Entscheidungsdatum
08.10.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W195 2219798-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz vom XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der beschwerdeführende XXXX stellte am XXXX an das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) einen Antrag auf Erlass einer Verordnung, mit der die Eignung als Erwachsenenschutzverein festgestellt werden sollte. Der Verein mit der ZVR-Zahl XXXX hat seinen Sitz in XXXX . Die wesentlichen Vereinszwecke sind
- die Durchführung von juristischen, psychologischen, sozialen und sozialarbeiterischen Beratungen samt Abklärung der individuellen Lebensbereiche,
- Erteilung von Informationen, Beratungen, Abklärungen von Unterstützungsmöglichkeiten und Organisation und Durchführung von Schulungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem neuen Erwachsenenschutzgesetz für Mitglieder und für diejenigen Personen, die Erwachsenenvertretungen, Vorsorgevollmachten usw. übernehmen wollen bzw. übernommen haben
- Übernahme von Erwachsenenvertretungen
- in Kooperation mit anderen Institutionen die Durchführung von Sozialmanagement, Case-, Care- und Changemanagement sowie Mediation und Supervision in damit im Zusammenhang stehenden Themenbereichen.
Der Verein beantragte die Feststellung seiner Eignung für bestimmte Tätigkeiten iSd § 1 ErwSchVG für die Bezirke Deutschlandsberg, Graz Stadt, Graz Umgebung, Hartberg - Fürstenfeld, Leibnitz, Südoststeiermark, Voitsberg und Weitz.
Der Antrag begründete die Erfüllung der Eignung, beigelegt waren ihm ein Vereinsregisterauszug und die Statuten des Antragstellers.
2. Der BMVRDJ wies den Antrag des BF mit Bescheid vom XXXX , ab. Begründend führte die Behörde aus, dass gemäß § 1 Abs 1 Erwachsenenschutzvereinsgesetz (ErwSchVG), BGBl Nr. 156/1990 idF BGBl Nr. I 58/2018, die Eignung eines Vereins, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, vom BMVRDJ mit Verordnung festzustellen sei, sofern für einen bestimmten sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich noch kein Verein tätig ist. Der vom BF beantragte Tätigkeitsbereich sei jedoch bereits mit Verordnung des BMVRDJ (BGBl. II Nr. 241/2018, ausgegeben am 11.09.2018) zur Gänze vom " XXXX " abgedeckt.
Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehr rechtsfreundlich vertretene BF fristgerecht Beschwerde. In dieser werden die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides gerügt. Die Behörde habe es unterlassen, Erhebungen dahingehend durchzuführen, ob für "die genannten Gemeinden" der Verein XXXX faktisch zuständig sei und Erwachsenenvertretungen in diesen Gebieten übernehme. Zum Beweis, dass dies nicht der Fall sei, wird in der Beschwerde die Einvernahme mehrerer Zeugen (alle organschaftliche Vertreter des BF) als auch Befragungen der örtlich zuständigen Bezirksgerichte beantragt. Sollte die belangte Behörde hingegen davon ausgehen, dass eine Prüfung der Eignung der BF nur möglich wäre, wenn dem Verein XXXX der räumliche Tätigkeitsbereich entzogen wäre, würde sich das gesamte Verfahren des Erwachsenenschutzvereinsgesetzes als verfassungswidrig erweisen, da diesfalls der Antrag der BF überhaupt nicht zu prüfen wäre - dies würde nach Ansicht des BF dem Rechtsstaatsprinzip widersprechen und zu einer Ungleichbehandlung führen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen
Mit Verordnung des BMVRDJ, BGBl II Nr 241/2018, ausgegeben am 11.09.2018, wurde die Eignung des Vereins XXXX für den von der BF später beantragten sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich iSd ErwSchVG festgestellt. Der Antrag der BF vom XXXX wurde deshalb mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des BMVRDJ abgewiesen.
II.2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Administrativakt, insbesondere aus dem Antrag des BF, dem Bescheid sowie der vorgelegten Beschwerde. Der Sachverhalt ist unbestritten und ergeben sich diesbezüglich auch keine Bedenken.
II.3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 ErwSchVG hat der Bundesminister für Justiz (nunmehr Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierungen und Justiz) die Eignung eines Vereins, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, somit
1. zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt zu werden,
2. Beratung im Sinn des § 4 zu erteilen,
3. im Auftrag der Gerichte Abklärungen im Sinn der §§ 4a und 4b durchzuführen,
4. nach § 4c bei der Errichtung von Vorsorgevollmachten, Erwachsenenvertreter-Verfügungen sowie Vereinbarungen über eine gewählte Erwachsenenvertretung mitzuwirken,
5. nach § 4d Eintragungen im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis vorzunehmen,
6. in Erwachsenenschutzverfahren nach § 119 AußStrG als Rechtsbeistand, nach § 120 AußStrG als einstweiliger Erwachsenenvertreter bzw. nach § 131 AußStrG als besonderer Rechtsbeistand bestellt zu werden,
7. gemäß § 13 Abs. 1 UbG Patientenanwälte oder
8. gemäß § 8 Abs. 3 HeimAufG Bewohnervertreter namhaft zu machen,
mit Verordnung festzustellen, soweit noch kein Verein für einen bestimmten sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich zuständig ist.
