Entscheidungsdatum
26.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W233 2217339-1/2E
W233 2219753-1/2E
W233 2219752-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , 2.) XXXX , geboren am XXXX und 3.) XXXX , geboren am XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörige von Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2018, Zl. 1205428007-180847709 (ad 1.) sowie vom 17.04.2019, Zlen. 1215555106-181219510 (ad 2.) und 1222431702-190256333 (ad 3.) zu Recht:
A) Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG sowie § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin ist ihre gemeinsame Tochter. Alle sind Staatsangehörige der Republik Usbekistan.
I.1. Zum Verfahren über den Antrag des Erstbeschwerdeführers
I.1.1. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 06.09.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde er vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab er zu seinen Reisebewegungen an, er sei im April 2017 mit dem Flugzeug in die Türkei gereist. Daraufhin sei er über die Tschechische Republik nach Polen gereist. Von dort habe er seine Reise nach Österreich fortgesetzt. Er halte sich nunmehr seit April 2017 im österreichischen Bundesgebiet auf. Von der Tschechischen Republik habe er ein Visum erhalten, welches ihm von Schleppern organisiert worden sei. Zu seinem Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, sein Bauunternehmen sei pleitegegangen. Als die Leute ihr Geld von ihm zurückverlangt hätten, habe er nicht bezahlen können. Daraufhin sei er bedroht worden, weshalb er geflohen sei.
I.1.2. Aufgrund der Angaben des Erstbeschwerdeführers zu seiner Reiseroute ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) mit Schreiben vom 14.09.2018 gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO) die tschechische sowie die polnische Dublinbehörde um Auskunft, ob der Erstbeschwerdeführer in der Tschechischen Republik bzw. in Polen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und ob ihm von den Behörden des jeweiligen Staates ein Visum oder eine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei.
Mit Schreiben vom 21.09.2018 teilte die tschechische Dublinbehörde mit, dass dem Erstbeschwerdeführer ein Touristenvisum zur einmaligen Einreise ausgestellt worden sei und er am 02.04.2017 aus der Tschechischen Republik wieder ausgereist sei.
Mit Schreiben vom 25.09.2018 teilte die polnische Dublinbehörde mit, dass der Erstbeschwerdeführer am 07.04.2017 eine befristete Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung in Polen beantragt habe, der Antrag jedoch am 29.06.2017 abgewiesen worden sei. Gegen diese Entscheidung habe der Beschwerdeführer am 10.08.2017 ein Rechtsmittel erhoben. Daraufhin sei die angefochtene Entscheidung von der zuständigen Rechtsmittelbehörde behoben und an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen worden. Das Verfahren sei noch immer anhängig.
I.1.3. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 30.10.2018 wurde der Erstbeschwerdeführer zu seinem Leben im Herkunftsstaat sowie in Österreich, zu seinen Familienangehörigen und zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt. Der Erstbeschwerdeführer konkretisierte seine Fluchtgründe wie folgt:
Im Februar 2016 sei er Konkurs gegangen. Er habe seine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen können, woraufhin diese zu ihm nachhause gekommen seien und ihr Geld gefordert hätten. Er habe versprochen, die Summe auszuzahlen. Er müsse jetzt Geld verdienen, um seine Schulden zurückzuzahlen. Sonst würden seine Kinder Probleme haben. Konkret seien im Mai oder Juni 2016 Leute mit ihren Vätern und Brüdern zu ihm nachhause gekommen. Er sei bei diesem Vorfall nicht geschlagen, sondern nur bedroht worden.
I.1.4. Mit Bescheid vom 12.12.2018, Zl. 1205428007-180847709, wurde der Antrag des Erstbeschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde dem Erstbeschwerdeführer eine Frist von 14 Tagen für seine freiwillige Ausreise eingeräumt.
Mit Schreiben vom 20.12.2018 wurde dem Bundesamt die Vollmacht des nunmehr ausgewiesenen Vertreters der Beschwerdeführer übermittelt. Der Bescheid wurden dem Vertreter des Erstbeschwerdeführers am 15.03.2019 zugestellt.
I.1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Erstbeschwerdeführer im Wege seines ausgewiesenen Vertreters fristgerecht am 09.04.2019 vollinhaltlich Beschwerde. Begründend wurde sein wesentliches Fluchtvorbringen wiederholt. Ergänzend wurde ausgeführt, dass er die Ausreisebestimmungen Usbekistans verletzt habe, indem er ohne Erlaubnis des usbekischen Staates in ein westliches Land gereist sei, was - wie auf Seite 43 des angefochtenen Bescheids ausgeführt - zu einer längeren Freiheitsstrafe unter schlechten Haftbedingungen führen könne. Ferner komme eine zusätzliche Verletzlichkeit aufgrund der Geburt seiner Tochter hinzu. Die Verfahren der Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin seien im Übrigen noch unerledigt, sodass der angefochtene Bescheid den in § 34 Abs. 4 AsylG 2005 normierten Grundsatz der gemeinsamen Verfahrensführung verletze.
I.1.6. Am 11.04.2019 langten die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt betreffend den Erstbeschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.2. Zum Verfahren über die Anträge der Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen
I.2.1. Nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte die Zweitbeschwerdeführerin am 19.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab die Zweitbeschwerdeführerin zu ihren Reisebewegungen an, sie habe den Herkunftsstaat am 07.06.2018 legal verlassen und sei über Weißrussland, Tschechien und Polen nach Österreich gereist. Sie habe über ein polnisches Visum mit Gültigkeit vom 25.05.2018 bis 16.06.2018 verfügt. Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, einige Männer hätten von ihr Geld gefordert, da ihr Mann nicht mehr in Usbekistan sei. Die Männer hätten sie ständig bedrängt, sodass sie Angst bekommen habe und sich entschlossen habe, zu ihrem Mann nach Österreich zu kommen. Die Identität der Männer sei ihr nicht bekannt.
