Entscheidungsdatum
26.09.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I413 2200502-2/2E
I413 2200507-2/2E
I413 2200509-2/2E
I413 2200511-2/2E
I413 2200514-2/2E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über den Antrag von 1. XXXX, geb. XXXX, 2. XXXX, geb. XXXX, 3. XXXX, geb. XXXX, 4. XXXX, geb. XXXX und 5. XXXX, geb. XXXX, alle StA Irak, beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 21.05.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (in Folge auch BVwG) eine mündliche Verhandlung über die Beschwerden der Antragsteller gegen die jeweils gleichlautenden Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA), Zl. XXXX, Zl. XXXX, Zl. XXXX, Zl. XXXX, statt und wurden die Erkenntnisse mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich mündlich verkündet. Das Bundesverwaltungsgericht folgte am 21.05.2019 im Anschluss an die mündliche Verkündung den Antragstellern und ihrer Rechtsvertretung die Niederschrift aus.
2. Mit E-Mail vom 23.05.2019 an das BVwG stellte die durch Vollmacht ausgewiesene Rechtsvertretung der Antragsteller einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 21.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
3. Mangels zulässiger Einbringungsform dieses Ausfertigungsantrages vom 23.05.2019 ergingt am 26.07.2019 eine gekürzte Ausfertigung des am 21.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses, Zl. XXXX, Zl. XXXX, Zl. XXXX, Zl. XXXX, Zl. XXXX und wurde dieses Erkenntnis den nunmehrigen Antragstellern am selben Tag zugestellt.
4. Mit Schriftsatz vom 07.08.2019, beim BVwG eingelangt am selben Tag, stellten die Antragsteller gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wobei sie als Begründung im Wesentlichen folgendes vorbrachten:
Nach der mündlich verkündeten negativen Entscheidung durch das BVwG am 21.05.2019 seien die Antragsteller zunächst schockiert und dann zunehmend aufgebracht gewesen, weshalb sie der anwesenden Vertreterin des "Vereins Menschenrechte Österreich" unmittelbar nach der Verhandlung erklärt haben, sich einen eigenen Anwalt zu suchen und keine Unterstützung mehr vom "Verein Menschenrechte Österreich" zu wollen. Am 23.05.2019 habe die Zweitantragstellerin im Asylzentrum der Caritas Wien vorgesprochen und sei ihr ein Zettel mit der Frage "Wurde eine Ausfertigung des Erkenntnisses für uns beantragt? Wenn ja, wann?" überreicht. Mit diesem Zettel sei sie zum "Verein Menschenrechte Österreich" gegangen, wo man ihr als Antwort "Ja am 23.05.2019" am Zettel vermerkt habe. Daraufhin sei der Zweitantragstellerin mitgeteilt worden, dass derzeit nur mehr auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gewartet werden könne.
Ende Juni 2019 sei den Antragstellern mitgeteilt worden, dass der vom "Verein Menschenrechte Österreich" am 23.05.2019 per E-Mail gestellte Ausfertigungsantrag unwirksam und die Zweiwochenfrist nach § 29 VwGVG inzwischen bereits verstrichen sei.
Aus diesem dargelegten und bescheinigten Sachverhalt ergebe sich, dass die Antragsteller durch ein für sie unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne des § 33 Abs 1 VwGVG an der rechtzeitigen Stellung eines Ausfertigungsantrages gem. § 29 VwGVG gehindert gewesen seien, namentlich dadurch, dass nach der Auflösung ihres Vollmachtsverhältnisses mit dem "Verein Menschenrechte Österreich" die am 23.05.2019 anwesende Schalterbedienstete des Vereins, ohne ihr Zutun und bloß aufgrund ihrer Nachfrage offenbar die mit E-Mail vom 23.05.2019 erfolgte Antragstellung veranlasst habe, wobei ihr die Bestimmung des § 1 Abs 1 BVwG-EVV und die dazu ergangene Rechtsprechung offensichtlich nicht bekannt waren. Bei der angesprochenen Schalterbediensteten habe es sich wohl um keine Rechtsberaterin gehandelt, dies sei sowohl aus der Aufmachung als auch aus der Formulierung des E-Mails vom 23.05.2019 erschließbar. Für die Antragsteller sei der unterlaufene Fehler weder erkennbar noch zu erwarten gewesen, weil sie ja nur dem Auftrag der Caritas, den Zettel mit der Frage, ob bereits ein Ausfertigungsantrag gestellt worden sei, nachgekommen seien und sie auch bloß die Antwort auf den Zettel geschrieben bekommen haben. Die Antragsteller seien auf den der Rechtsberatung unterlaufenen Fehler erst am 02.08.2019 im Rahmen einer Caritas-Rechtsberatung aufmerksam gemacht worden.