(2) Eine solche Verordnung kann nur mit Zustimmung des betreffenden Vereins erlassen werden.
(3) In der Verordnung ist der sachliche und räumliche Tätigkeitsbereich des Vereins anzuführen.
Gemäß § 1a ErwSchVG stellt ein Verein einen Antrag auf Feststellung seiner Eignung und sieht der Bundesminister für Justiz (nunmehr Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierungen und Justiz) keinen Anlass, eine Verordnung im Sinn des § 1 zu erlassen, so ist der Antrag mit Bescheid abzuweisen.
Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Verordnung zur Feststellung der Eignung von Vereinen, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, BGBL II Nr. 241/2018, wird die Eignung nachstehender Vereine zur Erfüllung der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 Z 1 bis Z 6 und Z 8 Erwachsenenschutzvereinsgesetz festgestellt:
1. Verein VertretungsNetz - Erwachsenenvertretung, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung .
Gemäß § 2 Z 1 Verordnung zur Feststellung der Eignung von Vereinen, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, BGBL II Nr. 241/2018, hat hinsichtlich der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 Z 1 bis Z 6 und Z 8 Erwachsenenschutzvereinsgesetz
1. der Verein VertretungsNetz - Erwachsenenvertretung, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung in den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien sowie in den Sprengeln der Bezirksgerichte Gänserndorf, Hollabrunn, Klosterneuburg, Korneuburg, Mistelbach, Purkersdorf, Tulln, Neumarkt bei Salzburg, Oberndorf, Salzburg und Thalgau, tätig zu werden.
Gemäß § 3 Abs 1 Z 1 Verordnung zur Feststellung der Eignung von Vereinen, als Erwachsenenschutzverein tätig zu werden, BGBL II Nr. 241/2018, hat hinsichtlich der der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 Z 7 Erwachsenenschutzvereinsgesetz
1. der Verein VertretungsNetz - Erwachsenenvertretung, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung in den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien ... tätig zu werden.
Das ErwSchVG sieht somit ein System vor, in dem Vereine, die sich diesem Vereinszweck widmen, Vertretungshandlungen nach den Regelungen des Erwachsenenschutzrechts vorzunehmen haben. § 2 ErwSchVG legt die Kriterien fest, die ein Verein zu erfüllen hat, um als geeignet festgestellt zu werden. Liegen diese Kriterien vor, hat der BMVRDJ eine Verordnung zu lassen, in der die Eignung festgestellt wird und ein bestimmter räumlicher und sachlicher Tätigkeitsbereich bestimmt wird (§ 1 Abs. 3). Voraussetzung für die Erlassung der Verordnung ist die Zustimmung des jeweiligen Vereins (§ 1 Abs. 2). § 1 Abs.1 letzter Satz ErwSchVG sieht vor, dass eine solche Verordnung nur erlassen werden darf, wenn für einen bestimmten räumlichen und sachlichen Geltungsbereich noch kein Verein zuständig ist.
§ 1a leg. cit. bestimmt, dass, wenn ein Verein einen Antrag auf Feststellung seiner Eignung stellt und der BMVRDJ keinen Anlass sieht, eine Verordnung im Sinn des § 1 zu erlassen, der Antrag mit Bescheid abzuweisen ist.
Aus diesen Regelungen folgt, dass für den Zeitraum der verordneten Feststellung der Eignung eines bestimmten Vereins keinem weiteren Verein die Eignung in gleichem Umfang im gleichen Gebiet entsprechend den Bestimmungen des ErwSchVG zugesprochen werden darf.
Dem BF ist insofern beizupflichten, dass eine rein formelle Betrachtung von § 1 Abs. 1 letzter Satz ErwSchVG iVm § 1a leg. cit. dazu führen würde, dass eine solche Verordnung die Antragstellung eines weiteren Vereins unzulässig machen würde, selbst wenn die Verordnung wegen des Wegfalls der Eignung eines Vereins gesetzwidrig geworden wäre. Ein solches Regelungsverständnis wäre wohl unsachlich und mit Art 7 B-VG nicht in Einklang zu bringen. In einem solchen Fall wäre eine Eignungsfeststellungsverordnung auf Antrag gemäß § 1a ErwSchVG zu ändern.