I.2.2. Aufgrund der Angaben der Zweitbeschwerdeführerin zu ihrer Reiseroute ersuchte das Bundesamt mit Schreiben vom 10.01.2019 gemäß Art. 34 der Dublin III-VO die tschechische sowie die polnische Dublinbehörde um Auskunft, ob die Zweitbeschwerdeführerin in der Tschechischen Republik bzw. in Polen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe bzw. ob ihr von den Behörden des jeweiligen Staates ein Visum oder eine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei.
Mit Schreiben der polnischen Dublinbehörde vom 15.01.2019 wurden die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem Visum bestätigt. Die tschechische Dublinbehörde teilte mit Schreiben vom 04.02.2019 mit, dass sie über keine Informationen betreffend die Zweitbeschwerdeführerin verfüge.
I.2.3. Mit Schreiben vom 13.03.2019 bestätigte das Bundesamt, dass die Geburtsurkunde der Drittbeschwerdeführerin bei der Behörde eingelangt sei und sohin gemäß § 17a AsylG der für sie gestellte Antrag auf internationalen Schutz als eingebracht gelte.
I.2.4. Am 26.03.2019 fand die Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt statt, im Zuge welcher sie zu ihrem Privat- und Familienleben im Herkunftsstaat sowie in Österreich, zu ihren Familienangehörigen sowie zu ihren Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt wurde. Ihre Fluchtgründe konkretisierte sie dahingehend, dass am 18.04.2018 drei Männer zu ihr nachhause gekommen seien und von ihr Geld gefordert hätten. Über einen Zeitraum von drei Stunden seien sie bei ihr gewesen. Dabei hätten sie geschrien und geredet. Sie hätten gesagt, sie solle ihnen Geld geben, ansonsten würden sie die Zweitbeschwerdeführerin umbringen. Die Drittbeschwerdeführerin habe keine eigenen Fluchtgründe.
I.2.5. Mit den Bescheiden des Bundesamtes vom 17.04.2019 wurden die Anträge der Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen für ihre freiwillige Ausreise eingeräumt. Die Bescheide wurden dem ausgewiesenen Vertreter der Beschwerdeführer nachweislich am 29.04.2019 zugestellt.
I.2.6. Gegen diese Bescheide wurde am 27.05.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde auf das bisherige Fluchtvorbringen verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen aufgrund der miserablen wirtschaftlichen Lage in Usbekistan sowie der prekären Situation von Frauen, welche in Fällen von häuslicher Gewalt keine Unterstützung der Sicherheitsbehörden erhielten, im Fall ihrer Rückkehr in eine ausweglose Situation gerieten. Die Familie verfüge nicht über ausreichende Mittel, um sie finanziell zu unterstützen. Ferner könne die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund ihrer Betreuungsverpflichtungen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Eine Betreuung der Drittbeschwerdeführerin durch deren Großmutter sei nicht möglich, da diese bereits mit der Betreuung der älteren Geschwister der Drittbeschwerdeführerin ausgelastet sei.
I.2.7. Am 05.06.2019 langten die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten der Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere durch Einsicht in die Niederschriften der Einvernahmen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie vor dem Bundesamt, durch Einsicht in die vorgelegten Urkunden, das aktuelle Länderinformationsblatt "Usbekistan" vom 23.11.2018 sowie durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus ZMR, GVS und Strafregister.
II.1. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:
II.1.1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Alle Beschwerdeführer sind usbekische Staatsangehörige. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet. Sie gehören der Volksgruppe der Usbeken sowie der islamischen Glaubensgemeinschaft an und stammen aus XXXX . Die Drittbeschwerdeführerin ist die Tochter des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin und wurde am XXXX in Österreich geboren.
II.1.1.2. Einreise und Antragstellung
Dem Erstbeschwerdeführer wurde von der tschechischen Vertretungsbehörde in Taschkent ein Schengen-Visum der Kategorie C mit Gültigkeit vom 27.03.2017 bis zum 17.04.2017 zur einmaligen Einreise ausgestellt. Im April 2017 reiste er legal von Usbekistan über Tschechien nach Polen. Schließlich setzte er seine Reise nach Österreich fort. Seit April 2017 hält sich der Erstbeschwerdeführer durchgehend im Bundesgebiet auf. Am 06.09.2018 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die Zweitbeschwerdeführerin verfügte über ein Schengen-Visum der Kategorie C mit Gültigkeit von 25.05.2018 bis 16.06.2018, welches ihr von einer polnischen Vertretungsbehörde ausgestellt wurde. Am 07.06.2018 verließ sie den Herkunftsstaat legal und reiste in der Folge über Weißrussland, Polen und Tschechien nach Österreich, wo sie sich seit dem 08.06.2018 durchgehend aufhält. Am 19.12.2018 stellte sie einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 13.03.2019 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Geburtsurkunde der Drittbeschwerdeführerin übermittelt und wurde sohin auch für sie ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.
II.1.1.3. Zu den Flucht- und Verfolgungsgründen sowie zur Situation im Fall der Rückkehr
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin machten als Fluchtgrund ausschließlich eine auf kriminellen Motiven beruhende Verfolgung geltend. Es konnte weder vom Erstbeschwerdeführer, noch von der Zweitbeschwerdeführerin glaubhaft vermittelt werden, dass sie in ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung von Privatpersonen, konkret durch die Gläubiger des Erstbeschwerdeführers, ausgesetzt waren oder im Fall der Rückkehr ausgesetzt wären, welcher - würde sie von staatlichen Organen gesetzt werden - Asylrelevanz zukäme. Ferner konnten sie nicht glaubhaft darlegen, dass ihr Herkunftsstaat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden. Ebenso wenig konnten sie glaubhaft vorbringen, dass der behaupteten Verfolgung durch Privatpersonen asylrelevanter Charakter zukommt, da ihr Herkunftsstaat aus den in Art. 1 Abschnitt A Zif. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, ihnen Schutz zu gewähren.
Andere Gründe, die eine Verfolgung der Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Gefner Flüchtlingskonvention maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen, wurden von ihnen nicht glaubhaft vorgebracht und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin waren in Usbekistan weder aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, noch aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit einer Gefahr ausgesetzt. Sie gehören keiner Partei oder einer sonstigen politischen Gruppierung an und waren zu keinem Zeitpunkt politisch aktiv.
Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt werden.
Es kann ebenso wenig festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Usbekistan Gefahr liefen, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
Der Erstbeschwerdeführer spricht neben Tadschikisch auch Usbekisch und Russisch. Er hat neun Jahre die Grundschule sowie zwei Jahre ein College für Bauwesen besucht, wobei er die Ausbildung am College nicht abgeschlossen hat. In der Folge war er als Maler sowie als Bauarbeiter tätig. Die Zweitbeschwerdeführerin spricht Tadschikisch sowie Russisch und hat neun Jahre die Grundschule besucht. Sie ist in Usbekistan nicht offiziell erwerbstätig gewesen, ist jedoch Näh- und Schneiderarbeiten nachgegangen. Im Herkunftsstaat haben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin mit ihren beiden minderjährigen Söhnen im Haus des Erstbeschwerdeführers gelebt. Der Erstbeschwerdeführer ist sohin mit dem Arbeitsmarkt in Usbekistan vertraut und konnte mit seinem Einkommen den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestreiten. Durch seine vormalige Erwerbstätigkeit hat er somit maßgebliche Vorteile bei der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit in Usbekistan.
Neben den minderjährigen Söhnen leben die fünf Geschwister des Erstbeschwerdeführers sowie die Eltern und die zwei Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin nach wie vor im Herkunftsstaat. Die Zweitbeschwerdeführerin pflegt regelmäßig Kontakt zu ihren Eltern sowie zu ihren Geschwistern. Die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin unterstützt sie auch aktuell, indem sie ihre minderjährigen Söhne betreut.
Zudem befinden sich alle Beschwerdeführer in einem guten gesundheitlichen Zustand.
Somit wird festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführer nach Usbekistan keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würden oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen keine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
II.1.1.4. Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich
Die Beschwerdeführer leben in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt. Über weitere Angehörige oder nahe Verwandte im österreichischen Bundesgebiet verfügen sie nicht.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Leistungen aus der Grundversorgung beziehen sie nicht. Sie sind weder in einem Verein, noch in einer sonstigen Organisation tätig und sprechen nicht Deutsch. Eine ausgeprägte und verfestigte Integration der Beschwerdeführer kann insgesamt nicht festgestellt werden.
II.1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Das Bundesverwaltungsgericht trifft folgende entscheidungsrelevanten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Usbekistan vom 23.11.2018):
II.1.2.1. Politische Lage
Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km2, die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018a).
Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).
Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b).
Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 3.2018; vgl. AA 4.2018a).
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.1.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).
Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).
Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).
[...]
II.1.2.2. Sicherheitslage
Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).
Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km2 großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).
[...]
II.1.2.3. Korruption
Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).
Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt (USDOS
20.4.2018) . Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als "Opferlämmer" wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTI 2018).
Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (TI 21.2.2018).
[...]
II.1.2.4. Allgemeine Menschenrechtslage
Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).
Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI- Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).
Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).
Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN- Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).
Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).
Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018
wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von
Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4.2018a).
[...]
II.1.2.5. Religionsfreiheit
Usbekistan versteht sich als weltlicher Staat mit strikter Trennung von Staat und Religion (AA 4.2018a). Die Verfassung sieht die Freiheit der Religion oder des Glaubens und die Trennung von Regierung und Religion vor. So sind politische Parteien auf der Grundlage religiöser Prinzipien verboten. Gesetzliche Einschränkungen religiöser Rechte sind zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der Gesellschaftsordnung und Moral erlaubt (USDOS 29.5.2018). Zwischen 88 und 93 Prozent der usbekischen Bevölkerung sind Muslime, größtenteils Sunniten der hanefitischen Rechtsschule. Etwa ein Prozent der Bevölkerung, Aserbaidschaner (Aseri) mit regionalen Zentren in Buchara und Samarkand sind Schiiten der dschaferitischen Rechtsschule (USDOS 29.5.2018; vgl. Brockhaus 13.11.2018). In der autonomen Republik Karakalpaken ist der sufistisch geprägte Volksislam von großer Bedeutung (Brockhaus 13.11.2018). Zwischen vier und neun Prozent der Bevölkerung sind russisch-orthodox, die restlichen rund drei Prozent umfassen römische Katholiken, ethnisch koreanische Christen, Baptisten, Lutheraner, Siebenten-Tags- Adventisten, Evangelikale, Pfingstler, Zeugen Jehovas, Buddhisten, Bahais, Mitglieder der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein, Neuapostolische, Armenier und christliche Kirchengemeinden, sowie eine interkonfessionelle Bibelgesellschaft wie auch Atheisten (USDOS 29.5.2018; vgl. Brockhaus 13.11.2018; HRC 22.2.2018). Russisch-Orthodoxe, Juden, Protestanten und Katholiken existieren in einer toleranten Atmosphäre unter der überwältigenden muslimischen Bevölkerung. Alle anderen religiösen Gruppen und Missionare sind verboten und werden unterdrückt (BTI 2018).
Religiöse Gruppen sind verpflichtet sich zu registrieren, religiöse Aktivitäten nicht registrierter Gruppen sind illegal (USDOS 29.5.2018). Es gibt in Usbekistan, verteilt auf 16 Konfessionen, 2.242 registrierte religiöse Vereinigungen, 2.068 dieser Vereinigungen sind sunnitische Gruppen. (HRC 22.2.2018).
Öffentliche Predigten und Missionierung werden eingeschränkt, religiöse Literatur zensiert und der erlaubte private Besitz von religiösen Materialien ist beschränkt. Eine Reihe religiöser Gruppen wird als "extremistisch" verboten. Razzien nicht registrierter religiöser Treffen, legale und illegale Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen verbotenen religiösen Materials durch Strafverfolgungsbeamte führen zu Geldstrafen, Korrekturarbeit und Gefängnisstrafen (USDOS
29.5.2018) .