Wesentlich sei allerdings hervorzuheben, dass die Antragsteller dem "Verein Menschenrechte Österreich" die Vertretungsvollmacht bereits unmittelbar nach der Beschwerdeverhandlung am 21.05.2019 mündlich aufgekündigt haben und dass der Verein von den Antragstellern auch keinerlei Auftrag zur Einbringung eines Ausfertigungsantrages erhalten habe. Dass die Antragsteller selbst keinen Antrag gestellt haben, sei letztlich allein auf die am 23.05.2019 erteilte Auskunft zurückzuführen, dass ein solcher Antrag bereits am 23.05.2019 gestellt worden sei.
Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag sei rechtzeitig, da die Antragsteller erst durch die am 26.07.2019 erfolgte Zustellung der gekürzten Ausfertigung des Erkenntnisses vom 21.05.2019 bzw. eigentlich erst durch die am 02.08.2019 von Seiten der Caritas erhaltene Erläuterung von einer möglichen Versäumung der Frist zur Stellung eines Ausfertigungsantrages Kenntnis erlangt haben.
Mit dem Antrag auf Wiedersetzung verbunden, stellten auch in einem den Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 21.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben dargestellte Verfahrensgang wird als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt und ergänzend werden folgende Feststellungen getroffen:
Die durch den Verein Menschenrechte Österreich vertretenen Antragsteller wurden in der mündlichen Verhandlung am 21.05.2019 nach Verkündung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs 2a VwGVG über ihr Recht belehrt, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs 4 zu verlangen sowie darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt. Diese Belehrung wurde den Antragstellern in ihre Muttersprache, der arabischen Sprache durch den in der mündlichen Verhandlung anwesenden nichtamtlichen Dolmetscher übersetzt.
Die Niederschrift wurde den Antragstellern und ihrer Rechtsvertretung persönlich am 21.05.2019 im Anschluss an die mündliche Verhandlung ausgehändigt.
Am 23.05.2019 langte in der Einlaufstelle des BVwG eine E-Mail mit folgendem Inhalt ein:
"Sehr geehrte Damen und Herren!
In der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2019 wurde den Beschwerdeführerin die Möglichkeit eingeräumt, binnen 2 Wochen einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung ihres Erkenntnisses zu machen.
Dieser wird hiermit eingebracht! Die BF möchten in weiterer Folge gegen das Erkenntnis Beschwerde/Revision erheben und benötigen dafür die vollumfängliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
MfG
..."
Mangels fristgerechter Einbringung eines Antrages auf schriftliche Ausfertigung erging eine gekürzte Ausfertigung des am 21.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 26.07.2019, welches den Antragstellern am selben Tag zugestellt wurde. Im Erkenntnis wurde auf § 1 Abs 1 letzter Satz BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung (BVwG-EVV) hingewiesen und begründend ausgeführt, dass im vorliegenden Fall der von der Rechtsvertretung der Beschwerdeführer per E-Mail vom 23.05.2019, 15:04 Uhr, gestellte Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses als nicht eingebracht anzusehen ist und daher das mündlich verkündete Erkenntnis mangels eines eingebrachten Antrages gemäß § 29 Abs 5 VwGVG verkürzt ausgefertigt werden kann.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 07.08.2019 wurde somit fristgerecht eingebracht.
