Entscheidungsdatum
25.10.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W101 2138382-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Schärding vom 03.10.2016, Zl. Jv 370/ 16a - 33, betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. In einem zivilgerichtlichen Verfahren hätte am 14.09.2016 vor dem Bezirksgericht Schärding (in der Folge: BG) eine mündliche Streitverhandlung stattgefunden, zu welcher der Beschwerdeführer um 09:00 Uhr als Zeuge geladen war, die aber kurzfristig abberaumt bzw. verschoben worden war.
In Folge beantragte der Beschwerdeführer am 22.09.2016 fristgerecht seine in diesem Zusammenhang angefallenen Gebührenansprüche und machte dabei eine Entschädigung für Zeitversäumnis (Verdienstentgang) geltend. Dazu legte er eine von seinem Arbeitgeber unterzeichnete Erklärung vor, wonach er am 14.09.2016 13 Arbeitsstunden versäumt habe. Die Höhe des Stundensatzes oder Nettoeinkommens war dabei nicht angegeben worden.
Mit Schreiben vom 02.10.2016 verwies der Beschwerdeführer auf seinen Gebührenbestimmungsantrag und führte aus, er wolle seine Forderung noch einmal schriftlich stellen.
2. Mit Bescheid vom 03.10.2016, Zl. Jv 370/ 16a - 33, bestimmte die Kostenbeamtin für den Vorsteher des BG die Gebühren des Beschwerdeführers für seine Teilnahme an der Verhandlung am 14.09.2016 von 09:00 Uhr bis 09:05 Uhr mit ? 14,20 und wies das Mehrbegehren ab.
Begründend war im Wesentlichen Folgendes ausgeführt worden: Die Ladung des Zeugen zur Tagsatzung am 14.09.2016 um 09:00 Uhr sei ausgewiesen und der Zeuge zum genannten Termin auch erschienen. Da sich das vernehmende BG und die Betriebsstätte des Beschwerdeführers in unmittelbarer Nähe zueinander befinden würden, sei es dem Beschwerdeführer binnen kurzer Zeit möglich gewesen, seine Betriebsstätte wieder aufzusuchen. Der Termin am BG habe nur wenige Minuten gedauert, weshalb sich eine tatsächliche Zeitversäumnis und somit ein Verdienstentgang des Beschwerdeführers von nicht mehr als einer Stunde ergebe. Für die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitsgebers komme es nur auf die Leistungsbereitschaft und nicht auf die wirtschaftlich sinnvolle Einsetzbarkeit des Arbeitnehmers an. Der Umstand dieser Leistungsbereitschaft liege jedoch nicht im Risikobereich des Gerichtes, der Arbeitgeber selbst sei nicht vom Schutz- und Regelungszweck des GebAG umfasst. Da keine nähere Bescheinigung des tatsächlichen Verdienstentganges des Beschwerdeführers - etwa durch Angabe seines Nettoeinkommens, sei für die Berechnung der zustehenden Gebühr die Pauschalgebühr iHv ? 14,20 gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG heranzuziehen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen folgendermaßen: Er sei als Milchsammelwagenfahrer beschäftigt und hätte vorgegebene Touren mit einem strikten zeitlicher Ablauf einzuhalten. Seine Forderung sei nicht aufgrund mangelnder Einsatzbereitschaft entstanden, sondern weil es aufgrund der Organisation seines Betriebes nicht anders zu bewerkstelligen gewesen sei. Des Weiteren führte er aus, dass er auch Kosten für die Wegstrecke von XXXX nach XXXX ersetzt bekommen wolle.
4. Mit Schreiben vom 20.10.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem dazugehörenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist unselbstständig erwerbstätig und als Kraftfahrer in einem Transportbetrieb angestellt.
Der Beschwerdeführer war beim BG zur Vernehmung als Zeuge am 14.09.2016 um 09:00 Uhr geladen und dort bis 09:05 Uhr anwesend.
Mit am 22.09.2016 beim BG eingebrachten Gebührenbestimmungsantrag hat der Beschwerdeführer für den 14.09.2016 13 Stunden Verdienstentgang von 06:30 Uhr bis 19:30 Uhr - ohne Angabe eines Stundensatzes oder des Nettoeinkommens - geltend gemacht.
Als maßgebend wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch die lediglich 5-minütige Anwesenheit am BG nicht mehr als eine Stunde Zeitversäumnis erlitten und auch keinen konkreten Nachweis eines Verdienstentganges im Ausmaß von 13 Stunden erbracht hat.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Weder der vorgelegten Verdienstentgangsbestätigung des Arbeitgebers noch dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 02.10.2016 oder den Ausführungen in der Beschwerde konnte entnommen werden, dass dem Zeugen aufgrund seiner geplanten zeugenschaftlichen Einvernahme am 14.09.2016 ein konkreter Vermögensnachteil im Ausmaß von 13 Stunden entstanden ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG), BGBl. Nr. 36/1975 idgF, lauten (auszugsweise):
Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.
Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1. 14,20 ? für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Geltendmachung der Gebühr
§ 19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (§ 2 Abs. 1) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.
3.2.3. Der Beschwerdeführer machte als unselbständig Erwerbstätiger einen tatsächlich entgangenen Verdienst gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. a GebAG im Ausmaß von 13 Stunden - ohne Angabe eines Stundensatzes oder Nettoeinkommens - geltend.
Der Zeuge, der bescheinigt, dass er durch die Befolgung der Zeugenpflicht dem Grunde nach einen Vermögensnachteil erlitten hat, steht das Recht zu, entweder den in § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG festgesetzten Pauschalbetrag anzusprechen oder aber den Ersatz des nach den Grundsätzen des § 18 Abs. 1 Z 2 GebAG zu berechnenden konkreten Vermögensnachteiles zu begehren (vgl. VwGH 03.07.2009, 2007/17/0103).
Ein unselbständig Erwerbstätiger wird die Höhe seines Verdienstausfalls durch Vorlage einer Bestätigung seines Arbeitgebers bescheinigen, wobei sich der Ersatz auf das reine Arbeitseinkommen, also auf dasjenige, was der Zeuge auf die Hand bekommt, beschränkt (Feil, Gebührenanspruchsgesetz7 § 18 Rz 2). Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass dem Zeugen dann, wenn kein Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Dienstgeber besteht, nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. a GebAG der tatsächlich entgangene Verdienst gebührt, also das, was er auf die Hand bekommen hätte.
Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer seiner Bescheinigungspflicht nicht nachgekommen, zumal er dem BG zwar eine Bestätigung des Arbeitgebers über einen Verdienstentgang im Ausmaß von 13 Stunden übermittelt hat, diese jedoch weder in Bezug auf den Stundensatz noch auf das Nettoeinkommen konkretisiert war.
Wie oben festgestellt hat der Beschwerdeführer wegen seiner Vernehmung aufgrund der kurzen Wegzeiten von seinem Wohnort bzw. seiner Arbeitsstätte zum BG und retour sowie durch die lediglich 5-minütige Anwesenheit am BG nicht mehr als eine Stunde Zeitversäumnis bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit gemäß § 17 GebAG erlitten, sodass ihm lediglich eine Entschädigung für einen Verdienstentgang im Ausmaß der festgestellten Stunde Zeitversäumnis und mangels Angabe eines Stundensatzes oder Nettoeinkommens in Form des Pauschalbetrages nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG iHv ? 14,20 gebührt, wie von der belangten Behörde zugesprochen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei der von den Justizverwaltungsbehörden zu prüfenden Frage, ob ein Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet, das Bestehen eines Entgeltfortzahlungsanspruches, etwa nach § 8 Abs 3 AngG, entsprechend (anspruchsmindernd) zu berücksichtigen ist (Hinweis E 22. Februar 1999, 98/17/0225) (VwGH 26.02.2001, 2000/17/0209). Sobald sich der Arbeitnehmer arbeitsbereit erklärt, das heißt er sich bereit erklärt, an seiner Betriebsstätte die geschuldete Arbeit (wieder) aufzunehmen, besteht eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers und liegt folglich ein Verdienstentgang nicht mehr vor. Dies gilt auch, wenn der Dienst gemäß § 1155 ABGB aufgrund wirtschaftlich nicht sinnvoller Beschäftigung nicht zustande gekommen ist (vgl. Rebhahn in ZellKomm2, § 155 Rz 15, 22 und 44). Vor diesem Hintergrund führt auch das Argument des Beschwerdeführers, wonach die Aufnahme seines Dienstes aufgrund der vorgegeben Touren nicht mehr möglich gewesen sei, ins Leere.
Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer - erst in seiner Beschwerde - monierten Ersatzes der Reisekosten ist im Übrigen anzumerken, dass er diese Gebühr gemäß § 19 Abs. 1 GebAG innerhalb von 14 Tagen, nachdem er zu Gericht gekommen war, hätte geltend machen müssen. Ein nachträglicher Antrag an die Behörde wäre als verspätet zurückzuweisen.
3.3. Da aus diesen Gründen dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG abzuweisen.
3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte - auch mangels Beantragung des Beschwerdeführers - gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe oben unter 3.2.3. zitierte Judikatur) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheinigungspflicht Entgeltfortzahlungsanspruch Konkretisierung Pauschalentschädigung unselbständige Tätigkeit Verdienstentgang Vermögensnachteil Zeitversäumnis ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W101.2138382.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020