Neben nicht registrierten sind auch registrierte Glaubensgruppen von Repressalien, Razzien, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen religiöser Literatur durch Polizei und Geheimpolizei betroffen (Forum 18 11.9.2017). Am 17.5.2018 führte die Polizei eine Durchsuchung einer staatlich registrierten Baptistenkirche in Uchkuduk durch und beschlagnahmte christliche Bücher, welche zuvor von der staatlich registrierten Bibelgesellschaft Usbekistans gekauft wurden. Der Pastor wurde wegen "illegaler Herstellung, Lagerung oder Einfuhr religiösen Materials nach Usbekistan, mit der Absicht dieses zu verteilen" zu einer Geldstrafe verurteilt. Seit Juli 2018 wurden rund 50 Fälle bekannt, in denen die Sicherheitsbehörden auf Eltern Druck ausübten, um sie dazu zu bringen, ihre unter 18 Jahre alten Kinder davon abzuhalten, Moscheen zu besuchen.
Am 30.9.2018 führten Beamte ohne Durchsuchungsbefehl eine Razzia in einem evangelischen Zentrum im Bostanlyk Distrikt durch, beschlagnahmten zahlreiche Gegenstände des Kirchenbesitzes und übten starken psychologischen Druck auf die Gläubigen aus. (Forum 18
19.10.2018) .
Die Regierung versucht, unabhängige islamisch-religiöse Bewegungen im Lande zu kontrollieren (AA 4.2018a). Inoffizielle islamistische Strömungen werden entschieden verfolgt, auch im Ausland (GIZ 9.2018c). Die Regierung führt eine "schwarze Liste" von Personen, die der Zugehörigkeit zu nicht registrierten oder extremistischen Gruppen verdächtigt werden. Diese Personen sind von verschiedenen Berufen und von Reisen ausgeschlossen und müssen sich regelmäßig für polizeiliche Verhöre melden. Im August 2017 wurde die Reduzierung der Gesamtzahl der Personen auf der "schwarzen Liste" von 17.582 auf 1.352 angekündigt (HRW 18.1.2018).
Die Regierung verhängte strenge Strafen für Personen, die außerhalb von zugelassenen Orten beten. Religiöse Gruppen und Menschenrechtsaktivisten berichteten, dass bewaffnete Strafverfolgungsbeamte weiterhin Treffen nicht registrierter Gruppen überfallen und deren Mitglieder festnehmen. Die Gerichte verurteilen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheitengruppen zu Verwaltungshaft (USDOS 29.5.2018; vgl. AI 22.2.2018). Tausende religiöse Muslime, die ihre Religion außerhalb der strengen staatlicher Kontrollen ausüben, bleiben wegen vager Anschuldigungen des Extremismus inhaftiert. Im April 2017 wurden auch vier protestantische Männer zu kurzen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich zur Anbetung in einem Heim getroffen hatten (HRW 18.1.2018). Treffen von Hausgemeinden sind oft das Ziel von Razzien und die dort Anwesenden werden dann belästigt, eingesperrt, verhört oder bekommen Geldstrafen; wenn in den Räumlichkeiten religiöses Material gefunden wird, wird es konfisziert und zerstört. Christen aus protestantischen Freikirchen zählen nach christlichen Konvertiten zur am zweitstärksten verfolgten Gruppe (OD o.D.).
Es gab keine Berichte über antisemitische Handlungen oder Diskriminierung von Juden. Die jüdische Gemeinde konnte zwar nicht die Anforderungen für die Registrierung einer zentralen Organisation erfüllen, doch es gibt acht registrierte jüdische Gemeinden. Die jüdische Bevölkerung, welche sich hauptsächlich auf Taschkent, Samarkand, das Fergana-Tal und Buchara konzentriert, wird auf bis zu 10.000 Personen geschätzt. Ihre Zahl ging aufgrund von Auswanderung, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, zurück (USDOS 20.4.2018).
[...]
II.1.2.6. Ethnische Minderheiten
Die Bevölkerung von circa 32,05 Millionen Einwohnern setzt sich aus etwa 100 Ethnien zusammen. Davon sind circa 80 Prozent Usbeken, 5 bis 5,5 Prozent Russen, 5 Prozent Tadschiken, 3 Prozent Kasachen, 2,5 bis 3 Prozent Karakalpaken, 1,5 Prozent Tataren. Sonstige Ethnien umfassen beispielsweise Kirgisen, Turkmenen, Koreaner, Ukrainer, Armenier und Deutsche (AA 3.2018; vgl. CIA 26.9.2018).
Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung von Angehörigen ethnischer Minderheiten sind selten (USDOS 20.4.2018).
Die meist gesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3 Prozent), Russisch (14,2 Prozent) und Tadschikisch (4,4 Prozent). 7,1 Prozent der Bevölkerung sprechen eine andere als diese drei Sprachen. In der autonomen Republik Karakalpakstan sind sowohl die karakalpakische als auch die usbekische Sprache Amtssprachen (CIA 26.9.2018).
[...]
II.1.2.7. Relevante Bevölkerungsgruppen
II.1.2.7.1. Frauen
Gesetze und Verordnungen verbieten die Diskriminierung in Bezug auf Beschäftigung und Beruf aufgrund von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Sprache (USDOS 20.4.2018; vgl. BTI 2018). Chancengleichheit wird weitgehend erreicht. Frauen und Angehörige ethnischer oder religiöser Gruppen haben nahezu gleichen Zugang zu Bildung, öffentlichem Amt und Beschäftigung (BTI 2018). Frauen genießen formal gleiche politische Rechte, sind aber nicht in der Lage, sich selbstständig zu organisieren, um ihre politischen Interessen zu vertreten. Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert (FH 1.2018).
Obwohl Frauen rechtlich den Männern gleichgestellt sind, gibt es viele Branchen, die Männern vorbehalten sind (USDOS 20.4.2018). Bestimmte Berufszweige, besonders im Gesundheits- und Bildungswesen wurden hingegen "feminisiert" und werden geringer entlohnt (GIZ 9.2018c).
