieser Familie geblieben seien. Der Onkel sei leider alkoholkrank gewesen und habe sie auch geschlagen. Es habe oft Auseinandersetzungen gegeben bis sie vertrieben worden seien. Anschließend hätten die beiden (der Beschwerdeführer und sein Bruder) in der Kanalisation oder auf der Straße übernachtet. Bei der Kanalisation handle sich um einen Abwasserkanal. Weil es warm sei, würden viele Kinder dort schlafen.

In der Mongolei gebe es ein oder zwei Tanten mütterlicherseits, zu denen sie damals jedoch keinen Kontakt gehabt hätten. Die anderen Straßenkinder hätten auch etwas gestohlen, zum Beispiel Autoteile, die sie gemeinsam am Markt an einen bestimmten Mann verkauft hätten. Da ihm ein dies Freund empfohlen habe, sei der Beschwerdeführer 2006 nach XXXX gegangen. Sein Bruder habe die anderen Straßenkinder nicht verlassen wollen, weil er sehr gut mit ihnen befreundet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe in XXXX genauso wie in Ulaanbaatar mit anderen Straßenkindern gemeinsam in der Kanalisation gelebt. Auch dort hätten sie Autoteile gestohlen und verkauft.

Im Sommer 2010 sei der Beschwerdeführer ausgereist. Grund dafür sei gewesen, dass er in XXXX jemanden kennengelernt habe, der ihnen empfohlen habe, solche Diebstähle nicht mehr zu verüben. Er solle mit ihm nach China reisen, wo es Ausbildungsmöglichkeiten für ihn gebe. Der Beschwerdeführer hätte die zehnjährige Mittelschule nicht abgeschlossen.

Bis zum Abschluss der dritten Klasse hätte er regelmäßig die Schule besucht, danach ab und zu bis zur fünften Klasse. Ab der fünften Klasse sei er nicht mehr gegangen. Zum ersten Mal habe der Beschwerdeführer im Jahr 2000 die erste Klasse besucht. Bis 2003 sei er drei Jahre lang in die Schule gegangen und habe 2003 die dritte Klasse abgeschlossen. Bis 2005 oder 2006 habe der Beschwerdeführer ab und zu die fünfte Klasse besucht. Bei seinem Onkel habe er von Mitte 2000 bis Mitte 2002 oder Anfang 2003 gelebt. Zur Schule sei auch noch gegangen, obwohl er in der Kanalisation gelebt habe.

Die Person habe ihn schließlich nach China mitgenommen und ihm gesagt, er könne an einer Hochschule studieren. In Wirklichkeit hätte er diese Möglichkeit dort nicht erhalten, sondern sei bei einer chinesischen Familie untergebracht worden, wo er auf kleine mongolische Kinder im Alter von fünf oder sechs Jahren aufgepasst habe. Diese Person habe ihn nur dorthin gebracht und sei dann weggefahren. Danach habe der Beschwerdeführer diesen Mann nicht mehr wiedergesehen.