Die Beschwerde wegen Verletzungen von Verfahrensvorschriften geht allerdings insofern ins Leere, als die Behörde erst kurz vor dem verfahrenseinleitenden Antrag des BF die Eignung des in der Verordnung des BMVRDJ BGBl. II Nr. 241/2018 genannten Vereins festgestellt hat. Der Verordnungserlassung hat insofern eine umfassende Prüfung voranzugehen, als im Zuge der Verordnungserlassung die Erfüllung der Eignungsvoraussetzungen und die Gebarung des in der VO genannten Vereines genau zu prüfen ist. Es wurden weder im verfahrenseinleitenden Antrag noch in der Beschwerde konkrete Argumente oder Beweise vorgebracht, die die Eignung des momentan mit den Aufgaben nach den Bestimmungen des ErwSchVG betrauten Vereines in Frage stellen würde. Inwiefern der BF im Rahmen der Eignungsfeststellung, die der BMVRDJ durchgeführt hat, eingebunden war bzw. Argumente gegen die Eignung der aktuell tätigen Vereine vorgebracht hat, ist im gegenständlichen Verfahren nicht erheblich.
Offen bleibt somit die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, für bestimmte räumliche und sachliche Wirkungsbereiche nur einen Verein iSd ErwSchVG tätig werden zu lassen. Nach dem Regelungssystem des ErwSchVG sind für Tätigkeiten nach diesem Bundesgesetz nur Vereine zugelassen, die nicht auf Gewinn gerichtet sind und deren Zweck ausschließlich in der Wahrnehmung der in diesem Bundesgesetz umschriebenen Aufgaben besteht. Ein Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit durch die Regelungen des ErwSchVG scheidet somit aus, da der Gesetzgeber die Wahrnehmung der in diesem Bundesgesetz geregelten Aufgaben eben gerade nicht in einem auf wirtschaftlichen Erwerb gerichteten Zusammenhang erledigt wissen will - was insoferne nachvollziehbar ist, als die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen von Menschen, die dazu selbst nicht in der Lage sind, nicht von den wirtschaftlichen Interessen ihrer Vertreter geleitet werden soll.
Somit bleibt die Frage zu klären, ob die Regelung, ausschließlich die Eignung (und damit Betätigung) eines einzigen Vereins für bestimmte Wirkungsbereiche zuzulassen, generell sachlich und damit in Einklang mit Art 7 B-VG zu bringen ist. Die EBRV des 2. Erwachsenenschutzgesetzes (1461 d.B. XXV. GP) führen dazu folgendes aus:
"Diese Regelung ist notwendig, weil es den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (vgl. Art. 126b Abs. 5 B-VG) widerspräche, weitere Vereine anzuerkennen, denen dann ebenfalls nach Maßgabe des § 8 VSPBG (nunmehr: § 8 ErwSchVG, Anm.) Subventionen (auch zur Deckung der "Overhead-Kosten") gewährt werden müssten. Dieses Argument kann jedoch einem Ansuchen um Eignungsfeststellung nicht entgegengehalten werden, weil das Bundesfinanzgesetz nur die Verwaltung (intern) bindet, aber keine Außenwirkung entfaltet (Öhlinger, Verfassungsrecht³ [1997] 192). Das geltende Recht enthält in § 2 VSPBG lediglich Kriterien zur Beurteilung der Eignung eines Vereins, die in Vollziehung des VSPBG bindenden haushaltsrechtlichen Vorgaben sind nicht Gegenstand dieses Gesetzes. Müsste vor diesem Hintergrund die Eignung einer größeren Anzahl von Vereinen festgestellt werden, so würde dies bedeuten, dass die ohnedies sehr knappen Mittel zu einem immer größeren Teil zur Abdeckung der indirekten Kosten der Vereine verwendet werden müssten und damit die Versorgung der Bevölkerung mit Vereinssachwaltern (zukünftig Erwachsenenvertretern), Patientenanwälten und Bewohnervertretern beeinträchtigt würde. Damit wäre aber die Institution solcher Vereine insgesamt in Frage gestellt. Außerdem muss wegen der im UbG und im HeimAufG vorgesehenen "ex-lege-Vertretung" der Patientenanwaltschaft (§ 13 Abs. 1 UbG) bzw. Bewohnervertretung (§ 8 Abs. 2 HeimAufG) jedenfalls in diesen Fachbereichen sichergestellt werden, dass jeweils nur ein Verein für ein bestimmtes Gebiet zuständig ist. Deshalb wird nun vorgeschlagen, dass die Betrauung eines Vereins nur dann erfolgen darf, soweit noch kein Verein für einen bestimmten sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich zuständig ist. Das bedeutet, dass für einen bestimmten räumlichen Tätigkeitsbereich jeweils nur ein Verein für einen bestimmten sachlichen Tätigkeitsbereich zuständig sein kann. Möglich ist es aber, dass im selben räumlichen Tätigkeitsbereich mehrere Vereine mit einem unterschiedlichen sachlichen Tätigkeitsbereich bestehen."