Entsprechend den ideologischen Vorgaben wird die Teilhabe von Frauen an gesellschaftlichen Organisationen, lokaler Selbstverwaltung und Volksvertretungen gefördert. Geschlechtertrennung besteht jedoch nach wie vor in bestimmten Bereichen, wie bei Festen und religiösen Riten und im ländlichen Milieu. Ein kleines Kopftuch ist auf dem Lande und in konservativeren Schichten üblich (GIZ 9.2018c).
Vergewaltigung, einschließlich der Vergewaltigung eines "nahen Verwandten", ist gesetzlich verboten, jedoch wird Vergewaltigung in der Ehe im Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich erwähnt. Die Gerichte haben keine Vergewaltigungsverfahren verhandelt. Kulturelle Normen hinderten Frauen und ihre Familien daran, offen über Vergewaltigung zu sprechen, und die Presse berichtet selten darüber. Auch häusliche Gewalt ist nicht ausdrücklich gesetzlich verboten und stellt weiterhin ein Problem dar. Polizei und Beamte weisen Täter häuslicher Gewalt selten aus ihren Häusern weg oder inhaftiert diese. Die Behörden betonten, dass die Versöhnung zwischen Mann und Frau Vorrang gegenüber einem Vorgehen gegen den Missbrauch habe (USDOS 20.4.2018).
Es gibt von der Regierung betriebene Unterkünfte für Opfer von häuslichem Missbrauch
(USDOS 20.4.2018). Es existieren auch Krisenzentren, die von NGOs betrieben werden. Die NGO "Istiqbolli avlod" bietet in der Stadt Taschkent soziale Rehabilitationsdienste für Opfer von Menschenhandel an. Die NGO "Oydin Nur" in der Stadt Buchara stellt soziale Rehabilitationsdienste für Frauen, die Opfer von Familienkonflikten geworden sind, bereit. Die NGO "Rakhmdillik" in Samarkant stellt soziale Rehabilitationsdienste für Frauen aus schwierigen Lebensumständen zur Verfügung. Die Qualität der Lebensmittel und die hygienischen Bedingungen in diesen Zentren sind nicht immer optimal (UNDP 2016). Polygamie, obwohl gesetzlich verboten, wird in einigen Teilen des Landes praktiziert und mit bis zu drei Jahren Haft und einem Bußgeld bestraft. Die betroffenen Frauen werden nicht bestraft (USDOS 20.4.2018).
Es wird berichtet, dass Regierungsärzte Frauen unter Druck setzten, Geburtenkontrolle zu akzeptieren oder medizinische Maßnahmen, wie z.B. Sterilisation, anzuwenden, um die Geburtenrate zu kontrollieren und die Säuglings- und Muttersterblichkeit zu reduzieren. Es gibt Berichte, dass Sterilisationen ohne informierte Zustimmung stattfinden, wobei unklar ist, ob diese Praxis weit verbreitet ist, und ob hohe Regierungsbeamte damit zu tun haben (USDOS 20.4.2018; vgl. GIZ 9.2018c).
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II.1.2.7.2. Kinder
Die Staatsbürgerschaft von Usbekistan wird durch Geburt auf dem Territorium des Landes oder auch von den Eltern abgeleitet. Geburten werden in der Regel sofort registriert (USDOS
20.4.2018) .
Buben und Mädchen haben gleichberechtigten Zugang zur staatlichen. subventionierten Gesundheitsversorgung. Kinder ohne offizielle Adresse. wie Straßenkinder und Kinder von Wanderarbeitern, haben jedoch keinen regelmäßigen Zugang zu staatlichen Gesundheitseinrichtungen (USDOS 20.4.2018).
Männliche Nachkommen genießen in der usbekischen Gesellschaft einen viel höheren Stellenwert als die weibliche Nachkommenschaft. Dieser ungleiche Stellenwert hat auch spätere Implikationen. Beispielsweise wird für Mädchen eine Hochschulbildung für nicht so notwendig erachtet wie für einen Buben. Zudem lastet auf jungen Frauen ein weitaus höherer gesellschaftlicher Druck jung zu heiraten (GIZ 9.2018c). Das gesetzliche Mindestalter für die Ehe beträgt 17 Jahre für Frauen und 18 Jahre für Männer. wobei die Distrikte das Alter in Ausnahmefällen um ein Jahr herabsetzen können. In einigen ländlichen Gebieten werden Mädchen bereits im Alter von 15 Jahren bei religiösen. nicht offiziell vom Staat anerkannten Zeremonien verheiratet (USDOS 20.4.2018).
Die schwierige wirtschaftliche Lage und die zunehmende Islamisierung der Gesellschaft führen zu einem Rückgang des Anteils von Mädchen bei weiterführenden Schulen (GIZ 9.2018c).
Kinder sind in der Landwirtschaft. in Familienbetrieben wie Bäckereien und Lebensmittelgeschäften. sowie als Straßenverkäufer tätig. Das gesetzliche Mindestalter für die Erwerbstätigkeit liegt bei 16 Jahren. Das Gesetz erlaubt Teilzeitarbeit ab dem Alter von 15 Jahren. wobei Kinder. mit Erlaubnis ihrer Eltern in der schulfreien Zeit maximal 24 Stunden pro Woche arbeiten. Zwischen dem 16. und dem 18. Lebensjahr sind in der schulfreien Zeit 36 Arbeitsstunden pro Woche gestattet ist und 18 Arbeitsstunden pro Woche. während der Schulzeit. Die Beschäftigung in einigen gefährlichen Bereichen ist für Kinder und Jugendliche unter dem 18 Lebensjahr verboten. Dazu zählen Arbeit unter Tage. unter Wasser. in großen Höhen. bei der manuellen Baumwollernte und bei der Ernte. wenn gefährliche Gerätschaften zum Einsatz kommen (USDOS 20.4.2018). Der - früher systematische - Einsatz von Kinderarbeit bei der Baumwollernte in Usbekistan ist in den letzten Jahren ausgelaufen und es werden unter Präsident Mirziyoyev konkrete Maßnahmen zur vollständigen Beendigung der Zwangsarbeit ergriffen (ILO 12.12.2017). Es gibt noch vereinzelte Berichte von zehnjährigen Schülern, die bei der Baumwolleernte eingesetzt werden (USDOS 20.4.2018).