China habe er deshalb verlassen, weil ein Innerer Mongole den Kindern Lebensmittel gebracht habe. Eines Tages hätte ihn der Beschwerdeführer gefragt, warum diese nur einige Zeit bleiben und sie die Familie später wieder verlassen würden. Der Mongole habe dem Beschwerdeführer dann erklärt, dass es sich bei diesen Kindern um Organspender handle, deren Organe verkauft würden. Deswegen habe der Beschwerdeführer Angst bekommen und den Inneren Mongolen gebeten, ihm zu helfen. Er habe befürchtet, auch selbst ein Organspender zu werden. Konkrete Anhaltspunkte habe es dafür aber nicht gegeben. Daraufhin habe der Beschwerdeführer überlegt, zu seiner in Österreich lebenden Mutter zu fahren. Der einzige Grund, China zu verlassen, sei die Furcht gewesen, Organspender zu werden. Er glaube, diese Leute, die den Organhandel betrieben, hätten in China ein großes Netzwerk. Da die Person, die ihn angeworben habe, zu diesem Netzwerk gehöre und mongolischer Partner dieser Leute sei, fürchte der Beschwerdeführer auch eine Verfolgung in der Mongolei. Nachgefragt, woher der Beschwerdeführer dies wisse, erklärte er, die Person habe ihn deswegen dorthin gebracht. In China sei er insgesamt 3 bis 4 bzw. 3 bis 5 Monate, vom Sommer 2010 bis Jänner 2011, gewesen. Während dieser Zeit habe er vom Organhandel nichts gewusst und deshalb auch keine Angst gehabt. Erfahren hätte er dies zwei Monate vor seiner Ausreise. Nochmals befragt, warum der Mongole, der ihn dorthin gebracht habe, zu diesem Netzwerk gehöre, meinte der Beschwerdeführer, er denke, er besorge diese Kinder aus der Mongolei. Ansonsten hätte er den Beschwerdeführer nicht mitgenommen. Der Beschwerdeführer habe gesehen, wo diese Familie Geld aufbewahre und für seine Flucht das Geld gestohlen.

Von der mongolischen Staatsangehörigen, mit der er in Österreich eine Beziehung gehabt habe, habe er sich getrennt, sie lebe mit einem anderen Mann zusammen. Sie hätten aber noch Kontakt. Zum Zeitpunkt des Beschwerdeschriftsatzes sei sie im zweiten Monat schwanger gewesen, jetzt sei das Kind auf die Welt gekommen und der Beschwerdeführer der Vater. Geburtsurkunde könne er keine vorlegen. Weil sie nicht verheiratet gewesen seien, stehe auf der Geburtsurkunde der Vorname der Mutter als Familienname. Seine frühere Freundin habe nicht gewollt, dass der Beschwerdeführer dort aufscheine. Ein Jahr nach der Geburt des Sohnes habe er persönlich Kontakt gehabt. Das Kind und seine Mutter seien in Bregenz. Jetzt habe seine frühere Freundin einen anderen Mann und wolle nicht, dass der Beschwerdeführer anrufe oder komme. Vor einem Jahr, zu seinem Geburtstag habe er das Kind das letzte Mal gesehen. Er hätte eigentlich eine Bestätigung von seiner früheren Freundin haben wollen, dass es sich um sein Kind handle, aber sie habe dies abgelehnt.

Mitglied in einem Verein sei er nicht, ihm wäre gesagt worden, dass man als Asylwerber kein Mitglied werden dürfe. Er habe viele österreichische Freunde kennengelernt, in einem Saal Basketball gespielt und ehrenamtliche Tätigkeiten gemacht. Diesbezügliche Bestätigungen könne er nicht vorlegen. Zudem habe er seit einem Jahr eine Beziehung zu einer Mongolin, die in Frankreich lebe. Einmal im Monat besuche sie ihn, er dürfe leider nicht. Kennengelernt habe er sie bei der Hochzeit eines Freundes, dessen Cousine sie sei. Sie habe einen unbefristeten Aufenthaltstitel und einen Antrag auf Erteilung der französischen Staatsbürgerschaft gestellt. Sie wolle jedoch nach Österreich kommen und gerne ihre Universität wechseln.

Der Beschwerdeführer wohne mit seiner Mutter und seinem Bruder in einer Wohnung, vorige Woche hätten sie den Mietvertrag auf fünf Jahre verlängert. Er habe die österreichische Küche kennengelernt und könne auch als Hilfskoch arbeiten. Seine Schwester arbeite in der Nähe seiner Wohnung. Ein bis zweimal in der Woche würden sie sich zum Kochen oder Tee trinken treffen. Mit ihren Kindern verbringe er sehr oft die Freizeit zusammen.

