TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/30 96/19/3679

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Veröffentlicht am 30.01.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AuslBG §1 Abs1;
AuslBG §1 Abs2 litl idF 1996/201;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
AuslBG §15 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde der 1951 geborenen BM in Wien, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt

Dr. Alfred Nemetschke, dieser vertreten durch den Substituten Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 20/1/6b, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. August 1996, Zl. 107.753/6-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war nach der Aktenlage mit einem österreichischen Staatsbürger vom 6. Juli 1994 bis zu dessen Tod am 16. Februar 1995 verheiratet. Sie beantragte am 13. September 1995 die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. November 1995 gemäß § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob am 4. März 1996 Berufung. Dieser Berufung legte sie eine Bestätigung eines österreichischen Unternehmens vom 10. Oktober 1995 bei, wonach sie, falls ihr eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung erteilt werde, als Metallarbeiterin zu einem monatlichen Bruttogehalt von S 12.120,-- eingestellt werde.

Am 3. Juni 1996 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, den Nachweis zu erbringen, daß ihr Lebensunterhalt im Bundesgebiet gesichert sei. Daraufhin legte die Beschwerdeführerin eine Erklärung ihrer in Polen lebenden Schwester vor, in der sich diese verpflichtet, ihr "bis zum Erhalt durch sie eines Aufenthaltsvisums in der Österreich die Mittel für den Unterhalt sicherzustellen und im Zusammenhang damit ihr den Betrag von 8.000,-- öS ... monatlich zu überweisen".

Mit Bescheid vom 13. August 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn deren Lebensunterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Dem Bewilligungsantrag seien keinerlei Unterlagen angeschlossen worden, aus denen ersichtlich wäre, daß der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet gesichert wäre. Über Aufforderung der Berufungsbehörde habe die Beschwerdeführerin zwar die in Rede stehende Erklärung ihrer Schwester vorgelegt, dieser seien jedoch keine Belege angeschlossen gewesen, aus denen hervorginge, daß die Beschwerdeführerin den von ihrer Schwester zugesicherten Geldbetrag tatsächlich erhalte. Auch sei nicht belegt worden, daß letztere tatsächlich in der Lage sei, für den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet aufzukommen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 AufG gesichert sei.

Im Hinblick auf die fehlenden Unterhaltsmittel der Beschwerdeführerin und der in diesem Zusammenhang zu befürchtenden Belastung des Sozialhilfeträgers überwögen die öffentlichen Interessen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (25. September 1996) hatte die belangte Behörde § 5 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 anzuwenden (vgl. § 15 Abs. 4 und 5 AufG).

§ 5 AufG in dieser Fassung lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

(2) Zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG darf eine Bewilligung nur erteilt werden, wenn für den Fremden von der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Bestätigung über die Änderung des Aufenthaltszwecks oder eine gültige Sicherungsbescheinigung oder eine gültige Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder der Fremde eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt."

§ 1 Abs. 2 lit. l in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 sowie § 15 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 erster Satz AuslBG lauten:

"§ 1. ...

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt, sofern sie zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, berechtigt sind.

§ 15. (1) Einem Ausländer ist auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn

...

2. der Ausländer mindestens fünf Jahre mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war und seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hat, oder

...

(3) Ist der österreichische Staatsbürger verstorben, so entfällt die im Abs. 1 Z 2 normierte Voraussetzung der fünfjährigen Ehedauer. ..."