Alle Formen sexueller Ausbeutung von Kindern sind gesetzlich verboten. Kinderprostitution wird mit einem Bußgeld in der Höhe des 25 bis 50 fachen Monatsgehaltes und einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht. Die Produktion von Kinderpornografie (an der Personen unter 21 Jahren beteiligt sind) wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet. Das Mindestalter für einvernehmliches Geschlecht beträgt 16 Jahre. Die Strafe für Vergewaltigung beträgt 15 bis 20 Jahre Haft. Gewalt gegen Kinder wird gesellschaftlich als Familienangelegenheit angesehen, sodass es zu diesem Thema wenige offizielle Informationen gibt (USDOS 20.4.2018).
II.1.2.8. Bewegungsfreiheit
Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland. jedoch wird diese in der Praxis eingeschränkt (USDOS 20.4.2018). Für den Umzug in eine neue Stadt ist eine Genehmigung erforderlich und häufig werden Bestechungsgelder gezahlt. um erforderliche Dokumente zu erhalten (FH 1.2018). Für den Umzug nach Taschkent ist beispielsweise eine behördliche Aufenthaltsgenehmigung oder der Erwerb einer Immobilie notwendig. Nicht registrierte Personen in Taschkent erhalten keine städtischen Dienstleistungen. können nicht legal arbeiten. ihre Kinder nicht zur Schule schicken und erhalten keine routinemäßige medizinische Versorgung (USDOS
20.4.2018) .
Bürger Usbekistans sind verpflichtet für Reisen außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Ausreisevisa zu beantragen (USDOS 20.4.2018; vgl FH 1.2018). Generell gewährt die Regierung Bürgern und Ausländern mit Daueraufenthaltsberechtigung die erforderlichen Ausreisevisa. um außerhalb der GUS zu reisen oder um auszuwandern. Ein Visum kann jedoch auch verweigert werden. wobei die Bestimmungen dafür schlecht definiert sind und Bescheide nicht angefechtet werden können. Der Verstoß gegen die Ein- und Ausreisebestimmungen wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren bedroht (USDOS 20.4.2018). Präsident Mirziyoyev kündigte an. dass die Ausreisevisa bis Jänner 2019 abgeschafft werden sollen (FH 1.2018; vgl. AI 22.2.2018; HRW 18.1.2018).
Dennoch wurde die Reisefreiheit von neu entlassenen Häftlingen. welche aus politischen Gründen verurteilt worden waren eingeschränkt und einige ehemalige Häftlinge wurden daran gehindert. für eine dringende medizinische Behandlung ins Ausland zu reisen (AI 22.2.2018).
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II.1.2.9. Grundversorgung und Wirtschaft
Auch im 27. Jahr seiner Unabhängigkeit befindet sich Usbekistan noch im Übergang von einer sowjetisch-zentralistischen Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlich orientierten System. Allerdings ist es das erklärte Ziel der Regierung, Wirtschaftsliberalisierung, Privatisierungen und Strukturreformen nun endlich voranzutreiben, um das Land attraktiver für ausländische Investitionen zu machen. Im September 2017 wurde daher u.a. eine Liberalisierung des bislang sehr restriktiven Devisenbewirtschaftungssystems eingeleitet. Außerdem wurden neue Sonderwirtschaftszonen ausgerufen, Zölle und Handelsbeschränkungen abgebaut. Bereits seit Längerem gibt es Förderprogramme für kleinere und mittlere Unternehmen (AA 4.2018b).
Das BIP wuchs 2017 um ca. 5,3 Prozent. Wichtigste Wirtschaftszweige Usbekistans sind die Industrie, der Bergbau und die Landwirtschaft. Der Industriesektor ist offiziellen Angaben zufolge 2017 um 1,5 Prozent gewachsen. Hauptindustriezweige sind die Brennstoffindustrie (Gasverarbeitung), Maschinenbau, Metallverarbeitung, und Elektrotechnik (in dieser Gruppe insbesondere die Auto-Industrie mit ihrem Aushängeschild, dem Werk "GM-Uzbekistan" im Ferganatal), die Leichtindustrie (v.a. Textil) sowie das Hüttenwesen (Metallurgie). Usbekistan ist reich an Bodenschätzen wie Gold, Kupfer, Uran, Kohle und Erdgas. Gleichwohl gehört Usbekistan zu den ärmsten Ländern der GUS. Mit einem Bruttonationaleinkommen pro Kopf von 1.520,5 US- Dollar - das nominelle Bruttoinlandsprodukt betrug laut offizieller usbekischer Statistik im Jahr 2017 48,8 Mrd. US-Dollar - zählt Usbekistan zu den "lower middle income" Ländern der WeltbankKlassifikation. Größter Handelspartner Usbekistans ist China mit einem Anteil von 18,5 Prozent am gesamten Außenhandel (AA 4.2018b). Wichtigster Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft mit ca. 60 Prozent der Beschäftigten und einem Anteil von ca. 30 Prozent am BIP (GIZ 8.2018a).
Erhebliche Teile der Bevölkerung sind nach wie vor von Armut bedroht. Die staatlichen Gehälter und Renten sind sehr niedrig. Viele Familien würden nicht überleben, wenn sie keine Überweisungen von ihren im Ausland tätigen Verwandten erhalten würden (BTI 2018). Der Lebensstandard der Bevölkerung ist niedrig, etwa 17 Prozent der Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze (Brockhaus 13.11.2018).