Dem Beschwerdeführer wurden die Länderfeststellungen zur Situation in der Mongolei übergeben und eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

Am 18.4.2019 langten beim Bundesverwaltungsgericht Integrationsunterlagen (Mietvertrag seiner Mutter und Verlängerung des Mietvertrags vom 1.4.2019 sowie ein Schreiben einer in Paris lebenden Freundin des Beschwerdeführers samt französischem Aufenthaltstitel) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist mongolischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Mongolen und ist buddhistischen Glaubens. Er lebte ursprünglich in Ulaanbaatar, ab 2006 in XXXX und vom Sommer 1010 bis Jänner 2011 in der VR China.

Der Beschwerdeführer ist gesund. Er leidet an keiner schweren Krankheit, auch besteht kein Pflege- oder Rehabilitierungsbedarf. Zudem ist er jung und arbeitsfähig und besuchte in der Mongolei mehrere Jahre die Schule.

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in die VR China keine Verfolgungsgefahr vor jener Person, die ihn in die VR China brachte.

Im Bundesgebiet lebt er gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder, deren beider Asylverfahren noch offen ist, in einer Mietwohnung. In der Heimat führten sie mit der Mutter von 2000 an bis zu seiner Ausreise kein Familienleben. Auch im Bundesgebiet lebte der Beschwerdeführer zunächst alleine. Mit dem Bruder bestand in der Heimat seit 2006 kein Familienleben mehr.

Dass der Beschwerdeführer der Vater des Kindes seiner früheren Freundin ist, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen. Weder konnte er eine Geburtsurkunde mit seinem Namen vorlegen, noch war die Kindsmutter bereit, eine Bestätigung über die Vaterschaft auszustellen. Zudem führt er mit dem Kind, das bei dessen Mutter und deren neuen Lebensgefährten in Vorarlberg lebt, kein Familienleben. Nach eigenen Angaben hat er es seit einem Jahr nicht mehr gesehen.

Zu seiner (angeblichen) Schwester, die in Österreich die Rot-Weiß-Rot-Karte hat, bestand in der Heimat keinerlei Kontakt. In Österreich treffen sie sich ein- bis zweimal wöchentlich und der Beschwerdeführer verbringt Zeit mit ihren Kindern.

Der Beschwerdeführer führt eine Beziehung mit einer legal in Frankreich lebenden mongolischen Staatsangehörigen, die ihn einmal monatlich besucht.

Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet nie legal berufstätig. Er verfügt über eine Einstellungszusage einer Cateringfirma.

Der Beschwerdeführer absolvierte die Integrationsprüfung Niveau B1.

In Österreich war der Beschwerdeführer nie Mitglied in Vereinen. Er gab keine konkreten ehrenamtlichen Tätigkeiten an und legte auch keine Bestätigungen vor.

Am XXXX (rechtskräftig am XXXX ) wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Zahl XXXX gemäß §§ 127, 130 erster Fall StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

Am XXXX (rechtskräftig am XXXX ) wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Zahl XXXX , gemäß § 15 StGB § 269 Abs. 1 StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

Am XXXX (rechtskräftig am XXXX ) wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Zahl XXXX wegen § 15 StGB, § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Feststellungen zur Situation in der Mongolei:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom September 2018:

Politische Lage:

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von knapp über drei Millionen Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Millionen Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (2018) ca. 1,5 Millionen Menschen (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2018; vgl. AA 3.2018a). In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 13 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 19.7.2018). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2017). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl im Wege des Mehrheitswahlrechts für vier Jahre gewählt. Bei der letzten Parlamentswahl am 29.6.2016 löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 3.2018a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongolei Online 10.7.2016; vgl. KAS 1.7.2016). Die Einführung des Mehrheitswahlrechtes nur fünf Wochen vor dem Wahltermin hat auf das Ergebnis Einfluss genommen (Sarantuya/Batmunkh 2017; vgl. ÖB Peking 12.2017). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016; vgl. AA 3.2018a). Die 2016 gebildete Regierung unter Ministerpräsident Erdenebat bestehend aus 16 Ministern (davon zwei Frauen), einer Reduktion um drei Ämter im Vergleich zur vorherigen Regierung (ÖB Peking 12.2017), wurde bereits im Sommer 2017 aufgrund parteiinterner Machtkämpfe durch eine Regierung unter Ministerpräsident Khurelsukh abgelöst (AA 3.2018a). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2017). Am 10. Juli legte Kh. Battulga im Großen Saal der Staatsversammlung den Amtseid als 5. Präsident der Mongolei ab (LIP 9.2018). Er setzte sich in einer Stichwahl mit 50,6% gegen den Gegenkandidat M. Enkhbold der regierenden Mongolischen Volkspartei (MVP), der 41,2 % der Stimmen erhielt, durch (Reuters 8.7.2017; vgl. AA 3.2018a). Der Staatspräsident ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (weitere Mitglieder: Premierminister und Parlamentspräsident) und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er setzt die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in Kraft. Er kann Gesetze initiieren und mit seinem Veto verhindern, das nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 3.2018a).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (3.2018a): Mongolei - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 13.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - LIP - LIPortal, Das Länderinformationsportal (9.2018): Mongolei, Geschichte und Staat, https:// www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 20.9.2018 - KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (1.7.2016): Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, Parlamentswahlen in der Mongolei, http://www.kas.de/mongolei/de/publications/45759/, Zugriff 13.9.2018 - Mongolei Online, Bormann (10.7.2016): Wahlergebnisse - Wahlen 2016, http://www.mongolei.de/news/Ergebnisse2016.htm, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei. - OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.10.2016): Mongolia, Parliamentary Elections, 29 June 2016: Final Report, http://www.osce.org/odihr/elections/mongolia/237626, Zugriff 13.9.2018 - Reuters (8.7.2017): Former martial arts star Battulga wins Mongolian presidential election, https://www.reuters.com/article/us-mongolia-election/former-martial-arts-star-battulga-winsmongolian-presidential-election-idUSKBN19T05Z, Zugriff 13.9.2018 - Tserenbaltavyn, Sarantuya / Tsevelmaa Batmunkh (2017): Wahlrechtsreform und Wirtschaftskrise - die Mongolei nach den Parlamentswahlen; in: Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit 19, S 24-32, https://www.hss.de/download/publications/AMEZ_19_Demokratie_im_Aufbruch_05.pdf, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Sicherheitslage

Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 2018). Es gibt keine Berichte über terroristische Angriffe oder aktive terroristische Gruppen in der Mongolei (USDOS 10.7.2018). Es kommt selten zu Unruhen oder politischer Gewalt. In Folge umstrittener Parlamentswahlen im Juli 2008 wurden Proteste, bei denen fünf Personen ums Leben kamen, rasch unter Kontrolle gebracht und die Ordnung wieder hergestellt. Seither kam es zu keinen Vorfällen ähnlichen Ausmaßes mehr (USDOS 19.7.2018). Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - eskalieren nicht, sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 2018). In den vergangenen drei Jahren kam es zu vermehrten Anfeindungen chinesischer, koreanischer und vietnamesischer Staatsbürger, die in der Mongolei leben (USDOS 19.7.2018) und es kam zu einzelnen gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB Peking 12.2017) sowie gegen LGBTI-Personen (ÖB Peking 12.2017). Die Binnenlage des Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 3.2018c).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018c): Mongolei, Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222880, Zugriff 18.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State, Bureau of Diplomatic Security (10.7.2018): Mongolia 2018 Crime & Safety Report, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=24452, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei.

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2017). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2017; vgl. FH 2018, USDOS 20.4.2018). Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Millionen Tögrök (MNT) zuständig. AimagGerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Millionen MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigentinitative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2017). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 2018). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 20.4.2018). NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 20.4.2018; vgl. Bertelsmann 2018). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 20.4.2018). Jedoch wurde in der Justice Integrity Study 2016 der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 2018). Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 20.4.2018). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Sicherheitsbehörden

Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2017). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA) (USDOS 20.4.2018). Sicherheitskräften wird vorgeworfen, willkürliche Verhaftungen und Verkehrsanhaltungen durchzuführen, angehaltene Personen für längere Zeit festzuhalten und Häftlinge zu schlagen (HRW 2018). Obwohl Sicherheitsbeamte für absichtliche Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden, waren Verfolgungen dieser Vergehen selten. Der NPA wurden bis August 2016 insgesamt 24 Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet, von denen sechs zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 20.4.2018).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2017). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 20.4.2018) in Haftanstalten, wo auch Personen mit Behinderungen oder ausländische Staatsbürger betroffen sind. Seit Juli 2017, mit Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung, fehlen unabhängige Ermittlungsmechanismen, was zu einer unvollständigen Erfassung und einer Straflosigkeit von Folter führt (AI 22.2.2018). Rechtliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter sind unzureichend (Bertelsmann 2018). Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 20.4.2018). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UNAntifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1425540.html, Zugriff 13.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2017; vgl. TI 9.7.2018). Die kleine Korruption ist jedoch rückläufig (TI 9.7.2018). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2017 auf Platz 103 von 180 analysierten Ländern (TI 21.2.2018); 2016 lag die Mongolei auf Platz 87 von 176 untersuchten Staaten (TI 25.1.2017). Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). Auch in der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.). Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 19.7.2018). Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert, jedoch gibt es noch kein Gesetz zum Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruptionsfälle öffentlich machen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB 12.2017). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor. Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2017). Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 2018).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2016, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/MNG, Zugriff 13.9.2018 - TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 24.9.2018 - TI - Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and AntiCorruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruptionand-anti-corruption, Zugriff 13.9.2018 - USDOS - U.S. Department of State (19.7.2018): Investment Climate Statements for 2018, https://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm? year=2018&dlid=281519#wrapper, Zugriff 13.9.2018

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine Vielzahl an heimischen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne behördliche Einschränkungen ihre Erkenntnisse veröffentlichen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 2018), jedoch sind die meisten dieser Organisationen eher klein (FH 2018). Regierungsbeamte sind grundsätzlich kooperativ und für deren Anliegen zugänglich (USDOS 20.4.2018). Die staatliche Menschenrechtskommission "National Human Rights Commission of Mongolia" (NHRC) arbeitet weitgehend unabhängig und veröffentlicht trotz schlechter finanzieller Ausstattung kritische Berichte. Internationale NGOs können frei arbeiten. Menschenrechtsverteidiger sind in der Regel keinen Belästigungen ausgesetzt. Jedoch blieb der Fall eines 2015 ermordeten Umweltaktivisten, der Minenarbeiten kritisiert hatte, bisher ungeklärt und es kam zu Fällen von Übergriffen von Skinheads und religiösen Fanatikern gegen LGBT-Aktivisten (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018.

Allgemeine Menschenrechtslage

Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Misshandlung von Häftlingen, Korruption, Gewalt gegen LGBTI-Personen und harte Arbeitsbedingungen für Fremdarbeiter, insbesondere aus Nordkorea, dar. Maßnahmen der Regierung zur Bestrafung von Missbrauch oder Korruption im öffentlichen Dienst waren inkonsequent (USDOS 20.4.2018). Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2017). Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UNHochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2017).

Quellen: - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, https://www.ecoi.net/en/document/1430186.html, Zugriff 13.9.2018

Bewegungsfreiheit

Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes und auch ins Ausland gestattet (FH 2018). Bei Reisen in die Grenzregionen sind besondere Genehmigungen der Grenzorgane erforderlich (BMEIA 17.4.2018). Der Zuzug aus den Provinzen nach Ulaanbaatar ist seit Jänner 2017 untersagt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt ist nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich (u.A. medizinische Langzeitbehandlung oder Besitz von Wohneigentum) (GoGo 10.1.2017; vgl. Montsame 28.12.2017); diese Regelung wird vorläufig bis 1.1.2020 in Kraft bleiben (Montsame 28.12.2017). Mongolische Staatsangehörige dürfen ohne Genehmigung das Land verlassen, benötigen jedoch einen Reisepass. An den Grenzkontrollstellen findet eine genaue Überprüfung statt, wobei bei mongolischen Staatsangehörigen auch der Personalausweis als weitere Überprüfungsgrundlage herangezogen werden kann (ÖB Peking 12.2017). Einige hundert Personen, darunter auch ausländische Staatsbürger, sind in Folge laufender Ermittlungen oder Verfahren vom Staatsanwalt mit einem Ausreiseverbot belegt. Gemäß des neuen Strafgesetzes, welches im Juli 2017 in Kraft getreten ist, bedarf die Verhängung eines Ausreiseverbotes nun einer richterlichen Genehmigung, um Willkür zu vermeiden (FH 2018). Das Straßennetz in der Mongolei ist mangelhaft ausgebaut. Obwohl das Land äußerst dünn besiedelt ist, fehlen vielerorts Verkehrswege (GIZ 3.2016; vgl. BMEIA 17.4.2018).