Eine Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Verein Menschenrechte Österreich wurde dem Bundesverwaltungsgericht nie angezeigt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt und steht als erwiesen fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Zunächst ist die Bestimmung des § 1 Abs 1 der BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung (BVwG-EVV) anzuführen, welche die elektronische Einbringung von Schriftsätzen und von Beilagen zu Schriftsätzen regelt sowie eine taxative Aufzählung der zulässigen Einbringungsformen beinhält:
"Schriftsätze und Beilagen zu Schriftsätzen können nach Maßgabe technischer Möglichkeiten auf folgende Weise elektronisch eingebracht werden:
1. im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs;
2. über elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982;
3. im Wege des elektronischen Aktes;
4. im Wege einer standardisierten Schnittstellenfunktion;
5. mit auf der Website www.bvwg.gv.at abrufbaren elektronischen Formblättern;
6. mit Telefax.
E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung."
Demnach gibt es sechs verschiedene zulässige Formen der Einbringung von Schriftsätzen und nur eine explizite unzulässige Form, nämlich die Einbringung mittels E-Mail. Ein mittels E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachter Schriftsatz vermag daher keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 15.03.2018, Ra 2017/21/0155). Ein per E-Mail gestellter Antrag auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses ist als nicht eingebracht anzusehen (VwGH 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).
Wie im Verfahrensgang angeführt und festgestellt, wurde der Antrag auf Ausfertigung des am 21.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses jedoch gerade mit E-Mail vom 23.05.2019 gestellt, weshalb der Antrag als nicht eingebracht anzusehen war und eine gekürzte Urteilsausfertigung ergehen musste - eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses wäre unzulässig (VwGH 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG - somit die Bestimmungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113 sowie VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).
Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl etwa VwSlg 11.312/A sowie VwGH 21.05.1997, 96/21/0574). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Es ist daher ausschließlich das Vorbringen der Wiedereinsetzungswerber in ihrem Antrag vom 07.08.2019 auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl VwGH 24.01.1996, 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt hingegen nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).
Nach der zu § 71 Abs 1 AVG ergangenen und - insoweit auf § 33 Abs 1 VwGVG übertragbaren - Rechtsprechung ist das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen. Es hat dieselben Rechtswirkungen wie das Verschulden der Partei. Der Machtgeber muss sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz 44 mit weiteren Nachweisen). Sohin trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl zB VwGH 18.12.2014, Ra 2014/01/0015 sowie VwGH 26.02.2015, Ra 2014/22/0092, mwN).
Bei der Bevollmächtigung eines Vertreters ist das Vorliegen der Voraussetzung für die Wiedereinsetzung nach den für den Vertreter maßgebenden Verhältnissen zu beurteilen. Das zur Versäumung führende Ereignis muss daher den Vertreter an der rechtzeitigen Vornahme der Handlung gehindert haben und für ihn unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein (vgl VwGH 17.09.1990, 87/14/0030; 28.04.1992, 92/05/0051 und 23.06.2008, 2008/05/0122). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 06.05.2004, 2001/20/0195) kann auch ein Rechtsirrtum - etwa Unkenntnis von Rechtsvorschriften, unrichtige Beurteilung der Rechtslage etc. - einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes Verschulden bzw. minderer Grad des Versehens, vorliegen.
Ein Verschulden der Partei bzw des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (vgl VwGH 29.01.2014, 2001/20/0425).
3.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies konkret:
Die Antragsteller waren im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch den Verein Menschenrechte Österreich, ihrem mit Verfahrensanordnung zugewiesenen Rechtsberater aufgrund der von ihnen erteilten Vollmacht rechtlich vertreten. Beim Verein Menschenrechte Österreich handelt es sich um einen auf Verfahren vor dem BVwG in Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten spezialisierten Verein. Dieser und seine für ihn einschreitende Mitarbeiter sind nicht nur rechtskundig, sondern auch mit den spezifischen rechtlichen Anforderungen, den einzuhaltenden Fristen und Voraussetzungen des verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor dem BVwG bestens vertraut.