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II.1.2.10. Sozialsystem
Usbekistan hat versucht trotz des Systemwechsels ein dichtes soziales Netz aufrechtzuerhalten. Zwischen 1991 und 1994 fand eine schrittweise Umgestaltung des sozialen Sicherungssystems statt. in deren Verlauf die Ausgaben den verminderten finanziellen Möglichkeiten des Staates angepasst wurden. Seit 1995 ist der Staat bemüht. die Zielgenauigkeit der Sozialleistungen zu verbessern. d.h. allgemeine staatliche Zuwendungen aufzugeben zugunsten von Hilfen für wirklich bedürftige Gruppen. Diese Ziele wurden v.a. durch vier sozialpolitische Komponenten verfolgt (GIZ 9.2018c).
a) Das Mahalla-System
Die usbekische Regierung schuf das Mahalla-System zur dezentralisierten Unterstützung von bedürftigen Familien. Dabei handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten um diese weiter zu verteilen (GIZ 9.2018c).
b) Unterstützung für Mütter und Kinder
Für Familien mit Kindern. die nur über ein geringes Einkommen verfügen. gibt es weitere Möglichkeiten, öffentliche Unterstützung zu erhalten. wie Einmalzahlung zur Geburt eines jeden Kindes (zweifacher Mindestlohn), Kindergeld (für unter zweijährige in 1.5facher Höhe des Mindestlohnes), Extra-Leistungen und Steuerermäßigungen für Familien mit behinderten Kindern. Unterstützungszahlungen für Kinder unter 16 Jahren (50 Prozent des Mindestlohns für das erste Kind. 100 Prozent für das zweite Kind. 140 Prozent für das dritte Kind und 170 Prozent ab dem vierten Kind) und materielle Leistungen für bedürftige Familien, z.B. Winterkleidung für Kinder (GIZ 9.2018c). Im Falle einer Mutterschaft werden 100 Prozent des Einkommens 56 Tage vor und 56 Tage nach dem Geburtstermin bezahlt. Im Fall von Komplikationen oder Mehrfachgeburten kann der Unterstützungszeitraum auf 70 Tage ausgeweitet werden. Berufstätige Mütter. die unter zwei jährige Kinder betreuen erhalten 200 Prozent des monatlichen Mindestlohns. während Mütter für die Betreuung eines Kindes zwischen zwei und drei Jahren unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Der monatliche Mindestlohn beträgt 149.775 Soms (Stand Oktober 2016) (SSA 3.2017).
c) Das Pensionssystem
Die arbeitende Bevölkerung kommt für den Unterhalt der Pensionsbezieher auf. Anspruch auf Pension haben Alte (Männer ab 60. Frauen ab 55 Jahren). Arbeitsunfähige und Familien. die den Ernährer verloren haben (GIZ 9.2018c). Die Rente wird einkommensabhängig ausgezahlt und beträgt 55 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes von fünf aufeinander folgenden Jahren in den letzten zehn Jahren, für Versicherte mit hohem und mittlerem Einkommen. Personen mit niedrigem Einkommen, erhalten die minimale monatliche Altersrente. Unter niedrigem Einkommen versteht man ein durchschnittliches Monatseinkommen unter der monatlichen Mindestrente. Mit Stand Oktober 2016 beträgt die minimale monatliche Rente 292.940 Soms. Die Leistungen werden an die Entwicklung der Lebenserhaltungskosten angepasst (SSA 3.2017). Die Pensionen sind zwar im Verhältnis zum vorherigen Einkommen großzügig bemessen, können aber angesichts sehr niedriger Gehälter und Löhne kein Existenzminimum sichern. Derzeit arbeitet die Regierung an einer umfassenden Rentenreform, die auch Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge miteinbeziehen soll (GIZ 9.2018c).
Es gibt auch eine Invalidenrente, die nach drei Invaliditätskategorien ausbezahlt wird: Gruppe I (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit und ständige Anwesenheit), Gruppe II (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit und nicht ständige Anwesenheit) und Gruppe III (Teilinvalidität und Arbeitsunfähigkeit). Personen in den Invaliditätsgruppen I und II erhalten bei weniger als 25 Jahren Erwerbstätigkeit bei Männern und weniger als 20 Jahren Erwerbstätigkeit bei Frauen 55 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns eines aufeinander folgenden Fünfjahreszeitraums in den letzten zehn Jahren. Bei mehr Erwerbsjahren sind es 100 Prozent. Personen in der Invaliditätsgruppe III erhalten 30 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns eines aufeinander folgenden Fünfjahreszeitraums in den letzten zehn Jahren. Die monatliche Mindestrente für Personen der Invaliditätsgruppen I und II beträgt 100 Prozent der monatlichen Mindestrente von 292,940 Soms, für Personen in der Invaliditätsgruppe III sind es 50 Prozent (SSA 3.2017).
d) Arbeitslosenunterstützung
Schon kurz nach der Unabhängigkeit führte die usbekische Regierung einen Beschäftigungsfond ein, der aus den Beiträgen der Arbeitnehmer in Höhe von 2,5 Prozent des Lohnes finanziert wird. Die Unterstützung, die Arbeitslose aus diesem Fonds erhalten, ist so gering, dass nur ein kleiner Teil der Arbeitslosen die Auszahlung überhaupt beantragt (GIZ 9.2018c). Um sich für Arbeitslosenunterstützung zu qualifizieren, muss die Person in den letzten zwölf Monaten mindestens zwölf Wochen gearbeitet haben oder sich zum ersten Mal als Arbeitssuchender registrieren. Weitere Voraussetzungen sind Arbeitsfähigkeit und -willigkeit, und dass kein Einkommen aus einer Beschäftigung erarbeitet wird. Die Leistung kann gekürzt, ausgesetzt oder beendet werden, wenn der Versicherte wegen eines Verstoßes gegen die Arbeitsdisziplin entlassen wurde, das Dienstverhältnis ohne wichtigen Grund beendet hat, die Bedingungen für eine Arbeitsvermittlung oder Berufsausbildung verletzt wurde oder betrügerische Ansprüche geltend gemacht hat (SSA 3.2017).
Der Anteil der Sozialausgaben am öffentlichen Haushalt ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten konstant geblieben. Berücksichtigt man allerdings das gesunkene BIP, ergibt sich absolut betrachtet eine Abnahme der öffentlichen Sozialleistungen. Der Staat fühlt sich also nach wie vor zur sozialen Fürsorge verpflichtet, kann der weitverbreiteten Bedürftigkeit aber aufgrund beschränkter Mittel und zu wenig zielgerichteter Verteilung nicht nachkommen. Die Zahlen zu unter- und fehlernährten Kindern sprechen hier eine deutliche Sprache (GIZ 9.2018c).