Quellen: - BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (17.4.2018): Reiseinformation Mongolei, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 18.9.2018

FH - Freedom House (2018): Freedom in the world 2018, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/mongolia, Zugriff 13.9.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016): Neue Märkte - Neue Chancen | Ein Wegweiser für deutsche Unternehmer - Mongolei, https://www.giz.de/de/downloads/2016-de-neue-maerkte-neue-chancen-mongolei.pdf, Zugriff 17.9.2018 - GoGo Mongolia (10.1.2017): Migration to Ulaanbaatar city stops until 2018, http://mongolia.gogo.mn/r/156735, Zugriff 18.9.2018 - Montsame (21.12.2017): Migration from provinces to be halted until 2020, http://montsame.mn/ en/read/12912, Zugriff 18.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei

Grundversorgung

Die Mongolei entwickelt sich seit ihrer politischen Wende Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland und die Umstellung der ehemaligen sozialistischen Planwirtschaft auf eine Marktwirtschaft ist inzwischen sehr weit vorangeschritten. Das Steuerrecht entspricht inzwischen internationalen Maßstäben. Seit 2003 ist auch privater Erwerb von Grund und Boden durch mongolische Staatsbürger möglich, nicht aber durch Ausländer (AA 3.2018b). Die mongolische Wirtschaft bleibt weiterhin stark vom Bergbau abhängig. Auch im Jahr 2017 war der Bergbausektor mit einem Anteil von rund 23% des Bruttoinlandsprodukts die treibende Kraft, obwohl dieser mit einem Minus von 9% gegenüber dem Vorjahr kein Wachstum zu verzeichnen hatte (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei verfügt über einige der weltweit größten Kupfer-, Kohle- und Goldvorkommen sowie von Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden, was die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland förderte (AA 3.2018b). Das Wachstum der mongolischen Wirtschaft entwickelt sich solide. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum führte. Nach dem schwachen Jahr 2016 mit einem Wachstum von lediglich 1,2%, betrug dieses 2017 5,1%. 2016 drohte der Mongolei beinahe der Staatsbankrott. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden (ÖB Peking 12.2017). Die Staatsverschuldung ist massiv angestiegen. Lag sie 2011 noch bei rund 32% im Verhältnis zum BIP, ist sie bis September 2016 auf 90% gestiegen und hat sich Stand November 2017 auf 73,8 % des BIP verringert. Seit Mitte 2013 hat sich der Kurs der mongolischen Landeswährung gegenüber US-Dollar und Euro erheblich verschlechtert (AA 3.2018b). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,6 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 28.8.2018). Die Arbeitslosenrate lag 2017 bei 8 %, war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 20 %). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 90 USD im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40Stundenwoche, jedoch arbeiten geschätzte 60 % der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2017). Laut ADB 2014 lebten 21,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Viele der Nomaden fliehen angesichts klimatischer Bedingungen in die Hauptstadt, wo sie ein Leben in extremer Armut in Slum-Vierteln am Stadtrand (Gher-Viertel) fristen und viele von ihnen arbeitslos sind (ÖB Peking 12.2017). Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 Prozent der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2017). Die Hauptstadt Ulaanbaatar zählt 1,2 Mio. Einwohner, von denen 60 % in Gher-Bezirken wohnen, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2017; vgl. Bertelsmann 2018). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2017). Die öffentliche Verwaltung stellt die meisten grundlegenden Dienstleistungen im gesamten Land zur Verfügung. Deren Qualität und der Zugang dazu wurden in den frühen 2010er-Jahren deutlich verbessert. Die geringe Bevölkerungsdichte stellt jedoch den Staat vor große Schwierigkeiten beim Erhalt von Infrastruktur und der Verfügbarmachung von Dienstleistungen wie Gesundheit, Sicherheit und Justiz, insbesondere für die etwa ein Viertel der Bevölkerung umfassenden nomadischen Viehhalter (Bertelsmann 2018). Es besteht ein sozialpartnerschaftliches trilaterales Komitee für Arbeit und soziale Abkommen. Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn vom Arbeitsministerium, in Konsultation mit den Sozialpartnern, angepasst. Zuletzt wurde der Mindestlohn am 1. Jänner 2017 um 25 % auf 240.000 Tögrög (MNT), ca. 93 Euro, angehoben. Die Wirtschaftskrise 2016 führte dazu, dass auch gut qualifizierte Personen nur mehr schwer Arbeit finden. Arbeitsrechtliche Vorschriften werden generell eingehalten, jedoch gibt es Berichte über unerlaubt lange Arbeitszeiten im Baugewerbe und dort kommt es aufgrund mangelnder Einhaltung von Sicherheitsvorschriften immer wieder zu tödlichen Unfällen (ÖB 12.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2018b): Mongolei, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222844, Zugriff 17.9.2018 - CIA - Central Intelligence Agency (28.8.2018): The World Factbook - Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 14.9.2018 - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/ local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei

Sozialbeihilfen

1995 verabschiedete die Große Staatsversammlung das Gesetz über das Sozialversicherungssystem. Dazu gehören die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie Sozialhilfeleistungen für Behinderte, Waisen und Halbwaisen. Außerdem wurde im Zuge der steigenden Gewinne aus dem Bergbau ein nationaler Bevölkerungsentwicklungsfonds eingerichtet, aus dem u. a. Beihilfen für Studenten bezahlt werden. 2013 wurde das Sozialversicherungsgesetz ergänzt, damit die noch etwa 44 Tsaatan-Familien (Rentierleute), die fernab fester Siedlungen und ohne geregeltes Einkommen leben, von den Leistungen der Sozialversicherung profitieren können (Renten, finanzielle Unterstützung und Sozialhilfebeiträge für Schwangere, Hochbetagte, Menschen mit Behinderungen, vorübergehend Arbeitsunfähige und für Sonderaufgaben) (LIP 7.2018). Gemäß Asian Development Bank (ADB) umfasst das für Sozialleistungen vorgesehene Budget 2,7% des BIP, was deutlich höher ist als in anderen Schwellenländern (durchschnittlich 1,6 % des BIP) (Bertelsmann 2018).

Eine Sozialversicherung, die auch eine Krankenversicherung umfasst, ist für mongolische Bürger verpflichtend und wird von Dienstgebern und Dienstnehmern durch einen Anteil vom Gehalt finanziert. Die Sozialversicherung wird vom Staat für bestimmte Gruppen kostenlos zur Verfügung gestellt, darunter Kinder unter 18; Personen, die kein Einkommen haben; Personen, die Sozialleistungen beziehen; alleinerziehende Eltern, bis das Kind zwei Jahre alt ist; Menschen mit Behinderungen (BIO 16.4.2018). Verschiedene verfügbare staatlichen Unterstützungsleistungen für Personen mit Behinderungen sind abhängig von der Bestätigung durch medizinische Fachpersonen. Wenn eine Behinderung von mehr als 50 Prozent vorliegt, hat die Familie Anrecht auf eine staatliche Unterstützung von 155.000 MNT monatlich pro Kind mit Behinderung (SFH 1.2.2018). Das Social Welfare Law, zuletzt am 30. Juni 2017 angepasst, sieht Unterstützungsleistungen für alleinerziehende Eltern und deren Kinder vor. Allerdings erfüllen laut Artikel 12.1.5 nur alleinerziehende Mütter über 45 Jahre respektive alleinerziehende Väter über 50 Jahre mit vier oder noch mehr Kindern die Kriterien, um Sozialhilfe für Alleinerziehende (Social Welfare Allowance) zu erhalten. Vulnerable Personen, die unterhalb eines durch die Behörden definierten und überprüften Standards leben, erhalten im Rahmen des Food Stamp Programme eine Minimalunterstützung in Form von monatlichen Essensgutscheinen im Wert von 6.500 MNT für Kinder und 13.000 MNT für Erwachsene (SFH 1.2.2018). Der Zugang zu staatlichen Sozialleistungen - obwohl auf dem Papier vorhanden - ist in der Praxis oft sehr schwierig (ÖB Peking 12.2017; vgl. KAS 7.2017). Das Ministerium für Bevölkerungsentwicklung und Sozialfürsorge ist mit der Verwaltung von 71 Sozialfürsorgeprogrammen