Im Wesentlichen argumentiert die RV damit, dass die in Rede stehende Regelung sicherstellen soll, dass der möglichst größte Teil der für den Bereich der Erwachsenenvertretung vorgesehenen Mittel für die Erfüllung dieser Aufgabe und nicht für Vereinsoverheads verwendet werden soll, was wiederum durch die Beschränkung auf möglichst wenige tätige Vereine erreicht werden soll. Dieses Argument ist aus Sicht des erkennenden Gerichts zwar nachvollziehbar, aber für sich genommen noch nicht ausreichend, um § 1 Abs 1 letzter Satz ErwSchVG als verfassungskonform ansehen zu können, da es dem Bundesfinanzgesetzgeber ja durchaus freistünde, höhere Summen zur Bedeckung der Verpflichtung nach § 8 ErwSchVG vorzusehen - immerhin spricht die Bestimmung selbst von den "verfügbaren Mitteln".
Wesentlich erscheint dem BVwG daher, dass die Erfüllung der Aufgabe Erwachsenenvertretung in der Hand von ausreichend großen und zuverlässigen Institutionen liegt und somit die optimale Versorgung der Betroffenen mit den nötigen Leistungen sichergestellt ist - der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, dass dies dann der Fall ist, wenn die Aufgaben nach ErwSchVG möglichst konzentriert wahrgenommen werden und eine Zersplitterung der Aufgabenwahrnehmung möglichst unterbleibt. Ein solcher rechtspolitischer Anspruch ist legitim und wurde vom VfGH wenn auch im Kontext betreffend öffentliche Interessen und öffentlicher Verkehr jüngst im Zusammenhang mit einem potenziellen Konkurrenzschutz und dessen Vereinbarkeit mit Art 6 StGG für zulässig erachtet (VfSlg. 20201/2017).
Die mit der Aufgabe der Erwachsenenvertretung betrauten Vereine haben überdies jährlich Bericht über ihre Tätigkeit und ihre Mittelverwendung zu legen, sodass der BMVRDJ Einblick in die Tätigkeit der jeweiligen Vereine hat und sich ein Bild über die fortbestehende Eignung der Vereine verschaffen kann - und gegebenenfalls - auf Antrag oder von Amts wegen eine veränderte EignungsfeststellungsVO erlässt. Es ist somit sichergestellt, dass die Aufgaben nach dem ErwSchVG immer von zuverlässigen und leistungsfähigen Vereinen wahrgenommen werden.
Da § 1a leg cit. die ex lege - Abweisung eines entsprechenden Antrages bei dem vorliegenden Sachverhalt vorsieht, hatte die belangte Behörde keine weitere Prüfung der materiellen Voraussetzungen für die Eignungsfeststellung iSd § 2 durchzuführen. Ein verfahrensrechtlicher Verstoß des BMVRDJ kann somit ebenfalls nicht festgestellt werden.
Aus § 24 VwGVG folgt, dass die Verwaltungsgerichte eine öffentliche, mündliche Verhandlung auf Antrag, oder wenn sie es für erforderlich halten, von Amts wegen durchzuführen haben. Unter bestimmten, in § 24 VwGVG genannten Umständen, kann die Verhandlung entfallen. Aus § 24 Abs. 4 ergibt sich, dass bei der Frage, ob eine Verhandlung durchzuführen ist, Art. 6 Abs. 1 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, zu berücksichtigen ist. Im gegenständlichen Fall ist Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht relevant, weil die Tätigkeit eines gemeinnützigen Vereines nicht in grundrechtliche Erwerbsrechte eingreifen kann.
II.3.3. Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde vollständig erhoben und festgestellt. Zwar unterliegt der festgestellte Sachverhalt nicht der Kognitionsbefugnis des VwGH. Jedoch ist eine rezente Rechtsprechung des VwGH zur Erlassung einer Verordnung nach dem ErwSchVG sowie hinsichtlich des Interesses eines Vereines, welcher nach Erlassung einer VO hinsichtlich des sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereiches einen Antrag für genau diesen Tätigkeitsbereich stellt, nicht vorliegend. Da somit die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht getragen wird, weil es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung fehlt, ist die Revision zuzulassen, um gegebenenfalls eine grundsätzliche Rechtsfrage zu lösen.
Schlagworte
Bewohnervertretung Eignungsprüfung Erwachsenenschutzverein Erwachsenenvertreter Gebarungskontrolle Patientenanwaltschaft räumlicher Tätigkeitsbereich sachlicher TTätigkeitsbereich ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W195.2219798.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020