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II.1.2.11. Medizinische Versorgung
Die Gesundheitsversorgung ist unterfinanziert. Das in der Sowjetunion relativ leistungsfähige, stark zentralisierte und subventionierte Gesundheitswesen ist kaum noch in der Lage eine ausreichende flächendeckende Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Armutsbezogene Krankheiten, wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch. Einige unabhängige Experten schlagen Alarm und weisen auf katastrophale Zustände im Gesundheitssystem des Landes hin (GIZ 9.2018c).
Das staatliche Gesundheitssystem besteht aus drei hierarchischen Ebenen: der nationalen (republikanischen) Ebene, der Viloyat- (regionalen) Ebene und der lokalen Ebene, die sich aus ländlichen Tumanen (Bezirken) oder Städten zusammensetzt. Daneben existiert ein relativ kleiner Privatsektor (BDA 22.9.2017).
Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern freien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Öffentliche Primärgesundheitszentren gewährleisten eine flächendeckende Versorgung mit staatlich garantierter Heil- und Vorsorgepflege. Das von der Regierung garantierte Grundleistungspaket umfasst die Grundversorgung, die Notfallversorgung, die Versorgung unter sozial schwierigen und gefährlichen Bedingungen (insbesondere bei schweren, übertragbaren Krankheiten sowie bei einigen nicht übertragbaren Krankheiten, wie schlechte psychische Gesundheit und Krebs) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, die von der Regierung als gefährdet eingestuft werden. Medikamente, die während der stationären Versorgung verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für von der Regierung deklarierte Bevölkerungsgruppen, wie Veteranen des Zweiten Weltkriegs, HIV/AIDS- Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs, sowie bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Rentner, kostenlos (BDA 22.9.2017).
Da das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz von formellen Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).
Aufgrund finanzieller Probleme ist der Standard des staatlichen Gesundheitswesens, besonders in den ländlichen Regionen, stark beeinträchtigt. 2014 kamen durchschnittlich auf 1.000 Einwohner 2,7 Ärzte und 4,4 Krankenhausbetten. (Brockhaus 13.11.2018).
Das Gesetz schützt HIV-Infizierte vor Diskriminierung und sieht eine kostenlose Gesundheitsversorgung vor. Personen, von denen bekannt wurde, dass sie HIV-positiv sind, berichteten über darauf folgende soziale Isolation und Diskriminierung durch Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, Gesundheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Vermieter und Arbeitgeber. Das Militär hat HIV-positive Rekruten aus der Armee ausgestoßen (USDOS 20.4.2018).
LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle/Transgender und Intersexuelle) Aktivisten berichteten, dass Krankenstationen die persönliche Geschichte von HIV-infizierten Patienten überprüften und sie als Drogenabhängige, Homosexuelle oder an Prostitution beteiligte Personen einstuften. Diejenigen, die den Aktenvermerk "homosexuell" erhielten, wurden zur polizeilichen Überprüfung verweisen, da Homosexualität zwischen Männern eine Straftat ist (USDOS 20.4.2018).
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II.1.2.12. Rückkehr
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist in Usbekistan mit dem Assisted Voluntary Return and Reintegration Programm (AVRR) zur unterstützten freiwilligen Rückkehr und Reintegration aktiv. In den Jahren 2016 und 2017 haben jeweils weniger als 100 usbekische Staatsbürger Leistungen im Rahmen des AVRR-Programms in Anspruch genommen (IOM 2017; vgl IOM 2018).
Bis Ende 2014 gab es keine konkreten Beweise für Verhaftungen oder Verurteilungen von nach Usbekistan zurückgekehrten Asylbewerbern. ohne politischen oder religiösen Hintergrund. Im Dezember 2014 wurden sechs ehemalige Asylbewerber. die aus Norwegen nach Usbekistan zurückkehrten. wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu zwölf und 13 Jahren Haft verurteilt. Seit der Amtsübernahme von Präsident Mirziyoyev im Dezember 2016 wurden einige Veränderungen zum Besseren beobachtet (Landinfo 18.4.2018). Präsident Mirziyoyev hat sich auch an die große usbekische Diaspora gewandt und sie aufgefordert. zurückzukehren und die wirtschaftliche Liberalisierung des Landes zu unterstützen (Euromoney 4.10.2018).
Im Jahr 2015 kehrten 300.000 bis 350.000 Arbeitsmigranten aus Russland nach Usbekistan zurück. Da die Behörden wegen der Massenrückkehr von Bürgern. die keine Arbeit finden konnten ernste soziale Spannungen befürchteten. wurde einerseits ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen genehmigt. andererseits das Überwachungssystem für zurückkehrende Bürger verstärkt. Insbesondere die Mahalla-Kommitees berichteten über die Bürger. Dieses Klima hat dafür gesorgt. dass viele Arbeitsmigranten wieder nach Russland zurückkehrten (Regnum 14.8.2017).
Die usbekischen Behörden versuchen Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten zu schaffen. Der stellvertretende Minister für Arbeit und Sozialschutz. Furkat Khalilov. erinnerte in einem Interview mit der RIA Novosti daran. dass 2015 für Wanderarbeiter, die in ihre Heimat zurückkehren wollten, 409.500 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ein spezielles
Regierungsprogramm liefert in sieben Regionen des Landes Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten. Gleichzeitig erhalten sie Unterstützung von der Regierung und Kleinkredite von Geschäftsbanken (Stan Radar 3.2.2017).
Der prominente usbekische Menschenrechtsaktivist und Kritiker des verstorbenen Präsidenten Islam Karimow ist am 26.9.2018. nach mehr als einem Jahrzehnt im Exil in Frankreich nach Usbekistan zurückgekehrt. Beamte der usbekischen Botschaft in Paris haben ihn Mitte August kontaktierten, um ihm mitzuteilen, dass er mit einem Jah