Wenn die Antragsteller ihre gleich nach der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 21.05.2019 vollzogene mündliche Vollmachtsauflösung mit dem "Verein Menschenrechte Österreich" ins Treffen führen, so ist gleich vorwegzuschicken, dass eine solche Vollmachtsauflösung dem Bundesverwaltungsgericht nie mitgeteilt worden ist. Dieses konnte (und musste) daher weiterhin von der Gültigkeit der von den Antragstellern erteilten und schriftlich vorliegenden Vollmacht des Vereins Menschenrechte Österreich ausgehen. Die behauptete Vollmachtsauflösung betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsvertreter und den Antragstellern und entfaltet nach Außen keinerlei Rechtswirksamkeit. Daher können sich die Antragsteller auch nicht darauf berufen, dass der mittels E-Mail vom 23.05.2019 und somit unzulässig gestellte Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 21.05.2019 als nicht eingebracht anzusehen wäre.
In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass - würde man den Ausführungen der Antragsteller folgen und von einem nicht von einer Vollmacht gedeckten Ausfertigungsantrag ausgehen - das Bundesverwaltungsgericht nicht anders vorgehen hätte können, als es vorgegangen ist. In diesem Fall läge nämlich (auch) kein Antrag auf schriftliche Ausfertigung vor, sodass nach § 29 Abs 5 VwGVG das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden konnte (was letztlich auch erfolgt ist).
Weiters haben die Antragsteller kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis geltend gemacht, wie im Folgenden näher ausgeführt wird:
Die Antragsteller waren während der mündlichen Verhandlung rechtsfreundlich vertreten und es liegt keine schriftliche Vollmachtsauflösung vor, weshalb ein allfälliger Fehler der Rechtsvertretung der Antragsteller - nämlich die unwirksame Einbringung eines Antrags auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses mittels E-Mail vom 23.05.2019 - diesen auch zuzurechnen ist. Es ist somit ein Verschulden der Antragsteller zu bejahen. Auch wenn etwaige Rechtsirrtümer ins Treffen geführt werden, ist dem entgegenzuhalten, dass die Antragsteller rechtsgültig durch eine angesehene rechtskundige Rechtsberatung aufgrund erteilter und nicht widerrufener Vollmacht vertreten waren. Vielmehr müssen sich die Antragsteller vorhalten lassen, dass sie eine Beratung nach der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG durch ihre während der Verhandlung anwesende Rechtsvertretung nicht in Anspruch genommen haben und sich sogleich eigenmächtig an eine neue Rechtsberatung gewandt haben. Weiters kommt hinzu, dass die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gemäß § 29 VwGVG belehrt wurden und diese Belehrung auch ins Arabische übersetzt wurde, womit sie Kenntnis von ihrem Recht auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses erhielten und belehrt wurden, dass eine solche schriftliche Ausfertigung Voraussetzung für die Einbringung einer Beschwerde oder Revision ist.
Aus dem soeben Ausgeführten ergibt sich, dass von dem für einen Wiedereinsetzungsantrag geforderten minderen Grad des Verschuldens nicht ausgegangen werden kann; vielmehr ist es den Antragstellern und Wiedereinsetzungswerbern schwer zur Last zu legen, dass sie sich gleich nach Verkündung einer negativen Entscheidung von ihrem bisherigen Rechtsvertreter abwenden und nicht mehr hinterfragen, was denn nun die nächsten notwendigen Schritte wären. Zudem mangelt es auch an einem unvorhergesehen oder unabwendbaren Ereignis, der die Antragsteller von der fristgerechten Vornahme des Antrages auf schriftliche Ausfertigung abgehalten hat, weshalb auch aus diesem Grund dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben werden konnte.
3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amtswegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Absatz 3 erster Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist unbestritten. Im vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung (samt verbundenem Antrag auf schriftliche Ausfertigung) wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Somit steht auch Art 6 EMRK dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses E - Mail Familienverfahren Fristversäumung gekürzte Ausfertigung minderer Grad eines Versehens objektiver Maßstab Rechtsberater Rechtsirrtum Rechtsvertreter Rechtzeitigkeit schriftliche Ausfertigung unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis Verschulden Vertretungsverhältnis Vollmacht WiedereinsetzungsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2200514.2.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020