betraut. Daraus ergibt sich eine Fragmentierung dieser Programme, Duplizierungen von Sozialleistungen, sowie hohe Verwaltungs- und Umsetzungskosten. Manche Sozialleistungen werden durch verschiedene Ministerien und Institutionen verwaltet, was eine Fokussierung auf die Hilfsbedürftigen der Gesellschaft erschwert (KAS 7.2017). Im Kampf gegen die Armut zählt trotz staatlicher Maßnahmen weiterhin die familiäre Solidarität (ÖB Peking 11.2016). Die unbedingte Unterstützung für enge und fernere Verwandte können und wollen auch die erfolgreicheren Familienmitglieder nicht mehr in jedem Fall leisten (LIP 7.2018).

Quellen: - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018, Mongolia Country Report; https://www.ecoi.net/en/file/local/1427464/488348_en.pdf, Zugriff 13.9.2018 - BIO - Belgian Immigration Office (16.4.2018): Question & Answer, BDA-20180214-MN-6752. - KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (7.2017): Sozialpolitik auf dem Prüfstand - Armut und Verstädterung in der Mongolei, http://www.kas.de/wf/doc/kas_49640-1522-1-30.pdf? 180228112418, Zugriff 20.9.2018. - LIP - LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2018): Mongolei, http://liportal.giz.de/mongolei/ gesellschaft/, Zugriff 17.9.2018 - ÖB Peking (12.2017): Asylländerbericht 2017 Mongolei - SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (1.2.2018): Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 1. Februar 2018 zu Mongolei: Situation alleinerziehende Frau, https://www.ecoi.net/en/file/ local/1424678/1788_1518776201_0102.pdf, Zugriff 11.9.2018

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und oft technisch und hygienisch problematisch (AA 22.8.2018; vgl. ÖB 12.2017). Das ehemals sozialistische System einer allgemeinen Gesundheitsversorgung wurde nur unzureichend reformiert. Mithilfe internationaler Geber ist die Regierung bemüht, das System zu reformieren (ÖB Peking 12.2017). In den letzten Jahren haben in Ulaanbaatar private internationale Kliniken eröffnet (Intermed, SOS, Songdo, GrandMed), die erheblich zur Verbesserung der ambulanten und stationären Versorgung zumindest in der Hauptstadt beigetragen haben. Nicht alle westlichen Medikamente - insbesondere Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen - sind in der Mongolei erhältlich (AA 22.8.2018)

Das Gesundheitssystem besteht aus drei Ebenen und verfolgt das Prinzip, eine gleichberechtigte, zugängliche und qualitative Gesundheitsversorgung für alle zu ermöglichen. Primäre Gesundheitsversorgung wird hauptsächlich in Familiengruppenpraxen in der Hauptstadt Ulaanbaatar, in Provinzzentren oder in den Provinzen selbst in Bezirks- ("soum") oder übergreifenden Bezirkskliniken angeboten, sekundäre Versorgung in den allgemeinen Bezirkskra

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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