Die Beschwerdeführerin rügt, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, sie zur Beibringung der als fehlend erachteten weiteren Belege und Nachweise für die Glaubwürdigkeit und Tragfähigkeit der Verpflichtungserklärung ihrer Schwester aufzufordern. Das Ermittlungsverfahren sei insofern mangelhaft geblieben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/1466, 1467, 1479). Es wäre daher im Rahmen der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, das Einkommen ihrer Schwester der Höhe nach zu beziffern und auch durch entsprechende Nachweise (wie z.B. Lohnbestätigungen) zu bescheinigen. Nur dadurch hätte sie ihrer Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nachkommen können, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt. Die Verpflichtungserklärung der Schwester der Beschwerdeführerin kann schon mangels Darlegung der der Schwester zur Verfügung stehenden Mittel nicht als tauglich angesehen werden. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob diese Erklärung überhaupt geeignet wäre, den Unterhalt der Beschwerdeführerin für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung zu sichern (vgl. den Text dieser Erklärung "bis zum Erhalt durch sie eines Aufenthaltsvisums").

Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, sie sei auch in der Lage, ihren Unterhalt durch eine unselbständige Erwerbstätigkeit in Österreich zu sichern. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die von ihr vorgelegte Bestätigung eines österreichischen Unternehmens, wonach sie im Falle der Ausstellung einer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung als Arbeiterin zu einem Bruttogehalt von S 12.120,-- monatlich eingestellt werde. Die Beschwerdeführerin behauptet zwar nicht, daß für sie eine der in § 5 Abs. 2 AufG angeführten ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligungen ausgestellt wäre, sie meint jedoch, das Ausländerbeschäftigungsgesetz sei gemäß seinem § 1 Abs. 2 lit. l auf sie nicht anzuwenden. Diese Ehegatten österreichischer Staatsbürger betreffende Bestimmung sei auch auf Witwen anzuwenden. Sie sei daher berechtigt, ohne entsprechende Bewilligung der Beschäftigung bei dem von ihr angeführten österreichischen Unternehmen nachzugehen.

Dieser Argumentation ist jedoch zu entgegnen, daß ein Ausländer nur dann als "Ehegatte" eines österreichischen Staatsbürgers im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG angesehen werden kann, wenn die Ehe noch aufrecht ist. Wie die Beschwerdeführerin selbst nicht verkennt, erlischt jedoch das Eheband mit dem Tod eines Ehegatten. § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG dient dem Zweck, Ehegatten österreichischer Staatsbürger im Hinblick auf ihre intensiven familiären Interessen im Bundesgebiet den Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Mit dem Tod des österreichischen Ehegatten fällt aber diese spezifische Bindung im Inland weg. Auf die nach dem Ableben des österreichischen Ehegatten verbleibenden Interessen eines Ausländers in Österreich nimmt § 15 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 AuslBG durch die Einräumung eines Anspruches auf Ausstellung eines Befreiungsscheines unter den dort näher umschriebenen Voraussetzungen Rücksicht. Schon der Systemzusammenhang der Bestimmungen des § 1 Abs. 2 lit. l und des § 15 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 AuslBG zeigt unzweifelhaft, daß der Gesetzgeber des Ausländerbeschäftigungsgesetzes davon ausgeht, daß verwitwete Angehörige österreichischer Staatsbürger nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG fallen.

Weil die Beschwerdeführerin nicht behauptet, daß ihr ein Befreiungsschein oder eine andere der in § 5 Abs. 2 AufG angeführten ausländerbeschäftigungsrechtlichen Genehmigungen erteilt worden wäre, erscheint der Schluß der belangten Behörde nicht unzulässig, die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, ihren Unterhalt durch eine ausländerbeschäftigungsrechtlich zulässige Erwerbstätigkeit im Inland zu bestreiten. Das Einkommen aus einer ausländerbeschäftigungsrechtlich verbotenen Erwerbstätigkeit im Inland ist aber nicht geeignet, den Unterhalt eines Fremden im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu sichern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zl. 96/19/0827).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 21. November 1997, Zl. 96/19/2712, mit näherer Begründung dargetan hat, kam die in § 5 Abs. 2 AufG aF vorgesehene Anfrage an die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei der hier anzuwendenden Rechtslage nicht mehr in Betracht.

Der - zutreffenden - Beurteilung der belangten Behörde gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996193679.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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